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Gamechanger Audio Plus Pedal Test

Die lettische Pedalschmiede Gamechanger Audio aus Riga zeigte sich im Winter 2017 erstmals auf der NAMM und präsentierte dort mit dem Plus-Pedal ein unkonventionelles, universell einsetzbares Sustain-Effekt-Pedal. Durch Realtime- Sampling soll die Funktion des herkömmlichen Halte-Pedals eines Klavieres imitiert und erweitert werden.

Gamechanger Audio Plus Pedal Test. (Foto: Tom Gatza)
Gamechanger Audio Plus Pedal. Ein Sustain-Pedal der anderen Art. (Foto: Tom Gatza)
Endlich ein Alleinstellungsmerkmal weniger für die Pianos unserer Zeit: ‚Sustain-Pedale sollen für alle Instrumente da sein!‘ – das dachten sich zumindest vier junge Letten zu Beginn der Arbeit an ihrem Plus-Pedal. Schnell wurde aus diesem Ansatz der Gedanke ‚Unsere Sustain-Pedale sollen so viel mehr liefern als nur Sustain!‘ Der Enthusiasmus seitens der Hersteller ist groß, wie auch die Neugierde der Konsumenten angesichts des innovativen, ungewöhnlichen Pedals. Ist das Plus Pedal tatsächlich ein bemerkenswerter ‚Gamechanger‘ oder kommt es nur schwer über den Status als ‚Looper with benefits‘ hinaus? Wir haben das Pedal für euch im Keyboard-Kontext getestet. 

Details

Gehäuse / Optik

Das Aluminium-Gehäuse macht mit seinem schwarz glänzenden, edlen Boutique-Look zunächst einen robusten, puristischen Eindruck. Alle Bauteile fühlen sich überdurchschnittlich wertig an und vermitteln auf Anhieb ewige Treue und Haltbarkeit. Mit seinen 90 x 125 x 72mm erinnert das Pedal aufgrund seiner Ausmaße an ein Wah-Wah Gitarren-Pedal. Der golden glänzende Treter im Zentrum weist jedoch schnell in Richtung eines Sustain-Pedals, wie man es von E-Pianos gewohnt ist. Den herkömmlichen Sustain-Pedalen fehlen allerdings die Knöpfe und Potis, die auf der Frontplatte des Plus-Pedales verbaut sind. Was steckt dahinter? 
Die herausragende Verarbeitung des Pedals spürt man sofort. (Foto: Tom Gatza)
Die herausragende Verarbeitung des Pedals spürt man sofort. (Foto: Tom Gatza)

Funktionsweise und Bedienung

Schließt man ein beliebiges Instrument an das Pedal an, startet eine permanente Aufnahme des Eingangs-Signals. Sobald nun der Schweller getreten wird, greift das Plus-Pedal das zuletzt aufgenommene Signal auf und spielt es in einer kontinuierlichen Loop ab, dessen Parameter mithilfe der vier Potis genauer definiert werden können. 
So wird am Blend-Regler der Lautstärken-Mix aus Original- und Sustain-Signal reguliert, während sich via Tail die Nachklang-Länge des Sustain-Signals nach dem Loslassen des Pedales kontrollieren lässt. Wie lange der Sustain bei gehaltenem Pedal nachklingt, wird am Sustain-Regler festgelegt. Hier sind längenseitig von einem Klavier-Nachklang bis hin zu Endlos-Flächen keine Grenzen gesetzt. Über das nun definierte Sustain-Signal kann mit dem trockenen Sound der jeweiligen Klangquelle improvisiert und experimentiert werden, bis der Strom alle ist – was schwierig sein wird, denn eine Batterie-Versorgung wurde dem Plus-Pedal nicht spendiert. Ein wenig verwundert es mich auch, dass kein 9V-Netzteil im Lieferumfang enthalten ist. Das hätte bei dem stolzen Preis gerne dabei sein können. 
Der Sustain-Regler besitzt neben seiner angesprochenen Aufgabe noch eine Doppel-Funktion, wenn man ihn vom SINGLE- in den GROUP-Modus umschaltet. Nun lassen sich bis zu fünf Loop-Layer übereinander einspielen, was an das Grundprinzip eines herkömmlichen Loopers erinnert, der aber wiederum selten in der Anzahl seiner Layer limitiert ist. Bis auf den stufenlosen Blend-Regler, der lediglich bei seinem Mittelwert einen hilfreichen Rasterpunkt besitzt, sind alle Potis mit kleinen Raster-Widerständen ausgestattet, was enorm präzise Einstellungen ermöglicht. 

Anschlüsse

Da wir es mit einem handfesten Universal-Pedal und keinem der momentan gern hergestellten Miniatur-Geräte zu tun haben, wurden dem Plus-Pedal ausschließlich 6,3 mm-Klinkenanschlüsse verpasst. Danke. Neben einem Klinken-Input finde ich zunächst zwei Output-Anschlüsse: OUT ist als Main Output zu verstehen. Mithilfe eines Toggle-Switches kann zwischen Mix (gemischtes Signal aus Dry und Wet) und Split gewechselt werden. Im Split-Modus gibt der Main Out ausschließlich das Wet-Signal aus. Hier kommt dann der zweite Output CLEAN OUT ins Spiel, der das trockene, nicht effektierte Signal einzeln ausgibt und gleichzeitig als Input für den mitgelieferten Wet Only-Footswitch dient.
Mit dem Wet Switch wird aus dem Plus-Pedal per Knopfdruck nur noch das Effekt-Signal ausgegeben. (Foto: Tom Gatza)
Mit dem Wet Switch wird aus dem Plus-Pedal per Knopfdruck nur noch das Effekt-Signal ausgegeben. (Foto: Tom Gatza)

Diese Infos dürften vor allem Gitarristen interessieren, die mit einem Stereo-Amp Setup performen. Aber auch als Keyboarder kann man sich die verschiedenen Routing-Möglichkeiten zum Beispiel in einem FX-Loop zu Nutze machen. Einen solchen FX-Loop hat das Pedal dann schließlich auch noch verbaut. 

Die Anschluss-Sektion des Plus Pedals bietet verschiedene Routings und Einbindungsmöglichkeiten. (Foto: Tom Gatza)
Die Anschluss-Sektion des Plus Pedals bietet verschiedene Routings und Einbindungsmöglichkeiten. (Foto: Tom Gatza)

Das Wet-Signal kann hier von zusätzlichen Effekt-Pedalen beeinflusst werden, während das Dry-Signal davon unbeeindruckt bleibt – eine weitere Einladung zum Experimentieren. Die FX-Loop-Buchsen lassen sich nicht im Stereo-Modus betreiben, genauso sieht es auch bei den Ins/Outs des Plus-Pedals aus. Während Gitarristen einen solchen Umstand häufig gewohnt sind und er für sie völlig ausreicht, arbeiten gerade Keyboarder ja häufig mit Stereo-Signalen, der angepriesene universelle Einsatz-Bereich des Pedals wird also durch die Mono-Ausrichtung stark einschränkt.

Stereo-Eingänge suchen Keyboarder beim Plus Pedal vergebens. (Foto: Tom Gatza)
Stereo-Eingänge suchen Keyboarder beim Plus Pedal vergebens. (Foto: Tom Gatza)
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Praxis

In seiner grundsätzlichen Arbeitsweise wirkt das Plus Pedal wie eine Art weitergedachter, intuitiver Looper. Das Ziel des Gerätes ist jedoch ein anderes, als wir es von herkömmlichen Loopern kennen, mit denen durch endlose Layer ganze Song- und Beatstrukturen aufgebaut werden, über die man (als Solokünstler) performen kann. 
Das Plus Pedal hingegen glänzt eher als „verlängerter Arm“ oder „dritte Hand“ eines Instrumentalisten, der seine Klangpalette mit Soundscapes und Ambient-Klängen anreichern möchte. Für klassische Looper-Funktionen fehlen allerdings einige essentielle Features. Beispielsweise läuft die Aufnahme des Loop-Signals nicht wie sonst ab dem Moment des Knopfdrucks: Ein unkontrollierbar langes Signal wird bereits vor dem Treten des Pedals aufgenommen und dann im Loop abgespielt. 
Die Tatsache, dass sich nicht genau bestimmen lässt, welcher Signal-Abschnitt aufgegriffen wird, erschwert die Kontrolle über den erzeugten Sustain-Klang. Dadurch, dass das Plus-Pedal nur sehr kurze Loop-Schnipsel abspielt, können ungünstige Facetten des Original-Signals die Grundlage des Sustain-Klanges bilden, beispielsweise eine schnarrende Gitarren-Saite oder ein stark resonierender Synthesizer-Ton. Um dies zu demonstrieren, habe ich ein paar gleiche Klänge abgespielt, bei denen ich zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten das Sustain-Pedal getreten habe. 
Das Original-Signal blendet langsam in den Nachklang über, da ich einen recht hohen Wert für „Rise“ (Attack) gewählt habe. Durch diesen Übergang wird ebenfalls der deutliche Klang-Unterschied zwischen Original- und Sustain-Signal deutlich. Das Realtime-Sampling ermöglicht zwar eine große Intuitivität, bewirkt aber hörbare Einbuße in der Auflösung: das Sustain-Signal klingt tendenziell dumpf und mittig.
Audio Samples
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Synthesizer mit Sustain-Überblendung 1 Synthesizer mit Sustain-Überblendung 2 Gitarre mit Sustain-Überblendung 1 Gitarre mit Sustain-Überblendung 2
Nicht nur mit der Sample-Klangqualität tue ich mich etwas schwer, sondern auch bei dem Eingangs-Pegel, mit dem das Plus Pedal arbeiten soll. Vor allem bei Synthesizern bewirkt ein Pegel von über -20 dBfs am Input des Plus Pedals ein unangenehmes Zerren im Effekt-Signal. Auch bei der Gitarre muss aufgepasst werden, mit wie viel Output man den Effekt anfährt, ohne das Wet-Signal zu verzerren. 
Dieses Problem nagt an der intuitiven Bedienung und vertrauensvollen Live-Tauglichkeit des Pedals, weil man im Eifer des Gefechts live gerne auch mal die Kontrolle über seine Pegel verliert und das Plus Pedal hier nicht wirklich mitzuspielen scheint. Im folgenden Hörbeispiel hört ihr einen monofonen Analog-Synth erst in ¼ Output-Volume und dann in ¾. Die entstandene Verzerrung findet ausschließlich im Wet-Signal des Pedals statt.
Audio Samples
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Verzerrung im WET-Signal des Plus Pedals

Durch die Hörbeispiele wird ebenfalls deutlich, dass der Sustain-Klangcharakter keineswegs übergangslos und kontinuierlich ist. Man hört bei jeglichen Klangquellen die Anfänge der kurzen Loop-Schnipsel im Sustain, wodurch fast eine Art flatterndes Tremolo erzeugt wird. Diese Nuancen lassen sich mithilfe externer Effekte weichzeichnen, wenn sie stören. Durch ein Reverb-Pedal im FX-Loop kann ich beispielsweise schöne, verschwommene Ambient-Flächen entstehen lassen. Der GROUP-Modus hilft mir hierbei, indem er mich mehrere Layer übereinanderschichten lässt. Dadurch lässt sich eine Grundfläche erzeugen, die durch verschiedene Layer nach und nach dynamisch angereichert werden kann.
Durch das Realtime- Sampling-Konzept herrscht bei dem Plus Pedal im Vergleich zu herkömmlichen Loopern eine unerreichte Intuitivität. Schließlich kann durch volles Aufreißen von Sustain und Tail die entstandene Fläche auch in eine Endlos-Schleife verwandelt werden, die erst endet, wenn man herzhaft einmal wieder auf das Pedal tritt und dadurch alle laufenden Layer stoppt. Dieser angenehme Workflow ist von vorne bis hinten hörbar im folgenden Meisterwerk:

Audio Samples
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Volles öffnen von Sustain und Tail generiert eine Endlos-Schleife

Durch die verschiedenen Anschluss-Möglichkeiten können Dry- und Wet-Signal dann ja auch noch einzeln ausgegeben und durch eigene Effekt-Ketten gejagt werden. So kann über eine ruhige Ambience-Fläche dann auch ein verzerrter, modulierter Lead-Synth seinen Unfug treiben.

Audio Samples
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Separat ausgegebene Dry/Wet-Signale für Experimentierfreudige

Leider können die verschiedenen Layer nicht einzeln gelöscht oder rückgängig gemacht werden, wie man es von vielen anderen Loopern gewohnt ist. Das Konzept des Plus Pedals, keinen einfachen Loop, sondern eine Sustain-Fläche zu erzeugen, äußert sich vor allem bei rhythmischen Klang-Informationen. Das Gerät scheint bei Melodien oder bestimmten Rhythmen leicht überfordert, weil es ja meist nur einen winzigen Ausschnitt der Klanginformation weiterverarbeitet. So entstehen hektische und unplanbare Klangereignisse, die als große Inspiration für den nächsten Ambient-Soundtrack dienen können.

Audio Samples
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Synthesizer Sequenz mit Sustain Drum Sequenz mit Sustain
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Fazit

Die Idee, die sich hinter dem Plus-Pedal verbirgt, ist wirklich sehr innovativ und interessant. Durch das Realtime- Sampling entsteht ein unkonventioneller Workflow, welcher die Klangmöglichkeiten diverser Instrumente sehr intuitiv und flexibel erweiterbar macht. Diesem Anreiz zur Experimentier-Freude stehen einige einschränkende Tatsachen gegenüber, wie beispielsweise die limitierte Kontrolle über das Loop-Material oder eine minderwertige Klangqualität im Effekt-Signal. Bei dem angesagten Preis hätte man hier mit großzügigeren Features und mehr Liebe zum Detail noch einige Türen öffnen können. So macht sich das Plus-Pedal vor allem aufgrund seiner hervorragenden Verarbeitung und dem innovativen Grund-Konzept, gut auf den Pedalboards von Klang-Erfindern und Ambient-Künstlern aller Art. Ob Keyboard, Gitarre oder Flöte: Alles, was klingt, kann auch Sustain haben.

PRO
Herausragende Verarbeitung
Innovatives Konzept
Intuitive Bedienung durch Realtime-Sampling
Viele Möglichkeiten
CONTRA
Kein mitgeliefertes Netzteil
Keine Stereo-Eingänge
Länge und Lage des Loop-Abschnittes nicht hinreichend kontrollierbar
Eher auf Gitarristen, als auf Keyboarder zugeschnitten
Gamechanger Audio Plus Pedal. Ein Sustain-Pedal der anderen Art. (Foto: Tom Gatza)
Gamechanger Audio Plus Pedal. Ein Sustain-Pedal der anderen Art. (Foto: Tom Gatza)
FEATURES
Einstellbare Sustain-Parameter (Tail, Rise, Sustain)
Integrierter FX Loop
Realtime-Sampling 
GROUP-Modus für bis zu fünf simultane Loop-Layer
Zwei unabhängige, einstellbare Outputs
Mitgelieferter, externer Wet-Only Footswitch
PREIS
Gamechanger Audio Plus Pedal: ca. 329 € (Straßenpreis, Stand: 14.06.2018)
Weitere Infos zu diesem Thema gibt es auf der Webseite des Herstellers.
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Profilbild von dr w

dr w sagt:

#1 - 14.06.2018 um 14:50 Uhr

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lustig bei einem gitarrenpedal als negativpunkt hinzuschreiben dass es eher fuer gitarre als fuer keyboards gedacht ist.
:)
das teil macht aber auch fuer experimentelle / elekrtonik-musiker richtig sinn. mensch muss sich allerdings ueberlegen bzw ausprobieren und lernen was fuer signale sich besonders gut eignen.

    Profilbild von BonedoLeser

    BonedoLeser sagt:

    #1.1 - 15.06.2018 um 05:10 Uhr

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    Da muss ich "dr w" recht geben.Es spricht zwar nichts dagegen ein Gitarren-Pedal am Keyboard zu benutzen, aber ein Pedal, das als hauptsächlich für Gitarren gedacht ist und so beworben wird["The PLUS pedal was designed primarily with electric guitars in mind, but as long as you are willing to put your acoustic instrument through the PA – you can use it with any melodic instruments, including Brass, Woodwinds, marimbas, vibraphones etc., via a microphone connection." (Webseite des Herstellers)],zu testen als wäre es ein Pedal dass für Keyboards gebaut ist, ist verfehlt und sagt nichts über das Pedal aus.
    Dieser Test bringt mir so gar nichts.Es testet ja auch keiner einen Keyboard-Comboverstärker mit Gitarre und beschwert sich dann darüber, dass es keinen Distortion-Kanal gibt.

    +1
Profilbild von Martin Vogel

Martin Vogel sagt:

#2 - 11.07.2022 um 20:37 Uhr

0

guter Bericht, speziell der Hinweis auf mögliche Verzerrungen hat mir geholfen, da ich nun nicht mehr die Angst habe, ein "Montagsgerät" gekauft zu haben. Mit der Pegelproblematik kann ich durch die Verwendung der programmierbaren Gain-Funktion im GigRig gut umgehen. Übrigens habe ich das Gerät etwas erweitert, die Pedal-Funktion habe ich umkehrbar gemacht und ich kann mit dem (toll verabeiteten) Pedal andere Geräte steuern.

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