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Basics – Gitarrenverstärker

Im Bereich der Gitarrenverstärkertechnik hat sich in den letzten zehn Jahren noch einmal richtig was getan. Vom kleinen, digitalen Alleskönner bis zum edlen Vollröhren-Boliden hält der Markt heutzutage alles bereit, was die Herzen der Gitarristen höher schlagen lässt.  Doch was braucht man eigentlich wirklich zum Glück? Im Folgenden wollen wir euch mit allen, für einen erfolgreichen Verstärkerkauf wichtigen, Informationen versorgen. Und die haben ihre Wurzeln in einer Ära, in der Gitarristen schon froh waren, wenn wenigstens ihre Mitmusiker hörten, was sie auf ihren Instrumenten zum Besten gaben.

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HISTORISCHES
Die Entwicklung adäquater Gitarrenverstärker und Tonabnehmer-Systeme ging Hand in Hand mit den in den 30er Jahren mehr und mehr in Mode kommenden Jazz-Bigbands, in denen Gitarristen, wegen der Lautstärke des geballten „Gebläses“, mit einer normalen Akustik-Gitarre keinen Stich mehr machen konnten. Um dem entgegenzuwirken, setzte die Industrie zunächst auf bereits Bewährtes. So entschied beispielsweise Gibson im Jahr 1934, das Korpus-Volumen der beliebten L-5 weiter zu vergrößern und so die gelieferte Lautstärke zu erhöhen. Parallel dazu präsentierte man mit der Super400 ein neues Design – eine Mega-Archtop mit der satten Power eines auf eine Breite von 18 Zoll „aufgeblasenen“ Korpus. Obwohl die Super400 den Höhepunkt des Archtop-Designs darstellte, markierte sie aber auch einen Wendepunkt. Denn ganz klar: Noch größer konnte man den Korpus einer Gitarre im Kampf um mehr Lautstärke nicht mehr machen. Alles andere wäre schlichtweg auf Kosten eines komfortablen Handlings gegangen.

Auf ihrer Suche nach noch mehr Lautstärke musste Gibson also neue Wege gehen, und so präsentierte man bereits ein Jahr später, 1935, die EH-150, eine elektrische Hawaii-Gitarre. Der Korrektheit halber muss man allerdings sagen, dass die Gitarre zunächst nur eine Art Versuchsballon war, der aus dem wachsenden Druck des Marktes und des Erfolges der ersten „echten“ E-Gitarre aus der Rickenbacker-Produktion resultierte (Model B, 1931). Das eher konservativ agierende Gibson-Management hatte sich bis zu diesem Zeitpunkt lediglich darauf beschränkt, die Entwicklung von Tonabnehmer-Systemen aus der Ferne zu beobachten. Jetzt wurde es Zeit! Maßgeblich verantwortlich für die Elektrifizierung des Gibson-Fuhrparks war ein Mann namens Walter Fuller, der im Jahre 1933 mit der Aufgabe betraut wurde, einen praktikablen Tonabnehmer zu entwickeln, mit dem man, sollte das Projekt EH-150 Erfolg haben, gegebenenfalls auch andere Instrumente bestücken konnte. Und da die EH-150 sehr gut angenommen wurde, legte man bereits ein Jahr später nach und präsentierte mit der ES-150 endlich auch eine vollwertige Gitarre im bewährten Archtop-Design, die mit einem Pick-Up in der Hals-Position ausgestattet war. Das Kürzel „ES“ steht übrigens für Electric Spanish! Dank seiner Praxistauglichkeit und der bewährten Gibson-Qualität veränderte dieses Instrument endgültig die Rolle der Gitarre und machte die praktische Six-String zu einem kraftvollen Lead-Instrument. Einer der Vorreiter des elektroakustischen Weges zu dieser Zeit war der aus Oklahoma stammende Gitarrenvirtuose Charlie Christian, der im berühmten Benny Goodman Orchester arbeitete und mit seinem faszinierenden Spiel ganze Musikergenerationen beeinflusst hat. Grund genug, dem von Walter Fuller entwickelten Pick-Up seinen Namen zu geben. Der „Charlie Christian PU“ in der ES-150 bestand aus einem quer unter den Saiten laufenden, drahtumwickelten Eisenkern. Die beiden Magnete waren unterhalb dieser Spule angebracht. Diese Konstruktionsweise erlaubte den Einsatz relativ großer Magnete und sorgte so für eine laute, volle Performance. Nicht umsonst gilt der „CC“ bis heute als einer der besten Jazz-Tonabnehmer aller Zeiten. Andere Klassiker aus den 40er und 50er Jahren sind Gibson’s legendärere P-90, der PAF-Humbucker und die Singlecoil-Pickups des Solidbody-Vorreiters Leo Fender.
(Auf der nächsten Seite: Gitarrenamps nehmen Fahrt auf.)

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AMP-TALK
Und Leo Fender war es auch, der mit seinen Aktivitäten im Bereich des Röhrenverstärker-Designs neue Maßstäbe setzte und so – neben Gibson und ihren legendären Goldtone-Verstärkern – den Sound der 50´s entscheidend mitprägte. In den 60ern gesellten sich dann zwei britische Hersteller dazu: Die Amps der Firmen Vox und Marshall buhlten mit stetig wachsendem Erfolg um die Gunst der Rock-Szene. Namentlich die Beatles waren es, die dem unwiderstehlich klaren Sound der Vox-Amps zu einem weltweiten Siegeszug verhalfen. Womit wir beim Thema wären: Bis dato ging es den Herstellern nämlich ausschließlich darum, klare Sounds in ansprechenden Lautstärken zu produzieren. In Ermangelung entsprechender PA-Systeme mussten Gitarristen damals ihre Röhrenamps auf der Bühne allerdings häufig so weit aufdrehen, dass ihre Endstufen in die Sättigung gerieten und in der Folge anfingen, zu übersteuern. Das Ergebnis waren ungewollte Verzerrungen. Doch ungewollt sollten diese nicht lange bleiben. Musiker wie Ritchie Blackmore, oder Eric Clapton (um nur die bekanntesten zu nennen) entdeckten die „Nebenwirkung“ für sich, rissen ihre Marshalls bis zum Anschlag auf und nutzten die Verzerrung aktiv für ihre Zwecke. Und noch ein weiteres „Enfant Terrible“ der Szene sprang auf den Marshall-Zug auf: Jimi Hendrix. Der amerikanische Ausnahmegitarrist besuchte England zum ersten Mal im Herbst 1966. Auf einer Session mit Eric Clapton nutze er die Chance und testete dessen Marshall Super 100 Stack an – und  war total aus dem Häuschen! Über den Drummer seiner neu zusammengestellten Band, den Londoner Mitch Mitchell, der zufälligerweise ab und zu in Jim Marshalls Laden in Hanwell jobbte, nahm er Kontakt mit dem Amp-Guru auf. An einem Samstag im Herbst 1966 betrat der große,  schlacksige Mann schließlich endlich das legendäre Ladenlokal und verließ es nach einigen Stunden als stolzer Besitzer mehrerer Marshall-Stacks. In der Folge wurde er zum wichtigsten Botschafter des „Marshall-Evangeliums“. Zum Ende des Jahrzehnts war der Wunsch nach mehr Verzerrung stetig gewachsen und so lernten die Musiker nicht nur die Vorteile der leistungsstarken Humbucker zu schätzen (die Les Paul erlebte ihren zweiten Frühling). Mit Fuzz-Pedalen rückten die Gitarristen ihren Amps mehr und mehr auf die Pelle und kitzelten sie so zu immer mehr Zerre.

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INFO:
Da die Verzerrung von Röhrenamps bei höheren Lautstärken von vielen Herstellern zunächst nur als ungewollter Nebeneffekt angesehen wurde, begann man in den 60ern mit der in dieser Hinsicht wesentlich unempfindlicheren Transistortechnik zu experimentieren. Die Entwicklung in der Musikszene machte diesen Unternehmungen allerdings zunächst einen Strich durch die Rechnung und so wurden Transistoramps im Gitarrenbereich in erster Linie dort eingesetzt, wo sehr klare Sounds bei hohen Lautstärken angesagt waren: Im Jazz- und der Soul/Funkmusik. Rocker setzten weiterhin auf Röhrenamps. Eine Spaltung war vollzogen, die lange Zeit Gültigkeit haben sollte. Und das obwohl man den, auch in Sachen Overdrive-Sounds immer besser klingenden Transistor-Gitarrenamps damit eigentlich ziemlich unrecht tat.
(Nächste Seite: Die Evolution der Röhrenamps in den 70ern)

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Die 70er Jahre erlebten schließlich einen weiteren Quantensprung in der Entwicklung der Röhren-Verstärkertechnik: Das Master-Volumen. Vorreiter auf diesem Gebiet war in England die Firma Marshall und in den USA Mesa Engineering. Da in Amps mit Mastervolumen-Regler die Verzerrung in der Vorstufe generiert wird, konnte die durch die Endstufe erzeugte Lautstärke mit Hilfe des Mastervolumen-Reglers auf ein gesundes Maß reduziert werden. Auf diese Weise war es möglich, satt verzerrte Sounds auf Zimmerlautstärke zu genießen. Aber ganz ehrlich: Obwohl Mastervolumen-Amps auch auf niedrigen Lautstärke-Leveln absolut amtlich klingen, laufen auch sie erst dann zur Höchstform auf, wenn man der Endstufe ein wenig einheizt. Dennoch: Das Aufkommen von Mastervolumen-Amps sorgte für mehr Gain und eine extrem gesteigerte stilistische Flexibilität.

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INFO British Sound vs American Sound
Durch Variationen der jeweiligen Schaltungskonzepte und den Einsatz unterschiedlicher Röhrentypen klangen britische Amps (z.B. Marshall) etwas direkter und rauer als amerikanische Verstärker (z.B. Fender, Mesa). Dies führte zu einer Kategorisierung, die bis heute Gültigkeit hat. Man kann das ganze zum besseren Verständnis an bekannten Gitarristen festmachen: Carlos Santana ist beispielsweise Mesa-Spieler, Angus Young ein Marshall-Mann.

Bild: John Petrucci’s Rack Ende der 90er

Parallel zur permanenten Verfeinerung auf dem Gebiet der Verstärkertechnik versorgten findige Designer die Szene mit immer neuen Effekten. In den 70er Jahren hauptsächlich in Form von Bodentretern und Effekten wie  Phaser, Flanger und Chorus, in den 80ern dann mehr und mehr mit hochwertigen Geräten im 19“ Rack-Format. Und genau diese hochwertigen Soundveredeler führten zu einem neuen Trend: Die Zeit der kühlschrankgroßen Rack-Systeme brach an. Vorreiter dieser Welle waren Top-Studiogitarristen wie Steve Lukather, Michael Landau oder Steve Stevens (um nur einige zu nennen). Ohne ein einigermaßen gut bestücktes Rack gingen ambitionierte Gitarristen zu dieser Zeit erst gar nicht aus dem Haus. Das ganze war allerdings eine recht komplexe und auch verdammt teure Angelegenheit und außerdem musste man die verwendete Equipment–Armada ja auch noch so verknüpfen, dass sie sich mit nur einem „Fußtritt“ kontrollieren ließ. Als Ergebnis dieses Wunschs nach einem perfekten Handling versorgten diverse Hersteller den Markt mit per Floorboard steuerbaren Patch-Bays, Loopern und MIDI-Mappern. Einer der Gurus der Switching-Systeme war seinerzeit Bob Bradshaw, der „Rack-Verrückten“ adäquate „Controller“ lieferte. Der große Kehraus kam schließlich in Form der Grunge-Bewegung der frühen 90er Jahre. Bands wie Nirvana oder Pearl Jam führten die Szene „Back to the roots“. Eine Gitarre, ein guter Amp und einige Bodeneffekte – das war’s.  Und diese Herangehensweise ist im großen und ganzen so geblieben. Heutzutage finden große Racks mit separaten 19“-Einzeleffekten hauptsächlich im Studio, in PA-Systemen und dem professionellen „On Stage Betrieb“statt. Das Gros der Gitarristen setzt auf Gitarrenamps in Kombination mit Multieffektgeräten, Multieffekt-Floorboards und einfachen Bodeneffekten.

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Bild: Vox Valvetronix-Amps


MODELING-AMPS

Nachdem in der Zwischenzeit, bis auf kleine, aber feine Innovationen und Verbesserungen an den vorhandenen Röhren- und Transitoramp-Konzepten, nichts wirklich neues passiert war, sahen die Endneunziger einen neuen Trend: Amp-Modeling – das digitale Nachbilden vorhandener Klassiker der Röhrenverstärker-History. Vorreiter auf diesem Gebiet war die amerikanische Firma Line6. Sie brachte einen Ball ins Spiel, den viele andere Hersteller gerne aufnahmen und den Markt ebenfalls mit Modeling-Amps erweiterten. Das technische Grundprinzip ist aber bei allen angebotenen Geräten ähnlich: Sie nutzen digitale Klangumformungsverfahren dazu, das komplexe Verhalten von akustischen und elektrischen Instrumenten (bzw. Verstärkern) detailgetreu nachzubilden. Um eine möglichst authentische Simulation der  unterschiedlichen Amp-Typen gewährleisten zu können, verfrachteten die Hersteller die wichtigsten und erfolgreichsten Verstärker der Amp-History in ihre Research and Development “Labors“ und analysierten und digitalisierten hier ihre Sounds. Aber das ist nicht alles, was Digital-Modeling kann: Um das Angebot abzurunden, bieten Modeling-Amps in der Regel auch eine Sammlung der wichtigsten Effekte –  von Standards der Raumsimulation wie Reverb und Delay, bis hin zu Effekten wie Chorus, Flanger und Phaser ist gemeinhin alles an Bord. Aber auch Kultiges wie Wah-Wah und Tremolo haben die meisten Modeling-Amps am Start.

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(Nächste Seite: Röhre, Transistor, Modeling – Was brauche ich?)

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Ganz klar: Die Röhre und ihre Eigenschaften hat in der Gitarrenszene eine wahre Mystifizierung erlebt. Und das mit recht, denn ein mit natürlichen Mitteln (Gitarre und ordentlich Dampf) übersteuerter Vollröhrenamp gehört zum Besten, was man sich als Gitarrist wünschen kann. Aber: Nicht jeder Vollröhrer ist auch gleich ein Sahne-Amp! Man würde den zahlreichen sehr gut klingenden Transistorverstärkern am Markt unrecht tun, wenn man so pauschal zu Werke ginge!  Denn tatsächlich ist es mittlerweile vielen Herstellern gelungen, ihren Transistor-Produkten durch immer neue Konzepte und technische Tricks die typische „Transistorsäge“ abzugewöhnen und sie durch oberamtliche Overdrive-Sounds zu ersetzen. Vorteil: Transistoramps sind im Normalfall wesentlich günstiger und auch unempfindlicher als ihre Röhrenbrüder. Transistoren verrichten ihren Job klaglos und beharrlich. Röhren müssen bei intensivem Einsatz schon mal getauscht werden. Und dann wären da ja auch noch die Modeling-Amps: Sie punkten durch ihre umfangreichen Möglichkeiten. Und auch hier muss man eine Lanze brechen: Im Laufe der Jahre ist nicht nur das eigentliche Modeling verfeinert worden. Auch Performance und Durchsetzungsvermögen haben sich bei den meisten Produkten erheblich verbessert.

Close-up of a thermionic tube
Close-up of a thermionic tube

Soweit, so gut! Aber was braucht man denn nun wirklich?

Das mit dem Pauschalisieren ist immer so eine Sache. Aber versuchen wir es mal. Am Anfang eines Verstärkerkaufs sollte immer die Frage stehen: Was will ich eigentlich? Möchte ich nur zu Hause spielen oder auch im Proberaum mit anderen Musikern arbeiten? Oder ist gar die Bühne mit all ihren Herausforderungen mein Ziel? Suche ich einen Amp, der quasi von Natur aus superflexibel ist  (und so aber oft einen Kompromiss aus Sound und Ausstattung darstellt) oder möchte ich einen hochwertigen Röhrenamp als Basis für alles Weitere? Fragen über Fragen, deren Beantwortung leider nicht nur mit den jeweiligen Ansprüchen, sondern im Allgemeinen auch mit dem Zustand der Geldbörse zu tun hat.

Aber fangen wir mit der Leistung an. Reine Übungsamps siedeln sich in einer Leistungskategorie zwischen 15 und 30 Watt an und  bieten im Normalfall zwei Kanäle, die am Amp selbst umgeschaltet werden können (eine Fußschalter-Option wird hier in der Regel nicht angeboten). Zusatzfeatures wie ein Kopfhörerausgang zum Üben zu jeder Tages- und Nachtzeit und die Möglichkeit, externe Audioquellen (CD-, MP3-Player) anzuschließen, runden das Setup ab und machen die Amps zu praktischen Sparringspartnern – Zuhause und zum Warm-Up in der Garderobe. Das Gros der „kleinen“ Amps basiert auf analoger Transistortechnik, mittlerweile bieten diverse Hersteller in dieser Kategorie aber auch digitale Modeling-Amps mit gut ausgestatteten Effektsektionen an. Mit ein wenig Geduld und einer guten Beratung kann man schon für knapp 150,00 Euro einen Übungsverstärker erwerben, der so gut klingt, dass man ihn auch bei wachsender Erfahrung noch gerne in Betrieb nimmt.

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Und das macht auch Sinn, denn im Allgemeinen sieht der Weg eines Jung-Gitarristen doch so aus:

  1.  Kaufen einer preiswerten E-Gitarre und eines kleinen Übungsgamps zum Antesten, „ob das mit dem Musikmachen“ überhaupt was für mich ist.
  2. Erste Kontakte mit anderen Musikern. Der Wunsch eine Band zu gründen wächst. 
  3. Feststellen, dass 15 Watt /30 Watt nicht ausreichen, um bei Kampflautstärke im Proberaum großartig was reißen zu können. (Anders sieht es bei 30 Röhrenwatt aus. Die können nämlich, in Kombination mit den richtigen Lautsprechern deutlich durchsetzungsstärker sein.)
  4. Zeit, mit dem Kauf eines leistungsstärkeren, besser ausgestatteten Amps die nächste Runde einzuläuten 
  5. Den alten Amp behalten, weil man sowieso nichts mehr dafür bekommen würde. So kann man trotzdem weiterhin zuhause üben oder Songs schreiben und den großen Amp direkt im Proberaum stehen lassen!

Und genau deshalb sollte man schon beim Kauf eines Einsteigeramps nicht auf den Euro gucken. Eine Mehrausgabe von 50 Euro kann sich da durchaus lohnen!
(Nächste Seite: Amps mit einer Leistung um 50 Watt)

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Die nächste Amp-Kategorie siedelt sich im Bereich um 50 Watt an. Amps mit diesem Leistungsniveau sind in ihrem Einsatznutzen schon wesentlich flexibler und machen sowohl im Proberaum, als auch auf der Bühne einen guten Job. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel: Sollte man nämlich in einer knüppelharten Rock-Band spielen, in der sowohl der Bassist als auch der Schlagzeuger hemmungslos den Hammer schwingen, geht man auch mit einem 50 Watt Amp gelegentlich mal baden. Die Ausnahme machen hier die Röhrenamps. Ein 50 Watt Vollröhrer, wie der hier abgebildete Marshall JVM215C, bringt’s auch im härtesten Rock-Betrieb.

Egal, ob Combo oder Topteil und Box, Röhre- oder Transistor: Die Amps der 50 Watt Kategorie kommen in der Regel mit zwei Kanälen (wenige mit drei Kanälen): Clean und Overdrive, so dass sich mit ein wenig Geschick alle wichtigen Sounds des Rock/Pop erzeugen lassen. Hilfreich ist dabei, wenn beide Kanäle über eine separate Klang- und Lautstärkeregelung verfügen. So bekommt man die Chance, die Sounds ohne Kompromisse auf das jeweilige Einsatzgebiet abzustimmen. Schön ist, dass die Amps dieser Kategorie eigentlich durch die Bank die Möglichkeit der Kanalumschaltung per Fußschalter bieten, so dass man die Sounds im Live-Betrieb mit nur einem Fußkick umschalten kann.

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INFO: Unter dem Begriff Combo firmieren alle Verstärker, die mit einem (oder mehreren) integrierten Lautsprecher(n) ausgestattet sind. Bei einem Topteil handelt es sich um den reinen Verstärker (Vor- und Endstufe) ohne Lautsprecher. Man braucht also eine separate Box, um Topteile (auch Heads genannt) betreiben zu können. Für welches Konzept man sich entscheidet, ist reine Geschmackssache. Mit einem Comboamp hat man immer alles dabei, was man braucht. Eine Topteil/Boxen-Kombination (auch Stack genannt) sieht cool aus. Aber das ist natürlich nicht alles.   Wegen des großen Gehäusevolumens und der vier Lautsprecher kann man mit einem 100 Watt Amp und einem 4×12“ Cabinet (mit vier 12 Zoll Lautsprechern ausgestattet) richtig Druck machen – ideal für schiebende Rock-Sounds. Sollte der Combo-Amp allerdings über einen entsprechenden externen Lautsprecher-Anschluss verfügen, lässt natürlich auch er sich mit einer externen 4×12“ Box betreiben.
KASTEN ENDE

Wer Wert auf den Einsatz externer Effekte legt, sollte darauf achten, dass der Amp der Wahl mit einem Effektweg ausgestattet ist, in den sich externe Effektgeräte (auch Bodeneffekte) einschleifen lassen. Das ist zum einen sehr praktisch, zum anderen schont es (bei einem parallel angelegten Effektweg) auch die Qualität des Original-Verstärkersignals, da der jeweilige Effekt ja nur zugemischt wird. Es gibt natürlich auch Verstärker, die mit einem internen Effektgerät ausgestattet sind. Wer seine Sounds ohne zusätzliches Equipment aufmöbeln will, der sollte sich solche Amps ruhig einmal näher ansehen. Die Sound-Qualität geht in den meisten Fällen absolut in Ordnung – obwohl ein Firstclass-Röhrenamp in Kombination mit einem  HighTech-Multieffektgerät natürlich klanglich immer die Nase vorn haben wird. Aber wie gesagt: Es ist alles eine Kostenfrage! Und gerade wenn man als Hobby-Musiker tätig ist oder die ersten Gehversuche in einer Band wagen will, kann man mit den günstigeren „Rundum-Sorglos-Paketen“ durchaus klar kommen.

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Kommen wir zur nächsten Kategorie: Amps mit 100 Watt und mehr. Hier ist (lautstärketechnisch) quasi alles möglich, und selbst wenn es mal ganz hart zur Sache gehen sollte, kann man sich beruhigt zurücklehnen. Auch in Sachen Ausstattung stellt der Markt in dieser Leistungsgruppe eine extrem breite Auswahl zur Schau: 2-Kanaler, 3-Kanaler, 4-Kanaler, Röhre oder Transistor, mit und ohne interne Effekte – hier ist für jeden was dabei. Wer also genau weiß, dass er seine Freizeit im Proberaum oder auf der Bühne verbringen will, der sollte sich unbedingt in diesem Bereich umschauen. Und was ihr sonst noch so wissen müsst, um euch zu entscheiden, erfahrt ihr jetzt.
(Nächste Seite: Detail-Infos)

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Okay, über die Wattzahl (Leistung) und ihre Auswirkung auf den jeweiligen Einsatznutzen eines Verstärkers haben wir jetzt schon einiges erfahren.
Ein weiteres wichtiges Kriterium beim Kauf eines Verstärkers ist der Musikstil, in dem man bevorzugt tätig werden möchte. So braucht ein Top 40-Gitarrist, der in seinem Job alle erdenklichen Gitarrensounds abdecken muss, einen anderen Amp als beispielsweise ein New-Rocker oder ein Blueser. Doch wie erkennt man, welche Basis-Sounds ein Amp drauf hat? Na, ganz einfach.

Hier die nötigen Infos:

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Die Sound-Kategorien von Gitarrenverstärkern teilen sich in drei Kategorien ein: Clean, Crunch und Lead.  Unter dem Begriff „Clean“ ordnen sich alle Sounds ein, die ohne Verzerrung auskommen, also „klar“ klingen. Clean-Sounds sind sehr wichtig und werden (in unterschiedlichen Anteilen) in nahezu allen Stilistiken eingesetzt: Blues, Pop, Jazz, Country, Rock, New Rock/Metal, etc.

„Crunchy“ (häufig auch „Rhythm“ genannt) sind alle Sounds, die mit einer gemäßigten Verzerrung arbeiten. Sie bilden das zweite wichtige Standbein in vielen Musikstilen. Ein typisches Beispiel für reinrassige Crunchsounds liefert AC/DC Rhtyhmus-Ass Malcom Young in Songs wie „Highway to Hell“. Subtiler, aber nicht weniger crunchy, geht beispielsweise U2-Gitarrist The Edge zu Werke. Aber auch im Solospiel sind angezerrte Sound äußerst beliebt: Man denke nur an die zahllosen Bluesgitarristen, die ihre Soli mit sahnig zerrenden Vintage-Röhrenamps an die Luft setzen.

In der Sparte „Lead“ (oder „Solo“) findet man alle Sounds, die eine sattere Verzerrung benötigen und sich so für stramme Riffs in den Sparten Hard ‘n’ Heavy genauso gut eignen wie für sahnige Soli.

Doch welcher Amp liefert welche Sounds? Das Zauberwort heißt Kanäle. Der Standard heutzutage sind zweikanalige Gitarren-Verstärker mit einem Clean- und einem Overdrive-Kanal. Dabei liefert der Clean-Kanal, der Name lässt es ja schon vermuten, alle klaren Sounds, hat im Normalfall aber  in größeren Lautstärken auch „Angecrunchtes“ im Angebot. Der Overdrive-Kanal eines typischen 2-Kanalers liefert ein Spektrum, das von knackigen Crunch-Sounds bis zum drückenden HiGain-Brett reicht. Der Grad der Verzerrung wird über den Gain-Regler des Kanals bzw. den Volumen-Regler der Gitarre eingestellt. Die Aufteilung 3-kanaliger Amps sieht entsprechend aus. Sie sind so ausgelegt, dass sie, neben dem obligatorischen Clean-Kanal, separate Kanäle für Crunch- und Leadsounds bieten. So hat man die Möglichkeit, per Knopfdruck (Fußschalter) zwischen den drei wichtigsten Soundblöcken hin- und herzuschalten und kann auf der Bühne und im Proberaum zu jeder Gelegenheit den richtigen Sound abliefern.

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Im Zuge der Entwicklung immer ausgefeilter Soundmaschinen sind in den letzten Jahren auch 4-kanalige Amps keine Seltenheit mehr. Sie verwöhnen, neben Clean- und Crunchstandards in der Regel mit zwei unterschiedlich ausgelegten Varianten zum Thema Lead. Amps, wie der Marshall JVM410H setzen sogar noch einen drauf und bieten neben den besagten vier Kanälen, je drei unterschiedliche Modes pro Kanalzug. Das macht unterm Strich also 12 total eigenständige Sounds unter einem Dach.
Und dann wären da ja auch noch unsere Modeling-Amps mit ihren diversen Verstärker-Simulationen. Da die meisten die Option bieten,  Sounds und deren Einstellungen zu speichern, lassen sich nicht nur die reinen Verstärkerklänge archivieren. Auch die zugeordneten Effekte und ihre Settings werden mitgespeichert und (per Fußkick) wieder aufgerufen. Mittlerweile gibt es aber auch vollprogrammierbare Transistor- und Röhrenamps, die auf Basis bewährter Analog-Techniken (in Kombination mit digitalen Effekten) ähnliches können.  

Wichtig für die stilistische Flexibilität eines Amps ist aber nicht nur die Soundbasis und die Anzahl der Kanäle. Auch die Klang- und Lautstärkeregelung hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Performance und den Einsatznutzen eines Verstärkers. Am besten ist, wenn jeder Kanal mit einer eigenen Klangregelung aufwarten kann. So bekommt man die Möglichkeit, die Sounds der einzelnen Kanalzüge ohne Kompromisse „maßzuschneidern“. Hat dann auch noch jeder der Kanäle eine eigene Master-Lautstärkeregelung, lassen sich auch die jeweiligen Endlautstärken perfekt aufeinander abstimmen.

Zusatzfeatures: Effekte können die klangliche Flexibilität eines Amps weiter erhöhen. Grundsätzlich hat man zwei Möglichkeiten an entsprechende Soundveredlungsmaßnahmen

  1.  Gerade wenn man Kabelwirrwarr und Equipmentstress vermeiden und sein Budget schonen will, machen Amps mit integrierter DSP-Sektion (Digital-Effekte) oder Modeling-Amps durchaus Sinn.
  2. Amps mit Effektweg ermöglichen das Einbinden externer Effekte. Vorteil: Man kann die verwendeten Komponenten selber wählen. Und das gilt sowohl für den Amp als auch für die verwendeten Effekte. Auch die Editiermöglichkeiten externer Multieffektgeräte sind oft detaillierter als bei integrierten Effekten. Nachteil: Eine komplexere Bedienung und (oft) höhere Preise.

(Auf der nächsten Seite:Fazit)

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FAZIT
Fassen wir also zusammen: Für welchen Amp man sich im Endeffekt entscheidet, hängt vom jeweiligen Einsatzgebiet, der gewünschten Stilistik und natürlich dem Budget ab. Durch das riesige Angebot hat man heutzutage die Möglichkeit, schon mit einem moderaten finanziellen Aufwand an amtliches Equipment zu kommen. Dabei sind Röhrenamps nach wie vor „State of the art“. Durch die stetige, technische Entwicklung können aber auch Amps, in deren Brust ein Transistor- oder Digital-Herz schlägt, mit Sounds aufwarten, die selbst verwöhnte Profis überzeugen. Am besten ihr surft auf die Hersteller-Websites und holt euch hier die Infos, die ihr braucht. Oft helfen auch im Netz geparkte Audios bei der Kaufentscheidung. Und habt ihr das Angebot auf diese Weise erst einmal vorsortiert, könnt ihr gemeinsam mit einem informierten Verkäufer in einem gut sortierten Fachgeschäft selber antesten, was die in die engere Wahl kommenden Amps für euch tun können. Wir wünschen viel Glück und jede Menge Spaß beim Testen!

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