Anno 1983 gründete der Schwede Hans Nordelius die Firma Clavia und brachte mit dem “ddrum” einen Drumcomputer bzw. E-Drums auf den noch jungen Weg der elektronischen Musik. Seit 1995 mischte die Firma dann mit dem Nord Lead 1 den Keyboardmarkt kräftig auf, dessen Vorname weniger mit der geografischen Lage Schwedens zu tun hat, als vielmehr eine Kurzform des Nachnamens seines Erfinders ist. Schnell erlangte das Instrument Kultstatus. Heute gehört seine weiter entwickelte Version Nord Lead 2x wie selbstverständlich in das Regal eines jeden gut sortierten Musikalienladens. Im Laufe der Zeit gesellten sich noch eine Menge Ableger des Nord Lead dazu. Mit dem Nord Elektro erweiterte Clavia seine Produktpalette schließlich auch um eine Hammond bzw. Piano und E-Piano Emulation.
Das absolute Flaggschiff der Nordmänner, das Nord Stage, lädt seit 2006 zum professionellen Spiel ein. Die Roots der erfreulichen Entwicklung der Company sind aber auch im Nord Stage, sozusagen als “roter Faden”, immer noch in Form einer Synthesizer-Sektion gegenwärtig. Das Feld der Stagepianos ist, besonders durch die Produkte aus Fernost, ein hart umkämpfter Markt geworden, in dem man sich nur durch Qualität behaupten kann. Es gilt sich gegen Produkte wie das Kawai MP-8, Yamahas CP-300 oder Rolands RD-700 durchzusetzen, deren Klangeigenschaften bekannterweise ja auch nicht von schlechten Eltern sind. Schauen und Hören wir im Folgenden, was das Nord Stage, im Test übrigens in der 88er-Tastenversion, zu bieten hat.
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KONZEPT Das Nord Stage 88 gehört zur Familie der Stagepianos und sucht seine Besitzer hauptsächlich im professionellen Kundenbereich. Der talentierte Familiennachwuchs oder Hobby-Pianist findet sein Homepiano meist eher bei der Konkurrenz in Form eines Clavinovas oder Ähnlichem. Das Nord Stage 88 hingegen fühlt sich auf den Bühnen der Welt zu Hause und punktet immer dann, wenn es um professionelle Piano-, Hammond- und Synthie-Sounds geht. Sollte der Keyboarder sein Nord Stage noch selber transportieren und aufstellen müssen, so ist das Einstandsgewicht von 18,5 kg ohne Case noch als recht bandscheibenfreundlich zu bezeichnen – nicht zuletzt, wenn man die satten 32 kg eines Kawai MP-8 dagegensetzt, von den berühmten Originalen B3 oder Fender Rhodes mal ganz zu schweigen! Der Einstiegspreis von knappen 3000 Euro begrenzt die Käuferschicht abermals auf eine kleinere Gruppe von Tastenexperten, die mit ihrer Kunst in den meisten Fällen ihre Brötchen verdienen müssen.
Wir wollen nun herausfinden, ob der Gegenwert des in der Oberklasse angesiedelten Instrumentes hält, was das aufreizende Rot des Gehäuses verspricht.
ERSTER EINDRUCK Optisch kommt das Nord Stage 88 nicht gerade bescheiden daher. Das bewirkt nicht nur die typische rote Farbe, sondern auch die unzähligen Regler und Taster, die zum überwiegenden Teil auch noch mit roten und grünen LEDs garniert sind. Die Bedienelemente des Stagepianos erscheinen auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig und wirr, ist man doch als Keyboarder oftmals die Arbeit mit Menus, Unter- und Zwischen-Menus gewohnt. Die Oberflächen der genannten Konkurrenz sieht zugegebenermaßen aufgeräumter aus, da sich die Zahl der Taster und Regler hier im Normalfall auf das Nötigste beschränkt. Das entspricht aber schlicht nicht der Firmenphilosophie von Clavia. Alle Veränderungen am Sound sind direkt über die verschiedenen Regler und Taster zu erreichen – vorausgesetzt, man hat die Gerätefunktionen durchschaut, bereitet das direkte Eingreifen in die Sounds großen Spaß. Die gummierten Regler ohne Rasterung fühlen sich edel an und Drehungen verlangen ein solides Zupacken. Dagegen leisten die Taster nur wenig Widerstand. Sie sind keine Designobjekte, sondern scheinen eher aus dem Standardelektronikhandel entnommen.
Highlight in Sachen Design und Haptik sind meiner Meinung nach das Modulation-Wheel und der so genannte Pitchstick. Letzterer ist aus Holz und hat eine ergonomische Rundung für Zeige – oder Mittelfinger. Ist man die Plastik-Spielhilfen aus Fernost gewöhnt, verlangt der Umgang mit dem Pitchstick ein wenig Routine. Sein Federmechanismus fordert “Nachdruck” und weist gewisse Parallelen zum Saiten-Bending beim Gitarrenspiel auf. Hat man sich einmal damit angefreundet, ist es eine wahre Wonne, mit Daumen und Zeigefinger ein Synthie-Solo zu perfektionieren, und man möchte dieses Feature in Zukunft nicht mehr missen. Bei der Pitchrange gibt es jedoch einen Wehrmutstropfen, da diese beim Stage 88 nicht frei wählbar ist. Man muss sich leider mit zwei Halbtönen (“up and down”) begnügen. Dies ist mir, gerade wenn es um Soli im Rockstil der 80er geht, einfach zu dürftig.
Das Display ist klein. Sehr, sehr klein. So klein, dass es diesen Namen nach dem aktuellen Stand der Technik eigentlich auch nicht mehr verdient hat. Es ist vielmehr ein illuminiertes Namensschild für Sound und Banknummer sowie die nötigsten Einstellungen im System oder MIDI-Menu. Und mal ehrlich, mehr brauchen wir in diesem Falle auch nicht, da wir beim Stage 88 ja sämtliche Sound- und Effekteinstellungen sogleich optisch erfassen und verändern können.
Das Nord Stage 88 macht insgesamt einen sehr gut verarbeiteten und stabilen Eindruck. Die Flanken sind aus rot lasiertem und lackiertem Holz gefertigt und unterstreichen den edlen Look des Instrumentes. Sie erinnern mich ein wenig an einen schön lackierten Gitarren-Body, und es wäre nicht auszudenken, wenn Kratzer oder Transportschäden diesen Look beschädigen würden. Der Korpus des Nord Stage 88 ist aus Leichtmetall und entsprechend solide und verwindungssteif. Die Verarbeitungsqualität ist dem Preis entsprechend hochwertig – das ist jedoch nicht immer selbstverständlich. Schön, wenn man nach so vielen Jahren der Produktion immer noch den Eindruck von solider Handwerkskunst bemerkt. Das Gerät hatte nach Ende einer Rocktour, bei der ich mitgewirkt habe und deren Erfahrungen natürlich mit in diesen Test einfließen werden, jedenfalls nicht eine Schraube locker.
Das Nord Stage 88 macht insgesamt einen sehr gut verarbeiteten und stabilen Eindruck. Die Flanken sind aus rot lasiertem und lackiertem Holz gefertigt und unterstreichen den edlen Look des Instrumentes. Sie erinnern mich ein wenig an einen schön lackierten Gitarren-Body, und es wäre nicht auszudenken, wenn Kratzer oder Transportschäden diesen Look beschädigen würden. Der Korpus des Nord Stage 88 ist aus Leichtmetall und entsprechend solide und verwindungssteif. Die Verarbeitungsqualität ist dem Preis entsprechend hochwertig – das ist jedoch nicht immer selbstverständlich. Schön, wenn man nach so vielen Jahren der Produktion immer noch den Eindruck von solider Handwerkskunst bemerkt. Das Gerät hatte nach Ende einer Rocktour, bei der ich mitgewirkt habe und deren Erfahrungen natürlich mit in diesen Test einfließen werden, jedenfalls nicht eine Schraube locker.
TASTATUR Wer unter den Lesern zu den eingeweihten Pianisten gehört, dessen musikalische Wege auf einem akustischen Klavier oder gar eines Flügels des Elternhauses begannen, der weiß, dass die Tastatur zu den leidigen Themen eines Stagepianos gehört. Bei einem Autotest ist das mit der Bewertung des Lenkverhaltens vergleichbar. Spüre ich den Kontakt zur Straße? Spricht die Lenkung direkt auf meine Befehle an? Was auf dem Markt so alles an so genannten gewichteten Tastaturen mit Hammermechaniken angeboten wird, hat mit dem Original oft leider nur wenig zu tun. Gut, das ist nicht zuletzt auch ein Kostenfaktor. Im Falle des Nord Stage ist die Tastatur für den verwöhnten Pianisten viel zu leichtgängig. Man sollte allerdings nicht außer Acht lassen, dass das Instrument auch Hammond- und Synthie-Sounds an Bord hat und diese ein anderes Spielverhalten und somit auch eine andere Tastaturmechanik bzw. Beschaffenheit verlangen als Piano-Sounds. So sollte ein Organist, der zusätzlich Piano-Sounds nutzen möchte, besser zum Nord Stage Compact greifen, das mit einer Hammond-typischen Waterfall-Tastatur ausgestattet ist. Auch der Synthie-Virtuose findet andere Spielzeuge in den Clavia-Regalen, z.B. den Nord Lead , der mit einer entsprechenden Keyboardtastatur aufwarten kann.
Die Tastatur des Nord Stage 88 stellt für mich einen guten Kompromiss aus den unterschiedlichen Keyboard-Spezies dar. Slides für ein Hammond typisches Spiel sind genau so möglich, wie ein flockiges Synthiesolo. Ein anderes Thema ist die Haltbarkeit der Tastatur, die sich meist erst nach einigen Jahren der Beanspruchung beurteilen lässt. Ich wurde in dieser Hinsicht allerdings bislang von allen Tastaturen enttäuscht – und die damit verbundenen Reparaturen sind meist teuer und aufwändig. Über die Haltbarkeit der Tastatur des Nord Stage 88 werde ich gegebenenfalls in einem nachfolgenden Test berichten können. Meines Erachtens gehört die Holztastatur eines Kawai MP-8 zu den absoluten Highlights, allerdings schlägt sie auch durch ihr hohes Gewicht zu Buche.
Der Headphone-Anschluss, in Form einer Stereoklinke, ist auf der Rückseite des Instruments zu finden. Besser ist hier meines Erachtens die Lösung, den Kopfhörerausgang generell auf der Frontseite unterzubringen, da er so viel leichter zu finden ist, z.B. im Halbdunkel einer Bühne. Neben der Kopfhörerklinke sind vier Channel Output – Klinken angeordnet. Hier können die verschiedenen Instrumentensektionen paarweise geroutet werden. Das vereinfacht die Arbeit im Studio oder im Konzertbetrieb, da so die Pegel der gewünschten Sounds vom Toningeneur separat abgemischt werden können. Neben den zwei Buchsen für MIDI In / Out finden wir die diversen Controller Ausgänge für Sustainpedal, Rotorspeed, Organswell, Controlpedal und eine USB Schnittstelle für den Datentransfer mit der Nord Stage Managersoftware.
Die Anschlüsse des Nord Stage 88 sind durch die Ausführung als verschraubte Metall-Klinkenbuchsen für den beanspruchenden Bühnenbetrieb bestens gerüstet. Die fest verschraubten Buchsen können den Zug der Kabel besser verkraften und so ist Knacksern und Rumplern durch kleine Bruchstellen erst einmal vorgebeugt. Ein Wehrmutstropfen ist die kleine Buchse des Netzkabels, kompatibel zu jedem handelsüblichen Rasierapparat – das passt so überhaupt nicht in das bisherige Bild des Nord Stage! Eine schöne Lösung zeigt uns die Firma Doepfer mit dem LMK 4, dessen Netzstecker in Form einer XLR-Verbindung sicher einrastet und so optimal vor der Überraschung eines ungewollten Stromausfalls schützt.
Clavia stellt über den Zubehörhandel anschraubbare Standbeine à la Fender Rhodes bereit. Außerdem wird ein schickes Softbag mit Rollen für den Transport angeboten. Ich brauche aber eigentlich nicht zu betonen, dass ein solches Instrument ein ebenso solides Hardcase verdient – gerade dann, wenn man oft unterwegs sein sollte.
In der Mitte der Bedien-Oberfläche finden wir die Schaltzentrale des Nord Stage, die Programm-Sektion. Der Großteil der dortigen Taster ist mittels einer Shift-Funktion doppelt belegt. Rechts und links von der Programm-Sektion sind die Einheiten für die Sound-Sections angeordnet.
Das Nord Stage verfügt über drei verschiedene Sektionen, über die jeweils unterschiedliche Soundarten gesteuert werden. Die Piano-Sektion beinhaltet neben eine Steinway- und einem Yamaha C7 auch die üblichen verdächtigen E-Pianos und ein Clavinet. Die Orgelsektion ist mit B3, Vox Continental und Farfisa bestückt und wie man es von Clavia erwarten konnte, wurde bei der dritten, der Synthesizer-Sektion, nicht gegeizt: Neben virtuell-analoger Synthese samt Pulsbreitenmodulation können Wavetables eingesetzt werden. Als Sahnehäubchen setzen Clavia noch eine Frequenzmodulations-Synthese obendrauf. Mit drei Operatoren lässt sich schon eine Menge anstellen! Zusätzlich ist es möglich, MIDI-Daten an angeschlossene Geräte zu verschicken, das Stage also als Masterkeyboard zu verwenden. Selbstverständlich lassen sich die Sounds mit vielen Parametern editieren. Wo es dem Hersteller sinnvoll erschien, sind teure Endlosdrehgeber mit LED-Kranz eingesetzt worden, um beim Programmwechsel Parametersprünge zu verhindern.
Mit einer USB-Schnittstelle ermöglicht Clavia seinen Kunden, auf der Firmen-Webseite neue Samples und Sounds herunter zu laden. Außerdem lassen sich mit Hilfe der kostenlos downloadbaren Nord Stage Manager Software schnell Backups eigener Programme speichern oder abrufen.
Des Weiteren steht eine umfassende Effekt-Sektion zur Verfügung. Mit den Source-Schaltern unter den jeweiligen Effekteinheiten kann der Effekt durch eine der drei Soundsektionen genutzt werden. Neben Standard-Effekten wartet der Stage mit Ping-Pong-Delay, Verstärker- und Lautsprechersimulationen, Leslie und Master-Kompressor auf.
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SOUNDS
Die Sounds des Nord Stage sind in 21 Blöcken organisiert. In diesen finden wir auch die werksseitig programmierten Preset-Sounds. Diese geraten allerdings schnell zur Nebensache, wenn man einmal damit angefangen hat, an den verschiedenen Parametern herumzuwerkeln. Die Oberflächen anderer Stagepianos verleiten ja grundsätzlich eher zum Preset-Spiel, da es meist zu umständlich ist, sich durch die Menus zu wuseln, um den “richtigen” Parameter ausfindig zu machen. Das Besondere am Nord Stage ist, dass er mit relativ wenig gesampeltem Material auskommt. Dieses ist jedoch erstklassig.
Die Piano-Sounds klingen für ein digitales Instrument absolut hervorragend und setzen sich auch im Live-Betrieb gut durch. Dieser Meinung waren übrigens auch alle Live-Mixer, die bei meinen Auftritten für den “guten Ton” gesorgt haben. Verglichen mit den älteren Nord Elektro hat Clavia beim Stage durch die neuen gesampelten Steinway und Yamaha-Flügel wirklich einen großen Schritt nach vorne gemacht. Die angebotenen Piano- und Rhodes-Sounds sind schon ohne Effekte gespielt sehr realistisch und schön. Fügt man dann noch die für Rhodes- oder Hammond-Sounds typischen Effekte hinzu, wird man mit Sounds für sämtliche Stilrichtungen belohnt.
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SteinwayYamaha C7Upright PianoElectric GrandRhodes MKIWurlitzerWurlitzer mit Effekten… im Mix
Die Orgel-Sounds klingen für eine Emulation hervorragend, und hat man zuvor noch nie mit den echten Zugriegeln einer B3 oder Ähnlichem gearbeitet, fällt auch die Umstellung auf die Up- und Down-Taster der einzelnen Bars nicht so schwer. Ist man das zielgerichtete Arbeiten mit echten Zugriegeln gewohnt, verliert man bei den leicht ansprechenden Tastern allerdings schnell die Kontrolle – das nervt besonders beim Live-Konzert. Einzelne Steps, rauf und runter registriert, gelingt nur mit Übung und verlangt ein gezieltes und Staccato-artig kurzes “Tippen” auf den entsprechenden Button.
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HammondHammond mit Effekten IHammond mit Effekten II
Was wäre eine B3-Emulation ohne Leslie und knackige Verzerrung? Genau, das wäre wie Deep Purple ohne Jon Lord und stattdessen mit Franz Lambert. Nun ist es immer wieder müßig, einen direkten Vergleich zu Röhrenverzerrung und fettem Leslie-Cabinet zu ziehen. Trotzdem: Spendiert man seinem Setup einen Röhren-Amp und ein Leslie (die gibt es ja bekanntermaßen inzwischen schon in recht handlichem Format), geht mit dem Nord Stage so richtig die Post ab. Aber auch mit der angebotenen Emulation kann man gerade im Vergleich zu anderen Stagepianos richtig glänzen. Übertreibt man die Höhe des Drive-Levels nicht zu arg, lassen sich erstaunlich gute Ergebnisse erzielen. Bei voller Umdrehung bemerkt man dann aber schnell die nervtötenden Frequenzen und das Fehlen einer warmen Röhrenverzerrung. Das Rotieren des Leslie lässt sich mit dem Nord Stage sehr gut darstellen. Die Rotations-Geschwindigkeit lässt sich durch einen Button regulieren, kann aber auch auf einen Fußschalter geroutet werden. Des Weiteren lassen sich im Sound-Menu verschiedene Geschwindigkeiten wählen, um die An- und Ablaufzeit einzustellen.
Das Nord Stage bietet selbstverständlich auch die für eine Hammond typische Percussion. Und diese klingt tatsächlich wie beim Original und ist überdies mit der Möglichkeit der separaten Wahl von Volume, Decay und Harmonic ausgestattet. Leider kommt es beim Ein- und Ausschalten der Percussion zu einer für mich unerklärlichen Lautstärke-Differenz. Das nervt gerade im Live-Betrieb, da sich beim Ausschalten der Percussion die Lautstärke doch merklich erhöht. Sehr schön klingen auch die Chorus- und Vibrato-Einstellungen. Hier kann der Organist zwischen drei Vibrato- und drei Chorus-Effekten wählen. Eine weitere sehr einfallsreiche Funktion ist die so genannte “Preset II”-Funktion der Organ-Sektion. Sie erlaubt es dem Organisten, innerhalb eines Sound-Programms zwischen zwei frei programmierbaren Orgel-Registrierungen zu switchen. Nehme ich die Panel-Funktion hinzu, kommt man bei Bedarf auf vier verschiedene Registrierungen innerhalb eines Sound-Programms. Das sollte in jedem Fall für einen Song reichen!
Das Angebot der Synth-Sounds ist für ein Stagepiano recht vielfältig. Mehr noch, im Nord Stage ist ein kompletter Synthesizer mit drei verschieden Synthesemöglichkeiten integriert, der laut Angaben des Herstellers extra für das Nord Stage konzipiert wurde. Dieser hat mich echt begeistert. Die Sounds klingen alle sehr gut und man hat nie das Gefühl, das mit den Preset-Sounds das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Auf gut deutsch: viel besser geht es nicht!
Das Panel für die Synthie-Parameter ist überschaubar klein und lädt zum intuitiven Schrauben ein. Das nimmt besonders dem Nicht-Synthesizerfreak die Angst vor der manchmal überwältigenden Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten großer, komplizierter Synthesizer, bei denen man als Nicht-Eingeweihter oftmals den Überblick verliert, welcher Parameter nun zu welchem Ergebnis geführt hat. Nicht selten kam bei mir am Ende einer Schrauber-Session mit einem Waldorf “Wave” nur noch Müll aus der teuren Abhöre, und ich konnte nicht einmal sagen warum. Das Nord Stage zeigt hier erfreulicherweise, dass man mit wenig Mitteln eine Menge erreichen kann. Fügt man zu seinem Sound dann noch die sehr gut klingenden Effekte hinzu, ist man für die meisten Aufgaben im Live- und Session-Bereich sehr gut gerüstet.
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Pad
Von großem Vorteil ist, dass die Instrumenten-Sektionen ihre eigenen Stimmen haben, deren Anzahl festgelegt ist. Daher kommt es bei Layer-Sounds zu keinem “Stimmenklau” zwischen den Sound-Sektionen. Der Nord Stage verzichtet im Gegensatz zur Konkurrenz sowohl auf gesampelte Brass-, Mallet- und Drum-Sounds, etc. sowie auf einen Sequenzer. Damit kann ich bei einem Stagepiano gut leben. Hier geht es eher um Qualität als um Quantität. Ich vermisse lediglich ein Paar richtig weiche, samtige Pad-Sounds à la Waldorf oder einen seidigen Streicher-Sound zum Layern. Durch die “Extern”-Sektion des Nord Stage lässt sich dieses Manko jedoch ausgleichen, denn auf diesem Wege kann per MIDI ein externes Modul angeschlossen und durch den Nord Stage angesteuert werden.
Anfang 2008 hatte ich das Vergnügen, mit dem Nord Stage auf Tour zu gehen und das Instrument ausgiebig auf seine Live-Tauglichkeit zu testen. Die musikalische Richtung der Tour “Barra da Tijuca”, das Soloprojekt des Gitarristen Matt Röhr, war wie geschaffen für den Nord Stage 88 – rockige Piano- und B3-Sounds sowie die ganze Palette klassischer Rhodes-Klänge. Da die gleichnamige Studio-CD in den legendären AR-Studios in Rio mit den Original-Instrumenten eingespielt wurde, habe ich ein Instrument gesucht und gefunden, welches diesen Soundansprüchen gerecht wird, ohne die ganze Batterie der Original-Instrumente mitschleppen zu müssen – was im Übrigen auch das Platzangebot der Clubtour gesprengt hätte.
Das Setup bestand neben dem Nord Stage 88 aus einem Fender Twin und einer zusätzlichen MIDI-Tastatur. Der Nord Stage besitzt zwar eine mehrfache Splitfunktion der Tastatur, diese geht aber auf Kosten des Tonumfangs der einzelnen Sounds. Mit der so genannten Panel-Funktion lassen sich einfach Sound-Setups über einen vorher definierten MIDI-Kanal auf die verschiedenen Tastaturen routen. So behalte ich z.B. auf der Haupttastatur des Nord Stage den vollen Umfang der Tastatur und habe aber dennoch die Möglichkeit, einen Solo-Sound über die Zusatztastatur zu spielen. Ein solider Gitarren Marshall-Footswitch kam zum Einsatz, um die Rotoremulation ein- bzw. auszuschalten. Als Organ-Swell konnte ich ein solides Ernie Ball Volume-Pedal verwenden, da man im System-Menu des Stage 88 einige gängige Pedaltypen definieren kann. Durch die “Preset II”-Funktionstaste konnte ich in der Organ-Sektion darüber hinaus zwischen zwei Organ-Sounds switchen. In der Praxis habe ich beispielsweise einen Solo-Sound auf die MIDI-Tastatur gelegt und hatte für die Akkordbegleitung noch zwei unterschiedliche Organ-Sounds zur Verfügung.
Neben der normalen Programm-Funktion, welche die Sound-Settings für beide Panels, also insgesamt bis zu sechs Instrumenten-Sounds und den dazu gehörigen Effekten, Splittings etc. speichert, stehen beim Nord Stage zusätzlich noch zwei grau eingefärbte “Live”-Programmtaster zur Verfügung. Aktiviert man einen dieser Buttons, werden sämtliche Veränderungen an dem momentanen Sound automatisch und ohne weiteren Eingriff gespeichert. Das ist nicht nur im Live-Betrieb nützlich, wenn es darum geht, mal schnell einen anderen Sound abzurufen, sondern eignet sich besonders für das Arbeiten bei Band-Proben oder beim Erstellen der gewünschten Sounds zu Hause. Gespeichert wird immer der letzte aktuelle Stand des Programmier-Prozesses. Dieser bleibt auch im Geräte-Buffer, sollte das Instrument ausgeschaltet werden. Ist man schließlich mit einem Setting zufrieden, kann es dann sehr einfach auf einen “normalen” Programmspeicher übertragen werden.
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FAZIT Mit dem Nord Stage 88 ist Clavia ein Stagepiano geglückt, das seinem Namen alle Ehre macht. Es ist das perfekte Live-Instrument, das durch seine verschiedenen, praxisorientierten Features begeistern kann. Zwar ist der Nord Stage 88 mit einem Preis von rund 3000 Euro kein Billigheimer, wer jedoch seine musikalische Berufung ernst meint und ein universell einsetzbares Instrument sucht, sollte hier nicht am falschen Ende sparen. Der Nord Stage 88 liefert die wichtigsten Keyboard-Sounds wie Piano, Orgel und alle bekannten E-Pianosounds, die man für eine Session oder den Einsatz innerhalb einer Band benötigt. Dabei überzeugen die sehr guten Klangeigenschaften der Sounds und der Effekte sowie die gute Verarbeitung des Instruments. Der Nord Stage punktet ebenfalls in Sachen Bedienbarkeit: Die leicht gewichtete Tastatur ist für alle Instrumentenemulationen gut geeignet. Spielhilfen, wie Pitch-Stick und Mod-Wheel sind ergonomisch wie optisch ein Leckerbissen und wirken nachhaltig inspirierend. Hinter der auf den ersten Eindruck zugegebenermaßen etwas wirren Oberflächenarchitektur des Nord Stage steckt eine durchdachte Logik der Firma Clavia, die sich nach einer Eingewöhnungsphase sehr schnell als praktisch und leicht zu bedienen herausstellt. Im Vergleich zur Konkurrenz ist der Nord Stage darüber hinaus mit 18,5 kg ein echtes Leichtgewicht und macht den Einsatz im musikalischen Alltag so noch angenehmer.
Vielen Dank für den Bericht! Ich habe nun die Möglichkeit ein gebrauchtes Nord Stage zu kaufen. Wie ist es nun mit den Tasten? Halten die über eine längere Zeit?Vielen DankFrida
Liebe Frida, das Nord Stage zeichnet sich durch eine rundum hochwertige Verarbeitung aus - besser als bei den meisten anderen aktuellen Instrumenten. Wenn beim Antesten alles geht, ist also auch nicht damit zu rechnen, dass es in der nächsten Zeit kaputt geht. Viel Spaß damit! Viele Grüße, Lasse
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Frida sagt:
#1 - 10.04.2013 um 18:58 Uhr
Vielen Dank für den Bericht!
Ich habe nun die Möglichkeit ein gebrauchtes Nord Stage zu kaufen. Wie ist es nun mit den Tasten? Halten die über eine längere Zeit?Vielen DankFrida
Lasse Eilers (bonedo) sagt:
#2 - 11.04.2013 um 20:05 Uhr
Liebe Frida, das Nord Stage zeichnet sich durch eine rundum hochwertige Verarbeitung aus - besser als bei den meisten anderen aktuellen Instrumenten. Wenn beim Antesten alles geht, ist also auch nicht damit zu rechnen, dass es in der nächsten Zeit kaputt geht. Viel Spaß damit! Viele Grüße, Lasse