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Cre8audio East Beast und West Pest Test

Mit zwei neuen semimodularen Synths zu Kampfpreisen mischt Cre8audio wieder einmal die Branche auf. Wir haben East Beast und West Pest im Dialog getestet.

Cre8audio East Beast [l.] und West Pest [r.]. (Quelle: Lukas Hermann)
Cre8audio East Beast [l.] und West Pest [r.]. (Quelle: Lukas Hermann)

Nach einigen erfolgreichen Eurorack-Cases und -Modulen für Einsteiger macht Cre8audio das nächste Marktsegment unsicher. Die beiden semimodularen Synthesizer East Beast und West Pest könnten echte Kassenschlager werden: Sie orientieren sich an zwei klassischen Syntheseformen der 1960er und 1970er Jahre und für wenig Geld bieten sie fetten Sound und einige Patch-Optionen. Wir haben uns die beiden unterschiedlichen Synthesizer-Konzepte einmal zusammen angeschaut.

Details

Cre8audio East Beast und West Pest: Erster Eindruck

Bereits beim Niftycase und den Einsteigermodulen Capt’n Big-O und Mr. Phil Ter hatte Cre8audio ein erklärtes Ziel: Man wollte viel Funktionalität zu niedrigen Preisen bieten. Dies wurde beim East Beast und beim West Pest auf eine neue Spitze getrieben: Nur knappe 250 Euro kosten die zwei semimodularen, monophonen Desktop-Synthies. Cre8audio hat bei der Entwicklung erneut mit Pittsburgh Modular zusammengearbeitet.

Anschließen und loslegen

Beide Geräte kommen in je einem kompakten Karton zum Musiker. Werden sie ausgepackt, zeigt sich ein leicht schräges Kunststoffgehäuse mit einem großen Ein-/Aus-Schalter und Netzanschluss an der Rückseite. Netzteil, MIDI-Adapter und Patchkabel sind ebenfalls mit im Karton. Ein 3,5-mm-Output vorn an den Synths dient der Audioausgabe – sowohl in Richtung Interface oder für den Gebrauch mit Kopfhörern.

Cre8audio East Beast: Panel
Fotostrecke: 2 Bilder Das blau-grüne East Beast von Cre8audio klingt nach Moog …

Beim ersten Herumspielen nach dem Auspacken zeigt sich, dass die Verarbeitungsqualität nicht unter dem günstigen Preis gelitten hat: Die Buttons und Drehregler, die auf Produktfotos aufgrund ihrer bunten Farben etwas billig erscheinen, machen viel Freude. Auch die 20 Patchpunkte, über die sowohl East Beast als auch West Pest verfügen, rasten gut ein und dürften lange halten.

East Beast: Moog mit Twist

Die Reim-Namen der Synths geben recht offensichtlich an, worum es sich bei ihnen klanglich handelt: Je nach Geschmack können sich Einsteiger hier zwischen Sounds im Moog– oder Buchla-Stil entscheiden. Insbesondere der Signalfluss des East Beast ist prototypisch: Ein analoger Oszillator (Sinus/Dreieck/Sägezahn/Puls mit FM bzw. PWM) geht in ein Multimode-Filter und dann in einen VCA. Der wird von einer ADSR-Hüllkurve gesteuert – und einen LFO gibt es auch noch.

Cre8audio East Beast: Oszillator
Vier verschiedene Oszillator-Wellenformen gehen beim East Beast in ein Multimode-Filter. (Foto: Lukas Hermann)

Dennoch ist das East Beast nicht einfach nur eine Moog-Kopie – das dank Richard Nicol von Pittsburgh Modular. Er hat für Cre8audio eine neue Version seines eigenen analogen Oszillators entwickelt und ihn zusammen mit seinem hauseigenen Filter verbaut. Der hat als Tiefpass mit Resonanz nur auf dem Papier Moog-Anleihen. Sein Bass bleibt auch bei hoher Resonanz stehen, anders als bei den Vorbildern aus Asheville. Zudem kann man ihn als Bandpass, Hochpass oder auch in Kombimodi verwenden.

West Pest: Buchla, resonant

Dennoch ist der West Pest von den beiden Geräten in Sachen Signalfluss innovativer. Hier wurde sich nicht an einem einzelnen Vorbild à la Mother-32 oder – der Westcoast eher entsprechend – Make Noise 0-Coast orientiert. Dieser Synth stellt eine kompakte Neuinterpretation des klassischen Buchla-Konzepts mit seinen drei Kernkomponenten dar: Oszillator, Wavefolder und Low-Pass-Gate.

Cre8audio West Pest: Oszillator
Beim West Pest gibt es „nur“ drei Wellenformen, dafür aber einen vielgestaltigen Wavefolder dahinter. (Foto: Lukas Hermann)

Diese Bestandteile wurden gezielt aufeinander abgestimmt: Der Oszillator bietet mit Sinus, Dreieck und Sägezahn drei Basis-Wellenformen. Diese harmonieren allesamt mit dem anschließenden Wavefolder. Wie das Filter beim East Beast hat der den größten Encoder auf dem Panel bekommen. Und das aus gutem Grund: Mit ihm kann präzise durch die insgesamt sechs Wavefolder-Stufen gefahren werden. Sehr spannend: Mit einem Resonanzregler kann sein Charakter ein wenig an den eines Moog-Filter angelehnt werden.

Low-Pass-Gate für authentischen Buchla-Sound

Die anschließende analoge Emulation eines Optokoppler-LPGs ist auf perkussive Sounds ausgerichtet. Sie kommt ohne Attack aus und klingt organisch aus. Wie beim Buchla Music Easel gibt es zumindest noch einen Sustain-Regler für dynamische Melodien sowie ein modulierbares Release. Das ist via MIDI – was beiden Geräten bereitsteht – passenderweise auf die Anschlagsdynamik geroutet. Komplettiert wird das Ganze wie beim East Beast durch einen LFO. Diesen kann man intern oder über die Patchbay auf die Release-, Fold- und FM-Inputs routen.

Sequenzer, MIDI, Shift und mehr

Unten auf dem Panel verfügen beide Synthesizer dann noch über ein Button-Keyboard mit Oktavschaltern, mit dem sie direkt gespielt werden können. Hier war der Mother-32 von Moog eindeutiges Vorbild. Unter den Buttons aufgedruckte Shift-Funktionen gibt es auch: Sie können den Sequenzer (32 Steps, 13 speicherbare Pattern), den Arpeggiator und ein zweite digitale Modulationsquelle aktivieren und steuern.

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Praxis

East Beast und West Pest im Einsatz

Ich eröffne den Praxisteil mit einem Lob: Es ist erfreulich, dass sich Cre8audio in Sachen Eurorack-Kompatibilität an Moog und nicht an Make Noise orientiert hat. Man hat die Synths im Wortsinn ausbaufähig gemacht. Während 0-Coast und 0-CTRL also auf ewig in ihren Gehäusen klemmen bleiben, kann man East Beast und West Pest aus ihren entfernen und in Racks montieren. Das ist ideal für Einsteiger, die erste (semi-)modulare Schritte an Standalone-Geräten gehen, aber später ihr Setup mit „echten“ Modulen erweitern wollen.

Oszillatoren kombinieren? Geniale Idee!

Mit diesem praktischen Vorteil im Hinterkopf also zum Sound. Wie klingt das Biest des Ostens, wie die westliche Pest? Am besten miteinander vergleichbar sind die Oszillatoren beider Synths. Die klingen sehr solide. Mit vier Wellenformen statt drei hat das East Beast ein mehr an Auswahl, aber das fällt in der Praxis kaum ins Gewicht, denn die Wellen lassen sich kombinieren. Alle Basiswellen klingen voll und rund, die obertonreicheren schön komplex. Vor allem die Mixtur aus Sinus und Sägezahn macht bei beiden Geräten untenrum einiges her. Dennoch hätte man in manchen Patch-Situationen gern noch einen Suboszillator und auch etwas mehr Wumms bei der Pulswelle des Beast. Zudem klingt FM mit dem internen LFO bei beiden etwas dumpf. Dazu später mehr.

Audio Samples
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East Beast: Saw/Pulse Filter-Sweep East Beast: Saw/Pulse Filter Mod East Beast: Random Percussion East Beast: PWM & Glide East Beast: FM Highness

Wavefolder schlägt Filter

Vorher geht es aber noch in das Filter bzw. in den Wavefolder. Hier hat letzterer klar die Nase vorn. Das PGH Filter im East Beast hat zwar bei hohen Resonanzeinstellungen viel Bass und ein schön helles Summen, aber es ist doch ein eher schlichtes Multimode-Filter. Der Wavefolder hingegen hat hunderte Sweetspots. Seine timbrale Varianz ist immens. Hinzu kommt seine Eigenresonanz, die für schmutzige Drones und perkussive Sounds gleichermaßen Gold wert ist. Die kommt beim West Pest auch deshalb besser zur Geltung, weil die Hüllkurve deutlich dynamischer ist. Der Release beim East Beast hat kaum Spielraum, wenn es um kürzere Anschläge geht.

Cre8audio East Beast: PGH Filter
Das Multimode-Filter des East Beast ist variabel einsetzbar, wohingegen der Wavefolder des West Pest der innovativere Schaltkreis ist. (Foto: Lukas Hermann)

Sowohl das Filter als auch den Wavefolder kann man mit dem internen LFO modulieren. Der hat zwei Wellenformen (Dreieck und Puls), kann via Shift-Button in zwei unterschiedlichen Frequenzbereichen schwingen und geht bis 500 Hz hoch. Das erlaubt bei der Filter- bzw. Wavefoldermodulation spannende Soundexperimente. Für FM geht der LFO in beiden Fällen aber nicht hoch genug. Er hätte schon ein vollwertiger Oszillator mit 1V/Okt.-Eingang sein müssen, um richtig durchschlagend zu wirken. Besonders beim West Pest mit seiner Buchla-Orientierung ist das ein echtes Manko.

Audio Samples
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West Pest: Sinus Fold West Pest: Wavemod & Fold West Pest: Saw & Resonance West Pest: LFO Release Mod

Der Sequenzer | Arpeggiator

Wett gemacht wird das zum Teil vom mächtigen Sequenzer mit angehängtem Arpeggiator, der in beiden Synths an Bord ist. Deren Funktionen erschließen sich dank der aufgedruckten, farbcodierten Funktionen unter den Keyboard-Buttons sogar ohne Handbuch. Steps kann man über mehrere Oktaven hinweg eingeben und sogar während des Spielens programmieren. Auch das Eingeben von Pausen ist möglich. Zudem bieten die Transponierungs- und Oktavierungsfunktionen einiges an Performance-Spielraum.

Cre8audio West Pest: Sequenzer
Der Sequenzer beider Synths erschließt sich dank der aufgedruckten Shift-Funktionen ziemlich schnell. (Foto: Lukas Hermann)

Vom Zufall geleitet

Und dann gibt es noch den Zufalls-Sequenz-Generator. Mit einer Shift-Kombi kann der Sequenzer von einer bestehenden Melodie auf eine zufällige neue wechseln – ein endloser Ideenlieferant. Diese generativen Sequenzen klingen besonders in Kombination mit „random“ Oszillator-Wellen und Filter-Typen gut: Dann wird es schön experimentell!

Patchen für Dummies

Allerdings geht es für meinen Geschmack nicht experimentell genug. Die beiden Synths glänzen zwar mit ihrem Grundsound, dem intuitiven Layout und dem flexiblen Sequenzer, aber haben bei genauem Hinsehen wenige Modulationsoptionen. Ja, es gibt noch das digitale Modulationstool, jedoch sind die Ziele einfach sehr begrenzt. Nur ein Hüllkurvenparameter kann bei beiden Synths moduliert werden und auch die Resonanz ist unbeweglich. Da wäre noch ein wenig mehr drin gewesen.

Cre8audio West Pest: Patchbay
Eher nützlich als kreativ einsetzbar: Die Patchbay des East Beast. (Foto: Lukas Hermann)

Cre8audio East Beast und West Pest Videos (no talking)

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cre8audio Demo von Limbic Bits

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Fazit

Man muss zum Schluss mal wieder differenzieren, wie so oft im Leben. Einerseits ist der Preis von East Beast und West Pest derart heiß, dass ich die Synthesizer allen Einsteigern absolut ans Herz lege. Was man hier für den geforderten Preis erhält, ist unglaublich: Variable, volle Oszillatoren, Filter und Wavefolder mit Charakter und einen ultraflexiblen Sequenzer. Alles in einem portablen, hochwertig verarbeiteten Paket. Eigentlich perfekt, oder?

Ja, aber man muss gerade in solchen Fällen auf die Details achten. Denn immerhin wollen Einsteiger die Synthesizer ja auch lange verwenden. Im Studio, live und vielleicht auch in einem wachsenden Euroracksystem. Hier liegt der West Pest in Sachen Sound vorn: Es hat etwas mehr Charakter als der generischer klingende East-Coast-Gegenpart. Beide Synths lassen im Eurorack-Einsatz zudem ein paar Patchpunkte vermissen. Hier ist die Konkurrenz von Moog und Make Noise deutlich variabler. Aber sie kostet halt auch 350 Euro mehr! Wer die nicht ausgeben will, hat mit East Beast und West Pest zwei tolle Alternativen zur Auswahl. Daher gibt es, mit viel Hochachtung für die Demokratisierung des Synth-Betriebs durch Cre8audio und Pittsburgh Modular, vier von fünf Sternen.

Cre8audio West Pest [l.] und East Beast [r.]. (Quelle: Lukas Hermann)
Cre8audio West Pest [l.] und East Beast [r.]. (Quelle: Lukas Hermann)

Features

Cre8audio East Beast

  • Subtraktiver monophoner Synthesizer
  • Steuerbar über MIDI, CV und integriertes Tasten-Keyboard
  • Vollständig patchbar
  • 32-Step-Sequenzer mit bis zu 13 Presets
  • Sequenzer-Modus & taktsynchroner Arpeggiator
  • Analoger Oszillator (entwickelt von Pittsburgh Modular)
  • Oszillator-Wellenformen: Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Rauschen, können kombiniert werden
  • Oszillator mit Pulsweitenmodulation (PWM) und Frequenzmodulation (FM)
  • PGH Filter mit mehreren Modi (Tiefpass, Bandpass, Hochpass, können kombiniert werden)
  • LFO mit Dreieckswellenausgang
  • Multimod-Tool – Modulationssteuerung über CV, Zufallsgenerator sowie zusätzlicher LFO und Hüllkurvengenerator
  • Interne Clock mit Tap-Tempo/externe Clock
  • Kann standalone oder als Modul im Eurorack-Format verwendet werden
  • Spezifikationen als Eurorack-Modul: Breite 40 TE – Tiefe 25 mm
  • Strombedarf: 213 mA (+12 V) / 151 mA (-12 V)
  • Inkl. Steckernetzteil, 5x Nacza Noodles Patchkabel und 1x 3,5 mm auf 5-pol. MIDI Din-Adapter

Cre8audio West Pest

  • Monophoner Synthesizer im West Coast-Stil
  • Analoger Oszillator (entwickelt von Pittsburgh Modular)
  • Steuerbar über MIDI, CV und integriertem Tasten-Keyboard
  • Vollständig patchbar
  • 32-Step-Sequenzer mit bis zu 13 speicherbaren Presets
  • Generativer Sequenzer-Modus & taktsynchroner Arpeggiator
  • Step-Sequenzer kann über MIDI und das Keyboard manipuliert werden
  • Oszillator-Wellenformen: Sinus, Dreieck und Sägezahn, können kombiniert werden
  • Frequenzmodulation (FM)
  • Wavefolder/-shaper
  • PGH-Dynamik-Sektion
  • Analoger LFO mit Rechteck- und Dreieckswellenausgang
  • LFO-Bereich High: 2 Hz bis 500 Hz / Low: 41 Sekunden bis 5 Hz
  • Digitales Multimod-Tool: Modulationssteuerung über CV, Zufallsgenerator sowie zusätzlicher LFO und Hüllkurvengenerator
  • Interne Clock mit Tap-Tempo oder externe Clock mit Clock-Teiler
  • Kann standalone verwendet werden oder als Modul im Eurorack-Format
  • Spezifikationen als Eurorack-Modul: Breite 40 TE – Tiefe 25 mm
  • Strombedarf: 250mA (+12V) / 190mA (-12V)
  • Inkl. Steckernetzteil, 5x Nacza Noodles Patchkabel und 1x 3,5 mm auf 5pol MIDI Din Adapter

Preise

  • Cre8audio East Beast: ca. 249 €*
  • Cre8audio West Pest: ca. 249 €*

*(Straßenpreise am 06.09.2022)

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