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Kawai ES100 Test

Praxis

Tastatur

Die Tastatur des ES100 hört auf den Namen Advanced Hammer Action IV-F. Die Hammermechanik ist graduiert gewichtet, im unteren Bereich ist sie also wie bei einem Flügel etwas schwergängiger als im Diskant. Zwar muss man in dieser Preisklasse auf Luxus-Ausstattungsmerkmale wie etwa die künstliche Elfenbein-Beschichtung einiger teurerer Modelle verzichten, aber das tut dem Spielgefühl keinen Abbruch. Im Gegenteil: Für ein so günstiges und obendrein so leichtes Digitalpiano kann sich die Tastatur des ES100 in unseren Augen sehen lassen. Sie lässt sich feinfühlig und ausdrucksstark bespielen und gehört definitiv zu den Besseren im Umfeld der 13 Testkandidaten. Dass die Abstände der einzelnen Tasten eine gewisse Varianz aufweisen, stört beim Spielen nicht wirklich. Die Anschlagdynamik lässt sich mit drei Velocity-Kurven an die persönlichen Vorlieben anpassen und auf Wunsch auch deaktivieren, wenn man z.B. Cembalo üben möchte.

Klänge

Die 19 Sounds des ES100 umfassen das übliche Digitalpiano-Programm: Verschiedene Flügelklänge bilden den Schwerpunkt, dazu gibt es ein paar E-Pianos und Orgeln sowie einige Extras wie Streicher und Bässe. Die Flügelklänge basieren auf Kawais „Harmonic Imaging“-Technik und kommen ohne transponierte Samples aus – alle 88 Tasten eines Konzertflügels wurden einzeln gesampelt. Bemerkenswert in dieser Preisklasse ist die Möglichkeit, einige Klavier-typische Resonanzen und Nebengeräusche zu regulieren. Dämpferresonanzen, Hammerrückfallgeräusche und das Dämpfergeräusch beim Treten des Haltepedals lassen sich jeweils in vier Stufen justieren. Sehr schön!
Der Flügelklang des ES100 hat uns überzeugen können – erst recht gemessen am vergleichsweise günstigen Preis des Pianos. Er ist sehr gut ausgewogen, ausdrucksstark und kann ein breites stilistisches Spektrum abdecken. Zusätzlich zu den beiden Concert Grand Sounds gibt es die üblichen Abwandlungen wie Mellow Grand, Rock Piano und Modern Piano, die aber für unsere Ohren alle auf den gleichen zwei Grundsounds basieren. Es fehlt leider ein Upright Piano, das allerdings auch kein anderer Testkandidat in diesem Testmarathon vorweisen kann.
Das folgende MIDI-File haben wir allen Testkandidaten vorgesetzt. Ihr hört es hier einmal über den Kopfhörerausgang aufgenommen und einmal über Mikrofone bei zu etwa 90% aufgedrehtem Lautstärkeregler. In den lautesten Passagen werden bei der Mikrofonaufnahme die Grenzen der Lautsprecher deutlich. Dazu noch zwei weitere Beispiele:

Audio Samples
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Concert Grand (Kopfhörerausgang) Concert Grand (Mikrofone) Piano 2 (Kopfhörerausgang) Piano 2 (Mikrofone)

Die Flügelklänge spielen klar die Hauptrolle, die übrigen Sounds des ES100 fallen dagegen etwas ab – wenn auch nicht so sehr wie bei einigen anderen Kandidaten. Die E-Pianos, Orgeln und die weiteren Klänge wie Streicher und Bässe bleiben aber dennoch eher Beilage als Hauptgang. Hier noch ein Beispiel für einen Wurlitzer-Sound:

Audio Samples
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E-Piano (Kopfhörerausgang)

Weitere Funktionen

Das ES100 bietet einen Dual-Modus (Layer) zum Kombinieren zweier Klänge und einen Split-Modus zum Teilen der Tastatur. Der Splitpunkt ist leider nicht einstellbar. In beiden Modi kann aber das Lautstärkeverhältnis der beiden Sounds justiert werden.
Das Metronom kennt verschiedene Taktarten und kann in der Lautstärke geregelt werden. Zusätzlich gibt es 100 Rhythmuspatterns verschiedenster Stilrichtungen, die man zum Üben und Jammen verwenden kann. Dieses „Metronom deluxe“ macht Spaß und kann durchaus inspirierend wirken.
Der integrierte Recorder ist sehr einfach ausgestattet und ermöglicht die Aufnahme und Wiedergabe von bis zu drei Stücken als MIDI-Daten. Hinzu kommt eine Lesson-Funktion, die 25 Burgmüller-Etüden und einige andere Übungsstücke umfasst. Sie können mit frei wählbarem Tempo und mit einzeln abschaltbaren rechten und linken Händen abgespielt werden, sodass man die jeweils andere Hand dazu üben kann.
Erfreulich sind die vier Speicherplätze für Registrierungen, also Einstellungen des gesamten Instruments hinsichtlich Klängen, Effekten, Dual-/Split-Modus und so weiter. Während man seine Lieblings-Settings bei vielen Instrumenten in dieser Preisklasse nach jedem Einschalten neu vornehmen muss, kann man beim ES100 vier Registrierungen speichern. Vier Plätze sind natürlich nicht viel, aber erfahrungsgemäß hat man bei einem solchen Instrument in der Regel tatsächlich so ungefähr eine Handvoll Einstellungen, die man immer wieder mal braucht. Allemal besser als gar nichts!

Bedienung

Das Bedienkonzept mit Funktionstaste und verschiedenen Tasten der Klaviatur ist gerade bei einfachen Instrumenten ohne Display verbreitet und begegnete uns in diesem Testmarathon bei fast allen Instrumenten. Es kann mitunter auch ein praktikabler Kompromiss sein, gerade wenn das Design eine Rolle spielt und die Bedienoberfläche nicht mit Knöpfen überfrachtet werden soll. Allerdings bedeutet es auch, dass man gerade bei seltener benötigten Einstellungen jedes Mal in der Bedienungsanleitung nachsehen muss, welche Tasten man genau drücken muss – zumal die Sonderfunktionen beim ES100 nicht auf das Gehäuse gedruckt sind. Das ist etwas unpraktisch und könnte auch dazu führen, dass so mancher Benutzer viele Funktionen des Pianos gar nicht erst entdeckt. Hier hätte es doch sehr geholfen, wenn die einzelnen Funktionen aufgedruckt wären, auch wenn das natürlich nicht ganz so schön aussähe.  

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Profilbild von Peter

Peter sagt:

#1 - 07.04.2015 um 18:39 Uhr

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Vielen Dank für die vielen Tests hier. Sie geben einen ersten Überblick.
Ich habe angefangen, Klavier zu lernen. Beim Anspielen diverser Instrumente habe ich festgestellt, daß ich auf einer Hammermechanikklaviatur scheinbar präziser spiele. nun bin auf der Suche nach einer Klaviatur. Reicht das ES100 zum Erlernen der richtigen Spieltechnik aus oder sollte ich eher zu einem aufwendigeren Controller, wie VPC1 mit SW-Instrumenten oder Stagepianos wie EB7 oder MP11 greifen? Ein ausgewachsenes Heimgerät kann ich nicht aufstellen.Schönen Gruß
Peter

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