Spirit by Steinberger XT-2 Test

Praxis

Kommen wir zuerst zu den Aspekten, die nichts mit der Bespielbarkeit zu tun haben, sondern eher von anderem praktischen Nutzen sind: Der Steinberger XT-2 wird gemeinhin als “idealer Reisebass” angepriesen. Er ist kurz, der Korpus ist klein und er wiegt wenig (3,1 kg). Er passt so auch problemlos in einen großen Reisekoffer. Laut Steinberger Webseite ist er darüber hinaus aufgrund seiner Konstruktion relativ unempfindlich gegenüber klimatischen Schwankungen. Das sind alles schon mal gute Argumente. Zudem steht der XT-2, wenn man ihn gegen die Wand oder ähnliches lehnt, auf den zwei Gurtpins von alleine sehr stabil. Das spart einen zusätzlichen Bassständer!

Aber gehen wir vom praktischen Nutzen zur musikalischen Praxis, denn schließlich will man den XT-2 ja auch spielen! Kein Kopf, keine Kopflastigkeit – so einfach ist die Gleichung. Setzt man den XT-2 auf den Oberschenkel, bleibt er in dieser Position, ohne in eine bestimmte Richtung zu schwanken. Allerdings rücken die ersten Lagen schon beträchtlich weit weg vom Spieler. Um dies zu vermeiden, müsste die ausklappbare Stütze weiter vorne am Korpus angebracht sein, dafür ist dieser aber zu klein. Mit einem Gurt muss man ein wenig experimentieren, denn die Gurtpins rücken aufgrund der kompakten Maße deutlich näher zusammen und befinden sich an recht ungewohnten Positionen.

Insgesamt bedarf es schon einer gewissen Zeit der Umstellung auf den XT-2 – dieser Bass ist schon sehr “anders” als herkömmliche Konstruktionen. So manche gewohnte Auflagefläche und Stütze für den Arm oder die Schlaghand entfällt ersatzlos. Aufgrund seines Designs ist das aber sicher keine Überraschung, und es wäre auch nicht wirklich fair, ihn 1:1 mit herkömmlichen Bässen zu vergleichen. Trotzdem bleibt unterm dem Strich stehen, dass die Bespielbarkeit des “Paddels” doch einige Herausforderungen mit sich bringt.

Das Halsprofil wird von Steinberger als “D” eingestuft und fühlt sich entsprechend vertraut an. Der Radius des Griffbretts ist mit fast 36 cm relativ groß, das Griffbrett weist folglich nur eine leichte Krümmung auf. Die Hochglanzlackierung des Halses neigt nach einer Spielzeit etwas dazu, die Hand beim Lagenwechsel zu bremsen. Nach meinem Setup ist die Saitenlage allerdings angenehm und weitgehend frei von Schnarren.

Im akustischen Test präsentiert sich der Steinberger XT-2 mit einem klaren und straffen Ton, ist aber deutlich leiser und besitzt weniger Low End als ein Bass mit großem Korpus. Das verhilft im Gegenzug zu einer schönen Transparenz – mehrstimmiges Spiel z.B. bleibt sauber und wirkt nicht schwammig.

Im Solobetrieb gibt sich der Sound transparent und aufgeräumt - im Mix mit anderen Instrumenten hat er aber jedoch ohne die Hilfe eines Equalizers leichte Probleme, sich durchzusetzen.
Im Solobetrieb gibt sich der Sound transparent und aufgeräumt – im Mix mit anderen Instrumenten hat er aber jedoch ohne die Hilfe eines Equalizers leichte Probleme, sich durchzusetzen.

Bässe ohne Kopfplatte baut man nicht nur aus Gründen des Designs, auch die Physik spielt eine Rolle. Zwischen Hals und Kopfplatte kommt es zu indifferenten Schwingungen, d.h. die Kopfplatte schwingt anders als der Hals und bremst diesen damit aus. Dieses Phänomen führt zu den bekannten Deadspots auf dem Griffbrett, meistens in der Gegend um den fünften bis achten Bund. Ohne Kopfplatte hat man dieses Problem nicht – das bewahrheitet sich beim XT-2, der über das Griffbrett ausgewogen klingt und keine Deadspots aufzuweisen hat.

Nachfolgend habe ich einige Soundbeispiele für euch eingespielt:

Audio Samples
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Beide Pickups, Finger Beide Pickups, Slap Hals-Pickup

Auch Old School Funk klappt gut mit dem Paddel:

Audio Samples
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Hals-Pickup, Tone: -75% Steg-Pickup Beide Pickups, Melodie

Aus rein nostalgischen Gründen noch zwei weitere Beispiele aus der Zeit, als der XT-2 absolut hip war: Ein 80er-Jahre-Slapgroove – einmal ohne Nachbearbeitung und einmal mit ordentlich Kompressor und Chorus, so wie es damals modern war:

Audio Samples
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Beide Pickups, Slap Beide Pickups, Slap (bearbeitet)

Der XT-2 besitzt einen trockenen und straffen Ton. Allerdings fehlt es ihm (ich denke aufgrund der geringeren Masse) etwas an Tiefmitten und Low End, und er hat daher ohne Nachbearbeitung leichte Probleme, sich im Mix durchzusetzen. Gerade der Bridge-Pickup klingt recht dünn. Auch scheint der XT-2 für meine Ohren etwas weniger dynamische Bandbreite als traditionelle Bässe zu besitzen.

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Lobbyist sagt:

#1 - 07.02.2019 um 15:12 Uhr

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Kenner wissen allerdings, dass vieles davon für die "Billigserie" Spirit gilt. Die ernstzunehmenden Bässe von Steinberger hören auf den Namen "Synapse", sie nehmen auch normale Saiten, halten sehr gut die Stimmung durch einen stabilen Ahorn-Graphit-Hybridhals, auch der Body ist aus Ahorn... vor allem hat er aber EMG-40P Pickups, und das ist eine ganz andere Klasse. Wer Durchsetzungskraft will, sollte einen Synapse nehmen und den Spirit vergessen.

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