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BOSS JS-8 eBand Test

Uns Gitarristen passiert es häufiger, dass wir zeitweise unter spontanen Jam-Anfällen leiden. Dummerweise ist aber meistens a) der Proberaum weit weg,  b) die entsprechenden Musikerkollegen fehlen und/oder c) es ist tief in der Nacht. Außerdem möchte der geneigte Musiker die Soli seiner Helden nachspielen können. Aber die sind unter anderem auch deshalb Helden, weil sie uns in vielerlei Hinsicht einiges voraushaben und meist auch technisch besser und schneller sind. Und hinter diese Tricks und Kniffe möchte man natürlich auch schauen können.

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Genau in diesen Fällen (und einigen mehr, wie wir später noch feststellen werden), kommt das JS-8 von Boss ins Spiel, ein Rundum-Sorglos-Paket für den Gitarristen. Das JS-8 eBand ist nämlich gleichzeitig Audio-Player mit Time-Stretch-Funktion und Center-Canceller (ähnlich wie Karaoke), Aufnahmegerät für Gitarre, Gesang und Playback, und dazu auch noch Stereoanlage. Außerdem bietet es neben 300 Playbacks/Audioloops auch das fast komplette GT-10 (Boss Fußpedal-Flaggschiff), und das alles in einem recht handlichen Gehäuse. Eine stattliche Liste, die einiges verspricht.

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Details

Optik
Mich erinnert das Gerät an eine kleine Stereoanlage, eine Tatsache, die es ungemein kompakt macht und eher unauffällig erscheinen lässt. Dass es komplett aus schwarzem Kunststoff besteht, unterstreicht diesen Eindruck. Die Verarbeitung ist Boss-typisch gut, es gibt keine wackelnden Potis oder klapprige Taster. Das JS-8 steht mit seinen vier Gummifüßen sicher auf meinem Tisch und erweist sich durch die leichte Neigung seiner Front als sehr ergonomisch zu bedienen.

Die Front ist im Grunde in drei Sektionen aufgeteilt: Ein großes, blaues, grafikfähiges Display informiert über Einstellungen und Sounds, darunter finden sich zahlreiche Knöpfe und Potis, auf die ich gleich noch näher eingehen werde. Hier lassen sich die meisten Einstellungen tätigen. Und eine Klinkenbuchse als Guitar/Mic IN, ein Mini-Klinken Kopfhörerausgang und zwei Potis zur Regelung des Eingangssignals und des Master-Levels bilden die dritte Sektion. Die beiden Lautsprecher werden durch zwei Abdeckungen aus schwarz lackiertem Lochblech geschützt, die perfekt zur Optik passen. Wenn wir uns das JS-8 von oben anschauen, finden wir dort zwei USB-Anschlüsse. Mit dem ersten lässt sich ein Computer verbinden, an den zweiten kann ein USB-Speicher wie beispielsweise ein Stick oder eine Festplatte angeschlossen werden.

Um das eingebaute Wah oder andere Effekte fernbedienen zu können, wird ein Expression-Pedal via Klinkenbuchse angeschlossen. Auch an einen SD-Speicherkarten-Slot wurde gedacht. Die mitgelieferte Speicherkarte hat eine Kapazität von 1 GB und beheimatet 300 Demosongs. Es ist aber möglich, SD-Karten mit bis zu 32 GB Speicherkapazität zu verwenden. Das mitgelieferte Netzteil wird auf der Oberseite des Gerätes angebracht.
Auf der rechten Seite befinden sich zwei Cinch-Anschlüsse für den Line-Out. Für den Fall, dass die Lautstärke der integrierten 2 x 3 Watt Lautsprecher nicht ausreicht, kann hier beispielsweise eine Stereoanlage oder vergleichbare Audioverstärkung bis hin zur PA angeschlossen werden. Ein Aux-Input im Stereo-Miniklinken-Format ermöglicht den Anschluss eines CD- oder MP3-Players.

Bedienung
Für den Test habe ich es mir mit meiner Gitarre direkt vor dem JS-8 gemütlich gemacht und will ausprobieren, wie weit ich ohne Bedienungsanleitung komme.
An dieser Stelle muss ich das erste große Lob an die Entwickler loswerden, denn die wichtigsten Einstellungen sind intuitiv und logisch aufgebaut. Sofort finden sich ein Playback und der passende Sound zum Mitspielen.

Insgesamt bietet das JS-8 zwölf verschiedene Gitarrenverstärker, unter anderem ein Roland Jazz Chorus, ein Fender Twin, ein Marshall 1959, ein Matchless D/C 30, ein Mesa Rectifier oder ein Hughes & Kettner Triamp. Aber auch ein Bassamp findet sich und erweitert die Nutzungsmöglichkeiten auch auf Bassisten. An Boxen stehen ebenfalls die gängigsten Typen wie 1×8“, 1×10“, 1×12“, 2×12“, 4×10“, 4×12“ und für Bassisten eine 8×12“ Box zu Verfügung. Fast schon selbstverständlich für Ampsimulationen, kann man auch verschiedene Mikrofone zur Abnahme der jeweiligen Box wählen. Im Angebot sind Shure SM 57, Sennheiser 42, AKG 451 und Neumann U87. Die Position sowie der Abstand zum Speaker lassen sich individuell einstellen. Die Position wird durch eine Skala von 1-10 dargestellt, wobei die Eins für die Mitte des Speakers und die Zehn für den Rand stehen.

An Pedalen kann Boss bekanntlich aus dem Vollen schöpfen. Mir ist zumindest kein Hersteller bekannt, der eine so umfangreiche Sammlung an unterschiedlichen Effektpedalen liefert, die zu einem großen Teil zu Klassikern geworden sind. Trotzdem haben es sich die Entwickler nicht nehmen lassen, auch Geräte der Konkurrenz zu integrieren. So sind ein Ibanez TS 808, ein Acetone Fuzz oder ein Electro Harmonix Big Muff verzerrerseitig zu verbuchen. Aber damit erschöpft sich die Liste an Effekten natürlich nicht, und mit Wah, Compressor, Limiter, Octaver, AC Processor (Acoustic Guitar Simulator), Phaser, Flanger, Tremolo, Rotary, Univibe und PAN befindet sich die ganze Palette zurzeit aktueller und klassischer Pedale an Bord.

Die Bedienung des JS-8 erfolgt hauptsächlich über die Buttons Play, Stop, Rec, Back und Forward. Ein Drehregler ermöglicht die Führung durch verschiedene Menüs, und passende Sounds oder Loops werden mit dem Enter-Button bestätigt. Die Taster mit der Bezeichnung AB und Speed steuern den Phrase-Trainer-Modus, wobei A den Start und B den Endpunkt markiert. Speed regelt die Geschwindigkeit, mit der beispielsweise ein Solo bei Beibehaltung der Original-Tonhöhe abgespielt werden soll. Tuner aktiviert das eingebaute Stimmgerät. Mit Solo lässt sich zwischen zwei Solo-Sounds wählen, ohne in ein Untermenü zu wechseln.

Die meisten kennen sicherlich die Karaoke-Funktion bei entsprechenden Playern, bei denen die Hauptstimme auf Knopfdruck verschwindet und man selbst zum Sänger mutieren kann. Die gleiche Funktion bietet das Center-Cancelling. Möchte man beispielsweise anstelle von Slash zu einem Guns N’ Roses Hit das Solo spielen, ist das auf diese Art möglich. Bei der Bedienungsführung hat sich Boss etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Mithilfe eines Fadenkreuzes lassen sich sehr schnell und vor allem sehr einfach die grundlegenden Einstellungen verändern. Das Ganze nennt sich EZ-Edit und erleichtert das Soundfinden ungemein. Weiterhin bietet das JS-8 “Re-Amping“. Es ist also möglich, den Sound einer Gitarre, die in die DAW eingespielt wurde, zum Beispiel im Mix zu verändern. Das Ganze funktioniert so, dass ein sogenanntes D.I.-Signal aufgenommen wird, das erst beim Abspielen auf den Sound des JS-8 zurückgreift. Möchte man also anstelle eines Marshalls doch lieber den Fender-Amp haben, lässt sich das recht einfach realisieren. Damit möchte Boss also auch die aufnehmende Zunft auf dieses Gerät aufmerksam machen.

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Praxis

Für die folgenden Beispiele habe ich eine Strat oder eine Les Paul direkt in das JS-8 gespielt. Für die Realisierung der Aufnahmen nutzte ich als DAW Logic Pro und verband das JS-8 per USB mit meinem Rechner.

Audio Samples
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Tweed 421 UniV

Hier hören wir einen Fender Tweed, abgenommen mit einem Sennheiser MD 421. Als Effekte kommen ein Univibe und ein Delay hinzu. Erstaunlich, welche Tiefe das Univibe erzeugt. Der Sound klingt außerordentlich dicht und formt mit dem Delay eine wunderbare Stimmung.

Weiter geht’s mit einem Roland Jazz Chorus, abgenommen mit einem Shure SM57. Als Effekte mussten ein Compressor und ein kurzes Reverb herhalten.

Audio Samples
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JC Chorus SM57

Hier lässt sich gut heraushören, warum dieser Amp immer noch gerne genutzt wird.
Attacks werden gut herausgearbeitet und der Amp klingt im Gegensatz zu den röhrenbetriebenen Kollegen eine Spur kühler. Perfekt für perkussiv gespielte Chords.
Der Sound ist ziemlich breit und füllt den Raum gut aus.

Als nächsten Vertreter der Clean Abteilung haben wir hier einen Fender Deluxe Amp.

Audio Samples
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Deluxe 421 Rev

Auch dieser Amp wird von einem Sennheiser 421 abgenommen und das Reverb kann einmal zeigen, was es so drauf hat. Der Deluxe klingt typisch nach Combo, die Mitten sind etwas ausgeprägter, was dem Hall zugutekommt. Der hat eine gut definierte Tiefenstaffelung und lädt zum Singlenote-Spiel ein.

Als letztes Beispiel in der Rubrik “klare Töne“ hören wir einen überladenen Effektsound.

Audio Samples
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Deluxe U87 Rotary

Wieder kommt der Deluxe Amp zum Einsatz, diesmal aber wird er von einem Neumann U87 abgenommen. Ein Rotary-Effekt, sowie Compressor und ein Reverb geben den letzten Schliff.

Das U87 steht jetzt mehr im Raum und nicht, wie bei den Beispielen davor, direkt vor dem Speaker. Dadurch klingt es wuchtiger und der Rotary Effekt wabert schön dick und tief in das Reverb.

Wechseln wir in das Zerr-Lager.

Audio Samples
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Stack Crunch 421

Der Stack-Amp ist die Nachbildung eines Marshalls, der in diesem Fall von einem Sennheiser MD 421 abgenommen wird. Das Delay wird während des Spiels etwas unterdrückt und der Hall ist recht präsent. Der Sound zeigt die typischen Merkmale, kratziger und kehliger als die amerikanischen Kollegen.

Bevor es gleich zu den Songbeispielen geht, noch ein Marshall 1959 mit einem Tubescreamer. Als Mikro dient hier ein SM 57 von Shure.

Audio Samples
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Marshall 1959 TS

Ich habe bewusst eine extremere Einstellung am Tubescreamer verwendet, um zu hören, wie er sich im Zusammenspiel mit dem Amp verhält. Im Original matscht er nämlich nicht, sondern verdichtet den Sound. Achtel klingen wuchtiger, ein typischer Achtziger Heavy-Metal-Sound eben. Und so klingt es auch hier. Ich gebe zu, das ist schon arg verzerrt, aber es zeigt sehr gut, wie sehr man in das Geschehen eingreifen kann.

Weiter geht es mit den Jam-Tracks. Schon beim ersten Durchhören der werksseitig mitgelieferten Audiofiles fällt die gute Soundqualität auf. Die Musikstile sind weit gefächert und reichen von Country über Eighties Pop bis hin zu Heavy-Metal. Ich habe einige Beispiele aufgenommen, um die verschiedenen Stile zu zeigen. In der ersten Hälfte hören wir das Stück ohne, im zweiten Teil dann mit der von mir gespielten Lead-Gitarre. Jeder Musikstil bietet zwei Solo-Soundvorschläge, die selbstverständlich individuell verändert werden können. Ich finde die Vorschläge sehr passend, da sie zum Jammen einladen und gut zum Musikstil passen. Alle Beispiele sind Werkspresets, ich habe nichts an den jeweiligen Settings verändert.

Audio Samples
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Rock Blues Rock Pop Funky Pop Jazzy Latin

Ich muss sagen, das hat wirklich Spaß gemacht. Die Tracks sind sauber programmiert und es sind auch Songstrukturen möglich. Einfach einen der 300 mitgelieferten Songs auswählen und nach Belieben kombinieren.

Wie ich schon weiter oben erwähnt habe, ist es auch möglich, andere Stücke über einen USB-Datenträger zu importieren, zu denen dann ebenfalls gejammt werden kann.

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Beim ersten Anspielen über die internen Boxen des JS-8 war ich nicht sehr begeistert, da alles sehr pappig und klein klang. Kein Wunder, die Lautsprecher sind ja auch verhältnismäßig klein und Klangwunder sind nicht zu erwarten, aber zum Üben und Jammen reicht es allemal. Als ich jedoch dieselben Presets über meine Studiomonitore hörte, war das ein Unterschied wie Tag und Nacht! Hält man sich dann noch den Preis vor Augen, ist das schon sehr beachtlich. Hut ab, das ist schon ziemlich amtlich – kein Wunder, wenn man jahrzehntelange Erfahrung in solch ein Gerät einfließen lassen kann. Die einfache Bedienung und die große Fülle an verschiedenen Musikstilen runden das Ganze ab.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • einfache Bedienung
  • gute Soundqualität
  • große Auswahl an Musikstilen
  • Reamping
  • Spaßfaktor
  • Preis
  • Konzept
Contra
  • Center-Canceller Funktion nicht überzeugend
Artikelbild
BOSS JS-8 eBand Test
Für 349,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: BOSS
  • Typenbezeichnung: JS-8 eBand
  • Anschlüsse: USB, Inst./ Mic In, 2x AUX Input, SD Card In, Expression-Pedal, Kopfhörer, Line Out
  • Leistung: 2 x 3 Watt
  • Zubehör: Netzteil (PSB-1U), SD Karte (1 GB)
  • Optionales Zubehör: Fußtaster (FS-5U), Dual Fußtaster (FS-6), Expression Pedal (Roland EV-5, FV-500L, FV-500H
  • Maße: (BxTxH): 264 x 166 x 201
  • Gewicht: 1,7 kg
  • Preis: 385,- Euro (UVP)
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