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Kurzweil SP6-7 Test

Mit den Stagepianos der beliebten SP-Serie sorgt Kurzweil bereits seit Jahrzehnten für eine ausgewogene Kombination aus tollem Klang, Portabilität und erschwinglichen Preisen. Das kürzlich vorgestellte SP6-7 ist eine abgespeckte Variante des regulären SP-6, bei welchem statt 88 Tasten transportfreundliche 76 Tasten verbaut wurden. Außerdem hat Kurzweil auf eine Hammermechanik verzichtet, wodurch das SP6-7 mit seiner leicht gewichteten Tastatur auch abseits der reinen Piano-Welt für den Einsatz als Stagekeyboard interessant werden könnte. Dafür sorgen auch die vielen E-Piano/Orgel-Sounds, welche weitestgehend aus dem hauseigenen Flaggschiff Forte übernommen wurden. Mit seiner üppigen Ausstattung positioniert sich das Kurzweil preislich im Bereich der Mittel-/Oberklasse zwischen anderen Leichtgewichtlern wie etwa dem Vox Continental 73 oder den Nord Electros. Wie kann sich das Stagepiano hier klanglich behaupten? Wir haben es für euch in unserem Test herausgefunden.

Kurzweil SP6-7 Test
Kurzweil SP6-7 Test

Details

Erster Eindruck

Bereits auf den ersten Blick macht das SP6-7 einen aufgeräumten, übersichtlichen Eindruck. Durch das kantige, schnittige Kunststoff-Gehäuse und die moderne Bedienoberfläche ist zumindest optisch eine Verwandschaft zu Workstation-Klassikern der 2000er à la Korg Triton oder Yamaha Motif deutlich erkennbar, auch wenn das Kurzweil eigentlich unter der Rubrik „Stagepiano“ läuft. Dank der halbgewichteten Tastatur lässt es sich mit seinen knapp 8 kg Eigengewicht gut zum nächsten Auftritt transportieren und nimmt dabei mit 118,2 x 35,75 x 10,78 cm (B x T x H) auch nicht zu viel Platz im Tourbus ein. 

Fotostrecke: 2 Bilder Das SP6-7 zeigt sich modern …

Aufbau und Bedienoberfläche

Die aufgeräumt wirkende Bedienoberfläche ist um das zentrale LC-Display herum im Wesentlichen in die drei Zonen MODE, CONTROL und CATEGORY aufgeteilt. In der MODE-Sektion lässt sich der Grundmodus festlegen, in welchem das Kurzweil arbeitet. Hier sticht zunächst der PROGRAM-Mode mit insgesamt 256 verschiedenen Sounds hervor, die sich per Wahlrad auswählen lassen und zusätzlich im CATEGORY-Bereich in neun verschiedenen Kategorien vorsortiert wurden. Diese CATEGORY-Buttons morphen auf Wunsch zum Keypad und erfüllen dann weitere Funktionen wie etwa die Preset-Benennung oder das Abspielen von Sound-Demos. Kurzweil macht seinem Ruf für gute Piano-Sounds alle Ehre und versorgt das SP6-7 mit einem großen Angebot an verschiedenen Grand – und Upright Piano-Sounds mit ausgefeilter String-Resonance-Technologie, die in Kurzweils hauseigene V.A.S.T-Struktur intergiert wurde. Auch E-Piano-Klassiker wieWurlitzer, Rhodes oder Clavinet sind mit von der Partie. 

Fotostrecke: 4 Bilder Die Bedienoberfläche macht einen aufgeräumten Eindruck.

Hinzu kommen verschiedenste Rubriken wie etwa Synthesizer/Lead-Sounds, Strings, Gitarren/Bässe und auch diverse Orgeln mit Kurzweils KB3-Technologie und Real-Time Drawbar-Kontrolle. Hier kommt dann der CONTROL-Bereich mit seinen vier Potis ins Spiel, worüber bei den Orgel-Sounds beispielsweise die Zugriegel reguliert werden können. Via SHIFT-Button lassen sich mit den Potis insgesamt zwölf verschiedene Parameter intuitiv kontrollieren, die im Display-Menü separat festgelegt werden können. Die Auswahl an Effekten variiert hierbei je nach Sound. Immer dabei sind Reverb/Delay-Effekte, ein Filter mit regelbarer Resonanz und Cutoff sowie eine AMP-Hüllkurve mit Attack und Release. Hinzu kommen die zwei Effekte FX A und FX B, welche je nach Sound unterschiedlich sind. So ist bei den Orgel-Sounds beispielsweise eine Rotary-Simulation, bei den E-Pianos hingegen ein Tremolo-Effekt am Start. Trotz langer Suche und Bedienungsanleitung habe ich keinen Weg gefunden, um am Gerät selber beispielsweise einem E-Piano-Sounds nachträglich einen Rotary-FX zuzuweisen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Control-Sektion ist für die Effekt-Kontrolle zuständig.

Diese Effekte sind scheinbar im Vorfeld den jeweiligen Sounds zugewiesen worden und lassen sich nur in der kostenlosen PC/Mac Editor-Software austauschen. Die aktive Funktion des jeweiligen Potis wird bei Betätigung auf dem Display angezeigt. Auch wenn insgesamt 32 verschiedene Effekte und unzählige festgelegte Effekt-Ketten im SP6-7 schlummern, lassen sich diese scheinbar nicht intuitiv am Gerät Sound-übergreifend einsetzen, wie ich es beispielsweise von den Nord Electro-Pianos gewohnt bin. Die Sounds aus dem Program-Mode können auch als Split/Layer gespielt werden, wobei sich für derartige Funktionen eher der MULTI-Modus anbietet. Hier gibt es zusätzlich zu den PROGRAM-Sounds noch einmal 130 sogenannte „Multi“-Klänge, bei denen bis zu vier Einzelsounds als Split/Layer kombiniert werden. Im Control-Modus sind diese Einzelsounds jeweils einer „Zone“ zugewiesen und lassen sich unabhängig voneinander aktivieren.
Bis zu vier separat laufende Arpeggiatoren mit Tap Tempo hauchen dem SP6-7 zusätzliches Leben ein und ermöglichen vielschichtige Klanggebilde. Editierte Program/Multi-Sounds lassen sich im USER-Modus in 1.024 reservierten User-Slots verewigen. Außerdem zeigen sich zentral unter dem Display fünf Favourite-Buttons, in denen sich Lieblings-Sounds abspeichern und direkt abrufen könnt. Neben Pitch/Mod-Wheels bietet das SP6-7 noch einen VARIATION-Button, mit dem beispielsweise bei Orgel-Sounds die Geschwindigkeit des Rotors intuitiv reguliert werden kann. Außerdem lassen sich mittels der beiden Transpose-Tasten Transponierungen von bis zu +/- 36 Halbtönen vornehmen. Für weitere Einstellungen etwa für MIDI oder Velocity Map gibt es dann noch den GLOBAL-Modus. Das Display beherbergt also schon das ein oder andere Sub-Menü; insgesamt wirkt die Bedienung des SP6-7 auf mich aber nicht überfordernd und ist relativ schnell nachvollziehbar. 

Fotostrecke: 6 Bilder Simpel, aber gut ausgestattet ist das SP6-7 auf der Rückseite.
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Praxis

Tastatur

Achtung! Schnittgefahr! Die halb gewichtete Tastatur mag zwar zunächst zu Glissandi-Läufen mit Orgel-Sounds einladen, erweist sich allerdings als besonders scharfkantig, sodass ich fast ein wenig Angst hatte, mich ernsthaft an ihr zu verletzen. Ich erwarte bei einemStagepiano natürlich keine Waterfall-Tastatur, aber leicht abgerundete 76 Tasten wären schon wünschenswert, gerade weil sich das Keyboard durch die leichte Gewichtung auch für den Einsatz als Orgelersatz anbietet. Abgesehen davon ist die Tastatur angenehm weich gebettet und mithilfe der „leicht“ gewichteten Tasten lassen sich durchaus Piano-Einlagen realisieren. Lediglich bei feinem dynamischen Spiel muss das SP6-7 leider passen. Insgesamt ist die Tastatur für mich ein guter Kompromiss aus Mobilität und gutem Spielgefühl, wenn ich für einen Moment mal die kantigen Tasten außen vorlasse. 

Die Tasten des SP6-7 zeigen ungewöhnlich scharfe Kanten.
Die Tasten des SP6-7 zeigen ungewöhnlich scharfe Kanten.

Workflow

Das Bedienkonzept des SP6-7 braucht durch einige Sub-Menüs und Doppel-Belegungen einen Moment, bis es mich überzeugen kann. Sobald ich es einmal verstanden habe, empfinde ich es aber als intuitiv und simpel. Das SP6-7 setzt eher auf wohlklingende Presets mit limitierter, aber effektiver Effekt-Manipulation. So kommt man auch als Einsteiger schnell zu schicken Sounds und Klangwelten, ohne unbedingt das Einmaleins des Sound Designs vollends durchdrungen zu haben.

Klangvielfalt wird im SP6-7 groß geschrieben.
Klangvielfalt wird im SP6-7 groß geschrieben.

Klang

Eines muss man dem SP6-7 lassen: In Sachen Klangvielfalt hat sich das Stagepiano gemessen an seiner Preisklasse erstaunlich breit aufgestellt. In seinem großen Fuhrpark an Preset-Sounds fehlt kaum ein Instrument, welches hiesige Keyboarder*innen für Live-Gigs benötigen dürften. An erster Stelle stehen in traditioneller Kurzweil-Manier natürlich die vielen Piano/E.Piano-Sounds, die in Sachen Spielgefühl gut an die halb gewichtete Tastatur angepasst wurden und für die Preisklasse angenehm warm und ausgewogen klingen. Bei den Grand Pianos ist der „Dyn 9ft“ mein Favorit, während der „Rich Grand 7ft“ ein wenig Tiefe und Dynamik vermissen lässt und das „Punchy Edge“-Piano sich gerade im Bandgefüge gut durchsetzen sollte.

Audio Samples
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Dyn 9ft Grand: Großer Konzertflügel mit String Resonance Rich Grand 7ft: Mittelgroßer Konzertflügel mit String Resonance Punchy Edge: Helles Attack-Piano

Neben klassischen Flügel-Sounds sind auch experimentellere und zeitgemäße, etwas dunklere Piano-Klänge am Start, wie etwa „Dark & Distant“ oder „Film Piano“. Trotz des 2000er Workstation-Looks präsentiert sich das SP6-7 hier erstaunlich nah am Zahn der Zeit, da derartige Sounds gerade sehr gefragt sind. Das i-Tüpfelchen wäre noch ein Felt Piano mit Moderator-Sound gewesen, aber dank des Filters lassen sich schon schön dumpfe Piano-Sounds realisieren.

Audio Samples
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Dark & Distant: Dunkles Piano mit Modulations-Reverb

Die E.Pianos sind relativ mittenbetont und dünn im Bass-Bereich, was aber gerade im Band-Kontext gar nicht so verkehrt ist. Beim DX7-Sound hätte ich mir etwas mehr Präzision gewünscht, der wirkt doch sehr breitbandig und pauschal. Erfreulich finde ich, dass Kurzweil im Vintage-Geiste auch Sounds wie den Yamaha CP-70 mit ins Gerät gebracht hat. Die Effekte wie Tremolo oder AutoWah machen ihren Job solide und fallen nicht negativ auf.

Audio Samples
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Phase EP: Rhodes E.Piano + Phaser-Effekt EP Reed: Wurlitzer E.Piano E Acoustic Grand: Yamaha CP-70 E-Grand FM EP: Yamaha DX7 E.Piano Clavinet Autowah: Clavinet D6 + Autowah-Effekt

Beim Browsen durch die PROGRAM-Sounds stolpere ich allerdings auch immer wieder über Klänge, die kaum Dynamik bieten, eine gewisse Wertigkeit vermissen lassen und mit stark betonten Mitten relativ nasal an den externen Lautsprechern kleben.  Die detaillierte Drawbar-Kontrolle und der Rotary-Effekt sind bei den Orgel-Sounds zwar tolle Feature, aber insgesamt fehlt mir hier ein wenig Tiefe und Luftigkeit, die ich von anderen Orgel-Emulationen wie beispielsweise Clavia oder Korg gewohnt bin. Der Sound wirkt etwas künstlich und versprüht nicht gerade Vintage-Vibes. Dieses Gefühl kommt habe ich jedoch nur bei einigen Orgeln und E.Pianos, insgesamt kann der Sound des Kurzweils mich mit seinen warmen, tiefen Mitten und der hohen Auflösung durchaus überzeugen.

Audio Samples
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Big Rotary B3: B3-Orgel + Rotary-Effekt Soul Perc Organ: B3-Orgel, soulig + Rotary-Effekt Upright Piano: Klavier

Wenn ich mich so durch die Presets klicke, fällt mir insgesamt auf, dass sich das SP6-7 klanglich vorwiegend im Bereich der 1970er/80er Jahre und im aktuellen Hype der LoFi/Film-Sounds aufhält. Zu nennen wären da etwa das DX7-Piano oder die vielen Synthesizer-Sounds im VintageMoog/Prophet-Gewand. Moderne EDM-Sounds kommen hier nur vereinzelt zum Vorschein. Da gerade im Pop-Bereich die Nachfrage nach dunklen, warmen und windschiefen Vintage-Sounds aktuell extrem groß ist, macht Kurzweils Ansatz für mich sehr viel Sinn und setzt das Piano von vielen Konkurrenz-Geräten hab, die häufig versuchen, alle erdenklichen Klang-Facetten abzudecken, anstatt sich wenigstens grob zu fokussieren. Auch wenn ihre Auswahl und Bearbeitung nur bedingt intuitiv ist, klingen die Effekte allesamt brauchbar. Lediglich für die Reverbs hätte ich mir eine Art Tone-Parameter gewünscht, um die oft schneidenden Höhen etwas zu entschärfen. Die Synths klingen für ein Stagepiano mit breitem Klangfokus ziemlich realistisch und brauchbar. 

Audio Samples
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Prophet Pad: Analog-Synthesizer Pad-Sound Moog Model D Style Lead Sound Micromoog Plus: Moog Model D Style mit Filter Envelope + Resonanz

Eindeutig in der zeitgenössischen Filmmusik-Welt unterwegs sind Sounds wie „5th Scape“ oder „Ancient Calling“. Die vereinzelt auftauchenden Mellotron-Sounds sind schon sehr scharf in den Mitten, aber so war das damals auch und trägt abermals zum Vintage-Beigeschmack des Kurzweils bei.

Audio Samples
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Ancient Calling: Lofi Synth Pad 5th Scape: Filmscore Drone-Sound British Mellotron: Vintage Mellotron Sound

Die Simulation von Bass- und Gitarren-Sounds in elektronischen Tasteninstrumenten ist ja immer so eine Sache. Diese Presets wirken auch beim SP6-7 etwas unrealistisch und künstlich, sollten aber in Notfällen definitiv ihre Dienste erfüllen. Die Strings und Bläser wirken hingegen auffällig punchy und gerade im Band-Gefüge absolut einsetzbar.

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Chunky Vintage: Verzerrte E-Gitarre Finger Bass: E-Bass normal Flea Bootsy: Slappy E-Bass Sax Section: Saxophon-Sektion Arco Strings: Streicher-Pad Proper Pizzicato: Pizzicato-Streicher Punchy Strings: Staccato-Streicher

Gerade bei den Multi-Sounds kommt große Spielfreude und Inspiration auf. Die Kombinationen sind hier teilweise sehr originell und mit Sounds wie „City Reich“ abermals mit einem deutlichen filmischen (Vintage)-Einschlag bedeckt. Bei den Hörbeispielen lege ich meistens nur Akkorde, den Rest übernehmen die internen Arpeggiatoren und Effekte.

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City Reich: Steve Reich inspiriertes Multi-Patch Wine Glassical: Filmscore Glass Harmonica-Sound + Strings/Pads Brass/Brass/EP: Arp-Textur mit Brass-Sounds und E.Piano
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Fazit

Viel mehr als nur ein Stagepiano: Das Kurzweil SP6-7 bietet neben warmen Klavier-Sounds ein üppiges Angebot an verschiedensten Keyboard-Klängen, bei denen bemerkenswert oft ein Vintage-Charakter durchscheint. Die weitestgehend hochauflösenden Sounds lassen sich ohne die externe Editor-Software nicht unbedingt detailliert, aber dafür schnell und zielführend einstellen und im Multi-Modus kreativ und vielseitig nutzen. Die Bedienung ist insgesamt sehr benutzerfreundlich, verzichtet auf großen Schnick-Schnack und konzentriert sich stattdessen auf gültige Sounds ohne lange Umwege. Durch die halbgewichtete Tastatur ist das SP6-7 in Sachen Spielgefühl als Klavierersatz eher bedingt geeignet, brilliert dafür jedoch als preiswertes Allrounder-Keyboard mit solidem Grundsound. 

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Warmer und solider Grundsound
  • Große Klangvielfalt
  • Viele tolle Vintage-Sounds
  • Angenehme Gewichtung der Tastatur
  • Simpler Workflow
Contra
  • Scharfkantige Tasten
  • Detail-Einstellungen nur bedingt möglich
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Kurzweil SP6-7 Test
Für 1.099,00€ bei
Preiswert, vielseitig, wohlklingend und gut bedienbar: Das Kurzweil SP6-7 Stagepiano.
Preiswert, vielseitig, wohlklingend und gut bedienbar: Das Kurzweil SP6-7 Stagepiano.
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