Was Röhren-Verzerrer angeht, hat Ibanez bekanntermaßen schon öfter ins Schwarze getroffen. Der mittlerweile zur Legende gewordene Tube Screamer TS808 ist nur ein Beispiel. Auch der Vorgänger unseres Testgerätes, der Tube King TK999, konnte mit exzellent klingender Röhrenpower überzeugen. Jetzt wurde es Zeit für eine Neuauflage, denn der Tube King ist schon seit mehreren Jahren nur noch aus zweiter Hand zu bekommen. Und wie es bei Neuauflagen nun einmal so üblich ist, hat auch der neue TK999HT einige wichtige Updates und interessante Neuerungen erhalten.
Die aufwändige Elektronik des Tube King wird durch ein stabiles Metallgehäuse geschützt, das zur Röhrenkühlung über zusätzliche Lüftungsschlitze verfügt. Als besonderer Hingucker lässt das Gehäuse einen tiefen Blick ins Triebwerk zu, denn die Röhre liegt unter einer robusten, durchsichtigen Kunststoffblende und schimmert im Betrieb rötlich. Besaß der alte Tube King nur einen 3-Band-EQ sowie einen Gain- und einen Master-Regler, punktet die neue Version zusätzlich mit einem Presence-Schalter und einem regelbaren Noise-Gate. Letzteres firmiert unter der Bezeichnung Void und bestimmt den Ansatzpunkt (Threshold) des integrierten Gates.
Wirft man einen Blick ins Innere des quadratischen Soundtools, bemerkt man die aufwändigen Verkabelungen und Schaltungen. Zwei Platinen, gespickt mit diversen Transistoren, die ebenfalls zur Verfeinerung des Gitarren-Signals dienen, finden hier neben der gut verstauten 12AX7 Röhre Platz. Hier ist definitiv kein freier Fleck mehr, um das 1kg schwere Gerät mit Batterien zu speisen. Röhrengeräte benötigen im Regelfall eine höhere Spannung als Transistorgeräte; auch aus diesem Grund wird der kleine Röhrenkönig per Steckernetzteil mit Strom versorgt. Das Gerät verfügt über zwei Klinkenbuchsen (In/Out) und den 12V Netzteil-Anschluss. Die Inbetriebnahme erfolgt über den Fußtaster. Eine Kontroll-LED zeigt die On/Off-Aktivität des Kings an.
Die mit Abstand wichtigste Neuerung betrifft die Arbeitsweise der Röhre. Bei vielen anderen Geräten ist die Spannung, die an der Anode der Röhre anliegt, sehr gering. Dadurch erhält man ein tendenziell mattes und matschiges Klangbild. Beim TK999HT wird mit einer höheren Spannung gearbeitet, was eine stärkere Ähnlichkeit mit dem Sound der Vorverstärker-Stufen der Röhren-Gitarrenverstärker ermöglicht. Ibanez verzichten beim HT allerdings auf einen richtigen Bypass. Dies hat zur Folge, dass das Signal alleine durch das Durchschleifen durch den nicht aktivierten Tube-King etwas dumpfer wird.
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Der Ibanez Tube King TK909HT hat einen ab Werk abgesenkten Mitten-Bereich und liefert somit eine gute Grundlage für Heavy-Sounds. Das daraus resultierende stramme Low-End trägt zum bestmöglichen Röhrensound-Ergebnis bei. Beim ersten Anspielen wird man sofort von der lebendigen und organischen Ansprache des Kings aus den Socken gepustet. In Sachen Druck und Power klingt das Ganze fast wie ein verzerrter Kanal eines Amps.
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AC RockMore Tele
Der Tube King weiß dabei mit sehr gut ansprechenden EQ-Reglern ein umfassendes Feld an Sounds abzudecken, ohne über tote Winkel im regelbaren Frequenzbereich zu stolpern. Sowohl dezent einzusetzende Blues-Leads, als auch in die Sättigung gefahrene Power-Chord-Riffs stehen auf der Tagesordnung. Bei weit aufgerissenem Drive-Regler erhält man einen sehr runden, warmen und sustainreichen Lead-Sound, aber auch brettharte Rhythmus-Sounds mit zünftigem Attack.
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LeadPowerchordsBari Riff
Der Presence-Schalter kann mit seinen zwei Positionen (Hi/Lo) je nach Geschmack das High-End mit mehr oder weniger Schärfe und Biss würzen, erledigt diese Aufgabe aber sehr geschmackvoll und dezent. So bewegt man sich nicht dauernd zwischen zwei Sound-Extremen, sondern fügt lediglich eine kleine Klangnote hinzu. Die neue Arbeitsweise der Röhre punktet zudem mit hörbarer Transparenz auch in hohen Zerrgraden und einer ansprechenden und durchsetzungsfähigen Dynamik. Was aber nachhaltig zum Charakter des Gerätes beitragen dürfte, ist das ewig andauernde Sustain – unglaublich, wie lange der Ton lebendig bleibt!
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Chili StratDyna PickMetal LP
Hier habe ich noch ein paar weitere Sounds für euch aufgenommen:
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GateDyna PotiChords
Hinweis: Alle Audiofiles auf dieser Seite sind über ein Sovtek Mig 50 aufgezeichnet worden. Alle Regler des Tops sind dabei brav in der 12-Uhr-Stellung geblieben.
Wie ist es jetzt um den allgemeinen Charakter dieses Bodeneffekts bestellt? Der Grundsound des Tube King beruht auf leicht beißenden Höhen und eigenwilligen Mitten. Dies macht ihn vor allem für Metal-Gitarristen interessant. Das Mid-Poti bietet zwar genügend Spiel, verändert aber nichts am vordergründigen Charakter der oberen Mitten. Das ist keine Ausfallerscheinung. Vielmehr prägt es die Persönlichkeit dieses Verzerrers und lenkt ihn ein Stückchen weiter in Richtung moderner amerikanischer HiGain-Sounds, wohingegen seine Vorgänger eher im Brit-Genre angesiedelt ist.
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FAZIT Der Ibanez Tube King TK999HT ist ein gelungenes Update des zum bereits fast vergriffenen Tube King TK999. Durch die neue Arbeitsweise der Röhre erhält der Sound im Vergleich zum Vorgänger einen ganzen Schlag mehr an Dynamik und Transparenz. Alle Regler und Schalter arbeiten durchweg genau und liefern ein großes Spektrum an kräftigen Rhythmus- und Lead-Sounds. Fast schade, dass sich für den Live-Betrieb nicht mehrere Presets abspeichern lassen. Dennoch hat man ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis und bekommt für sein Geld ein wirklich amtlich verarbeitetes und gut ausgestattetes Distortion-Pedal. Das Noise-Gate ist einfach zu bedienen und funktioniert so, wie man es sonst nur von großen Preamps kennt. Bei so viel Power lässt sich die Höhendämpfung durch die fehlenden True-Bypass-Schaltung leicht verkraften. Alle Daumen hoch! Der TK909HT ist wirklich ein heißes Teil!
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fritz sagt:
#1 - 20.09.2016 um 10:55 Uhr
?? seit wann war bzw. ist ist ein TS808 ein Röhren-Verzerrer ??