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Clavia Nord C2 Combo Organ Test

Die Instrumente der schwedischen Firma Clavia erfreuen sich bei Keyboardern seit einigen Jahren großer Beliebtheit. Während die Modell-Reihen des Nord Electro und Nord Stage mit sehr guten Rhodes-, Piano-, Orgel- und Synth-Sounds den Allround-Tastenspieler ansprechen, zielt die neue C2 Combo Organ – wie es der Name schon erahnen lässt – auf den Orgelpuristen.


Der jüngste Spross der Schweden bietet dem User gleich vier verschiedene Orgelmodelle: eine auf Sampling basierende barocke Pfeifenorgel mit 21 Registern, je ein Modell der legendären Transistor-Orgeln von Vox und Farfisa aus den Sixties und das digitale Modell einer Hammond B3. Bei der Entwicklung des letzteren ist Clavia besonders sorgfältig gewesen. Nicht nur wurde jedes einzelne Signal der 91 Tonräder einer originalen Hammond analysiert, sondern es wurde auch akribisch untersucht, wie sich die Tonräder gegenseitig beeinflussen und wie das Übersprechen der einzelnen Tonräder (der sog. Leakage-Effekt) den Sound der alten Hammonds prägt. Aber es gibt ja schon seit den 70ern mehr oder weniger akzeptable Hammond-Clones von den verschiedensten Anbietern. Einige – wie die alte Korg CX3 – sind zwar zum Kultinstrument avanciert, aber keine konnte dem Sound und dem Feeling einer echten Hammond bis jetzt das Wasser reichen. Ob sich dies bei der Nord C2, die Clavia als „best performance organ on the market“ anpreist, genauso verhält, werde ich in diesem Test unter die Lupe nehmen. Im direkten Vergleich musste sie sich meiner Hammond A100 Baujahr 1961 mit einem Leslie 122 stellen.

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Details

Schauen wir uns die C2 mal an: als erstes stechen das Clavia-typische Rot und die geringen Abmessungen ins Auge. Mann, ist die klein! Die ebenfalls rot lackierten Holzseitenteile verleihen dem Instrument ein edles und hippes Erscheinungsbild, wodurch es eine gute Bühnenpräsenz bekommt. Nicht ganz unwichtig, wenn das Publikum eigentlich eine echte Hammond mit ihrem pompösen Wohnzimmermöbel-Design erwartet. Das restliche Gehäuse ist aus Metall gefertigt und macht einen sehr stabilen und robusten Eindruck. Alles ist sauber verarbeitet und die Potis und Knöpfe sehen ebenfalls unempfindlich aus. Leider hat sich im Konzert-Einsatz herausgestellt, dass die Knöpfe ziemlich laut klappern. In kleinen Clubs äußert sich das sehr störend beim Umregistrieren während leiser Passagen. 

TASTATUR
Die beiden Manuale sind als orgeltypische Waterfalltastaturen ausgelegt. Die je 61 Tasten spielen sich etwas schwerer als meine A100, sind aber leichtgängig genug, um alle gebräuchlichen Orgelspieltechniken wie Glissandi, schnelle Tonrepetitionen und Squabbeling problemlos anwenden zu können. Qualitativ machen die Tastaturen einen so hochwertigen Eindruck, dass sie locker die ein oder andere Showeinlage in Form von Trommeleinsätzen oder Ellbogenglissandi unbeschadet überstehen werden. Die C2 fühlt sich gut an und spielt sich wie eine „Echte“.

C2 auf meiner umgebauten A100

ANSCHLÜSSE
Der Anschluss für das Netzkabel ist leider als zweipoliges Rasierapparatkabel und nicht als gängiger Kaltgerätestecker ausgelegt. Erfahrungsgemäß sind solche ungebräuchlichen Kabel als erstes nach einem Gig verschwunden. Am besten besorgt man sich gleich ein oder zwei Ersatzkabel dazu. An Ausgängen hat die C2 einiges zu bieten. Neben dem obligatorischen (unsymmetrischen) Stereo-Pärchen und dem Kopfhörer-Anschluss gibt es eine Standard 11-Pin-Buchse zum Anschluss eines echten Leslie-Kabinetts. Das Signal umgeht hierbei die interne Leslie-Simulation und wird mit einem höheren Level abgegriffen, damit die Orgel auch richtig schön „schreien“ kann. Erfreulicherweise gibt es diesen High-Level-Ausgang noch einmal als Klinkenbuchse für Leslies, deren Vorverstärker über einen Klinkeneingang verfügen. Schön ist in diesem Zusammenhang, dass die Nord-Orgel über ein sehr flexibles Routing verfügt. So ist es möglich, das B3-Modell nur auf den Leslie-Ausgang zu routen und das Signal der Transistor-Orgeln über den Stereo-Out an einen Keyboardverstärker zu schicken.

Neben den Buchsen für MIDI In/Out gibt es eine extra MIDI-Buchse zum Anschließen eines Bass-Pedals. Clavia bietet als Zubehör ein 27-tastiges MIDI-Pedal mit integriertem Schweller an. Will man eine Orgel authentisch spielen, so kommt man um ein Volumen-Pedal nicht herum. Dies kann bei der C2 über eine Klinkenbuchse angeschlossen werden. Bei einer echten Hammond steuert der Schweller nicht nur die Lautstärke, sondern – abhängig von der Einstellung des Preamps – werden mit zunehmendem „Durchtreten“ des Pedals zusätzliche Obertöne und Verzerrungen generiert. Auch diese spezielle Disziplin weiß der neueste Clavia-Orgelspross zu meistern. Deshalb ist es möglich – und nötig – das Volumenpedal zu kalibrieren. Man kann aus vier verschiedenen Herstellern die richtige Einstellung für das verwendete Pedal wählen.  Je eine Klinkenbuchse steht für den Anschluss eines Sustainpedals und für die Steuerung des internen Leslie-Effektes zur Verfügung. Auch hier kann man intern die Orgel an das verwendete Pedal anpassen. Clavia bietet für die Leslie-Steuerung optional einen klassischen Halfmoon-Switch an. Mitgedacht haben die Ingenieure bei Clavia bei dem 3,5mm Stereo-Klinkeneingang. Hier kann jede beliebige Audioquelle angeschlossen werden. Leider gibt es keine Möglichkeit den Eingangspegel zu justieren, und das eingeschliffene Signal wird nur über den Kopfhörerausgang wiedergegeben. So beschränkt sich die Nutzung dieses Eingangs wohl lediglich auf das Einspielen von Playalongs während des Übens. Über den vorhandenen USB-Anschluss kann das Betriebssystem auf den neuesten Stand gebracht werden. Ebenso dient er in Verbindung mit dem Nord Sound Manager zum Verwalten der Programs im Computer.

An Anschlüssen bietet die Nord C2 also alles, was man als Organist braucht. Besonders gut gefallen mir die Anpassungsmöglichkeiten an das verwendete Outboardequipment.

BEDIENOBERFLÄCHE
Alle Sektionen der Bedienoberfläche liegen kompakt beieinander und sind mittig auf der Gehäuseoberseite angeordnet. Als Elemente hat Clavia sich für die typischen rechteckigen Knöpfe in Schwarz und Grau und ihre dunkelgrauen Potis entschieden. Manche Taster werden durch eine Status-LED ergänzt. Schauen wir uns die einzelnen Abteilungen mal an:

DRAWBAR-SECTION
Das Augenscheinlichste an der Bedienoberfläche sind die mittig angeordneten clavia-typischen 8-stelligen LED-Anzeigen mit je zwei Tastern, welche die Drawbars beim B3-Modell bzw. die Register bei den anderen Orgel-Modellen simulieren. Für diejenigen, die das Clavia-System noch nicht kennen: mit einem Druck auf den unteren Taster „zieht“ man den Zugriegel einen Schritt heraus und mit dem Betätigen des oberen wird der Zugriegel „hinein geschoben“. Der Stand des Drawbars wird durch die Anzahl der leuchtenden LEDs der dazugehörigen LED-Kette angezeigt. Hält man den jeweiligen Taster gedrückt, wird der Zugriegel komplett herausgezogen bzw. hinein geschoben. Hierfür lässt sich die Geschwindigkeit in zwei Stufen einstellen. Bei der C2 gibt es zwanzig dieser virtuellen Drawbars. Wie beim elektromechanischen Vorbild ist ein neuner Drawbar-Set für das Swell-Manual (Obermanual) links und ein neuner Drawbar-Set für das Great-Manual (Untermanual) rechts angeordnet. Dazwischen befinden sich die beiden Drawbars für die Pedal-Register. Diese können mittels des Great Man-Buttons auf die zwei untersten Oktaven des Untermanuals geroutet werden. Es wäre schön, wenn sich der Splitpunkt ändern lassen könnte, damit man bei aktiviertem Manual-Bass einen größeren Tonumfang zur Verfügung hätte. Für die Drawbarsets der beiden Manuale lassen sich je drei Presets einstellen. Bei einer Hammond entspricht dies der Funktion der invertierten Tasten. Der Unterschied jedoch ist, dass sie bei der C2 adhoc verändert werden können, wobei das Perkussions-Register bei jedem Preset genutzt werden kann. Im Live-Betrieb erweist sich die Preview-Funktion als nützlich. Damit lässt sich ein Preset erst stumm voreinstellen, bevor es dann auf Kopfdruck hörbar wird.

VIBRATO/CHORUS
Auf der linken Seite von den Drawbars befindet sich die Sektion für den Vibrato- und Chorus-Effekt. Den großen Drehknopf des Scanner-Vibratos der alten Hammonds hat Clavia durch einen einfachen Drucktaster ersetzt, mit dem die drei Chorus und Vibrato-Typen im Uhrzeigersinn durchgesteppt werden. Ich finde das etwas gewöhnungsbedürftig, da es mir auf der Bühne öfters passiert, einen Schritt zu weit zu steppen. Wie gewohnt hingegen lässt sich der Vib/Cho-Effekt mit den Tastern Swell und Great getrennt für beide Manuale aktivieren. Die Knöpfe zur Steuerung des Rotary-Effekts sind darunter angeordnet und lassen sich während des Spiels gut erreichen. Für die Geschwindigkeiten Slow und Fast gibt es je einen eigenen Taster. Angenehm finde ich den extra Stop-Button, der das virtuelle Leslie zum Stillstand kommen lässt. Den Rotoreffekt kann man über das System-Menu seinem eigenen Geschmack anpassen. Für das Hochtonhorn und den Bassrotor lassen sich jeweils in drei Stufen die Anlauf- bzw. Abbremszeit sowie die Rotationsgeschwindigkeit einstellen.

PERKUSSION

Die vier Taster für das Perkussionsregister sind ergonomisch rechts von den virtuellen Zugriegeln angeordnet und bieten mit den Funktionen On, Soft, Fast und Third das gewohnte Bild. Auch die Perkussion lässt sich den individuellen Vorstellungen des Users anpassen. In jeweils drei Stufen können die Parameter für Fast und Slow Decay sowie für Norm und Soft Level verändert werden.

MASTER- & PROGRAM-SECTION
Über der Drawbar-Abteilung befindet sich links der Regler für die Master Volume und der Shift-Taster, der bei manchen Knöpfen eine Zweitfunktion aktiviert.

Daneben liegt die Program-Sektion. Die 126 überschreibbaren Programs bieten alle gängigen Registrierungen der verschiedenen Orgelmodelle. So, wie es sich gehört, werden hier sämtliche Einstellungen (inkl. EQ-, Effekt- und Drive-Parameter) gespeichert. Zum Anwählen der Programs steht lediglich ein Up- und Down-Taster zur Verfügung, so dass man die Programme nicht direkt anwählen kann, sondern mühselig durchsteppen muss. Gerade in Live-Situationen eine zeitraubende und hektische Angelegenheit, die man nur durch eine gut durchdachte Speicherorganisation der benötigten Programme lösen kann. Hier kommen die beiden „Live“-Buttons ins Spiel, bei denen sich die C2 den gerade aktuellen Gerätezustand „merkt“. So kann man für jeden „Live“-Button eine Basis-Registrierung einstellen und blitzschnell zwischen beiden hin- und herwechseln. Zusammen mit dem gerade aktiven Programm stehen sozusagen drei komplette Programs parallel auf Knopfdruck zur Verfügung. Eine 3-stellige LED-Anzeige gibt Auskunft über die aktuelle Programm-Nummer und die Einstellungen der Parameter aus den Setup-, MIDI- und Sound-Menu. Obwohl das kleine Display nicht wirklich zur Luxusausstattung zählt, ist es für die Werteeingabe doch ausreichend. Behilflich ist dabei die Liste aller Parameter, die rechts auf der Gehäuseseite aufgedruckt ist.

ORGAN/SPEAKER MODEL
In der nächsten Abteilung werden die verschiedenen Orgelmodelle (B3, Vox, Farfisa, Pfeifenorgel) selektiert. Bis auf die Pfeifenorgel lassen sich alle Modelle voll polyphon spielen. Die Polyphonie des Pipe-Organ-Modells hängt von den verwendeten Registern ab. Die Shift-Funktion aktiviert einen einfachen, aber sehr gut einsetzbaren Synth-Bass. Mittels der Drawbar-Taster für die Pedale kann man den Attack-Level für einen punchigeren Sound und die Release-Zeit für einen Organ-String-Bass verändern.

Daneben befindet sich die Auswahl der verschiedenen Verstärker-Modelle. Die Nord C2 bietet Simulationen eines Leslie 122, eines Fender Twin und eines Roland Jazz-Chorus an.

EFFEKTE

DELAY
Die Nord-Entwickler haben der C2 einen schönen Delay-Effekt gegönnt, dessen Delay-Zeit entweder mit einem Poti oder dem „TAP“-Taster eingestellt werden kann. Der „Feedback“-Button bestimmt die Anzahl der Wiederholungen. Hier kann aus drei unveränderbaren Voreinstellungen gewählt werden. Über die Shift-Funktion kann das Delay auch nur auf das obere Manual geroutet werden. Für mich stellt der Delay-Effekt ein Highlight des Instrumentes dar, weil er aufgrund seiner einfachen Möglichkeiten sehr kreativ und musikalisch einsetzbar ist. Man kann der kleinen Roten Sounds entlocken, die auf einer herkömmlichen Hammond nicht so ohne weiteres möglich sind.

EQ
Im Live-Betrieb erweist sich der einfache 3-Band-EQ als große Hilfe, wenn es darum geht, den Sound an die Bühnengegebenheiten anzupassen. Die drei festen Frequenzen für Bass, Mitten und Höhen können um 15dB angehoben oder abgesenkt werden. Ebenso praktisch ist der „On“-Taster, mit dem man den Equalizer an- und ausschalten kann.

DRIVE

Der Overdrive-Effekt der C2 arbeitet sehr funktionell. Schön angewärmte Sounds sind damit genauso realisierbar wie aggressive Bratorgeln. Und das, obwohl nur die Intensität des Effektes geregelt werden kann. Dass der Grad der Verzerrung abhängig von der Stellung des Volumen-Pedals ist, ist den originalen Hammonds nachempfunden und sorgt für ein authentisches Spielgefühl. Allerdings klingt mir die Verzerrung bei höheren Werten zu kratzig und kalt.

REVERB
Fünf Hall-Räume (Room, Stage Soft, Stage, Hall Soft, Hall) mit festen Nachhallzeiten bietet der Reverb der C2. Der Hallanteil wird mit einem Poti geregelt. Klanglich ähnelt der Effekt durch seinen dichten und mittigen Charakter dem Federhall meiner A100 und wertet den Sound noch einmal auf.

SONSTIGE FEATURES
Es gibt noch ein paar weitere Features an der Nord Orgel, die ich erwähnenswert finde. Die Lautstärke des Key-Clicks – im Volksmund als „Schmatzen“ bezeichnet – kann in drei Stufen eingestellt werden.

Zur Steuerung der Perkussion wird bei den elektromagnetischen Orgeln der Tastenkontakt für den 1’-Zugriegel verwendet. Dieser ist bei eingeschalteter Perkussion also stumm. Bei der C2 hat man die Wahl, ob er erklingen soll oder nicht.

Je älter das Baujahr einer Hammond-Orgel ist, desto größer ist die „Leakage-Noise“, also das Übersprechen benachbarter Tonräder. Dies führt dazu, dass der Klang dreckiger und unrunder, aber auch lebendiger wird. Die C2 simuliert dies in vier Stufen: von Clean bis Vintage 3 kann das „Alter“ virtuell getrimmt werden, wobei die Leakage-Noise stets zunimmt. Sehr detailreich ist, dass bei extremster Einstellung dieses Nebengeräusch auch dann hörbar ist, wenn man nicht spielt. Manche Musikerkollegen können sich dadurch allerdings etwas genervt fühlen. Für mich gehört dieses Surren einfach zu einer Hammond.

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Praxis

Soweit die Theorie. Aber wie klingt das Ganze denn jetzt überhaupt? Um es vorweg zu nehmen: Die kleine Rote klingt fantastisch. In meinem Proberaum habe ich die Nord C2 und meine Hammond A100 zusammen an mein Leslie 122 angeschlossen und verglichen. Ihr Grundsound ist direkter als bei der A100 und hat viel Bauch und Wärme. Die Lebendigkeit im Klang kommt durch die Details der Leakage-Noise und des Key-Clicks. Dieser klingt wie beim Vorbild bei jedem Tastenanschlag anders. Es ist mir tatsächlich gelungen, die Nord Orgel so einzustellen, dass sie – ohne Vibrato/Chorus – exakt klingt wie meine A100. Hören Sie sich mal das erste Audiobeispiel an. Unglaublich! 

Audio Samples
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C2 standalone C2 über Leslie 122 A100 mit Leslie 122

Schaltet man den Vibrato/Chorus-Effekt hinzu, fallen jedoch die ersten Unterschiede auf. Bei den Choruseinstellungen vermisse ich ein bisschen Höhenanhebung, wodurch der Sound weniger bissig ist. Den Effekten Chorus 1 und 2 fehlt es an Tiefe und Intensität. Dadurch klingt die Nord schmaler und kühler als die Hammond. Dieser Unterschied wird bei den Vibrato-Varianten noch deutlicher. Weil der Effekt nicht genug Tiefe besitzt, wird er nicht so intensiv wahrgenommen und klingt im Vergleich zum echten Scanner-Vibrato statischer.

Audio Samples
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Vibrato und Chorus

Die Perkussion verstummt beim Legato-Spiel, wie man es gewohnt ist. Allerdings gibt es keine Velocity-Stufen, wodurch auch sie im direkten Vergleich etwas unnatürlich klingt.

Audio Samples
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2nd Perc Bossa

Meine Erfahrung zeigt, dass ein guter Rotary-Effekt für einen authentischen Hammond-Sound wichtiger ist, als die Orgel selbst. Bei der Leslie-Simulation haben sich die Ingenieure von Clavia wirklich Mühe gegeben. Bei langsamer Geschwindigkeit klingt der Stereo-Effekt sehr breit und natürlich. Das Anlauf- und Abbremsverhalten ist beinahe identisch mit meinem 122er Leslie. Stellt man die Rotary-Control auf „Stop“, dann laufen die Rotoren brav bis zum Stillstand aus. Da das Horn bei einem Lesliekabinett nur auf einer Seite offen ist und nie an der gleichen Stelle stehen bleibt, kommt der Sound bei jedem Stopp aus einer anderen Richtung. So bleibt auch das virtuelle Leslie der C2 jedes Mal an einer anderen Position im Stereo-Panorama stehen. Wunderbar! In der Stellung „Fast“ fehlt der Simulation allerdings wortwörtlich die räumliche Tiefe eines echten Lesliekabinetts. Dennoch klingt die Leslie-Simulation sehr überzeugend, und man kann auf kleineren Bühnen seine alte Kommode ruhigen Gewissens zu Hause lassen. Auch zur Freude des Tontechnikers, der dann nur mit einem Stereo-Signal zurecht kommen muss. 

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C2 Lesliesimulation Echtes Leslie 122

Eine eindeutige Schwachstelle der C2 ist die Verzerrung. Im Vergleich mit dem echten Röhrenleslie klingt sie doch sehr kratzig und kalt. 

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C2 drive Leslie 122 drive

SPIELGEFÜHL/HANDLING
Als Problem bisheriger Hammond-Imitate fand ich die Tatsache, dass sie sich nie wie ein echtes Instrument angefühlt haben. Sie haben auf mein Spiel einfach nicht so reagiert, wie ich es von einer echten gewohnt war. Die Kombination der vielen gut umgesetzten Details in Sound und Spielverhalten mit den angenehm spielbaren Waterfall-Tastaturen sorgt bei der Nord C2 für ein sehr authentisches Spielgefühl. Da kommt richtig Spielfreude auf.

Diese wird allerdings durch die virtuellen Drawbars getrübt. Aufgrund der Taster und der konstanten Geschwindigkeit, mit der die Zugriegel digital „gezogen“ werden, sind Sweep-Effekte nur eingeschränkt möglich. WahWah-Effekte und plötzliches spontanes Umregistrieren während des Spiels sind gar nicht zu realisieren. Obwohl ich mich nach einer gewissen Einarbeitungsfase zwar daran gewöhnt habe, vermisse ich doch echte Zugriegel. Ansonsten geht die Bedienung der C2 sehr flüssig von der Hand. Alle Bedienelemente sind da, wo man sie bei einer B3 vorfindet. Durch die enge Anordnung der Taster kann man die Orgel während des Spiels auch mit einer Hand bedienen. Dies ist ein wichtiger Punkt, weil eine ständige und spontane Veränderung des Sounds ein großer Aspekt des Hammondspiels ist.

Audio Samples
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Drawbars

Leider ist für den Organisten auch die Schlepperei ein wichtiger Aspekt. 15,5kg der C2 im Vergleich zu ca. 100kg meiner umgebauten (!) A100 sind der Grund, weshalb mein altes Schmuckstück seit einem dreiviertel Jahr keine Bühne mehr gesehen hat. Dafür ist mir nicht nur mein Rücken, sondern auch meine Mitmusiker dankbar. Optional bietet Clavia für die Nord-Orgel ein passendes Softcase und ein ultraleichtes Aluminiumstativ an.

mit Aluminiumstativ und optionalem Basspedal

Das Delay lädt übrigens zum kreativen Experimentieren ein. Mit dem Vox Model und dem Synth Bass kann man der kleinen Roten sogar „clubbige“ Sounds entlocken. Das geht mit meiner A100 nicht.

Audio Samples
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Dance the Nord
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Ich bin begeistert! Clavia hat mit der Nord C2 Combo Organ ein Hammondimitat gebaut, das den Vergleich mit einer B3 nicht zu scheuen braucht. Sie klingt super, fühlt sich fantastisch an, alles ist da, wo man es erwartet und sie sieht sehr hip aus. Die vielen Details in der Tonerzeugung und die Effekte werten das Instrument weiter auf. Während kleine Unzulänglichkeiten beim Scanner-Vibrato und der Perkussion nur im direkten Vergleich mit der A100 auffallen und weiter nicht stören, bleibt das Fehlen physikalischer Zugriegel nach wie vor ein großer Kritikpunkt. Trotzdem hält die Nord C2 was sie verspricht und ist für mich mit einem Straßenpreis von ca. €2.300,– „the best performance organ on the market.”

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sehr guter Sound
  • Qualität der Effekte
  • einfache Bedienung
  • geringes Gewicht
  • detailgetreues Spielverhalten
  • 11-Pin-Leslie-Anschluss bzw. Hi Level Out
  • Design
Contra
  • Overdrive-Effekt klingt bei extremen Einstellungen unangenehm
  • keine physikalischen Zugriegel
  • fester Splitpunkt im Untermanual
Artikelbild
Clavia Nord C2 Combo Organ Test
Für 1.699,00€ bei
Technische Details
  • 2x 61 halbgewichtete Waterfall Tasten
  • Classic Tone Wheel Organ-, Vox Continental- und Farfisa-Modelle mit voller Polyphonie
  • 6 Drawbar Presets pro Programmplatz
  • Percussion Controls
  • Vibrato / Chorus Controls
  • Delay mit Feedback und Tap-Tempo Funktion
  • 20 digitale Zugrigel
  • 3-Band EQ
  • Overdrive
  • Speaker Simulationen: 3 Typen inklusive Rotary mit wählbarer Geschwindigkeit
  • 5 Hallalgorythmen
  • Stereo Kophörer Output
  • 2 Line Level Audio Outputs plus High-Level Output
  • 11-pin Leslie Connector
  • Sustain Pedal Input, Rotor Pedal Input, Schweller Pedal Input
  • MIDI In, Out
  • Bass Pedal MIDI In
  • USB Interface
  • Gewicht: 15,5kg
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