Music Man Stingray Special HH Test

Der Music Man Stingray kam 1976 auf Markt und gehört neben den beiden Fender-Ikonen Precision und Jazz Bass zweifellos zu den wichtigsten Klassikern der E-Bass-Geschichte. Ein derart beliebtes Instrument gründlich zu überarbeiten birgt für Firmen stets ein nicht zu unterschätzendes Risiko, weil langjährige Kunden und Puristen vielleicht gewohnte Features vermissen. Und ob die überarbeiteten Instrumente zudem den Geschmack vieler Neukunden treffen, ist ebenfalls fraglich. Stillstand ist aber auch keine Option, und so haben die Verantwortlichen bei Music Man entschieden, dass es nach 40 Jahren an der Zeit sei, dem Kult-Bass ein gründliches Update zu verpassen. Die neuen “Stingray Special”-Modelle werden derzeit vom Publikum mit großer Begeisterung aufgenommen! Ob den Music-Man-Ingenieuren mit den überarbeiteten Modellen die Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne gelungen ist?

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Details

Zum Test hat uns der deutsche Music-Man-Vertrieb “Musik Meyer” aus Marburg einen viersaitigen Stingray Special HH in der Ausführung mit Ahorngriffbrett und der Finish-Variante “Burnt Apple” geschickt. Ich muss schon sagen, die Kombination ist wirklich ausgesprochen lecker. Ich bin tatsächlich noch unentschlossen, was mir besser gefällt: die elegant schimmernde Lackierung, oder der dunkle Hals aus “Roasted Maple”.
Damit sind wir auch schon blitzschnell bei den ersten Neuerungen, die Music Man mit dem Stingray Special einführt. Die Hälse der Stingray Specials bestehen nämlich ausnahmslos aus “Roasted Maple”. Music Man hat bereits früher bei einigen Modellen dieses “geröstete Ahorn” für seine Hälse eingesetzt, und aufgrund der positiven Erfahrung mit wärmebehandelten Hölzern wohl entschieden, gleich die gesamte neue Serie damit auszustatten. Prinzipiell lässt sich sagen, dass thermisch behandelte Hölzer durch den Entzug der Feuchtigkeit resistenter gegen äußere Einflüsse sind und daher in ihrer Struktur extrem lange abgelagerten Hölzern gleichen. Die Vorteile liegen also auf der Hand, und außerdem sieht gebackenes Ahorn einfach super cool aus!

Im Ahorn-Griffbrett meines Testkandidaten sitzen nicht 21, sondern – auch das ist neu – 22 hochglanzpolierte Bünde aus Edelstahl sowie große schwarze Dots zur Orientierung. Die Halskrümmung wird natürlich auch bei den neuen Stingrays, wie bei allen Music-Man-Instrumenten üblich, mit dem praktischen Einstellrädchen am Halsende vorgenommen.

Fotostrecke: 8 Bilder Der neue Stingray wird wie gewohnt …

Beim Esche-Korpus fallen die Updates etwas subtiler aus als beim Hals, denn sie betreffen lediglich die Konturen. Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass die Shapings im oberen Bereich viel stärker ausfallen als bei den Vorgängermodellen. Darüber hinaus wurde der Halsansatz neu gestaltet, sodass die hohen Lagen deutlich bequemer zur erreichen sind.
Den aufmerksamen Betrachtern wird außerdem nicht entgangen sein, dass der Hals bei den Stingray Specials nicht wie bei älteren Modellen mit sechs, sondern nur noch mit fünf Schrauben am Korpus befestigt ist. Die Stabilität wird dadurch garantiert nicht beeinträchtigt, zumal der Hals bei meinem Testexemplar wie maßgeschneidert in seiner Ausfräsung sitzt.
Neben der Holzkonstruktion haben sich die Ingenieure aber auch die Hardware und die Elektronikausstattung der Stingrays vorgeknöpft und die neuen Modelle mit zahlreichen Verbesserungen bedacht. Bei den Stimmmechaniken und der typischen MM-Bridge kommt jetzt durchweg Aluminium zum Einsatz, wodurch das Gewicht der Komponenten erheblich reduziert werden konnte.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Lochmutterschraube dient bei allen MM-Instrumenten der Einstellung der Halskrümmung.

Die Humbucker der 2018er-Stingrays sind mit großen Neodym-Magneten ausgestattet und sollen laut Music Man ein breiteres tonales Spektrum abbilden und ein stärkeres Signal liefern als die zuvor verwendeten Humbucker mit Keramikmagneten. Bei meinem Testkandidaten handelt es sich um ein sogenanntes HH-Modell mit je einem Humbucker in der Hals- und in der Stegposition. Im Cockpit parkt dementsprechend ein Schalter, der fünf verschiedene Kombinationen der Spulen ermöglicht:

Schalterstellungen und PU-Verdrahtungen beim Music Man Stingray HH
Schalterstellungen und PU-Verdrahtungen beim Music Man Stingray HH

Als Klangzentrale kommt bei den Stingray Specials ein komplett neu entwickelter 18-Volt-Preamp inklusive Dreiband-Equalizer zum Einsatz. Die höhere Spannung von 18 Volt schafft zusätzlichen Headroom und sorgt für eine längere Lebensdauer der beiden Batterien. Der neu abgestimmte Dreiband-EQ wurde laut Music Man auf maximale Flexibilität getrimmt und kann mit je einem Poti für Bässe, Mitten und Höhen am Stingray Special geregelt werden.

Fotostrecke: 6 Bilder Ausgestattet ist unser Testbass mit zwei …

Wie wir sehen, hat Music Man wirklich an vielen Stellschrauben gedreht, um seinen Klassiker zu modernisieren. Da darf man nun aber wirklich gespannt sein, wie sich die vielen Änderungen in der Summe bemerkbar machen. Ausgeliefert wird der Stingray Special übrigens (samt Einstellwerkzeug, Aufklebern und Dokumenten) im schwarzen Music-Man-Hardshellcase – hier ist also alles beim bewährten Alten geblieben!

Praxis

Obwohl ich selbst keinen Stingray besitze und prinzipiell eher selten mit Music-Man-Bässen in Kontakt komme, habe ich mich mit dem neuen Stingray Special augenblicklich wohl gefühlt. Die Korpusform hat sich gegenüber dem Vorgängermodell zwar nicht drastisch verändert, durch die stärkeren Shapings fühlt sich der neue Stingray Special jedoch ein Spur kompakter an und lässt sich für mich spürbar komfortabler spielen: Der rechte Arm liegt super bequem auf der abgerundeten Korpuskante und das Shaping auf der Rückseite gibt dem Bass perfekten Halt – hier drückt oder stört rein gar nichts!
Auch der dunkle Hals aus “Roasted Maple” besitzt eine erstklassige Hapitk. Die Kopfplatte ist zwar transparent lackiert, der Halsrücken wurde aber lediglich mit einem dezenten Öl-Wachs-Finish behandelt und fühlt sich unglaublich geschmeidig und natürlich an.

Ein weiterer ausschlaggebender Punkt für den Spielkomfort ist für viele Tieftöner das Gewicht des Instrumentes. Dieser Meinung ist man wohl auch bei Music Man, denn die neuen Stingrays sollten spürbar leichter werden als die Vorgängermodelle. Das ist mit dem Stingray Special in der Tat gelungen, mein Testbass bringt nämlich nur höchst angenehme 3,9 kg auf Waage.
Das moderate Gewicht geht aber erfreulicherweise rein gar nicht auf Kosten der Balance, denn der leichte Viersaiter hängt in einer absolut perfekten Spielposition an meinem Bassgurt und lässt sich so butterweich und komfortabel spielen wie ein Boutique-Bass!

Der tolle Hals-Korpus-Übergang ist nur eines der tollen Features, die zu einer wunderbaren Bespielbarkeit des neuen Stingray Special führen!
Der tolle Hals-Korpus-Übergang ist nur eines der tollen Features, die zu einer wunderbaren Bespielbarkeit des neuen Stingray Special führen!

Das macht nun wirklich Appetit auf mehr – ich bin extrem gespannt, wie sich die Updates bei den Tonabnehmern und der Elektronik auf den Sound des neuen Stingray auswirken. Klangliche Variationsmöglichkeiten gibt es viele, denn wie bereits erwähnt handelt es sich bei meinem Testexemplar um ein Stingray-HH-Modell, das mit zwei Humbuckern bestückt ist.
Im ersten Audiobeispiel hören wir uns deshalb erstmal alle Sounds an, die mit den fünf Schaltkombinationen der Tonbabnehmerspulen in der Reihenfolge 1-2-3-4-5 möglich sind. Die EQ-Regler standen bei der Aufnahme noch in der neutralen Mittelstellung.

Audio Samples
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Schaltungen 1-2-3-4-5 nacheinander, EQ flat

Grundsätzlich klingen die neuen Neodym-Humbucker etwas “smoother” als die altbekannten Music-Man-Humbucker mit Keramikmagneten. Details im Sound bleiben aber trotzdem nicht auf der Strecke, denn alle fünf Varianten klingen hochtransparent und wunderbar ausgewogen.

Den klassischen Stingray-Sound liefert mein Testkandidat natürlich, wenn beide Spulen des Stegtonabnehmers aktiv sind, und je weiter man den Wahlschalter nach vorne schiebt, desto fundamentstärker und mehrdimensionaler wird der Sound. Etwas schade finde ich, dass die Neodym-Humbucker in den Zwischenstellung 2 und 4 leicht empfänglich für Einstreuungen sind – die Nebengeräusche halten sich allerdings in durchaus tolerierbaren Grenzen!
Allein durch die verschiedenen Schaltmöglichkeiten der Tonabnehmerspulen liefert der Stingray Special HH eine enorme Bandbreite an Sounds für verschiedenste Musikstile. So richtig flexibel wird der Viersaiter aber erst, wenn man den Dreiband-Equalizer der neu entwickelten Music-Man-Elektronik an den Start bringt.

Der neue Music Man Stingray Special klingt so smooth und ausgewogen wie nie zuvor.
Der neue Music Man Stingray Special klingt so smooth und ausgewogen wie nie zuvor.

Für den Slapsound im nächsten Clip habe ich den hinteren Humbucker verwendet und sowohl den Bassregler als auch den Höhenregler voll aufgedreht.

Audio Samples
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Position 1, Bass-Boost, Treble-Boost, Slapping

Ganz klar, der neue Preamp wurde deutlich gutmütiger abgestimmt als vorangegangene Generationen. Für viele Bassisten ist diese Nachricht sicher positiv, denn beim neuen Preamp lässt sich die komplette Bandbreite der EQ-Regler voll ausnutzen, ohne den Sound aus der Spur zu bringen. Klar ist für mich aber auch, dass einige Stingray-Puristen sicherlich die ultra crispen, fast schon nervigen Höhen der alten Elektronik vermissen werden.

Aber wie auch immer, richtig klasse klingt für meinen Geschmack das Mittenband des Dreiband-Equalizers. Der Sound wird wärmer und präsenter, und “heikle” Frequenzen, die harsch oder nölig rüberkommen, bleiben komplett außen vor.
Im folgenden Beispiel habe ich den Mittenregler zu 80% aufgedreht und mit dem Pickupschalter beide Spulen des Halstonabnehmers angewählt (Position 5):

Audio Samples
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Position 5, Mid-Boost

Mir gefällt der Equalizer im neuen Stingray Special wirklich sehr gut – alle drei Regler wirken (selbst nur sehr fein dosiert) effektiv und liefern auf dem kompletten Reglerweg knackige Sounds, die perfekt im Mix sitzen. Die Klangflexibilität, die der Stingray Special HH durch die beiden Humbucker in Verbindung mit der musikalisch abgestimmten Elektronik bietet, ist schon beachtlich. Ich kann mir nur sehr wenige Musikrichtungen vorstellen, die man mit dem Bass nicht entspannt bedienen könnte – Chapeau!

Ausgewogen, smooth, spritzig - es gibt wohl kaum eine Stilistik, in der der Stingray Special keine vortreffliche Figur machen würde!
Ausgewogen, smooth, spritzig – es gibt wohl kaum eine Stilistik, in der der Stingray Special keine vortreffliche Figur machen würde!

Um das Bild abzurunden, hört ihr meinen Testkandidaten in den abschließenden Audiobeispielen noch mit etwas dezenteren EQ-Einstellungen und einer jeweils anderen Spulenkombination. 

Audio Samples
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Position 2, Bass-Boost, Treble-Boost Position 3, Bass-Boost, Treble-Cut Position 1, Treble-Cut, Bass-Boost

Fazit

Die Erneuerung eines echten Klassikers ist dann gelungen, wenn der grundsätzliche Charakter des Instruments erhalten bleibt und die neuen Features einen deutlichen Mehrwert bieten – das ist beim Music Man Stingray Special HH zweifellos der Fall! Der wendige Viersaiter liefert die typischen Stingray-Sounds in etwas kultivierterer Form. Er lässt sich so bequem und mühelos spielen wie ein Boutique-Edelbass, und bietet durch den neu entwickelten Preamp eine immense Klangflexibilität. Kurzum: der Stingray ist moderner geworden! Der Standard in Sachen Material- und Verarbeitungsqualität ist bei Music Man ja ohnehin schon seit langer Zeit enorm hoch, und auch mein Testexemplar bietet hier keinerlei Grund zur Beanstandung. Klar, beim aufgerufenen Preis von knapp unter 2.500,- Euro für das Doppel-Humbucker-Modell werden einige Tieftöner sicherlich erst einmal zusammenzucken. Dafür bekommt man aber für seinen hart erarbeiteten Zaster von Music Man allerdings auch ein hochprofessionelles Arbeitsgerät, mit dem man Gigs und Studiojobs jeglicher Art bestreiten kann – hier kann man zweifellos von einem “Bass fürs Leben” sprechen! Egal, ob ihr nun bereits Stingray-Fans seid oder nicht – diese neue Stingray-Serie solltet ihr dringend einmal anchecken!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • top Spielkomfort
  • schnelle Ansprache, sehr gleichmäßige Klangentwicklung
  • hohe Klangflexibilität
  • elegante Optik
  • erstklassige Verarbeitung
Contra
  • leichte Einstreuungen bei Schalterposition 2 und 4
Artikelbild
Music Man Stingray Special HH Test
Für 2.359,00€ bei
Operation geglückt - so muss ein Update eines Klassikers vorgenommen werden!
Operation geglückt – so muss ein Update eines Klassikers vorgenommen werden!

Technische Spezifikationen:

  • Hersteller: Music Man
  • Modell: Music Man Stringray Special 4 HH
  • Herstellungsland: USA
  • Mensur: 34 Zoll, Longscale
  • Korpus: Esche, Burnt Apple Finish, schwarzes Pickguard
  • Hals: Roasted Ahorn, Griffbrett: Roasted Ahorn, runde Lagenmarkierungen, 22 Edelstahlbünde, handgeölt und gewachst, lackierte Kopfplatte, 5-Punkt-Verschraubung
  • Hardware: Music-Man-Custommechaniken, Music-Man-Steg, Aluminium
  • Tonabnehmer: 2 x Neodym-Humbucker
  • Elektronik: Music Man 18 Volt mit Dreiband-EQ, Volume/Treble/Mid/Bass, 5-Wege-Pickup-Schalter
  • Saiten: 46-65-80-100 (Super Slinky Bass #2834)
  • Gewicht: ca. 3,9 kg
  • Zubehör: Kunststoff-Hartschalenkoffer
  • Preis: 2.300,- Euro (Ladenpreis im August 2020)
Hot or Not
?
... "Roasted Neck" und seinen zwei Neodym-Humbuckern!

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Profilbild von furanku

furanku sagt:

#1 - 30.09.2018 um 17:48 Uhr

0

Ich würde mich ungern als "Purist" abtun lassen, aber ich verstehe nicht, warum man sich einen Stingray mit Neck-Pickup kauft. Der Stingray hat einen klassischen sauguten Sound und zwar mit dem Bridge-Pickup. Klar kann man den Klang mit einem Neck-PU variieren, aber mich persönlich (ich besitze 3 Stingrays) überzeugt das ungefähr so, als würde man ein paar Erdbeeren in den Kartoffelsalat geben: Kann man machen, aber warum?! Wer einen vollen, runden Sound aus Bridge+Neck-PU will, sollte sich in Richtung der Jazz-Bass-Familie umsehen. Wer einen Bass will, der (zumindest für Bassisten) nicht sofort erkennbar ist, ist beim Stingray ohnehin falsch aufgehoben.Aber genug der Schelte: Die Ton-Beispiele sind echt klasse eingespielt!

    Profilbild von lars.bonedo

    lars.bonedo sagt:

    #1.1 - 01.10.2018 um 09:45 Uhr

    0

    Hallo Furanku!Um mal bei deinem Vergleich zu bleiben: Kartoffelsalat mit Erdbeeren haut mich jetzt als Vorschlag auch nicht so vom Hocker - bei 'ner schönen Bockwurst werden wir uns allerdings einig! :-)Will sagen: Ich als Stingray-Spieler stehe natürlich auch auf den alten klassischen Sound, aber die neuen klanglichen Möglichkeiten, die sich durch den Hals-PU ergeben, möchte ich inzwischen nicht mehr missen.Besonders das feine Nispeln der HH-Komination mit allen vier Spulen ist ein echter Knaller (z.B. beim Slappen), und bei zurückgedrehter Höhenblende röht der Hals-Humbucker munter drauflos ... tweilweise ein wenig wie ein blubberiger alter Gibson oder so.Für mich ist das absolut eine coole Zusatz-Erweiterung des bisherigen klanglichen Spektrums.Viele Grüße, Lars

    +1
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