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Sound optimieren beim Mischen und Broadcasting von Live Streaming Gigs

Tontechniker sind von Natur aus gut im Improvisieren. Auf jeder Live-Baustelle passieren unvorhersehbare Dinge, die eine schnelle Reaktion und Anpassungsfähigkeit des Technikpersonals verlangen. Dass man als Live-Tontechniker dank einer weltweiten Pandemie aktuell professionelle Mixe für Streaming-Portale und sogar für UKW-Autoradios abliefern soll, dürfte auch für erfahrene FOH-Techniker eine Herausforderung sein. Vor allem, wenn man bis dato ausschließlich Live-Gigs gemixt hat.

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Wenn Ton, Licht, Band und Bild in einem Raum sind, kann es auch schon mal eng werden
Inhalte
  1. Mix ist nicht gleich Mix
  2. Qualitätskontrolle und Monitoring
  3. Streaming Job, Software und Time Alignment
  4. Gain-Struktur und virtueller Soundcheck
  5. Weiterführende Links


Streaming und Autokonzerte erfordern in einigen Punkten eine andere Herangehensweise an das Mixgeschehen. Mit den folgenden Tipps sollte sich die neue Mix-Aufgabe erfolgreich absolvieren lassen.

Mix ist nicht gleich Mix

Was soll denn an einem Streaming-Mix anders sein als an einem normalen FoH-Mix über eine PA? Berechtigte Frage, denn beides ist doch nur ein gezieltes Sortieren von Schallereignissen. Richtig, aber die Unterschiede liegen wie so oft im Detail.
Wer Autokonzerte oder Streaming-Gigs als Tontechniker bedient, der muss im Grunde zwei unterschiedliche Mixe simultan abliefern. Einen herkömmlichen Monitormix für die Musiker auf Wedges oder In-Ears und einen (das ist ein wichtiger Unterschied) Studiomix, für die Streaming-Software beziehungsweise den UKW-Sender bei Autokonzerten.
Hier sind die Tonkollegen im Vorteil, die es gewohnt sind, sowohl live als auch im Studio zuarbeiten. Die erste Herausforderung betrifft das Zeitmanagement. Den Monitormix für die Band hat man in der Regel zügig am Start. Aber wie sieht das mit dem Streaming-Mix aus? Wie bei allen Corona-bedingten Projekten sind zwei Dinge oftmals Mangelware: Zeit und Geld.
Bei den meisten Streaming-Jobs gibt es keinen zweiten Tontechniker, der den Monitormix übernimmt. Ebenfalls oftmals Fehlanzeige ergibt auch die Suche nach einem abgetrennten Regieraum, in den man den Streaming-Mix abgeschirmt vom Backline-Lärm der Band in kontrollierter Umgebung vornehmen kann. Zusammen mit der Band in einem Raum? Wie soll man unter diesen Umständen den Stream hinsichtlich seiner Klangqualität beurteilen?

Fotostrecke: 4 Bilder Nicht immer gibt es einen separaten (Regie-) Raum für das Mischpult

Qualitätskontrolle und Monitoring

Steht man mit dem Mischpult im selben Raum wie die Band oder gar auf der Bühne beim Autokonzert, dann ist es schwierig, die Qualität des gesendeten Mix zu evaluieren. Ich habe folgenden Vorschlag: Nehmt zwei unterschiedliche Kopfhörer (einer davon sollte geschlossen sein) und klassische Studiomonitore mit auf die Baustelle und zeichnet den gesamten Soundcheck als Multitrack-Session auf einem Laptop auf. Versucht den Aufbau und den Monitorsoundcheck zügig durchzuziehen und mit Hilfe des geschlossenen Kopfhörers einen groben Mix für den Stream zurechtzuschieben.
Kommuniziert der Band, dass ihr zwischen Soundcheck und Stream mindestens noch eine halbe Stunde Zeit benötigt. Die Musiker nutzten in der Regel diese Zeit, um sich umzuziehen und vielleicht noch etwas zu trinken. Ihr nutzt dagegen die Zeit, um die Multitrack-Session in euer Mischpult zu spielen und mittels virtuellen Soundchecks (zum Workshop) den Streaming-Mix zu optimieren. Das geht erstaunlich gut, denn im Gegensatz zu einem klassischen Rock ’n’ Roll Gig, gibt es hier in der Regel keine laute PA, deren Übersprechen den Mix erschwert.
Was ihr auf euren Studiomonitoren hört, ist daher sehr nah an dem, was ihr später in den Äther schickt. Daher nutzt die Zeit für den Feinschliff. Die groben Sachen zuerst: Sind alle Gesänge klar zu verstehen? Stimmt die Balance der einzelnen Instrumente? Passt das Panning zu der Position der Musiker im gesendeten Bild? Wenn ja, dann ist eine große Hürde schon einmal genommen. Konkrete Mixtricks folgen in einem zweiten Workshop. Erst mal hören, was es im Radio gibt.

Fotostrecke: 2 Bilder Autokonzerte sind auch für Tontechniker eine Herausforderung

Streaming Job, Software und Time Alignment

Bei einem Streaming-Job liefert man in der Regel einen Stereomix bei den Videoleuten / der Bildregie ab oder an den Techniker, der den Computer mit der Streaming-Software (z. B. OBS oder Wirecast) bedient. In der Streaming-Software kann man den anliegenden Audiopegel ablesen und bei Bedarf entsprechend korrigieren. Wenn die Video-Jungs auf Zack sind, dann verzögern sie zudem das Audiosignal, sodass es synchron zum Video läuft. In der Streaming-Software OBS kann man den Ton problemlos verzögern, bis Bild und Ton synchron sind.
Falls das aus irgendwelchen Gründen nicht funktionieren sollte, solltet ihr ein Line-Delay (zum Time Alignment Delay Workshop) in den Streaming-Ausgängen aktivieren und den Ausgang so lange verzögern, bis der Ton synchron zum Bild ist. Das hat allerdings den Nachteil, dass ihr beim Abhören des Ausgangs das Delay auch auf eurem Cue-Bus bzw. Solo-Bus (Abhörausgang) habt. Daher sollte man nur im Notfall diese Zeitmaschine aktivieren.
Bei Autokonzerten gibt es in der Regel eine professionelle Bildregie, wo die Kollegen vom Bild sich um dieses Thema kümmern. Dafür halten die Autobühnen-Jobs andere Problemzonen für Tontechniker bereit. Nicht selten läuft es so, dass ihr der Regie einen Stereomix abliefert, der dann über einen stationären UKW-Sender in die Autoradios gesendet wird.
Was Schalllaufzeiten betrifft, muss man lernen „loszulassen“. Moderne Autos haben oftmals einen DSP verbaut, der zur Klangoptimierung dient. Leider erzeugen diese DSPs nicht selten massive Latenzen! Bei meinem ersten Autokonzert habe ich mir den Sound in diversen Autos angehört. Nicht nur dass es überall anders klingt. Auch in puncto Latenz tönt der Sendeton zum Teil erst nach erstaunlich langer Verzögerung aus den Autoboxen. Fakt ist: Dieser Teil des Jobs ist nichts für Perfektionisten und Stoppuhr-Liebhaber. 

Fotostrecke: 2 Bilder Als Mischpult setzt der Autor ein Waves LV-1 System ein. Der Laptop dient zum Aufnehmen und für den virtuellen Soundcheck. Als Abhörmonitore kommen iLouds von IK Multimedia zum Einsatz.

Gain-Struktur und virtueller Soundcheck

Also tief durchatmen und den folgenden Tipp bei Autokonzerten beherzigen: Besorgt euch ein Radio, über das ihr euren Mix abhören könnt! Das Radio hilft zudem ungemein, eine passende Gain-Struktur (zum Workshop) zu finden. Wie bei einem Streaming-Gig nehme ich auch bei Autokonzerten den Soundcheck auf und nutze einen virtuellen Soundcheck für den Feinschliff des Mix. Ich suche mir dabei eine laute Stelle in einem Song aus und schicke diese über meinen Summenausgang in den UKW-Sender.
Dabei erhöhe ich die Ausgangslautstärke, bis der UKW-Sender die weiße Fahne schwenkt. UKW-Sender reagieren auf zu hohe Pegel zum Teil sehr unterschiedlich. Manche limitieren fast unhörbar, andere verzerren dagegen erstaunlich schnell. Ihr müsst genau hinhören und einen Ausgangspegel finden, bei dem der Sender ein lautes, aber möglichst artefaktfreies Signal von sich gibt. Letzte Stufe der Qualitätskontrolle ist das Hin- und Herschalten zwischen einer regulären Sendestation (in meiner Region zum Bespiel WDR2) und unserer Sendefrequenz.
Im Idealfall ist unser Mix ähnlich laut wie der eines Profisenders. In der Praxis ist unser Mix fast immer leiser als eine reguläre Radiostation. Das liegt unter anderem daran, dass die abspielte Musik beim WDR & Co. viel stärker komprimiert ist als unser Live-Mix. Sprich: Wir müssen unserem Mix unter anderem in puncto Kompression und Limiting nachhelfen, wenn dieser schlichtweg nicht laut genug ist. Im zweiten Teil des Workshops dreht sich daher alles um das Erstellen eines konkurrenzfähigen Mix und wie ihr euch den Job am Mischpult vereinfachen könnt. Stay tuned!  

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