Anzeige

Best Service Altus “The Voice of Renaissance” Test

Best Service Altus „The Voice of Renaissance“ im Test bei bonedo: Sample-Library-Mastermind Eduardo Tarilonte hat anscheinend Lunte gerochen und nicht vor, irgendwelche Nischen unbesetzt zu lassen. Ein Countertenor ist eine solche und komplettiert die bisherigen Best Service Vocal Libraries „Shevannai “ und „Cantus“. Bevor wir uns jedoch dem Produkt zuwenden, wäre noch zu klären, worum es sich bei einem Countertenor denn nun eigentlich handelt.

Altus_Bild00_Aufmacher


Obwohl Countertenöre ein lange Historie in choraler Musik besitzen, führen sie doch ein recht exotisches Dasein, weil sie selten als Solist in Erscheinung treten. Wenn dies dann aber doch einmal Fall ist, erregen sie zum Teil hohes Aufsehen, wie beispielsweise der rumänische Beitrag zum Eurovision Song Contest von 2013. Dank einer speziellen Gesangstechniken sind Countertenöre in der Lage, in einer für Männer ungewöhnlich hohen Stimmlage zu singen. Im Gegensatz zu Kastraten sollten bei Countertenören jedoch noch alle Körperteile genau dort sein, wo sie auch hingehören. Zugegebenermaßen erreichen sie zwar nicht den Tonumfang eines Kastraten, ersetzen diese bei der Aufführung entsprechend historischer Werke aber heutzutage trotzdem. Soviel zum Hintergrund.
Ich wäre schon etwas überrascht, wenn die musikalische und technische Umsetzung der Library nicht ähnlich gelungen ist, wie die bisheriger Tarilonte-Libraries. Momentan beschäftigt also mich primär die Frage, wie diese Stimme klingt und wessen DAW eine derartige Library bereichern könnte.

Details

Allgemeines

Die etwa 1,3 GB umfassende Sample Library Altus beinhaltet 3000 Mono Samples in einer Auflösung von 44,1 kHz und 24 Bit. Die Schnipsel sind auf 17 Patches im mitgelieferten NI Kontakt Player 5 verteilt. Das Produkt aus dem Hause Best Service steht als DVD-Box und alternativ auch als Download Version zur Verfügung. Die mir vorliegende DVD-Version beinhaltet eine gedruckte und ausführliche Bedienungsanleitung in englischer und deutscher Sprache – vorbildlich! Der spanische Sänger Jose Hernandez Pastor liefert das Stimm-Material für diese Library und ist kein unbeschriebenes Blatt auf seinem Gebiet, was für die hohe Authentizität von Altus spricht.

Der Verpackungsinhalt der "boxed" Version.
Der Verpackungsinhalt der “boxed” Version.

The Voice (1 Altus the Voice of Renaissance, 2 Altus Phrases)

Das Klangprogramm „1 Altus, the Voice of Renaissance “ ist das eigentliche Herzstück der Library. Hier stehen per Key Switch die Vokale a, e, i, o, u sowie eine Auswahl sakralen Wortschatzes zur Verfügung, die wahlweise polyphon oder im Solo Mode (True Legato, Portamento, Auto Vowel) musikalisch spielbar sind. Des Weiteren steht der sogenannte „Wordbuilder“ für eigene Wortschöpfungen und Abfolgen aus bis zu 136 Elementen bereit. Näheres hierzu folgt im Praxisteil dieses Testberichts.

Altus: "The Voice of Renaissance"
Altus: “The Voice of Renaissance”

Soundscapes

Die 17 Soundprogramme dieser Kategorie fügen sich nahtlos in die Ästhetik bisheriger Libraries von Eduardo Tarilonte. Hier werden verschiedene, tendenziell atmosphärische Sounds unter häufiger Mitverwendung der Altus-Stimme gelayert. Im Vergleich zu früheren Libraries wirkt diese Kategorie allerdings etwas spartanischer und geizt mit musikalisch spielbaren Klangprogrammen. Wie gewohnt sind die vier Sounds eines Layers getrennt in der Lautstärke regelbar, zudem lassen sich alle anderen Parameter der GUI per rechtem Mausklick einer MIDI-Controllernummer zuweisen.

Soundscape "Cold Morning"
Soundscape “Cold Morning”

Native Instruments Kontakt Player 5

Es scheint sich zu verfestigen, dass Best Service dem hauseigenen Sample Player Engine 2 mehr und mehr den Rücken zukehrt. Nach Shevannai und Cantus ist Altus nun die dritte Best Service – Tarilonte-Kollaboration in Folge, welche mit dem multitimbralen Kontakt Player 5 von Native Instrumentsausgeliefert wird. Gut so! Befeuert vom Branchenprimus aus Berlin laufen die neuen Tarilonte-Produkte nämlich auch gefühlsmäßig etwas stabiler und ressourcenschonender als unter Engine 2. 

Anzeige

Praxis

Altus, the Voice of Renaissance

Dieses erste Klangprogramm der Kategorie Voice bildet quasi den Kern der Library. Hören wir uns ein erstes Audiobeispiel an, in welchem eine Melodie in allen fünf Vokalen im Solo Mode „gesungen“ wird. Der Tonumfang dieses Klangprogramms umfasst die Noten H2 bis C4 und wird in dem Audiobeispiel annähernd komplett ausgeschöpft (höchste Note: H3).

Audio Samples
0:00
Audiobeispiel 01 – “Vokale”

Was fällt auf? Zunächst einmal die einzigartige Ästhetik des Gesangs sowie die überwiegend natürliche Anmutung. Bei der Gesangsmelodie handelt es sich um eine simple MIDI-Region, bei welcher lediglich die „Parameter“ Velocity und Legato-Spielweise genutzt werden, also ohne irgendwelchen Feinschliff oder Automation.

Die MIDI-Daten von "Audiobeispiel 01 - Vokale"
Die MIDI-Daten von “Audiobeispiel 01 – Vokale”

Je nach Intervall und Vokal, welcher sich im Übrigen per Key Switch auch innerhalb einer gespielten Note umschalten ließe, fallen ab und an Lautstärkeschwankungen und an wenigen Stellen leicht unnatürliche Notenübergänge auf. Solche Artefakte ließen sich durch eine Nachbearbeitung des ohnehin prominent gemischeten Gesangs auf puristischem Backing abmildern, sofern sie sich in einem komplexeren musikalischen Kontext nicht sowieso versenden. Entgegen der vibratolosen Stimmaufnahmen der Vorgänger-Library Shevannai, haben die Altus-Aufnahmen ein gesungenes Vibrato am Ende des Samples. Im Grunde wirkt dieses etwas authentischer als das vermutlich LFO-generierte der singenden Elfe. Allerdings hat man keine praktikable Echzeitbeeinflussung, wodurch der Einsatz des Vibratos an einigen Stellen willkürlich und nicht absolut authentisch wirkt. Hierbei handelt es sich definitiv um Kritik auf hohem Niveau, aber eine Wahl- oder Überblendmöglichkeit in Bezug auf Vibrato-Samples würde die Authenzität nochmals erhöhen. Welche Kontrollmöglichkeiten Altus dem Anwender bietet, sehen wir in den folgenden beiden Abbildungen:

In den beiden oberen Abbildung sehen wir zunächst eine in bester Tarilonte-Manier liebevoll-kitschig gestaltete Bedienoberfläche. Innerhalb der GUI verstecken sich rudimentäre, aber ausreichende Bearbeitungsmöglichkeiten wie etwa eine simple Lautstärkenhüllkurve und die Regelung des Hall-Anteils. Im unteren Teil der Abbildung sehen wir die von mir farbig markierten Keyzonen, welche die folgende Funktionen steuern:

  • Rot umrandet: Key Switch (5 Vokale a,e,i,o,u)
  • Grün umrandet: Key Switch (26 Words von „Agnus“ bis „Tari“)
  • Gelber Pfeil (G2): Key Switch (Hold / Sustain)
  • Lila Pfeil (G#2): Key Switch (Repeat / siehe Abschnitt „Wordbuilder“)
  • Blau umrandet: Spielbarer Notenbereich
  • Orange umrandet: Atemgeräusche
  • Gelb umrandet: „Release“-Samples / Konsonanten

In der Setup-Darstellung, oben, hingegen sehen wir in erster Linie diverse selbsterklärende Feineinstellungsmöglichkeiten, in denen man laut Bedienungsanleitung nicht allzu sehr herumpfuschen sollte. Sinnvoll ist aber auf jeden Fall die Anpassung der mittig plazierten Schwellwerte des Velocity-Switch für „Legato/Portamento“ und „Slow/Fast“ an die eigene Spielweise und Tastatur. Letzterer Parameter spielt wahlweise ein langsames oder schnelles Wort- oder Wortelement ab.
Im folgenden Audiobeispiel hören wir die drei Worte „Agnus“, „Gloria“ und „Crastina“ in jeweils unterschiedlichen Spielweisen.

Und die MIDI-Daten von "Audiobeispiel 02 Agnus"
Und die MIDI-Daten von “Audiobeispiel 02 Agnus”
Audio Samples
0:00
Audiobeispiel 02 – “Words”

Anhand der oberen Abbildung sehen wir die Spielweisen des Wortes „Agnus“ aus Audiobeispiel 02:

  • Rot umrandet: Hohe Velocity = „Fast“
  • Gelb umrandet: Niedrige Velocity = „Slow“
  • Blau umrandet: Legato bei aktivem Solo- und Auto Vowel-Modus
  • Blauer Kreis: fehlender Release-Konsonant „S“ (wg. Auto Vowel)
Diese Abbildung zeigt die Spielweisen des Wortes "Gloria"
Diese Abbildung zeigt die Spielweisen des Wortes “Gloria”
  • Rot umrandet: Hohe Velocity = „Fast“
  • Grün umrandet: Niedrige Velocity = „Slow“
  • Blau umrandet: Legato bei hoher Velocity = True Legato
  • Orange umrandet: Legato bei niedriger Velocity = Portamento

Das Beispiel „Gloria“ offenbart einige der teilweise auftretenden unnatürliche Artefakte und Lautstärkensprünge, welche je nach Wortelement und Intervall unterschiedlich stark ausgeprägt sein können.

Und die MIDI-Daten von "Audiobeispiel 02 Crastina"
Und die MIDI-Daten von “Audiobeispiel 02 Crastina”

Wordbuilder

Dieses Feature ermöglicht das Abspielen aufeinanderfolgender Silben, Wortteile oder ganzer Worte bei erneuter Tastenbetätigung. Die folgende Abbildung zeigt die Anwahl derartiger Elemente in einen freien Wordbuilder Slot.

Wordbuilder Content
Wordbuilder Content

Jedem einzelnen Slot/Element können verschiedene Abspiel-Parameter zugewiesen werden, wodurch das Einspielen oder Kreieren von komplexen sakralen Wortfolgen möglich ist. Die bereits erwähnte Repeat-Taste (G#2) ermöglicht die Wiederholung des zuletzt gespielten Elements. Anhand der folgenden Abbildung ist zu sehen, dass für jedes vorhandene Wort sämtliche „Silben-Konstellationen“ pro Slot selektierbar sind.

Content Confundentur
Content Confundentur

Zur simplen Veranschaulichung der Vorgehensweise mit dem Wordbuilder dient folgende Abbildung in Verbindung mit dem folgenden Audiobeispiel.

Die MIDI-Informationen von Audiobeispiel 03 Confundentur
Die MIDI-Informationen von Audiobeispiel 03 Confundentur
Audio Samples
0:00
Audiobeispiel 03 – “Wordbuilder”

Altus Phrases

Dieses Klangprogramm dient dem Abspielen bereits fertiger Phrasen. Die Samples wurden, wie auch bei den anderen Klangprogrammen, trocken aufgenommen, um gegebenenfalls einen alternativen oder externen Halleffekt sinnvoll und im gewünschten Verhältnis einsetzen zu können. In folgenden Audiobeispiel hören wir einige Phrasen inklusive dem voreingestellten Hall des Klangprogramms.

Audio Samples
0:00
Audiobeispiel 04 – “Phrases”

Die gesungenen Phrasen wirken auf mich authentisch und von guter Klangqualität. Lediglich einige Zischlaute, die aufgrund der Nahmikrofonierung eine höhere Präsenz haben als es bei einer Aufnahme in beispielsweise einer Kirche der Fall wäre, wirken direkt vor dem internen Hall etwas störend und unnatürlich. Dies ist weniger eine Kritik als ein gutes Beispiel dafür, einen separaten Halleffekt hinter de-essenden Maßnahmen zu verwenden, wenn man Wert auf größtmögliche Authenzität legt. Im folgenden Audiobeispiel hören wir eine komplett trockene Phrase des Klangprogramms.

Altus Phrases
Altus Phrases
Audio Samples
0:00
Audiobeispiel 05 – “Phrases Dry”

Soundscapes

Diese Klangkategorie ist ein inzwischen typisches Merkmal der Libraries von Eduardo Tarilonte und bietet sich in erster Linie der atmosphärischen Untermalung von Filmen, Games und auch Musikproduktionen an. Die einzelnen Klangprogramme ähneln denen der Vorgängerprodukte sehr, wobei in dieser Library natürlich die stilbildende Stimme des Countertenors vielfach in die Klanglandschaften eingebaut wurde.

Soundscapes: "Bells of Notre Dam"
Soundscapes: “Bells of Notre Dam”
Audio Samples
0:00
Audiobeispiel 06 “Soundscapes”

Die meistens Soundscapes sind von gewohnt hoher Qualität und Ästhetik, wobei ich es etwas schade finde, dass sich kaum musikalisch spielbare Programme (Pads etc.) in dieser Kategorie befinden. Wenn man in einigen Programmen die dissonanten Elemente/Soundeffekte per Fader reduziert, kann man sich aber den ein oder anderen Flächensound basteln, wie in Audiobeispiel 01 geschehen.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass das Arbeiten mit Best Service Altus/Kontakt Player 5 auf meinem MacBook Pro (2.66 GHz Intel Core i7, OS X 10.8.5, 8 GB RAM) absolut problemlos läuft. Die Ladezeiten sind subjektiv kurz, es treten im Gegensatz zu Engine 2, dem bisherigen Player vieler Best Service Libraries, welcher teilweise ein Finetuning bezüglich der Speicher-bezogenen Voreinstellungen erforderte, keine Knackser auf.

Anzeige

Fazit

Best Service Altus ist eine gelungene Erweiterung der bisherigen Gesangs Libraries von Eduardo Tarilonte, wobei Altus und Cantus sich auch seitens der Stilistik perfekt ergänzen. Trotz des Raritäten-Status des Countertenors sind die Einsatzmöglichkeiten vielfältig. Von Media-Anwendungen bis hin zur Verwendung in diversen Richtungen der Popmusik ist der Einsatz von Altus gut vorstellbar. Wie ich erwartet habe, ist die musikalisch-authentische Spielbarkeit auch dieses Tarilonte-Produkts bemerkenswert, nicht in allen Situationen perfekt, aber viele Dinge, für die man vorher einen Sänger benötigt hatte, sind machbar. Das heißt, sie sind nicht nur abrufbar (Phrasen) sondern auch kreierbar! Gegenüber bisherigen Libraries aus gleichem Hause, wie Shevannai, macht Altus allerdings quantitativ kleinere Abstriche. Dort gab es etwa innerhalb der Soundscapes den ein oder anderen fantastischen Bonus-Sound zu entdecken, den wir bei Altus vergeblich suchen. Insgesamt betrachtet ist Altus aber dennoch eine absolut empfehlenswerte Library für Sounddesigner, Filmusiker und all jene Musiker, die sich von der besonderen Stilistik eines Countertenors inspiriert fühlen!

PRO:
  • eigenständiger Gesangssound
  • insgesamt hohe Soundqualität
  • True Legato
  • gute Artikulationskontrolle per Velocity und Legato
  • Wordbuilder
  • ästhetische Soundscapes
  • multtimbraler Player
CONTRA:
  • keine direkte Kontrollmöglichkeit des Vibratos wie bei „Shevannai“
  • leicht reduzierter Content gegenüber Vorgängerprodukten
  • teilweise etwas holprige Tonübergänge in Legato-Spielweise (hauptsächlich bei Portamento)
Altus_Bild00_Aufmacher
FEATURES:
  • Sample Library mit Player
  • DVD- und Download Version
  • 3000 Samples (Mono, 44kHz, 24bit)
  • 1,3 GB
  • True Legato
  • Wordbuilder
  • 130 Phrasen
  • 15 Soundscapes
  • umfangreiche Key Switches und True Legato
  • Kostenloser multitimbraler Sample Player Kontakt Player 5 (erfordert 1GB Festplattenspeicher)
  • Mac OS 10.7, 10.8 Intel Core Duo, 2GB RAM (4GB empfohlen)
  • Windows 7/8 (aktuelles Service Pack, 32 & 64bit)
  • Intel Core Duo oder AMD Athlon 64
  • 2GB RAM
  • Interfaces: Stand-alone, VST, AU, ASIO, Core Audio, WASAPI, RTAS (Pro Tools 9 + 10)
  • , AAX Native (Pro Tools 10), 64-bit AAX-Plug-ins (Pro Tools 11)
Preis:
  • EUR 149,- (UVP)
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.