Iron Maidens Bassgenie: Die Steve Harris Story

Als ich Mitte der 80er-Jahre die Musik als meine Leidenschaft entdeckte, galt Steve Harris von Iron Maiden bereits als DER Rockbassist schlechthin. Und auch heute, gute 40 Jahre später, hat sich an dieser Tatsache nicht viel geändert. Ich kann mich noch gut an daran erinnern, als ich zum ersten Mal das legendäre Album „Live After Death“ hörte und quasi elektrisiert war. Der Bass war im Vergleich zu vielen anderen Scheiben sehr deutlich zu hören und schien die ganze Band nach vorne zu peitschen. Seitdem habe ich Steve Harris aufgrund seiner spieltechnischen Finessen beim Transkribieren und Nachspielen seiner Basslines tausendfach verflucht – aber mehr noch: bewundert! Mit der von ihm gegründeten Band Iron Maiden war und ist Steve kommerziell international enorm erfolgreich. Aber auch mit seinem bodenständigen und authentischen Charakter hat sich der Brite eine weltweite Fangemeinde erarbeitet. Höchste Zeit also, auf das Leben und die Karriere des Ausnahme-Bassisten Steve Harris zu blicken.

Die Steve Harris Story
(Bild: Gonzales Photo / Alamy Stock Foto)

Steve Harris – die Anfänge

Steve wurde am 12. März 1956 in Leytonstone, London, England geboren. Sein vollständiger Name lautet Stephen Percival Harris. Als Kind entdeckte er schnell seine Leidenschaft für Fußball und trat dem Traditionsklub „West Ham United“ im Londoner Stadtteil Stratford (East End) bei. Hier zeigte Steve durchaus das Potenzial, es weit zu bringen – allerdings wuchs in ihm parallel noch eine weitere Leidenschaft heran: Rockmusik!

Die Stimme der Musik wurde immer lauter und Steve entschloss sich, selbst Musik zu machen. Seine Wahl fiel zunächst auf das Schlagzeug, da aber sein Zimmer zu klein dafür war, entschied er sich für Bass. Mit 17 Jahren kaufte er sein erstes Instrument, die Kopie eines Precision-Basses mit Telecaster-Kopfplatte. Steve brachte sich das Spielen selbst bei, indem er Basslines seiner Vorbilder Andy Fraser, John Entwistle, Geddy Lee, Chris Squire etc. nachspielte.

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Irgendwann musste Harris eine Entscheidung treffen: Sollte er eine mögliche Profikarriere bei „West Ham United“ oder ein Leben als Musiker einschlagen? Steve bekam immer mehr das Gefühl, dass ihm die vielen Fußball-Trainingseinheiten und Spiele kaum Zeit für Musik ließen. Letztlich fühlte er, dass die Liebe zur Musik größer war und verabschiedete sich von „West Ham United“. Er ist jedoch bis heute glühender Fan des Clubs.

Um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, jobbte Steve unter anderem als Bauzeichner und Straßenkehrer. Seine erste richtige Band hieß Influence, kurz darauf folgte die Band Smiler. Ironischerweise wurde Steve schnell gebeten, die Band wieder zu verlassen, da sein Spiel zu viel Aufmerksamkeit auf sich zog und er für einen Bassisten zu viel Engagement zeigte, wie zum Beispiel das Schreiben von Songs (!). Von derartigen Kollegen hatte Steve die Nase voll und gründete daher kurzerhand seine eigene Band. Deren Mitglieder waren Paul Mario Day (Gesang), Dave Sullivan und Terry Rance (Gitarre) sowie Ron Matthews (Schlagzeug). Bald wurde durch die Inspiration des Films „The Man In The Iron Mask“ der Bandname „Iron Maiden“ gefunden.

Steve Harris
Wegweisender Rockbassist und begeisterter Fußball-Fan: Steve Harris
(Bild: Gonzales Photo / Alamy Stock Foto)

Steve Harris & Iron Maiden

Bereits beim ersten Auftritt am 01. April 1976 hatten Iron Maiden mit Dave Murray und Bob Sawyer zwei neue Gitarristen und mit Dennis Wilcock einen neuen Sänger. Das Besetzungskarussell drehte sich weiter und bis zu den legendären ersten Aufnahmen, die unter dem Namen „Soundhouse Tapes“ bekannt sind, bestand Iron Maiden neben Steve Harris aus Paul Di’Anno (Vocals), Dave Murray (Gitarre) und Doug Sampson (Drums).

Erste regionale Erfolge stellten sich ein, und um die Dinge professioneller anzugehen, wurde 1979 Rod Smallwood zu Iron Maidens Manager. Kurz darauf kam ein Plattenvertrag mit EMI Records zustande. Nach erneuten Besetzungswechseln erschien 1980 das Debütalbum, welches mit „Iron Maiden“ denselben Namen wie die Band trug. Seinen ersten Auftritt auf dem Albumcover hatte auch Eddie, das legendäre Grusel-Maskottchen, welches die Band bis heute begleitet. Die erste Singleauskopplung war „Running Free“, die unter anderem live bei „BBC Top Of The Pops“ präsentiert wurde. Dieser TV-Auftritt sorgte für überregionales Aufsehen. Es folgten Tourneen als Vorband von Kiss, Judas Priest und UFO.

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1981 erschien mit „Killers“ das zweite Album, mittlerweile mit Adrian Smith statt Dennis Stratton an der Gitarre. Auf der anschließenden Killer Tour spielten Iron Maiden 124 Konzerten in 14 Ländern. Ende des Jahres verließ Sänger Paul Di’Anno die Band. Der auf ihm lastende Druck hatte ihn dazu verleitet, massiv zur Flasche zu greifen und Drogen zu nehmen, was wiederum zu unzuverlässigem Verhalten geführt hatte. Als Ersatz wurde Bruce Dickinson engagiert – der vorletzte Baustein zur legendären Besetzung war damit gefunden!

Mit Bruce wurde umgehend das wegweisende Album „The Number Of The Beast“ aufgenommen. Der neue Sänger zeigte nicht nur auf dem Titeltrack, was für ein enormes Ausnahmetalent er ist und worauf man sich für die Zukunft noch gefasst machen durfte. „The Number Of The Beast“ bescherte Iron Maiden den endgültigen Durchbruch. Nach der Veröffentlichung ging es umgehend mit den Scorpions auf eine umjubelte ausgedehnte Tour durch Amerika.

Als Ende 1982 Drummer Clive Burr durch Nicko McBrain ersetzt wurde, war die Transformation zur legendären Besetzung komplett. Es folgten die Alben „Piece Of Mind“, „Powerslave“ und das Live-Album „Live After Death“, welches hervorragend die unbändige Energie der Band einfing und gleichzeitig Iron Maidens „klassische Phase“ abschloss. Den Rest der Bandgeschichte gibt es hier im Schnelldurchlauf, denn unser heutiger Fokus liegt ja auf Steve Harris, auch wenn Iron Maiden natürlich untrennbar mit ihm verbunden sind.

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Die nächsten beiden Alben „Somewhere In Time“ und „Seventh Son Of A Seventh Son“ wurden damals aufgrund der Verwendung von Synthesizer-Klängen – die 80er ließen grüßen – bei Kritikern und Fans gemischt aufgenommen. Nach der Rückkehr zu alten Tugenden mit „No Prayer For The Dying“ (1990) und dem Riesenerfolg von „Fear Of The Dark“ (1992) verließen Adrian Smith und Bruce Dickinson die Band. Die darauf folgenden Jahre mit dem neuen Sänger Blaze Bayley waren deutlich weniger erfolgreich, die Verkaufszahlen von Alben und auch die Besucherzahlen bei Konzerten brachen dramatisch ein.

Steve Harris
Steve Harris ist einer der wenigen Bassisten weltweit, die man nach nur wenigen Tönen erkennt
(Bild: Shutterstock / von TDC Photography)

Im Februar 1999 waren dann alle wieder eine glückliche Familie, denn Adrian Smith und Bruce Dickinson schlossen sich Iron Maiden erneut an. Mit dem grandiosen Album „Brave New World“ wurde dann ein fulminantes Comeback eingeläutet, und der Erfolg von Iron Maiden ist trotz der gesundheitlichen Rückschläge einiger Mitglieder bis heute ungebrochen. Es erschienen noch weitere fünf Studioalben, welche einen etwas progressiveren Stil verfolgen. Neben dem Knaller „Brave New World“ ragt für mich persönlich vor allem „A Matter Of Live And Death“ (2006) heraus.

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Steve Harris hat sich schon früh zu einer echten Ikone des Rockbass-Spiels entwickelt. Seine einzigartiger hochenergetischer Personalstil hat sich über die Jahrzehnte kaum veränder – und das ist im höchst positiven Sinne!

Während andere Musiker jedem Trend in Sachen Spieltechnik, Sound, Equipment etc. hinterherlaufen, zeichnet Steve sich durch Beständigkeit, Authentizität und Bodenständigkeit aus. Zudem ist er als Mensch mit einem ausgeprägten Arbeitsethos bekannt, der lieber weiter Songs schreibt, als für Rock’n’Roll-Skandale zu sorgen.

Steve Harris
Steve Harris (Bild: Shutterstock / von fornStudi)

Steve Harris & British Lion

Freizeit scheint für Steve Harris ein Fremdwort zu sein. Nachdem er bei Iron Maiden Bassist, Bandleader und Songwriter ist und – ganz nebenbei – Vater von sechs Kindern ist, scheint er sich nach wie vor schnell zu langweilen. 2012 gründete er daher die Band British Lion – in diesem Projekt wollte Steve wieder kompaktere Songs als bei Maiden schreiben. Bandmitglieder der Lions sind Sänger Richard Taylor, die Gitarristen David Hawkins und Grahame Leslie, sowie Drummer Simon Dawson.

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Im September 2012 erschien das Debütalbum „British Lion“, welches bis Platz 39 der britischen Charts stieg. Im Jahr darauf folgte eine Tour als Vorband, 2015 eine UK-Tour als Headliner. Nach vielen weiteren Konzerten, unter anderem auf dem Wacken Festival, erschien 2020 das zweite Album „The Burning“.

Steve blieb auch bei British Lion seinem Stil und Sound treu. Um diesen auch ohne den riesigen technischen Aufwand und sein gewohntes Equipment bei Iron Maiden realisieren zu können, tat er sich mit der New Yorker Company Tech21 zusammen, um einen für ihn maßgeschneiderten Preamp zur entwickeln. Dazu später mehr.

Steve Harris
Steve mit einem seiner Precision-Bässe von Fender
(Bild: Shutterstock / von Photography Stock Ruiz)

Steve Harris: Musikalischer Stil

Steve Harris und Iron Maiden haben sich bis in die heutige Zeit mit all ihren technischen Möglichkeiten eine gewisse Rohheit bewahrt, die sie als Rockband authentisch bleiben lässt. Viele andere Bands verpassen ihren Aufnahmen eine Hochglanzpolitur und perfektionieren an allen Ecken und Enden.

Daran ist auch nichts auszusetzen, allerdings geht durch diese Arbeitsweise zumeist eine große Portion Rock’n’Roll und Dreck im Sound verloren. Iron Maiden spielen bis heute einen Großteil ihrer Tracks (ohne Vocals und Soli) live und ohne Clicktrack ein. Auf jeder Maiden-Scheibe lassen sich daher auch kleine Ungenauigkeiten wahrnehmen, die aber das entscheidende Etwas ausmachen. Vieles davon lässt sich auch auf Steve Harris Stil übertragen.

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Hier sind einige der wichtigsten Stilmerkmale von Steve Harris:

  • Mitten- und höhenbetonter aggressiver „Klack“-Sound mit deutlichen Spielgeräuschen
  • Frische Flatwounds (werden vor jedem Gig gewechselt) und niedrige Saitenlage
  • Relativ leichter Anschlag mit zwei Fingern, gerne auch mit Fingernägeln
  • Bass hängt tief, Handgelenk liegt auf Korpus auf, Daumen bewegt sich mit Fingern mit (Floating Thumb)
  • Finger schlagen von vorne in die Saite rein, die dadurch beim Anschlag das Griffbrett berührt
  • Einsatz von Raking (Finger durch die Saiten ziehen bei Abwärtsbewegung, z. B. bei Box-Shape-Figuren aus Oktave, Quinte und Grundton)
  • Für Akkorde oder Powerchords Anschlag mit Daumen und Zeigefinger
  • Häufiger Einsatz von Strumming mit Daumen und Zeigefinger beim Anschlag von Powerchords
  • Etwas Overdrive (Sättigung durch Amp, kein Pedal) und Kompression
  • Viele straighte Achtel- oder Sechzehntelrhythmen
  • Bei schnellen Achtelrhythmen gerne Betonung von 3er-Gruppen (z. B. Zählzeiten 1, 2+ und 4)
  • Galopping Horse: Kombination aus Achtelnote und zwei Sechzehntelnoten pro Viertel
  • Wenig Unisono-Riffs
  • Für melodische Elemente Einsatz von Dur- oder Molltonleiter, meist beschränkt auf Quintraum (Grundton bis zur Quinte)
  • Häufiger Einsatz von Hammer-Ons und Pull-Offs (z. B. Quarte zur Quinte)
  • Wenig genretypische Moll-Pentatonik
  • Sehr häufig I-VI-VII-Akkordfolge, z. B. Em-C-D
  • Zahlreiche Powerchords, um bestimmte Töne zu betonen
  • Bei ruhigen Passagen (Intro, Bridge) Einsatz von gezupften Arpeggios (Akkordbrechungen)
  • Einsatz von Leersaiten für Lagenwechsel
Steve Harris
Auch mit fast 70 Jahren liebt Steve Harris noch immer die Bühne – und die Bühne liebt ihn!
(Bild: Gerry McNally / Alamy Stock Foto)

Steve Harris: Equipment

Hier findet ihr einige Bässe, Verstärker und Boxen, die Steve über die Jahre genutzt hat.

  • Fender Steve Harris Signature Bass I und II mit Seymour Duncan Steve Harris Pickup und Badass-Brücke
  • Diverse Fender Precision-Bässe
  • Guild Acoustic Bass
  • Fender Kingman Acoustic Bass
  • Ibanez Roadster-Bässe
  • Lado Superfalcon- und Unicorn-Bässe
  • Yamaha BB1100S Bass
  • Rotosound Steve Harris Signature Flatwound Strings
  • Marshall 4x12er-Boxen Electro Voice Speaker
  • Aphex Audio Exciter
  • Trace Elliot Series 6 GP12X
  • Custom Alectron Preamp
  • C-Audio SR707 Endstufen
  • Tech21 Sansamp Steve Harris Signature Preamp
  • DBX 160 Kompressoren
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Was wäre die Basswelt nur ohne diese Blaupause eines perfekten Rockbassisten? In diesem Sinne, Up The Irons!

Iron Maiden live
Die Band Iron Maiden existiert bereits seit 1975
(Bild: Mario Beauregard Beaustock / Alamy Stock Foto
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