Anzeige

Ludwig Accent CS Power Kit LC 125 Test

Die Frage nach dem geilen Geiz stellt sich mir immer, wenn ein Testinstrument mit extrem günstigem Kaufpreis bei mir eintrifft. Am Anfang der Geizwelle haben sicher viele gedacht – zugegeben, auch ich – dass endlich irgendwelche riesigen Gewinnspannen schrumpfen und Produkte nur noch so viel kosten würden, wie sie wirklich wert sind. Oder so ähnlich. Aber wie unzähligen bonedo-Tests belegen, werden auch in unserer Musikwelt inzwischen jede Menge Instumente und Geräte zu Billigpreisen angeboten, die jeder Logik entbehren. Weil die sozialen Strukturen und die Verhältnisse in Billiglohnländern als Thema für ein Testbericht-Intro etwas zu ausladend wären, konzentriere ich mich lieber auf das, was mich als Schlagzeugkäufer am meisten interessiert, nämlich die Qualität des Instrumentes.
Dass die gemeinsam mit dem Preis sinkt, kann man zwar häufig beobachten, aber  nicht selten erlebt man auch positive Überraschungen, was die Frage nach der Logik erst recht nicht beantwortet. Eine andere Frage ist das Markenimage. Wie wirkt sich eigentlich ein Billigprodukt auf das Image eines Qualitätsherstellers aus? Manche Fabrikanten bringen ihre Sparlinien unter einem anderen Namen auf den Markt, um eine klare Abgrenzung zu den Hochwertprodukten zu erreichen. Traditionshersteller Ludwig macht das nicht. Entweder ist sein Mythos so stark, dass ein solches Billigprodukt ihn nicht ankratzt, oder hinter dem vermeintlichen Budget-Angebot versteckt sich eine handfeste Überraschung. Wir werden sehen.

Anzeige

DETAILS

Wie üblich gibt es am Anfang dieser Rubrik einen kurzen Überblick über die Serie, zu der unser Testkandidat gehört. Diese Accent Linie bildet, je nachdem, aus welcher Richtung man sich ihr nähert, den Anfang oder das Schlusslicht des Ludwig-Sortiments. Sie richtet sich an Einsteiger, und um Schlagzeugneulingen den Instrumentenkauf zu erleichtern, sind alle Sets der Serie “All in One”-Pakete. Das bedeutet, dass von den Trommeln über die Hardware inklusive Hocker, Hi Hat- und Fußmaschine bis hin zu  Becken und Trommelstöcken alles im Lieferumfang enthalten ist. So kann man nach der Montage sofort lostrommeln.
Erhältlich sind drei dieser Komplettpakete, unter anderem auch mein heutiger Testkandidat, ein Power Kit mit 22“x16“ Bassdrum, 12“x9“ und 13“x10“ Toms, 16“x16“ Floortom und 14“x 6,5“ Snaredrum. Außerdem erhältlich ist ein Jazz Set, das bei manchen Händlern auch als Studio Kit geführt wird. Es kommt mit 20“x16“ Bassdrum, 10“x 8“ und 12“x9“ Toms, 14“x14“ Floortom sowie 14“x5“ Snaredrum. Und für die Kleinen unter den Einsteigern das Junior Set, das sich an vier- bis achtjährige Nachwuchstrommler wendet und mit 16“x10“ Bassdrum, 8“x5“ und 10“x5“ Toms, 13“x10“ Floortom und 13“x4“ Snaredrum ausgestattet ist. Die Kessel aller Trommeln bestehen nach Angaben von Ludwig aus sechs Lagen Hartholz. Um welches Holz es sich dabei genau handelt, wird nicht verraten. Die Trommeln sind in Folienausführung wahlweise in den Farben Weinrot, Schwarz, Dunkelblau und Weiß erhältlich. Letztere wird zusammen mit schwarzer Hardware angeboten, ist aber leider nicht für das Junior Set zu haben. Der eben schon beschriebene Hardwaresatz umfasst übrigens einen Snareständer, einen geraden Beckenständer und einen Galgenbeckenständer, eine Hi-Hat-Maschine, eine Fußmaschine und einen Hocker.

Zwei Befestigungsarme auf der Bassdrum halten die Toms und ein Beckensatz mit 14“ Hi Hat, 16“ Crash und einem 20“ Ridebecken vervollständigen die Hardware.

Auf den Toms sind sowohl schlag- als auch resoseitig klare Folien in mittlerer Stärke aufgezogen. Auf der Snare kommt auf der Schlagseite ein weißes Fell, ebenfalls in mittlerer Stärke, und auf der Resoseite ein klares Snare-Resofell zum Einsatz. Auf der Bassdrum befinden sich ein klares Schlagfell in mittlerer Stärke und ein schwarzes Resonanzfell mit großem Ludwig Logo.

Anzeige

PRAXIS

Wie so häufig bei günstigeren Sets sind die Informationen von offizieller Seite recht rar – ein Grund mehr, etwas genauer hinzuschauen. Als erstes fällt mir das gut leserliche „Made in China“ auf den einfachen Produktaufklebern auf – aus der Herkunft wird also kein Rätselraten gemacht.

ludwig_accent_power_kit_badge

Auch die Fellauflagen selbst sind generell gut verarbeitet und wie üblich um 45° in Richtung des Kesselinneren abgewinkelt. Der Grat ist sauber gefräst und liegt mit minimalem Gegenschnitt auf der äußeren Kessellage. Was ich allerdings feststellen kann, sind kleinere Dellen in den Fellauflagen, die eventuell bei der Montage oder Verpackung der Trommeln entstanden sind.
Außerdem gibt es Kerben durch brüchiges Holz an den Fräskanten. So etwas lässt sich bei der Fertigung von Trommelkesseln vielleicht nicht verhindern, aber Kessel für teurere Serien würden es mit solchen Mängeln nicht durch die Qualitätskontrolle schaffen. Allerdings glaube ich wirklich nicht, dass man einem Set auf dem Qualitätsniveau meines Kandidaten die kleinen Kerben ernsthaft anhört. Also, alles halb so schlimm. Das Kesselinnere ist unbehandelt und rau, was sich  nach meinem Geschmack immer ganz angenehm auf den Sound auswirkt.
Die schwarze Folie, die die Kessel meines Testsets ziert, ist anständig verklebt, wenn auch nicht ganz vollflächig. Hier und da lässt sie sich zwar noch etwas bewegen, größere Blasen oder offene Nahtstellen kann ich jedoch keine finden. Trotzdem wird der Klangsachverständige das sicher als Minus werten, da nicht fest verklebte Folie die Kesselschwingung behindert. Apropos Schwingung: Die Kesselhardware ist mit Kunststoffunterlegscheiben vor direktem Kesselkontakt geschützt. Diese Maßnahme ist inzwischen Standard, wobei mir der Zweck – besonders bei einem Set dieser Qualitätsstufe – nicht ganz klar ist. Ich frage mich, ob es vielleicht sinnvoller gewesen wäre, auf die Kunststoffunterleger zu verzichten und das gesparte Geld in ein dickeres Bassdrumfell oder bessere Becken zu investieren. Aber dazu später mehr, denn jetzt wartet das Set auf den Zusammenbau. Dabei fällt auf, dass die Kesselhardware zwar nicht unbedingt den Design-Award gewinnen würde, aber insgesamt einen robusten Eindruck macht.

ludwig_accent_power_kit_tomleg

Auch die Gewinde sind sauber gefräst, sodass sich alle Schrauben sauber drehen lassen. Oft hat man bei billigen Anbauteilen kratzige Gewinde und Schrauben, bei denen man Angst hat, dass sie nach zehn Umdrehungen den Geist aufgeben. Beim Power Kit ist das Gegenteil der Fall. Das Gleiche gilt auch für den Hardwaresatz. Die Beckenständer sind sogar mit doppelstrebigen Füßen ausgestattet. Die Teleskoprohre sind zwar recht dünn, aber nicht unstabil, und die Manschetten, welche die Teleskopstangen miteinander verbinden, machen einen richtig guten Eindruck.

ludwig_accent_power_kit_hardware_2

Diese Ständer haben durch ihre dünnen Rohre einen richtigen Vintage Look, was mir ganz gut gefällt. Auch sehr erfreulich präsentieren sich HiHat- und Fußmaschine. Beide sind verständlicherweise einfach gebaut, glänzen aber mit tadellosen Laufeigenschaften, genau so, wie es sein soll.

Die Böckchen sind übrigens optisch an die klassische Ludwig-Hardware angelehnt, sodass das Set auch einen Hauch Ludwig Mythos mitbekommt.

ludwig_accent_power_kit_lug

So, alles ist montiert, die Mikros sind in Position und dem Soundcheck steht nichts mehr im Wege.
Und so sieht es aus, wenn alles zusammengebaut und an seinem Platz ist.

ludwig_accent_power_kit_studio

Die Wahl des Holzes, die ja beim Power Kit sicher aus Kostengründen getroffen wurde, macht in diesem Fall auch klanglich Sinn. Meist wird für Budgetsets Linde oder Pappel benutzt, was zu einem sehr krachigen und etwas undisziplinierten Sound führt. Welches Holz genau für unser Set zum Einsatz kam, lässt sich, wie gesagt, nicht nachvollziehen, aber sein Soundcharakter steht den Toms recht gut. Besonders im Zusammenspiel mit den klaren und recht dünnen Fellen des Power Kits ergibt sich ein sehr rockiger Klang mit ordentlich Kontur. Dynamisch haben die Toms nicht besonders viel zu bieten und leisere, jazzige Töne zählen für meinen Geschmack ebenfalls nicht unbedingt zu den Stärken der Trommeln.

Audio Samples
0:00
Toms im Beat Toms Lick Toms tief Beat

Auch für die Bassdrum gilt das eben Gesagte. Hier ist allerdings das Fell so dünn gewählt, dass der Tiefbass etwas auf der Strecke bleibt. Dafür hat sie ordentlich Kick und Punch in der Mitte, wenn auch der Stimmumfang recht klein bleibt. Eine Eigenschaft, die übrigens auch für die Toms gilt. Weiter schlimm ist das Ganze nicht, denn der Klangcharakter der Trommeln verlangt nach einer tiefen Stimmung, und die funktioniert beim Power Kit gut. Die Snare präsentiert sich weniger ansprechend, sie klingt zwar auch schön schmutzig, aber dabei etwas verwaschen und unkonkret. Nach meiner Meinung sollte eine Snare mehr Durchsetzungskraft und Direktheit mitbringen. Die Teppichansprache ist auch nicht die Beste, was sich sicher durch Tausch des Snareteppichs verbessern ließe. Auch ist die Snareabhebung etwas schwergängig und nicht besonders einfach zu bedienen.

ludwig_accent_power_kit_abhebung

Oft haben Trommeln starke und schwache Stimmungsbereiche. Die Snare des Power Kit zeigt allerdings in allen Stimmungslagen die gleichen Klangeigenschaften. Überrascht haben mich die Felle des Power Kit. Ich habe vermutet, dass diese den Test nicht heil überstehen, da ich das bei mehreren Fellen mit dem Qualitätssiegel „Made in China“ schon erlebt habe. In dieser Disziplin können die Felle des Power Kit aber überraschend gut mithalten, obwohl ich sie nicht zimperlich behandelt habe.

ludwig_accent_power_kit_fell

Entäuschend dagegen sind die Becken. Erstens klingen sie schlecht und lassen sich ebenso spielen, und zweitens sind sie schon nach 20 Minuten Testaufnahmen dellig und verformt. Das ist dem ohnehin schon schlechten Klang sicher nicht zuträglich. Bei ähnlicher Bearbeitung gebe ich dem Blech noch zwei weitere Spielstunden Lebenszeit bis zum ersten Riss.

ludwig_accent_power_kit_hihat
Audio Samples
0:00
Beat mit Becken Tiefe Stimmung mit Becken

Die Powermaße der Trommeln sind ein Schritt zurück in die 80er Jahre, als die Schlagzeuge noch aussahen wie Festungen und die Trommeln so tief waren, dass sie fast waagerecht hängen mussten, um noch erreichbar zu sein. Ich finde die Maße etwas gewöhnungsbedürftig und unergonomisch und vielleicht geht es dem einen oder anderen Einsteiger auch so.

ludwig_accent_power_kit_set_von_oben_2
Anzeige

FAZIT

Das Ludwig Accent Power Kit ist ein typisches Fernost-Einsteigerschlagzeug und in Machart, Klang und Ausstattung in den meisten Punkten austauschbar mit vielen anderen Budgetset gleicher Herkunft. Allerdings sprechen für das Set die gute Hardware, recht gut gebaute Kessel und die relativ robusten Felle, dagegen die nahezu unbrauchbar schlechten Becken. Da diese vermutlich nicht einmal die erste Spielwoche überleben, sollte man die Anschaffung neuer Becken fairerweise auf den Kaufpreis des Sets aufschlagen, was dem Preis-Leistungsverhältnis natürlich nicht zugute kommt. Mein heutiges Power Kit ist qualitativ natürlich nicht vergleichbar mit dem Accent „Fab Four“, dass ich vor einiger Zeit hier testen durfte, sondern liegt ein deutliches Stück darunter. Die Abmessungen der Toms finde ich selbst für den erwachsenen Anfänger unergonomisch und daher nicht passend für ein Einsteigerset. Eine Alternative für alle, die es ein wenig handlicher brauchen, ist das Accent Studio Set, aber vielleicht muss es zum Anfang auch nicht unbedingt ein Ludwig sein.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • gute Kessel
  • stabile Hardware
  • gute HiHat- und Fußmaschine
  • haltbare Felle
  • rockiger Sound
Contra
  • Snaredrum unkonkret
  • Becken unbrauchbar
Artikelbild
Ludwig Accent CS Power Kit LC 125 Test
Für 485,00€ bei
ludwig_accent_power_kit_set_von_oben_2
Preis: 585,00 Euro UVP
    Hot or Not
    ?
    ludwig_accent_power_kit_set_von_oben_2 Bild

    Wie heiß findest Du dieses Produkt?

    Kommentieren
    Schreibe den ersten Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
    Bonedo YouTube
    • Zultan Alaris Cymbals – Full Sound Demo & Honest Review
    • Alesis Nitro Ultimate + Nitro Amp Pro Review – Big Sound, Small Price?
    • Gretsch Full Range Hybrid Snare Drum Review – Affordable Snares with a Premium Look!