26. Tonmeistertagung

Es gibt Momente im Leben, da fügen sich die Dinge einfach – ohne das man aktiv dazu beigetragen hat. Die einen nennen das Schicksal, die anderen “logische Schlussfolgerung einer schon längst getätigten, unterbewussten Entscheidung, die es jetzt nur noch in die Realität umzusetzen gilt”. Bei mir war wahrscheinlich beides im Spiel, als mich die Redaktion kurzfristig bat, Impressionen der alle 2 Jahre – und wieder in Leipzig – stattfindenden Tonmeistertagung für bonedo.de zu sammeln. Also Kamera geschnappt, und ab dafür – das Antesten und der Kauf neuer Studiomonitore stand ja eh schon länger auf der To-Do Liste…

DSC_0396


Ohne Vorstellungen davon, was mich bei der Tonmeistertagung erwarten würde, betrat ich die heiligen Hallen des CCL der neuen Leipziger Messe. Am Presse Check-In wurde ich freundlich begrüßt, war allerdings doch sehr überrascht, als ich das Programmheft mit dem Umfang einer mittleren Novelle erhielt. Da jetzt reinzuschauen, würde mir wahrscheinlich auch nicht mehr helfen. Also rein ins Getümmel!

Hätte ich einen Plan gehabt, wäre er schon hier in Zeitverzug geraten, denn meine Ohren nahmen sonderbare, Laute wahr. Und dann sahen meine Augen Männer, die barfuß im Foyer- Pool stehend, auf schwimmende Badewannen und ähnliches Gedöns klopften: Na, das musste ich mir genauer anschauen, träumte ich doch schon seit meiner ersten in-der-Badewanne-mit-den-Ohren-unter-Wasser-Beatboxen-Session von einem eigenem Unterwassermikrofon! Auf die Idee, Schwämme und Spritzpistolen für die “Deep-Water-Orchestrierung” zu verwenden, wie es die Herren der Ambient Recording GmbH taten, bin ich allerdings nie gekommen… Es verbleibt das gute Gefühl, nicht der einzige Nerd auf dieser Welt zu sein!
Nach Augen und Ohren kam nun der Magen zur Geltung: Meine Sinne geleiteten mich weiter, vernahm ich doch den süßlichen Geruch frischer Crepés. Mein Magen verlieh dem Sinneseindruck zusätzlich mit einem Grummeln Nachdruck, so dass ich unverzüglich Folge leistete und mich auf die Suche nach der Quelle machte! Überraschendeweise fand ich ihn in Mitten des gemeinsamen Standes von Neumann und Sennheiser.

Mit der noch heißen und süßen Teigware im Mund ließ ich mich dann auch gleich in dem sehr bequemen Demo- Sessel nieder, der vor den neuen Neumann Monitoren KH-120 stand, Platz nehmen und ein wenig DVD schauen. Dank des ebenfalls neuen Subwoofers OH 810 machte das gleich doppelt Spass! Ist schon hart, der Redaktionssalltag… Garçon, mich hungert noch!
Außerdem zeigte Neumann eine neue, hübsche Spinne, die den edlen Blick aufs Logo nicht versperrt!

Als ich denn Genelec Banner, nicht weit von Neumann, entdeckte, war das nächste Ziel auch klar: Wollen wir doch mal hören, ob die 8260 noch immer so gut klingt, wie bei meinem letzten Test.

genelec

Ja, das tut sie! Aber ebenso überraschend gut klang die brandaktuelle 1238CF, die, ebenfalls mit den allseits bekannten Digitaloptionen und der GLM/ Auto-Cal Raumkalibrierungssoftware ausgestatt,  nicht auf die Ei-Form setzt. Hier zeichnet sich schon ein erster Trend ab: Monitore werden zunehmend flacher, um dem knappen Platzangebot moderner Surroundproduktionsstätten gerecht zu werden.
Hier die Facts zur 1238CF:

  • Freifeld: 57 Hz – 20 kHz (+/- 2,5 dB)
  • Max. Short Term SPL @1m : >117 dB
  • Drivers: 2* 8″ Bass Cone, 5″ Middle Cone, 1″ Metal Dome, Weight: 39 kg
  • Amps: 180 Watt, 120 Watt, 120 Watt; Crossover: 420 Hz / 3,0 kHz
  • I/Os: XLR- AES/EBU In & Out/Through, XLR-Analog In, 16-24 bits, 32-192 kHz
  • GLM Filters: 4 LF und 2 HF Notch Filters, 2 LF und 2 HF Shelving

(Das wäre doch schon mal nicht schlecht fürs eigene Studio…)

Auch bei Beyerdynamic ging es digital zu! Mit der RM 510 Mikrofonkapsel präsentiert Beyerdynamic dabei zur Tonmeistertagung den ersten Bändchenwandler für Funkmikrofone.
Was bisher aufgrund der, für Livezwecke nur wenig geeigneten, Achtercharakteristik ein Ding der Unmöglichkeit zu sein schien, ist nun durch entsprechende Schallführung und einer resultierenden Nierencharakteristik möglich. Die bei Bändchenmikrofonen übliche Anhebung im Höhenbereich wird durch eine leichte Absenkung bei 6,5 Khz etwas bedämpft, so dass Zischlaute wirksam unterdrückt werden. Das per Hand eingespannte Aluminiumbändchen, welches nur etwa 3 Mikrometer dünn ist, liefert ein sehr gutes Impulsverhalten. Die RM 150 Kapsel  wird ab Januar 2011 erhältlich sein und kann mit den Systemen der Beyerdynamic Opus UHF Serie verwendet werden.

Big ist beautiful! Am gänzlich analogen Stand von ME-Geithain präsentierte man mir gleich zwei Neuheiten der Referenzklasse: Zum einen den, in der Firmengeschichte bisher größten Regielautsprecher, RL-801K mit 3 Wegen, sowie den ebenfalls bisher größten Zwei-Wege Monitor, RL-930. Beide wurden für größere Hördistanzen konzipiert; während jedoch die 801 über die gewohnte Bassniere verfügt, liegt der Fokus des 930 klar auf kompakten Abmessungen und damit klar im Trend. Ich bin überzeugt, dass diese Speaker auch Freunde in der HiFi Champions-League finden werden.

Besonders schön fand ich, dass der Demoraum akustisch aufwendig optimiert war und man so auf den insgesamt 12 Sitzplätzen wunderschöne Surroundaufnahmen aus dem Leipziger Gewandhaus hören konnte. Als ich dann auch noch mitgebrachtes Audiomaterial einlegen durfte, baute sich ein unguter Wunsch auf:  Die 801wären wohl eine tolle Wahl für mein Studio – fragt sich nur, welchen Bankmanager ich davon überzeuge, mir 22 Riesen für ein Stereo-Pärchen zu leihen …

DSC_0412

Als ich noch benommen von diesem Klangerlebnis  durch die, weiten Gänge taumelte, und damit haderte, dass es mir auf legalem Wege wohl unmöglich sein würde, in absehbarer Zeit in den Besitz solcher Lautsprecher zu kommen, wurde mir schlagartig klar, dass ich ja über die Rundfunkgebühren für die Öffentlich-Rechtlichen quasi immerhin einen kleinen Teil solcher Boxen “mitfinanziert” habe.
Am Stand von TC Electronic hatte ich mich wieder so weit gefangen, dass ich meiner ursprünglichen Aufgabe nach kommen konnte: Neuigkeiten aufspüren! Und hey, da ist ja auch schon wieder eine: Der neue TC Electronic Touch Monitor.

Damit ist man für den Loudness- War gewappnet: Die neuen TC Touch Monitore TM7 und TM9 bieten Colour-Touch-Screens und extrem konsistente Loudness-Meter nach geltenden Standards der American, European und Japanese Broadcasting- Societies was Broadcast-, Post-, Film- und Live-Produktionen betrifft.
Die neuen Lautheitsmesser werden dabei in acht verschiedenen Grundkonfigurationen in Bezug auf Anschlussvielfalt, Features und Größe erhältlich sein, sollen sich aber auch mit zusätzlichen I/O Optionen passend zum Anwendungsfall erweitern lassen. Die Preise werden bei EUR 3.280,- zuzüglich der gesetzlichen MWST beginnen.

Neuigkeiten gab es auch bei SSL: Solid State Logic präsentierte auf der Tonmeistertagung erstmals die neue AWS948 mit 24 Fadern, 48 Inputs und Dual Path Channel Strips. Jeder Kanal bietet somit eine einzelne Mic-Vorstufe, zwei Line-Level Inputs, sowie einen neuen Stereo-EQ und Stereo Inserts. Der Clou daran sind die drei verschiedenen Anwendungsszenarien:

  • IN-LINE TRACKING = 1 Mic + 1 Line Input pro Kanal
  • IN-LINE MIX = 2 x Mono Line Inputs pro Kanal
  • STEREO MIX = 1 x Stereo Line Input pro Kanal
SSL_AWS_800

Neben den Produktneuvorstellungen gab es auch unzählige Vorträge, Round-Tables und Diskussionsmöglichkeiten. Avid zeigte so zum Beispiel in den Demo-Booths die praktische Arbeit mit Pro Tools 9 & Co. 

pro_tools

Mit Verwunderung verfolgte ich jüngst die letzten Pressemitteilungen von Avid, in denen erst die neuen M-Boxen vorgestellt wurden, und dann die Bombe mit der Ankündigung nativer Unterstützung und Interface-Unabhängigkeit in der neuen Pro Tools Version zum Platzen gebracht wurde. Auf der Tonmeistertagung konnte man sich das Ganze nun auch einmal in der Praxis anschauen. Besonderes Interesse rief bei mir dabei der explizite Support des ehemals proprietären EuCon Protokolls zur Fernsteuerung von Pro Tools mit Euphonix Controllern hervor, die jetzt direkt in Avid integriert wurden. Das Ergebnis dieser Zusammenarbeit darf mit Spannung erwartet werden!

DSC_0454

Das waren eine Menge Eindrücke für die kurze Zeit! Und ich muss gestehen, nachdem ich mir zu später Stunde dann endlich einmal das Programm-Buch angeschaut hatte, musste ich leider festellen, dass ich eine Menge interessanter Vorträge verpasst habe. Das wäre aber selbst bei generalbstabsmäßiger Vorbereitung wohl nicht zu vermeiden gewesen, da ein schier unglaubliches Angebot an Fachdiskussionen und Vorträgen bestand, für das man eine Menge Zeit mitbrigen sollte.
Für mich hat sich der Besuch schon allein auf Grund der hohen Premiumspeaker- Lieferanten- Dichte gelohnt. Es gibt nicht viele Möglichkeiten, so viele verschiedene  Speaker unter guten Abhörbedingungen an einem Tag zu hören, so dass Leipzig zur Tonmeistertagung auch für jeden Privatbesucher eine Reise wert ist. Zumal am letzten Tag der Messe die Tore sogar für lau geöffnet werden! An den ersten Tagen der Tagung musste man sich sonst mittels Fachmesse-typischen Preisen Zugang verschaffen. Studenten kommen hingegen günstiger weg: Ich reservier mir schon jetzt eine Woche Freizeit für die nächste Tonmeistertagung!

Hot or Not
?
tonmeistertagung_thumb Bild

Wie heiß findest Du diesen Artikel?

Kommentieren
Profilbild von Klaus Fischer

Klaus Fischer sagt:

#1 - 08.08.2011 um 15:38 Uhr

0

Dem Mann kann geholfen werden. Die Geithain 801 kostet keine 40.000m. EUR, sondern "nur" 22.000,- EUR als Stereopaar.;-)

Profilbild von Felix Klostermann

Felix Klostermann sagt:

#2 - 20.06.2012 um 05:34 Uhr

0

Hallo Klaus Fischer, danke für den Hinweis!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • iZotope Ozone 12 Bass Control Demo (no talking)
  • LD Systems ICOA Pro Series - All you need to know!
  • Watch THIS if you use analog gear! Everything you need to know about the Freqport FreqInOut FO1