Anzeige

Nord Electro 5D 61 Test

Mit dem Nord Electro 5 haben Clavia / Nord Keyboards die fünfte Generation des beliebten Vintage-Stagepianos präsentiert. Wie der Vorgänger Nord Electro 4D / 4 HP ist der Nord Electro 5 in drei Varianten erhältlich: Die Versionen Nord Electro 5D 61 und 73 wenden sich mit Zugriegeln und Waterfall-Tastaturen an die Organisten-Fraktion (diesmal ist auch die 73er-Version mit Zugriegeln ausgestattet), während der Nord Electro 5 HP mit einer Hammermechanik-Tastatur den Schwerpunkt auf Klavier und E-Piano legt. Alle drei Versionen sind mit vielen neuen Funktionen ausgestattet. Wir haben den Nord Electro 5D 61 im Test.

Der Nord Electro 5 (hier der 5D 61) bietet u.a. erstmals eine Split-/Layer-Funktion


Allem voran ist mit dem Nord Electro 5 nun endlich das Layern bzw. Splitten der Tastatur möglich, was bei Nord bislang Benutzern des Nord Stage vorbehalten war. Darüber hinaus wurde der Speicherplatz für die Piano- und Sample-Sektionen stark vergrößert, sodass nun mehrere Piano-Sounds in XL-Größe und zahlreiche Synth-Sounds in den Speicher passen. Viele weitere Neuheiten verstecken sich im Detail – so gibt es nun ein OLED-Display, auf dem wesentlich mehr Informationen angezeigt werden, und einen Setlisten-Modus zum schnellen Abrufen von Presets. 

Details

Konzept

Bislang gab es im Hause Clavia bzw. Nord Keyboards eine strikte Trennung zwischen den Produktreihen Stage und Electro. Wer keine Features vermissen wollte und die Synth-Sektion benötigte, war mit dem Nord Stage gut beraten. Dagegen war der Nord Electro bislang eher puristisch konzipiert: Er war monotimbral, hatte einen recht kleinen Speicher für Pianos und die Sounds der Nord Sample Library und verzichtete auf die Synthesizer-Abteilung. In puncto Bedienung hatte dieses Konzept durchaus seine Vorzüge, denn für das Spielen auf dem Nord Electro brauchte man praktisch keine Bedienungsanleitung.
Beim Nord Electro 5 wurde dieses Konzept nun etwas erweitert: Der Klang steht weiterhin an höchster Stelle, jedoch hat man sich dafür entschieden, die Monotimbralität aufzuheben. Ein kleiner Schritt in Richtung Nord Stage also, den sicherlich nicht nur ich sehr begrüße. Gerade im Live-Betrieb ist es ein großer Zugewinn, mehr als einen Sound zur Zeit spielen zu können. Was der Electro 5 sonst noch kann und welche neuen Features sich unter seiner roten Haube verstecken, wollen wir nun herausfinden.

Fotostrecke: 5 Bilder Im gewohnten Rot: der Nord Electro 5D 61

Gehäuse

Relativ klein und kompakt kommt der kleine Rote daher und ich bin erstaunt, dass der Nord Electro 5D 61 selbst mit Lieferkarton noch klein wirkt. Im direkten Vergleich zum 4D ist der 5D sogar 3 mm flacher und 4 mm weniger tief. Die Breite von 90 cm ist gleich geblieben. Das Gewicht hingegen hat etwas zugenommen: Wog der 4D noch 7,65 kg, so bringt der 5D nun 8,1 kg auf die Waage. Trotzdem bleibt der Nord Electro ein wahres Leichtgewicht!

Anschlüsse

Nur unwesentlich hat sich die Rückseite des Nord Electro 5D verändert. So findet man hier weiterhin zwei Klinkenausgänge, einen Kopfhörerausgang (6,3 mm) und einen Audioeingang im Miniklinkenformat. Etwas weiter mittig befinden sich MIDI-In/Out sowie eine USB-Buchse und daneben die Anschlüsse für Control- und Rotor-Pedal. Einzig der Sustain-Pedal-Anschluss wurde auf die andere Seite der MIDI-Buchsen verlegt, was ganz einfach verhindert, dass man das Sustain-Pedal versehentlich in die Control- oder Rotor-Buchse steckt. Auch wenn man es kaum glaubt, das ist mir beim Nord 4D tatsächlich häufiger passiert. Beim Auftritt gab es dann so manches Mal eine kleine Schrecksekunde …

Fotostrecke: 4 Bilder Die Ru00fcckseite hat sich nur geringfu00fcgig veru00e4ndert.

Bedienoberfläche

Rein optisch gesehen ist Nord dem Design des Vorgängermodells treu geblieben. Einem ungeschulten Auge würde der Unterschied zwischen dem Nord Electro 4D und 5D vermutlich kaum auffallen. Tatsächlich ist beim neuen Modell aber – bedingt durch den Split- bzw. Layer-Modus – ein leichter Zuwachs an Knöpfen und Drehreglern zu verzeichnen und das Bedienfeld ist linkslastiger als beim Vorgänger. Optisch stört das nicht, aber links vom Bedienfeld ist nun nicht mehr so viel Platz wie beim Electro 4D, der auf beiden Seiten des Panels Möglichkeiten zum Ablegen bot.

Display

Ein wirkliches Highlight des Electro 5D ist das neue OLED-Display mit einer Auflösung von 128 x 64 Zeichen, auf dem nun viele Informationen angezeigt werden können – wesentlich mehr als auf der bis dato verbauten und oft kritisierten dreistelligen 7-Segment-LED-Anzeige. Alle Sounds können nun per Display mit einem Namen versehen werden, zur Auswahl der Buchstaben dienen Dreh-Encoder und Shift-Knopf. Typischerweise werden auf dem Display auch die im Preset abgespeicherte Position der Drawbars sowie die Namen der verwendeten Piano- oder Synthesizer-Samples angezeigt, so wie letztere namentlich auch in der Editor-Software „Nord Sample Manager“ auf dem Rechner auftauchen.
Schön ist auch der „List View“-Taster, der eine Liste der gespeicherten Presets aufruft. Das erleichtert die Suche nach einem bestimmten Programm erheblich. Insgesamt bringt das neue Display sprichwörtlich Licht ins Dunkel, da beim Nord Electro 5D nun erstmals konkrete Informationen zu allen Reglern und Tastern im Display angezeigt werden. Mir persönlich gefällt die Möglichkeit, Einstellungen im Display kontrollieren zu können – beim Vorgängermodell hatte man nur die Möglichkeit, sich auf sein Ohr zu verlassen. Besonders bei den Drawbar-Settings profitiert man vom Display, genau das fehlte beim Vorgängermodell. Mit dem Display kann man nun endlich auch die physischen Zugriegel in die Position des jeweils aktuellen Presets bringen. Das „Recall“-Problem ist somit zumindest annähernd gelöst.
Natürlich werden auch zahlreiche Effekt-Einstellungen im Display angezeigt, so z.B. die Effect-Rate (in Hz) oder eine BPM-Angabe zur aktuell getappten Delay-Zeit. Äußerlich gibt deswegen auch noch eine erfreuliche Nachricht: Die Untermenü-Funktionen (System, MIDI, Sound) sind nicht mehr auf der Oberseite des Gehäuses aufgedruckt, was wegen des größeren Displays nicht mehr vonnöten ist. Der Electro 5D erstrahlt also noch etwas konsequenter in seiner roten Farbe.

Drehregler

Wie schon erwähnt befindet sich neben dem Display ein gerasterter Endlos-Dreh-Encoder, der die früher verbauten Value-Taster ersetzt und ein schnelles und komfortables „Durchscrollen“ durch Presets ermöglicht. Wer allerdings das einfache Weiterschalten mit den Tastern der Vorgängermodelle schätzte, wird sich diesbezüglich etwas umgewöhnen müssen. Ich persönlich würde hier deutlich für beide Möglichkeiten plädieren.

Fotostrecke: 4 Bilder Das Bedienfeld ist linkslastiger geworden.

Speicherplatz

Der neue Nord Electro hat 1 GB Speicherplatz für die Pianos und 256 MB für die Sample-Abteilung spendiert bekommen. Ehrlich gesagt wurde es ja auch Zeit, denn die kleine Speichergröße gab beim Nord Electro immer wieder Anlass zur Kritik. Immerhin bieten die Nord Sample Librarys eine enorme Vielfalt an Piano- und Synthesizer-Sounds – das lästige Sound-Tetris-Spiel in den Nord Electros hat also nun (vorerst) ein Ende.

Split- und Layerfunktion

Aufgrund der Split- und Layerfunktion hat sich die Architektur und damit auch das Bedienfeld etwas verändert. Zur Anwahl der Sounds gibt es mittig unter dem Display die beiden Bedieneinheiten „Part Lower“ und „Part Upper“. Beide Parts verfügen über jeweils drei Taster mit Doppelfunktion, wobei letztere immer mit der Shift-Taste aktiviert werden. Bei einfachem Betätigen des On/Off-Tasters wird ein Part aktiviert bzw. deaktiviert. Drückt man ihn zweimal schnell hintereinander, so wechselt man zwischen den Kategorien Orgel/Piano/Sample, was per LED über dem Schalter angezeigt wird. Das mag zunächst etwas verwirrend klingen, jedoch bekommt man den Dreh zur Anwahl einer Kategorie schnell raus: Zum Einschalten des Parts 1x drücken, dann die gewünschte Sektion auswählen mit schnellem Doppel-Drücken.
Mit den beiden darunterliegenden Tastern bestimmt man die Oktavlage des Parts oder aber jeweils zusammen mit der Shift-Taste, ob der Part auf das Sustain- und/oder Controller-Pedal reagiert. Das ist gar nicht mal schlecht gelöst: Bei einem Layer-Sound, bestehend aus Piano und Synthesizer Pad, kann man so beispielsweise das Control-Pedal für das Pad reservieren und den Synthesizer-Anteil mit dem Pedal hinzufahren, während das Piano unverändert in der Lautstärke bleibt. Zur grundsätzlichen Balance-Einstellung der beiden Parts dient das „Part Mix“-Poti – in Mittelstellung erklingen beide Parts gleich laut.
Mit den beiden Parts können übrigens immer nur Sounds aus verschiedenen Kategorien angewählt werden. Es ist also nicht möglich, zwei Piano-Sounds oder zwei Sample-Sounds zu überlagern oder zu splitten – diese Möglichkeit wurde dem Nord Stage vorbehalten.
Apropos Splitmodus: Diesen aktiviert man ganz simpel mittels „KB Split“-Taster. Die Tastatur kann dann an einem von sechs festen Splitpunkten in zwei Bereiche aufgeteilt werden. Die Auswahl der Splitpunkte, die oberhalb der Tastatur mit grünen LEDs gekennzeichnet sind, werden mittels gedrückter Shift-Taste und Drehen des Encoders neben dem Display angewählt. Wie beim Nord Stage lässt sich der Splitpunkt also nicht völlig frei wählen, was nicht jedem gefallen wird. Ich persönlich habe beim Ausprobieren aber festgestellt, dass die sechs Punkte für meine Zwecke in der Praxis vollkommen ausreichen.

Orgel

In der Orgel-Sektion gibt es ein paar kleine Updates, denn nun ist auch das Leslie aus der Nord C2D im Nord Electro 5D zu finden. Das Leslie kann in der Normal- und Close-Variante gewählt werden und verfügt über einen noch realistischeren Klang. Auch die Verzerrung wurde überarbeitet.
Im sogenannten B3+Bass-Modus, direkt neben dem regulären B3-Modus, kann mit der linken Hand das Fußbass-Register (bestehend aus 16- und 8-Fuß Zugriegeln) aktiviert werden. Wem das noch nicht reicht, der kann den optional erhältlichen Nord Halfmoon Switch an den Nord Electro montieren, zwei Löcher zur Befestigung sind auf der Unterseite des Instruments vorbereitet.
Weiterhin enthält die Orgelsektion auch eine neue Pfeifenorgel-Simulation, die genau wie die B3 mit den neun Zugriegeln gespielt werden kann. 

Die Orgelsektion des Nord Electro 5 bietet u.a. die Leslie-Simulation aus der C2D

Piano

In der Piano-Abteilung gibt es außer dem größeren Speicher keine bahnbrechenden Neuheiten zu vermelden, aber auch hier versteckt sich ein kleines Detail. Mit dem „KBD Touch“-Taster lassen sich drei Velocity-Kurven auswählen, um die Anschlagdynamik an die persönlichen Vorlieben anzupassen.

Sample Synth

Beim Nord Electro 5 wurden die Bereiche Piano und Sample Synth voneinander getrennt und in zwei Sektionen unterteilt. Bedenkt man, dass der Nord Electro 5 nun 256 MB Speicherplatz für die Sounds der Nord Sample Library besitzt (beim Electro 4 waren es nur 68 MB), dann ergibt diese Entwicklung natürlich Sinn – je mehr Samples hinein passen, desto leichter sollte dann auch die Auswahl vonstatten gehen. Auch hier wurde ein Dreh-Encoder zum schnelleren Anwählen eingebaut.
Für die Einstellung der Hüllkurve hat Nord dem Electro 5 zwei schlichte, aber intuitive Regler spendiert. Der obere Regler verleiht den Samples Attack-Zeiten von 0,5 ms bis 45 Sekunden. Der untere Regler hat eine Doppelfunktion: Dreht man ihn nach rechts, so verleiht er dem Sample eine Release-Zeit zwischen 0 und 45 Sekunden, während er in der anderen Richtung auf das Decay des Samples wirkt (3 ms – 43 Sek). In der Mittelposition ist er unwirksam. Die beiden Regler sind also eine Art ADSR-Hüllkurve in Miniform. Über diesen beiden Reglern befindet sich der „Dynamic“-Taster, der ebenfalls eine Doppelfunktion erfüllt. Einerseits lässt sich hier die Anschlagsempfindlichkeit für die Lautstärke in drei Stufen einstellen. Zusätzlich kann mit der Shift-Taste ein Lowpass-Filter aktiviert werden, das den Samples bei leichtem Anschlag einen dumpferen Sound verleiht. Insgesamt gefällt mir diese Abteilung sehr gut, weil sie kompakt und sehr intuitiv zu bedienen ist.

Effekte

Neu im Nord Electro 5D ist die Tatsache, dass alle Effekte nun in Stereo-Ausführung vorliegen. Delay und Reverb wurden voneinander getrennt und als zwei separate Effekte ausgeführt, wobei das Reverb sozusagen als „abschließende Instanz“ in schwarzer Farbe hinterlegt ist. Schaut man näher hin, so entdeckt man auch zwei neue Effekte: Hinter dem „Vibe“-Effekt versteckt sich eine Vintage-Pitch-Modulation und im Effektblock 3 kann nun ein Tube-Distortion-Effekt aktiviert werden. Der Block 2 bietet einen neuen „Deep“-Taster, mit der die Intensität des angewählten Modulationseffekts noch angehoben werden kann. Mit Ausnahme des Reverbs können alle Effekte jetzt auch wahlweise den einzelnen Parts zugeordnet werden, was sich mit Hilfe des Shift-Tasters und dem On/Off-Schalter sehr leicht realisieren lässt.

Setlist Mode

Um den Nord Electro 5 in puncto Live-Tauglichkeit zu verbessern, wurde er mit dem sogenannte Setlist Mode ausgestattet. Im Setlist Mode können jeweils vier Sounds zu einem „Song“ zusammengefasst werden und in einer virtuellen Setliste auf 200 Speicherplätzen abgespeichert werden. Das Erstellen dieser Setliste ist ohne Software ganz einfach über das Gerät möglich. Dank des neuen Displays hat man im Setlist Mode zwei Ansichten zur Verfügung: In der Song-Ansicht wird das aktuelle Song-Preset inklusive der darin gespeicherten Sounds angezeigt und in der Listen-Ansicht die Reihenfolge der Songs in der virtuellen Setliste.

Anzeige

Praxis

Orgel-Sounds

So klingt die Hammond-Orgel des Electro 5D mit der neuen 122er-Leslie-Simulation (hier in der Close-Variante) und dem B3-Bass. Letzterer simuliert die speziell für den Fußbass konzipierten Tonewheels in 16- und 8-Fuß-Lage. 

Audio Samples
0:00
B3 + Bass

Sowohl das Leslie als auch der Fußbass klingen extrem gut! Der Fußbass hat den Vorteil, dass er sehr durchsetzungsfähig ist. Insbesondere das 8-Fuß-Register klingt im Fußbass-Register aggressiver als bei den 9-chörigen Drawbars – genau wie bei einer echten Hammond. Dadurch eignet es sich besonders für das Spielen mit „Walking Bass“.

Audio Samples
0:00
Leslie und Verzerrung

Auch die Verzerrung des neuen Leslies hat gegenüber dem Vorgängermodell noch mal deutlich an Authentizität zugelegt. Ein wichtiges Detail vermisse ich allerdings: Beim Electro 5D wird der Hall im Gegensatz zum Electro 4D nicht mehr durch das virtuelle Leslie geschickt und „verwirbelt“. Für einen Sound-Puristen ist das schon ein Verlust, denn damit entfällt die Simulation der klassischen Anordnung Hammond → (Feder-) Hall → Leslie. Wer gerade nicht weiß, wie das klingt, für den habe ich zwei kurze Hörbeispiele zum Vergleich aufgenommen:

Audio Samples
0:00
Leslie + Hall (Nord Electro 5D) Leslie + Hall (Nord Electro 4D)

Wo wir gerade bei den Kritikpunkten wären: An den Nord Electro 5D lässt sich derzeit leider kein externes MIDI-Keyboard als zweites Orgelmanual anschließen. Beim Vorgänger kam man per externer Tastatur in den Genuss eines „improvisierten“ Doppel-Manuals. Vielleicht wird dies ja noch mit einem OS-Update wieder möglich gemacht – zu wünschen wäre es!
Hören wir uns abschließend die neue Pfeifenorgel-Simulation an.

Audio Samples
0:00
Pipe Organ

Pianos

Weiter geht es mit den Pianos. Auch wenn die Piano-Sounds nicht neu sind, so finde ich es doch bemerkenswert, dass in den Speicher des Nord Electro 5D jetzt mehr als vier Pianos in XL-Größe passen. Zwar machte der kleine Speicher des Electro 4D auch etwas erfinderisch. Jedoch musste ich bislang für verschiedene Bands immer wieder den Piano-Sound austauschen, was unnötig Zeit kostete. Das hat nun glücklicherweise ein Ende. Um die klangliche Vielfalt zu demonstrieren, habe ich nachfolgend vier Piano-Modelle, darunter zwei Flügel und zwei Upright Pianos, kurz angespielt.

Audio Samples
0:00
Italian Grand XL Bright Grand XL Grand Upright XL Mellow Upright XL

Wurlitzer-Sound

Der Wurlitzer-Sound von Nord wurde gelegentlich kritisiert, weil er eine Zeitlang im Gegensatz zu den akustischen Pianos nicht wirklich weiterentwickelt wurde. Seit einiger Zeit gibt es auf der Website des Herstellers einen zweiten Wurlitzer-Sound mit dem Titel „Wurlitzer 2 Amped”, der für mein Empfinden etwas besser als der Standard-Sound klingt und vor allem bei hohen Velocity-Werten nicht „knallt“. Dieser Sound befindet sich bereits ab Werk im Nord Electro 5D, daher schieben wir hier noch kurz einen Vergleich ein:

Audio Samples
0:00
Wurlitzer 1 Wurlitzer 2 Amped

Hüllkurven-Regler für die Sample-Abteilung

Um zu demonstrieren, wie schnell man die Sounds der Nord Sample Library mit einer Hüllkurve anpassen kann, habe ich ein wenig an dem Attack- und Release/Decay-Regler gedreht. Besonders der Decay-Regler lädt dazu ein, neue Klänge aus „altem“ Material zu formen.

Audio Samples
0:00
Hüllkurve Attack Hüllkurve Release Hüllkurve Decay

Effekte

Neu ist auch, dass alle Effekte jetzt in Stereo arbeiten. Ich habe mich gefragt, wie sehr das wohl klanglich auffällt. Waren die Effekte denn vorher alle oder zumindest teilweise mono? Um das herauszufinden, habe ich zum Vergleich mit Chorus und Flanger zwei Effekte genommen, die es sowohl im Electro 4D als auch im Electro 5D gibt. Etwas mühsam habe ich Rate und Intensität so eingestellt, dass sie bei beiden Geräten gleich klingen. Das Resultat gibt es hier zu hören:

Audio Samples
0:00
Chorus (Nord Electro 4D / Nord Electro 5D) Flanger (Nord Electro 4D / Nord Electro 5D)

Ich muss gestehen, dass mir beim Chorus kein Unterschied auffällt, beim Flanger ist jedoch ein breiterer Sound zu hören. Der Grundklang der Effekte scheint mir allerdings derselbe zu sein. Im Vergleich zum Nord Electro 4D ist das Stereo-Feature in meinen Augen eher unspektakulär.
Hören wir uns deshalb lieber die beiden neuen Effekte an, zu denen der Vibe-Effekt und die Röhren-Verzerrung gehören.

Audio Samples
0:00
Vibe Tube Distortion

Layer-Sounds und Polyphonie

Ein willkommenes Feature ist der Layer-Modus, denn jetzt kann man z.B. endlich einen Streicher- oder Pad-Sound unter ein Klavier legen, um einen etwas weicheren, stimmungsvollen Klangteppich zu erzeugen. Gerade für Pop-Balladen und im Zusammenspiel mit Sängern ist diese Layer-Möglichkeit willkommen.

Audio Samples
0:00
Layer Piano + Strings

In puncto Polyphonie ist mir hier aber aufgefallen, dass die Sample-Synth-Abteilung mit 15 Stimmen im Gegensatz zu den anderen Sound-Sektionen sehr begrenzt ist. Aus meiner Sicht ist das etwas unzeitgemäß, wobei mir dieser Umstand beim Nord Electro bislang nie störend aufgefallen war. Wer jetzt aber Pianos mit Sample-Synth-Sounds im Layer-Modus kombiniert und dann beherzt aufs Pedal tritt, wird mit abreißenden Samples zu kämpfen haben. Das müsste im Jahr 2015 eigentlich nicht sein.

Audio Samples
0:00
Sample Synth Polyphonie

Presets und Setlist Mode

Mit dem umfangreicheren Bedienfeld und den neuen Features darf man sich natürlich fragen: Ist die Bedienung des Nord Electro 5 immer noch so einfach wie beim Electro 4? Um diese Frage zu beantworten, muss ich kurz etwas ausholen, da mir die Bedienung des Electro 4D wirklich gut gefallen hat. Bislang gab es zum Aufrufen von Presets vier nebeneinander liegende Programm-Taster. So hatte man sofort nach dem Einschalten vier Presets „unter den Fingern“. Mit den Value-Tastern konnte man dann 32 weitere Ebenen bzw. Bänke mit jeweils vier Presets aufrufen. Schneller und unkomplizierter ging es eigentlich nicht, auch wenn man sich mangels Display gut merken musste, welcher Sound wo zu finden war.
Beim Electro 5D finden wir die vier benachbarten Taster wieder, allerdings haben sie mehrere Funktionen. Im Normalbetrieb heißen sie Program, Live 1, Live 2 und Live 3. Die Auswahl von gespeicherten Presets erfolgt nun mit dem Button „Program“ und dem Dreh-Encoder. Die drei benachbarten Live-Mode-Taster können für das Abspeichern spontaner Soundkreationen als „Momentaufnahme“ benutzt werden. Ich muss ehrlicherweise gestehen, dass ich den auch vom Nord Stage bekannten Live-Modus bislang nie wirklich genutzt habe, da ich Sounds immer direkt abgespeichert habe. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass es anderen Benutzern ähnlich geht. Wer den Live-Mode jedoch schätzt, findet beim Nord Electro 5 drei eigene Taster dafür.
Kommen wir aber wieder zurück zur eingangs gestellten Frage. Um den Electro 5 also genau wie seinen Vorgänger benutzen zu können, müssen wir mittels Knopfdruck in den Setlist-Mode wechseln. Prompt wechseln die LEDs über den vier Tastern dann von rot auf grün – jetzt heißen sie nämlich A, B, C und D und dienen zur Anwahl von vier Presets, ungefähr wie im Electro 4. Im Setlist-Mode werden die vier Presets jeweils zu einem sogenannten „Song“ zusammengefasst und dann in der Setliste abgespeichert. Hierfür stehen 200 freie Speicherplätze zur Verfügung. Mit dem Dreh-Encoder kann man sich dann durch die Setliste bewegen. Stufenweises Durchschalten wäre mit Value-Tastern allerdings einfacher.
Beim Erstellen, Benennen und Abspeichern der Songs ist der Encoder allerdings von großem Vorteil: Buchstaben und Presets sind sehr schnell angewählt. Selbst spontane Änderungen in der Reihenfolge lassen sich mit dem Encoder im Handumdrehen realisieren.
Im Nord User Forum beklagen allerdings einige Teilnehmer, dass es keinen Software-Editor für den Setlist-Mode gibt, da das Erstellen langer Setlisten dann doch etwas umständlich sei. Man darf also hoffen, dass Nord hier noch einen Editor nachliefert, denn ich kann mir sehr gut vorstellen, dass es trotz einfacher Bedienung am Rechner schneller gehen könnte.

Anzeige

Fazit

Mit dem Nord Electro 5D hat der schwedische Hersteller ein gelungenes Instrument auf den Markt gebracht, das in vielen Punkten sogar deutliche Verbesserungen gegenüber dem Vorgängermodell aufweist. Neben dem großen Speicherplatz und dem neuen Display ist vor allem die Layer/Split-Funktion ein absolutes Highlight. Trotz der grundsätzlich etwas komplexeren Architektur bleibt die Bedienung des Nord Electro 5D sehr einfach und die meisten Funktionen sind weiterhin direkt über die Taster und ohne viele Untermenüs erreichbar. Kritikpunkte gibt es nicht viele – ich persönlich hätte mir allerdings gewünscht, dass die Doppelmanual-Funktion bei der Hammond sowie ein Reverb-Effekt vor der Leslie-Simulation erhalten geblieben wären. Generell darf man lobend erwähnen, dass Nord grundsätzlich sehr daran interessiert scheint, die Instrumente kontinuierlich zu verbessern. So ist es auch beim Nord Electro 5D: Viele häufig geäußerte Kritikpunkte an den Vorgängermodellen wurden berücksichtigt. Auch softwareseitig wird weiter an Verbesserungen gearbeitet. Bereits während meines Testberichts wurde das OS-Update V1.20 veröffentlicht.  

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr guter Sound
  • Bi-Timbral (Split / Layer)
  • viel Speicherplatz
  • geringes Gewicht
  • gute Tastatur
  • Display
  • Delay und Hall getrennt
Contra
  • Setlisten-Modus: (noch) nicht per Editor programmierbar
  • Dual-Manual-Modus mit externer MIDI-Tastatur nicht mehr möglich
  • Hall kann nicht mehr durch das Leslie geschickt werden
Artikelbild
Nord Electro 5D 61 Test
Für 1.499,00€ bei
Der Nord Electro 5 (hier der 5D 61) bietet u.a. erstmals eine Split-/Layer-Funktion
Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.