Mit dem Nyx V2 erneuert die Athener Synthesizerschmiede Dreadbox ihren gerade einmal zwei Jahre alten semimodularen Drone Synthesizer Nyx. Wie man es bereits von Dreadbox her kennt, ist auch der Nyx V2 eigenwillig im Design, außergewöhnlich in den Features, und klanglich eher auf der düsteren Seite zu Hause. Der Nyx V2 bietet im Vergleich zum Vorgänger Nyx mehr als doppelt so viele Patchpoints, zusätzliche Regler für den Hall, und ist jetzt genauso groß wie der Dreadbox Erebus.
… und von schräg rechts betrachtet.
Schauen wir uns an, was sich noch alles getan hat.
Details
Erscheinung
Der Dreadbox Nyx V2 ist die neue Version des bekannten Nyx. Mit 35 x 18 x 5,5 cm Größe, ist er also ein bisschen breiter und etwas weniger lang als ein DIN A 4 Blatt und ungefähr so hoch wie eine Streichholzschachtel. Ganz in schwarz-weißer Beschriftung gehalten besitzt die neue Version jetzt Seitenteile aus hellem Holz, Drehregler im schwarz-silbernen Moog-Look, recht kleine Schieberegler und fast noch kleinere Kippschalter.
Von all diesen Elementen bietet er eine größere Anzahl und auf der rechten Seite gibt es dann noch das große Patchfeld mit 30 Patchpoints. Das ist eine ganze Menge, und wirkt in der neuen Version deutlich übersichtlicher als der Nyx in Vorgängerversion.
In der Hauptsektion hat sich außer der neuen Anordnung an vielen Stellen nicht viel getan: Es gibt zwei Oszillatoren, einen Mixer, einen Dual Filter, einen LFO, eine ausgefuchste Routing Sektion, drei Envelopes und einen Filter. Auf den ersten Blick könnte man denken, aha, ein griechischer Behringer Neutron oder Moog Mother 32.
Aber weit gefehlt. Wer einen eher herkömmlichen subtraktiven Synth von Dreadbox sucht, sollte sich an den Erebus halten. Beim Nyx liegen die Dinge anders: Hier geht es um Drones, Bässe und Sci-Fi Klänge. Einen ersten Hinweis darauf geben die beiden Oszillatoren, die nur je zwei Wellenformen beherrschen: Sägezahn und Rechteck bei Oszillator 1, Sägezahn und Dreieck bei Oszillator 2.
Ihre großen Regler regeln die Frequenz gerade einmal über eine einzige Oktave hinweg. Dafür gibt es je einen Kippschalter, mit denen die Oszillatoren auch eine Oktave höher oder tiefer gestimmt werden können. Dazu kommen pro Oszillator ein Glide Regler für das Portamento und einen Sync-Schalter gibt es auch.
Die Aufsicht des Dreadbox Nyx V2 zeigt deutlich alle Sektionen, die Bedienelemente und das Patchfeld.
Die drei Envelopes bieten statt ADSR die Parameter Rise, Fall, Hold und Level und können auf Autorepeat bei den Modulatoren und in einen Drone-Modus beim Verstärker gestellt werden. Der Dualfilter ist nicht nur Dual, sondern in Kombination auch ein Multimode-Filter. Und, der Reverb ist nicht nur der Ein-Knopf-Reverb, wie bei manchem Kollegen, sondern bietet gleich sechs Parameter zum Anfassen und Regeln.
Dazu gibt es einen einzelnen LFO, ein ausgefuchstes Modulationsrouting, das aus drei Drehreglern besteht und viele, viele Patchpoints, bei denen auch ein Rauschgenerator und ein S&H versteckt sind. Da einiges gleichgeblieben ist, wird an dieser Stelle auch gleich auf den Test der ersten Version verwiesen.
Anschlüsse
Ein kurzer Blick auf die Rückseite offenbart Dip Switches für Einstellungen, wie den MIDI Kanal, MIDI In und Thru, ein Mono Out, ein Headphone Out, einen On/Off Schalter und die Stromversorgung mittels externem Netzteil.
3/3 … der Netzteilanschluss, der Ein-/Aus-Schalter, der Mono-Output, ein Kopfhöreranschluss und ein MIDI IN/THRU-Duo.
Das Gerät ist mit seinen knapp zweieinhalb Kilo für seine Größe gar nicht so leicht und fühlt sich trotz der nicht am Panel verschraubten Regler wertig an. Schauen wir uns im Praxisteil an, was der semimodulare Nyx V2 klanglich von sich gibt.
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Praxis
Blick auf Patchfeld und ‘Nyx’-Logo.
Inbetriebnahme
Bevor es losgeht, muss erst einmal ein MIDI-Keyboard an den Nyx angeschlossen werden. Es existiert zwar ein CV-Eingang, aber nur über MIDI kann das Gerät seine Stimmung kontrollieren. Außerdem ist es auch nur so möglich, paraphon zu spielen und schließlich empfiehlt es auch die Anleitung dringend. Also los geht’s.
Oder auch nicht, … denn zunächst mal muss man sich doch einigermaßen in das Gerät hineindenken, und das sogar ohne überhaupt auf die modularen Eigenschaften einzugehen. Ganz von alleine erschließt sich hier nicht so viel, z. B., wenn es beim Routing der Oszillatoren die Möglichkeiten „Nor“ und „Half“ gibt.
1/2 Die Oszillatoren des Dreadbox Nyx V2 Synthesizers …
2/2 … nebst Routing-Sektion.
Das könnte vieles bedeuten. Dabei ist der Nyx im Kern ein ganz normaler subtraktiver Synthesizer und zeigt somit sehr schön auf, dass subtraktiv auch anders kann. An dieser Stelle also überhaupt keine Kritik, der Nyx ist, wie man es von Dreadbox schon gewohnt ist, ein außergewöhnlicher Synthesizer.
Einer, der vielleicht nicht gleich passt, der vielleicht auch nicht zu jedem Anlass passt, der aber an anderer Stelle vielleicht alle Blicke auf sich zieht und somit im besten Sinne Boutique ist – sofern man unter Boutique nicht gerade den digitalen Nachbau analoger Klassiker im Miniaturformat versteht …
Nach einem Blick in die gerade einmal 13 Seiten lange Bedienungsanleitung ist aber alles klar. Die Anleitung ist gut geschrieben, einfach und praktisch gehalten, nur als Download und auf Englisch erhältlich, und erklärt alles zur Genüge. Apropos nur Download: Patchkabel liegen keine bei, die sollte man gleich mitbestellen.
Klang
Was dann folgt, ist erst einmal langes Ausprobieren und Anhören. Wo liegen die Besonderheiten? Besonders ist eigentlich alles, denn am Nyx V2 ist fast nichts so, wie bei anderen Synthesizern. Fangen wir mit dem Hall und seinen sechs(!) Fadern an. Obwohl der Reverb des ersten Nyx sehr gelobt worden ist, hat sich Dreadbox diesmal für einen anderen Algorithmus entschieden.
Reverb
Der neue Reverb, welcher nicht mehr auf dem Crazy Tube Circuits Splash MkIII basiert, hat viel Charakter und ist sehr eigenständig. Der neue Algorithmus bedient sich zwar des gleichen Chips, aber ich bin mir nicht ganz sicher, ob er genauso viele Freunde finden wird wie die erste Version.
Zum einen hat er nämlich ein ziemlich starkes Eigenrauschen, zum anderen färbt sich die Hallfahne doch auch recht schnell selbst in Rauschen ein. Für das Regeln braucht man dann auch recht spitze Finger, damit der Hall nicht unvermittelt einsetzt und bei höheren Pegeln kann es auch recht schnell zur Selbstoszillation und Verzerrung kommen.
Die Reverb-Sektion des Dreadbox Nyx V2 bietet insgesamt sechs Fader zur Hallaufbereitung.
Bemerkenswert sind aber dessen Modulationsmöglichkeiten, bei denen ein Zufallsgenerator Bewegung in den Hall bringt. Mit den drei Parametern Level (Stärke), Rate (Geschwindigkeit) und Wave (Glättung), kann man die Modulation ganz nach Wunsch anpassen und auch über das Patchfeld auf andere Parameter routen. Und so taucht plötzlich ein waschechtes S/H-Modul als Möglichkeit auf.
Filter
Das Filter ist nicht nur ein Filter, sondern zwei, die in ihrer Frequenz versetzt werden können. Das erinnert ein bisschen an den DSI Evolver, aber während es dort um eine leichte Verschiebung im Stereofeld ging, kann die Frequenz des zweiten Filters des Nyx komplett über den ganzen Hör-Raum verschoben werden. Und weil die beiden Filter resonieren, kann man das auch sehr schön hörbar machen.
Tonal spielen lassen sie sich auch, sofern man auf dem Steckfeld den CV-Ausgang mit dem VC-Eingang verbindet. Damit sind allerdings nicht die Audioeingänge der Filter, sondern sein Cutoff gemeint. Hmm, aber was passiert, wenn ich den CV Ausgang doch in den Audioeingang stecke? Hach, die Freuden der modularen Synthese …
Die beiden Filter, des Nyx V2, die sich tonal spielen lassen, sofern man auf dem Steckfeld den CV-Ausgang mit dem VC-Eingang verbindet.
An dieser Stelle, wie auch beim Hall, fällt auf, dass der Nyx V2 nur Mono ausgelegt ist. Große, weite Räume tun sich so nicht auf und vielleicht hängt manch einer dann doch noch einen Eventide Reverb hinten dran. Gerade bei modulierten Drones und Sci-Fi macht das dann doch oft mehr Spaß, als der recht kurz gehaltene Mono-Hall.
Modulatoren
Die beiden Modulatoren laden natürlich dazu ein, im LFO-Modus über das Patchfeld auf verschiedenste Parameter geroutet zu werden. Stellt man hier verschiedene Tempi ein, hat man sofort die schönste Polyrhythmik. Das Filter kann allerdings auch von beiden Modulatoren gleichzeitig moduliert werden, und dann fängt die Elektronik an zu ‚quietschen‘.
Auch hier wünscht man sich vielleicht eher einen epischen Hall als charaktervolle Variante, der sich vielleicht schon im persönlichen Besitz befindet …
1/2 Mit zwei Modulatoren bietet der Dreadbox Nyx V2 enorme Möglichkeiten im Bereich des Sound-Designs.
2/2 Routingbereich und LFO des Dreadbox Nyx V2 Synthesizers.
Obwohl die 6,3 mm Buchse auf der Rückwand des ursprünglichen Nyx weggefallen ist, kann man natürlich auch in den Nyx V2 externe Signale einspeisen. Diesmal nicht nur direkt in den Hall, sondern schon etwas weiter vorne im Signalweg, ins Filter, und das Eurorack-kompatibel via Miniklinke.
Minimale Regelwege
Leider braucht man auch bei den Regelwegen der Modulatoren viel Gefühl in den Fingerspitzen, was nicht am Format der Regler liegt, sondern an der Umsetzung. Hier ein Beispiel: Wenn man beim Amp Envelope einen einfachen Decay-Envelope einstellt, braucht der Klang bei Markierung ‚7‘ vier Sekunden um zu Verklingen, bei Markierung ‚8‘ aber schon 13 Sekunden. Das ist ein Unterschied von neun Sekunden auf gerade einmal vier Millimeter Regelweg.
Die Amp-Sektion des Dreadbox Nyx V2 und ein Ausschnitt des umfangreichen Patchfelds.
Zwischen Markierung ‚8‘ und ‚9‘ sind es dann allerdings nur noch vier Sekunden, die geregelt werden, da hätte man mehr erwartet. So ganz stimmig ist das nicht und da merkt man, dass es ein ziemlicher Spagat ist zwischen einem Bass-Synthesizer mit super-snappy Envelopes und einem Dronesynth, der eigentlich minutenlange Modulationszeiten bräuchte.
Patchfeld
Das Patchfeld bietet acht Outputs, von denen einige die einkommenden MIDI-Befehle in CV übersetzen, außerdem die Modulatoren 1 und 2 sowie den LFO, und wie oben erwähnt, auch die S/H-Schaltung des Reverb-Modulators.
Darauf folgt ein kleiner Mixer mit vier Eingängen und Abschwächer und danach noch ein Schmankerl, nämlich einen Rauschgenerator. Routen kann man die auf die üblichen Verdächtigen, als da wären: Die Tonhöhen von Oszillator 1, Oszillator 2 und beiden zusammen, die Lautstärken von Oszillator 1, Oszillator 2 und beiden zusammen sowie PWM bei Oszillator 1 und das Gate.
Beim Filter findet man separate Audioeingänge für Filter 1 und 2 und kann außerdem die Cutoff-Frequenz von Filter 1, Filter 2 und beiden zusammen sowie den gemeinsamen Resonanzregler beeinflussen. Und schließlich lassen sich auch die Fall-Zeiten der beiden Modulatoren über das Patchfeld modulieren, um z. B. die starre Periodizität des LFOs ein bisschen aufzuweichen.
Das Patchfeld des dreadbox Nyx V2 ist umfangreich ausgestattet.
Denn darum geht es beim Nyx V2, dem Aufweichen starrer Konzepte. Das sieht man an allen Ecken und Enden. So bieten die beiden Oszillatoren jeder einen Glide-Regler, damit sie unterschiedlich schnell ihre Endnoten erreichen. Man sieht es an den beiden Filtern, die von zwei Modulatoren gleichzeitig moduliert werden können, was sie natürlich unterschiedlich schnell driften lässt. Man sieht es an der Modulation des Reverbs, die sehr außergewöhnlich ist, und man sieht es auch bei den Patchpoints, bei denen es sowohl einen Random-, als auch einen Rauschgenerator gibt, die beide Unregelmäßigkeiten erzeugen können.
Bei einem normalen subtraktiven Synth würde man zu all dem ein abfälliges „das eiert!“ bemerken und nicht verbauen. Bei einem Synthesizer allerdings, der auf Drones spezialisiert ist, sind kleine unregelmäßige Bewegungen aber gerade das Salz in der Suppe und davon gibt es hier genügend.
Paraphonie
Zum Schluss gilt es noch die Paraphonie zu besprechen, die mittels Dipswitch auf der Rückseite ein- und ausgestellt werden kann. Da der Nyx V2 ja nicht nur ein Filter hat, kann man sogar zwei Stimmen mit zwei verschiedenen Filtern spielen, was ziemlich einzigartig ist. Und da man dann auch wieder beide Filter eigenständig modulieren kann, ist hier ganz schön was los. Ein tolles Alleinstellungsmerkmal des Nyx V2 und Hut ab vor dem Erfinder.
Audiobeispiele zu Dreadbox Nyx V2
Audio
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Nyx V2: Filter zweifach moduliertNyx V2: SyncNyx V2: BassNyx V2: Snappy Delayed BassNyx V2: Delayeffekt nur mit ModulatorenNyx V2: Reverb mit ModulationNyx V2: Reverb ohne ModulationNyx V2: PercussiveNyx V2: Paraphonie
Video: Dreadbox Nyx V2 Sound Demo (no talking)
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Der Dreadbox Nyx V2 ist ein einzigartiges Instrument, und hebt sich, wie schon die Vorgängerversion, von den vielen anderen aktuellen analogen Synthesizern mit subtraktiver Tonerzeugung, durch seine andere Zielrichtung und einen eigenständigen Klang ab.
Die zweite Auflage des Nyx gestaltet sich größer und übersichtlicher, und bietet durch ein sehr erweitertes Patchfeld vielseitigere Möglichkeiten. Auch die Hüllkurven sind schneller geworden und können jetzt richtig zappen.
Der neue Hall-Algorithmus findet dagegen vielleicht nicht ganz so viel Begeisterung und die Bedienung der Slider ist nicht immer das Gelbe vom Ei. Ein paar Kleinigkeiten sollten vielleicht noch ausgebügelt werden, aber unter dem Strich ist der Nyx V2 eine Kaufempfehlung für jeden, der mal über den Tellerrand herausschauen will. Und für Liebhaber der Drones und Effekte von BBC Radiophonic Workshop ohnehin.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Synthesizer speziell für Drones und Bass
Eigenständiges Konzept
Erstaunliche Komplexität auf geringem Platz
Komplexität nach kurzer Einarbeitungszeit fassbar
Viele Patchpoints mit zusätzlichem weißen Rauschen
Preis
Contra
Spitze Finger beim Einstellen der Fader nötig
Leichtes Grundrauschen der Geräts, starkes Grundrauschen des Reverbs
Der Dreadbox Nyx V2 ist ein einzigartiges Instrument, das sich von vielen anderen analogen und subtraktiven Synths durch seine besondere Zielrichtung und einen eigenständigen Klang abhebt.
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