Zoom V6 Vocal Processor Test

Mit dem V6 präsentieren die Multi-Effekt-Experten von Zoom ihren ersten Bodentreter mit vielseitigen Funktionen in Sachen Vocal Processing. Im Vergleich zu Konkurrenten wie TC Helicon oder Boss besticht der kompakte Zoom V6 zunächst durch seine intuitive, sehr direkte Bedienoberfläche und ein neuartiges Expression-Pedal zur Formanten-Bearbeitung. Ob sich das im Workflow bewährt und ob die vielen Effekte auch klanglich überzeugen können, haben wir in unserem Test genauer untersucht.

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Details

Äußeres

Der V6 kommt mit seinen 181 x 320 x 77 mm (B x L x H) und lediglich 1,56 kg leichtgewichtig und sehr kompakt daher, ist aber keineswegs wackelig auf den Beinen. Im Gegenteil: Für ein Plastikgehäuse (nur die Bodenplatte ist aus Aluminium) sitzt hier alles erstaunlich fest und wirkt vertrauenserweckender als so manch anderes Effektgerät. Etwas mehr Grip und Widerstand hätte den Potis und Wahlschaltern gutgetan, sie sind teilweise relativ flach und rutschen schnell unter den Fingern weg. Die Fußschalter hingegen machen einen robusten Eindruck und gehorchen aufs Wort beziehungsweise auf den Tritt.

Das Plastikgehäuse des Zoom V6 wirkt erstaunlich robust.
Das Plastikgehäuse des Zoom V6 wirkt erstaunlich robust.

Aufbau und Bedienoberfläche

Der Zoom V6 ist in zwei Ebenen organisiert: Oberhalb des Bereiches für die Memory/Loop-Funktionen befinden sich die drei Effekt-Sektionen. In VOICE lässt sich zwischen zwölf Effekten auswählen, die von den Klassikern Octave Up/Down, Vocoder und Talkbox bis hin zu moderneren Effekten wie Whistle oder Robot reichen. Das Carrier-Signal des Vocoders ist voreingestellt und lässt sich leider nicht wie etwa beim BOSS VE-500 durch externe Quellen triggern. Allerdings gibt es in der VOICE-Sektion einen Adjust-Poti, der je nach Effekt in seiner Funktion variiert und beispielsweise EQ- oder Mix-Änderungen liefert.
Der Pitch Correction-Effekt lässt sich wahlweise chromatisch oder mittels Key-Schalter tonartbasiert anwenden. Hier sind alle Tonarten in chromatischer Anordnung anwählbar, auch wenn einige aus Platzgründen nicht eingezeichnet sind ­- was zunächst etwas verwirrend wirken mag. Jedoch ist diese direkte Auswahlmöglichkeit eine angenehme, intuitive Alternative zu den endlosen Submenüs verwandter Geräte, auf die beim Zoom V6 weitestgehend verzichtet wurde. Die meisten Einstellungen lassen sich direkt per dezidiertem Poti vornehmen, das Display dient eigentlich nur zur Verwaltung des Speichers und der Loop-Funktion.
Die unkomplizierte Einstellung der Tonart ist nützlich auch für die nächste Sektion HARMONY, wo dem Original-Signal via Mix-Regler bis zu zwei Harmonie-Stimmen beigemischt werden können, die je nach Tonart leicht variieren. Zur Auswahl stehen Higher (Sexte oder Quinte höher), High (kleine oder große Terz), Fixed (Grundton der eingestellten Tonart), Low (kleine oder große Terz tiefer), Lower (Quinte oder Sexte tiefer). Die Lautstärke der Stimmen lässt sich separat stufenweise einstellen, schließlich gibt es aber auch noch einen globalen Mix-Poti, der den Gesamtanteil der Harmonys regelt.
Last but not least wäre da noch die EFFECT-Sektion. Hier finden wir neben den altbekannten Weggefährten Hall, Room und Distortion auch speziellere Effekte wie etwa ein Telephone-Filter oder den sogenannten Beat Box Effekt, der wie eine Art Transient Shaper arbeitet und Beatbox-Sounds mehr Druck verleiht. Das Delay lässt sich in Time, Feedback und Mix bearbeiten, im Delay-Modus dient der Effect-Hauptschalter außerdem zur Tap Tempo-Eingabe. Eine dankbare Zusatz-funktion ist der Delay & Reverb Combo-Effekt, da die beiden ja gerade für Vocals oft und gern kombiniert werden. Tap Tempo ist hier dann allerdings nicht mehr möglich. Wie schon bei HARMONY gibt es auch in der FX-Sektion einen Chameleon-Poti namens Adjust, dessen Funktion je nach ausgewähltem Effekt variiert. Rechts neben den Sektionen posiert ein stolzes Fußpedal, welches mit Formant Character beschriftet ist.

Die drei Sektionen VOICE, HARMONY und EFFECT
Die drei Sektionen VOICE, HARMONY und EFFECT

Laut eigener Aussage ist Zoom der erste Hersteller, dem es gelungen ist, via Pedal die Formanten des Quellsignals zu verändern, ohne dass sich gleichzeitig der Pitch ändert. Wie dem auch sei … das Pedal ist jedenfalls ein willkommenes, intuitives und selten gesehenes Feature. Leider beschränkt es sich auf die Formant-Funktion und kann keine anderen Parameter kontrollieren. Dafür muss dann doch ein externes Expression Pedal herhalten, wofür aber ein entsprechender Anschluss reserviert wurde.
Abgesehen von den drei Sektionen gibt es noch einen globalen Regler für Kompression und einen Enhance-Button, der eine Kombination aus Brilliance-EQ und De-Essing auf die Stimme legt. Unter den Effekt-Sektionen befinden sich drei weitere Fußschalter, die sich um die Preset-Anwahl und den Looper kümmern. Es gibt ab Werk 40 interne Preset-Patches und zusätzlich 100 Speicherplätze für Eigenkreationen. Zur Übersicht dient ein kleines Display im oberen Bereich des Pedals. Die Funktionen des Loopers sind recht limitiert und müssen ohne Quantisierung auskommen, aber reichen dank intuitiver Bedienung und 3:30 Loop-Zeit völlig aus für grundlegendes Live-Looping.
Nicht nur das Formant Character Pedal stellt eine Besonderheit des V6 dar. Zoom ist meines Wissens der erste Vocal Processor Hersteller, der ein extra abgestimmtes Gesangsmikrofon beilegt. Das SGV-6 gibt es nicht separat zu kaufen und ist ein Hypernieren-Richtmikrofon, welches Umgebungsgeräusche abschattet und sich somit auf der Bühne super für Looping und Vocal-Effekte nutzen lässt. Endlich Schluss mit Publikumsgeräuschen auf euren Live-Loops!

Fotostrecke: 2 Bilder Das innovative Formant Character Pedal …

Anschlüsse

Ein Blick auf die Gerätrückseite verwundert mich zunächst: Es gibt in Sachen Outputtatsächlich nur eine XLR-Buchse. Ade, Stereo-Effekte. Gerade für Reverb und Choruswäre die Stereo-Option wünschenswert gewesen. Absurder wird es, als mir über dieKopfhörerbuchse dann doch ein Stereo-Signal ausgegeben wird. Die Effekte sind alsoteilweise stereo, aber es gibt keinen wirklich live- bzw. studiofähigen Zugriff darauf. DieStromversorgung ist über drei Wege möglich: Das mitgelieferte Netzteil, USB sowieBatterie, was mit bis zu 3,5 Stunden Betriebszeit auch für Straßenmusiker/inneninteressant ist. Der USB-Eingang lässt das Pedal dann noch zum 32 Bit/44.1 kHz Audio-Interface werden, wodurch sich Performances direkt aufnehmen lassen. Beim XLR-Mikrofoneingang ist eine 48 Volt Phantomspeisung zuschaltbar, die für dasmitgelieferte Mikrofon auch nötig ist.

Die Rückseite mit Anschlüssen für Audio, USB und Controller (Foto: Tom Gatza)
Die Rückseite mit Anschlüssen für Audio, USB und Controller (Foto: Tom Gatza)
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Profilbild von Catharina Boutari

Catharina Boutari sagt:

#1 - 16.12.2021 um 11:46 Uhr

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Wie hat denn der Hersteller auf die Kritik an der Harmonizerfunktion reagiert?

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