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MusicLab RealRick Test

Das Plug-In MusicLab RealRick zum Test bei bonedo – Ich gestehe: Als Keyboarder/Programmer, der trotz hoher Gitarren-Affinität stets zu faul oder zu beschäftigt war, sich das Gitarrenspiel anzueignen, habe ich in der Vergangenheit viele „Fake-Gitarren“ eingespielt, welche in einigen Fällen sogar das Demo-Stadium überlebt und es auf einen kommerziellen Tonträger geschafft haben. RealRick von MusicLab dient genau diesem Zweck und komplettiert das bisherige Angebot virtueller Gitarren des Herstellers, welches aus den Instrumenten RealStrat 3, RealLPC 3 und der akustischen RealGuitar besteht.

Real_Rick_Joystick_B04
Für Guitar Heroes!


Die emulierte Rickenbacker 360 E-Gitarre ist ein ikonenhaftes Instrument, das beispielsweise den Sound vieler Beatles-Aufnahmen geprägt hat und einige Besonderheiten aufweist. So gibt es 6- und 12-saitige Varianten sowie einen zweiten, zusätzlichen Tonabnehmer/Output, welcher Stereo-Sound ermöglicht – Eigenarten, die auch in der Software-Variante berücksichtigt werden. Wie überzeugend RealRick dies umsetzt und was das samplebasierte Instrument sonst noch zu leisten vermag, wird in diesem bonedo-Testbericht beleuchtet.

Details

RealRick ist ein eigenständiges, virtuelles Instrument, das sowohl Standalone als auch in Plug-In Form (VST, AU, AAX) nutzbar ist. Der in 24Bit/96kHz aufgenommene Sample-Content umfasst relativ überschaubare 790 MB. Da alle Samples trocken, also ohne irgendwelche Amps oder Effekte aufgenommen wurden, ist sinnvollerweise die Software Amplitube 3 Custom Shop von IK Multimedia als Bonus erhältlich und kann nach erfolgter Registrierung kostenlos heruntergeladen werden. Die Anzahl der in der Software freigeschalteten Effekte und Amp-Simulationen ist überschaubar, aber von guter Qualität. Bei Bedarf können weitere Effekte nachgekauft werden.
In RealRick stehen die folgenden sechs Guitar-Patches zur Auswahl: 

  • 6-string
  • 12-string A
  • 12-string B
  • 6-string (Stereo)
  • 12-string A (Stereo/Mono) – Sustain-Sound in stereo/weitere Sounds oder Geräusche in mono
  • 12-string B (Stereo/Mono) – Sustain-Sound in stereo/weitere Sounds oder Geräusche in mono

Die 12-String-Varianten A und B unterscheiden sich in der Stimmung der zusätzlichen Saiten, welche oktaviert (A) oder unisono (B) gestimmt sind. Um Euch nicht länger auf die Folter zu spannen wie RealRick klingt, gibt es gleich ein paar Hörbeispiele einiger Guitar Patches, jeweils beginnend mit dem trockenen RealRick-Sound, gefolgt von der gleichen Sequenz, die durch eine spontane Einstellungen von Amplitube 3 gejagt wurden:

Fotostrecke: 2 Bilder Mit an Bord: Amplitube 3 Custom Shop mit einer kleinen Auswahl von Amp-Simulationen …
Audio Samples
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6 String – Mono 6 String – Stereo 6 String – Mono / WahWah 12 String B – Stereo / Slide

Enthaltene Stomp-Effekte

Eine 90-seitige (!), deutschsprachige Bedienungsanleitung wird per Download zur Verfügung gestellt. Der effektive Einsatz aller Möglichkeiten, die RealRick bietet, setzt eine gewisse Freude am Lernen voraus – auf sämtliche Features detailliert einzugehen, würde definitiv den Rahmen eines Testberichtes sprengen. Daher werde ich hier die elementaren Punkte zusammenzufassen.
Die Bedienoberfläche bietet Zugriff auf die fünf Performance Modes MIDI, Pattern, Joystick und Direct. MIDI wird vermutlich der Modus sein, in dem man am häufigsten arbeitet, da hier relevante Einstellungen zum Spielen über ein angeschlossenes MIDI-Keyboard zu finden sind. Die Modes Joystick und Guitar bieten Controller-spezifische Einstellungen zum Ansteuern von RealRick über eine MIDI-Gitarre oder einen „Guitar Hero Game Controller“. Da ich meinen gerade verliehen habe, kann ich mich zum Gelingen dieser Einbindung nicht äußern…

Fotostrecke: 2 Bilder Für Guitar Heroes!

Der Performance-Mode Direct ermöglicht den direkten Zugriff auf alle enthaltenen Samples. Direkt bedeutet in diesem Fall, dass das Auslösen der vielfältigen Artikulationen (Slides, Scrapes, Harmonics, Fret Noises, Mutes und so weiter) nicht von den wiederum sehr umfangreichen Spielhilfen (Key Switch, Velocity, Pedal, etc.) abhängig ist.

Direkter Zugriff auf alle Samples
Direkter Zugriff auf alle Samples

Fast hätte ich den Pattern-Mode vergessen! Dieser bietet eine große Auswahl vorgefertigter MIDI-Patterns zum Ansteuern der virtuellen Gitarre. Diesen Modus hätte man meines Erachtens aber getrost unter den Tisch fallen lassen können, da die Patterns sehr statisch, MIDI-mäßig und nicht sehr authentisch wirken. Das wird die Großzahl der potentiellen Anwender selbst wahrscheinlich deutlich besser hinbekommen.

Die Pattern-View.
Die Pattern-View.

Da ich die virtuelle Rickenbacker 360 mit Hilfe eines MIDI-Keyboards getestet habe, werde ich im folgenden Testverlauf den Performance-Mode MIDI fokussieren. Das MIDI-Fenster bietet auch wiederum fünf unterschiedliche Modes, welche grundsätzlich darüber bestimmen, ob Samples einzelner Töne, Intervalle, ganzer Akkorde oder Mischungen daraus gespielt werden können. In jedem dieser Modes (Solo, Harmony, Chords, Bass´n´Chord, Bass´n´Pick) wird wiederum eingestellt, welche Spielhilfen/Controller für das Triggern der jeweiligen Spielweise (Legato, Tap, Mute, Slide) oder von Artefakten wie Fret Noise oder Scrapes verantwortlich sind. Die vorangegangenen Audiobeispiele 01 bis 04 sind im Solo-Mode entstanden. Im Folgenden hören wir eine kurze Sequenz des 6-string-Patches in stereo mit allen einstellbaren Varianten des Harmony-Modes:

Die MIDI Harmonien.
Die MIDI Harmonien.
Audio Samples
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6 String Stereo Harmony

Der MIDI/Harmony Mode

Im Chord-Mode können die Samples kompletter Akkorde gespielt werden, zu hören im folgenden Audiobeipiel, in welchem alle Patches zum Einsatz kommen.

Audio Samples
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Chords

Nach diesem groben Überblick des Funktionsumfangs werde ich im Praxisteil näher auf verschiedene Steuerungsmöglichkeiten eingehen, die ein authentisches Spielen der Rickenbacker Samples ermöglichen sollen.

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Praxis

Die Installation von RealRick per DVD und anschliessender Produktregistrierung und Aktivierung bei Best Service (Challenge/Response-Methode) erfolgte gewohnt unproblematisch. Die Aktivierung von Amplitube 3 erfolgt über einen separaten Account bei IK Multmedia, was im Test ebenfalls ohne nennenswerte Zwischenfälle gelang. Der Test erfolgte an einem Macbook Pro (OSX 10.9.4) hauptsächlich unter dem Host Programm Apple Logic Pro X, in welchem ich RealRick als Plug-In verwendet habe. Die virtuelle Gitarre läuft hier absolut stabil, die Ladezeiten sind erfreulich kurz und die CPU-Belastung meines Rechners kann man als dezent bezeichnen. Von der bürokratischen Seite gibt es somit schon einmal nur Gutes zu berichten.

Sound

Einige Soundbeispiele gab es ja bereits zu hören, welche, sofern es nicht ausdrücklich erwähnt wurde, ohne Zuhilfenahme weiterer Amp-Simulationen, Effekte und dergleichen entstanden sind. Ich empfinde den cleanen Sound von RealRick als sehr rund, warm und als eine tolle Basis dafür, eigene Gitarrensounds zu kreieren. Bei einigen Patches kommen zwangsläufig Assoziationen zu pophistorischen Werken auf, was für die hohe Authentizität der aufgenommenen Samples spricht. Weiter Möglichkeiten der direkten Klangmanipulationen innerhalb von RealRick sind spärlich, was ich allerdings als angenehm und vollkommen ausreichend empfinde. Am oberen Rand der GUI verbergen sich hinter den Buttons „Output“, „Mixer“, „FX Mixer“ und „Wah“ rudimentäre, klangverändernde Regelmöglichkeiten. Darunter finden sich ein simpler 2-Band-EQ, die Lautstärkeregelung diverser Soundartefakte sowie ein einziger wirklicher Effekt („Wah“), welcher in Audiobeispiel 03 zum Einsatz kommt. Interessante Klangveränderungen entstehen auch durch das Verschieben der Pick Position innerhalb der Gitarren-Grafik der GUI.

Fotostrecke: 3 Bilder Beim Drehen des Laptops um 90 Grad kann man sogar lesen, um welche Parameter es sich handelt …

Performance

Dieser Punkt behandelt nicht die „Rechner-Performance“ sondern die musikalischen Ausdrucksmöglichkeiten. Es mag etwas widersprüchlich zu meiner vorangegangenen Kritik bezüglich der Velocity-Stufen klingen, doch genau hier liegt die Stärke von RealRick. Das Programm bietet eine fast unüberschaubare Fülle an Gestaltungsmöglichkeiten durch den Einsatz der bereits genannten MIDI Modes (Solo, Harmony, Chords etc.) sowie diverser Parameter innerhalb dieser Modes. Ein Beispiel: Neben allgemein üblichen Methoden wie dem Auslösen von Flageolett- oder Feedback-Samples ab einer gewissen Velocity gefällt mir die Möglichkeit, trotz polyphoner Spielweise innerhalb definierbarer Intervalle (beispielsweise einem Ganzton) Slides durch Legatospiel zu erzeugen. Hörbar ist dies an zwei Stellen in Audiobeispiel 04. Selbst wenn es in diesem konkreten Beispiel etwas „gewollt“ klingt, wird die Gitarre in einem musikalischen Gesamtkontext durch derartige Maßnahmen „ent-midifiziert“. Darüber hinaus werden gespielte Noten von RealRick intern den Saiten zugeordnet, wie es ein echter Gitarrist auf einem echten Instrument spielen würde. Weitere Authentizitäts-Pluspunkte kann man durch diverse Zusatzfunktionen der Tastatur sammeln. Wie man der folgenden Abbildung entnehmen kann, ist die Tastatur in einen spielbaren Bereich (weiß) und einen grauen Bereich eingeteilt, welcher verschiedene Funktionen steuern kann. 

Das Keyboard.
Das Keyboard.

Grundsätzlich dient der graue Bereich der Repetition der zuletzt gespielten Note bzw. Noten bei einem Akkord. Gemäß der dem Manual entnommenen Liste (folgendeAbbildung) werden dadurch verschiedene Upstrum-, Downstrum- und Mute-Samples getriggert. Das sieht kompliziert aus, wenn man aber erst einmal verinnerlicht hat, welche Tasten für eine Auf- und Abwärtsbewegung zuständig sind, ist das schon die halbe Miete, um Töne oder Akkorde authentisch spielen zu können.

Die Stroke Map des Manuals.
Die Stroke Map des Manuals.

Das folgende Audiobeispiel (6-string Mono) ist auf diese Weise entstanden. Zunächst trocken und in der Wiederholung mit einer Amplitube 3-Bearbeitung:

Audio Samples
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6 String – Mono / Repetition

Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl aktivierbarer Key-Switches. Die Aktivität wird durch einen gelben Punkt auf der entsprechenden Taste gekennzeichnet und verschiedene Verhaltensattribute (etwa Toggle, zusätzliches Sustain) sind entsprechend den eigenen Bedürfnissen einstellbar. Die folgende Abbildung zeigt das in wesentlichen Punkten selbsterklärende Fenster zur Anpassung und Aktivierung der Key-Switches.

Und die Key-Switches.
Und die Key-Switches.

Im folgenden Audiobeispiel hören wir einige Beispiele der unterschiedlichen Spielweisen, die bei Bedarf per Keyswitch, Velocity und weiterer Spielhilfen ansteuerbar sind.

Audio Samples
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6 String – Mono / weitere Spielweisen

Dass RealRick in Bezug auf Performance-Kontrolle eher klotzt statt kleckert, zeigt sich unter anderem anhand der verfügbaren, gesampelten Akkorde (Chord Mode), die wir in der dem Manual entnommenen Liste sehen können. Basierend auf dem Grundton C sehen wir die Akkord-Variationen, die im Gegensatz zur „Überlebensausstattung“ anderer mir bekannter Libraries keine Wünsche offen lassen.

Die Chord Map im Manual.
Die Chord Map im Manual.

Abschließen möchte ich den Praxisteil dieses Testberichts mit einer dreckigen, kleinen musikalischen Collage, in der ich RealRick im Harmony Mode zur Abwechslung mal durch Logics Amp Designer geschickt habe.

Audio Samples
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Dirty Rick – Logic Amp
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Fazit

Ich muss gestehen, dass mir MusicLab RealRick trotz des offensichtlich guten Sounds auf den ersten Blick nicht besonders zugesagt hat. Anfangs erschien mir die Rickenbacker-Emulation etwas zu kompliziert in der Bedienung und der Zugewinn an Authentizität gegenüber der Arbeit mit herkömmlichen Libraries in Relation dazu nicht deutlich genug spürbar. Dann hat es plötzlich Klick gemacht! Wenn man sich mit dem „MusicLab-Way“ des Gitarrenspielens erst einmal eingegroovt hat und bereit ist, an der Performance zu feilen, „geht dann doch so einiges“, was man mit herkömmlichen Libraries nicht so hinbekommt. Musikproduktionen sind eigentlich immer ein ständiges Herumfeilen, warum sollte das bei virtuellen Gitarren-Parts anders sein? Es steht außer Frage, dass man für ein Gitarren- oder Rockalbum nach wie vor Gitarristen und Gitarren braucht, wer allerdings hin und wieder mal einen Gitarren-Part für Pop, Werbe- oder Filmmusik benötigt, der kann hier auf ein hervorragendes Produkt zurückgreifen, das trotz seines stilbildenden Grundsounds durch die Verwendung unterschiedlicher Amps und Effekte sehr wandelbar ist. Damit kann man die Rickenbacker Emulation nicht nur Retro-Freaks sondern jeglichen DAW-Musikern empfehlen, die authentisch spielbare E-Gitarren Sounds benötigen.

Pro:
  • tolle Soundqualität
  • authentischer, legendärer Sound
  • 6- und 12-saitige Gitarre
  • umfassende Artikulationskontrolle
  • schnelle Ladezeiten / RAM-schonend
Contra:
  • magere Velocity-Stufen der Hauptsamples
  • erfordert gründliche Einarbeitung
  • Pattern-Mode nicht besonders authentisch
Real_Rick_Joystick_B04
Für Guitar Heroes!
FEATURES
  • Virtual Guitar Instrument
  • DVD- und Download Version
  • 24Bit/96 kHz
  • 790 MB
  • 6 Presets
  • 6-string / 12-string Samples in mono und stereo
  • Chord- und Intervall Samples
  • Viele Artikulationen und authentische Spielgeräusche
  • umfangreiche Key Switches und Spielhilfen
  • Pattern Mode
  • inkl. IK Multimedia Amplitube 3 Custom Shop
  • Standalone und Plug-In Betrieb
  • Systemanforderungen PC: Windows XP SP3/Windows Vista SP2 32bit or 64bit, Windows 7 SP1 32bit or 64bit, Windows 8.1 32bit or 64bit, VST2 32bit or 64bit/VST3 32bit or 64bit/AAX 32bit or 64bit host, Mac: OS X 10.6/10.7/10.8/10.9/10.10, VST2 32bit/VST3 64bit/AU 32bit or 64bit/AAX 32bit or 64bit host, AAX support: Pro Tools 10.3.9 AAX32, Pro Tools 11 AAX64.
Preis:
  • EUR 169,- (UVP)
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Profilbild von Sir Typ

Sir Typ sagt:

#1 - 25.01.2015 um 20:42 Uhr

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Hallo,Anzumerken wäre noch das die Pattern Bibliothek durch eigene (dann gerne auch authentischere) Pattern ergänzt werden kann

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