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Artec Harmony Blue Test

Der koreanische Hersteller Artec hat sein Effektpedal-Angebot mächtig aufgebohrt und präsentiert in diesem Jahr drei unterschiedliche Produktgruppen. Black Air ist die günstigste mit Pedalen, die für etwa 40 Euro den Besitzer wechseln, die Treter der Custom Serie sind im Schnitt etwa 20 Euro teurer, und die Königsklasse mit runden 100 Euro wird momentan von der Legend Reihe gestellt. Aber auch dieser Preis ist für ein gutes Pedal immer noch sehr human.

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In den letzten Monaten hatten wir ja schon einige Pedale aus der Economy Class auf dem Prüfstand und diese durchweg für gut befunden. Jetzt geht es an die feineren Teile der Business Class. Schon die Verpackung suggeriert, dass man es hier nicht mit einem Standard-Pedal zu tun hat. In Braun und mit goldener Aufschrift sieht die stabile Papp-Behausung wesentlich wertiger aus als beispielsweise die schwarzen Schachteln der Black Air Klasse. Öffnet man den Deckel, fällt der Blick zunächst auf ein großes, weiches Putztuch, das den eigentlichen Star komplett verhüllt – sauber!  Nimmt man Letzteres beiseite, blinkt einem das Legend-Pedal, in diesem Fall der Chorus mit dem Namen Harmony Blue, in matt spiegelndem Aluminium verlockend zu. Klare Sache, der Hersteller hat seine Hausaufgaben gemacht und schafft es, dem Gitarristen das gute Stück optisch ansprechend und wertig zu präsentieren.
Aber unser unbestechliches bonedo-Testlabor lässt sich natürlich keinen Honig um den Bart schmieren. Wir werden das Teil mit der gewohnten nüchternen Härte, also mit verbundenen Augen und offenen Ohren durch die Mangel drehen.

DETAILS
Das Pedal ist äußerst robust gebaut. Die Basis bildet ein Aluminiumgehäuse, dessen Seiten rauer gebürstet sind, Ober- und Unterseite sind matt poliert. Trotz des sehr stabilen Auftritts ist es ein echtes Leichtgewicht und bringt gerade einmal 310 Gramm (ohne Batterie) auf die Waage. Auch in der Größe ist es eher kompakt. Mit den Abmessungen 67 x 115 x 43 mm (B x T x H) hat es in etwa die Maße eines Standard MXR-Effekts wie Dyna Comp oder Phase 90. Wie üblich findet man Schalter und Bedienelemente (Regler) auf der Oberseite, wobei sämtliche Bezeichnungen (Reglerfunktionen, Typenbezeichnung) mit Laser eingraviert wurden.
Die drei Regler des Effekts sind im Dreieck angeordnet, zwei oben, einer unten. Der Standard-Fußschalter befindet sich in der unteren Hälfte, und eine blaue LED zwischen den beiden oberen Reglern zeigt an, wenn der Effekt eingeschaltet ist. Ein zusätzlicher kleiner Ring am Fußschalter mit der eingestanzten Inschrift „True Bypass“ verrät uns, dass hier kompromisslos für den guten Ton gearbeitet wird und der Eingang bei ausgeschaltetem Effekt direkt mit dem Ausgang verbunden ist.

Die Anschlüsse findet man seitlich, rechts die Eingangsbuchse und den Standard-Anschluss für ein optionales 9V Netzteil, links den Ausgang. Der Harmony Blue kann auch mit einer 9V-Batterie betrieben werden, aber bei einem Stromverbrauch von 100mA sollte man davon eher absehen oder immer genügend Ersatzbatterien dabei haben. Außerdem ist der Batteriewechsel keine Sekundensache, denn erst muss die mit vier Schrauben gesicherte Bodenplatte gelöst werden. Die Investition in ein Netzteil sollte deshalb schon beim Kauf mit einkalkuliert werden. Das Pedal wird mit blankem Untergrund ausgeliefert, falls man ein Klettband zur Befestigung im Pedalboard ankleben möchte, ist das natürlich perfekt. Es besteht aber auch die Möglichkeit, vier kleine mitgelieferte Gummifüße an die Unterseite zu kleben, um das Pedal so rutschfest auf glatte Böden stellen zu können.

Bedienung
Der Chorus-Effekt mit analogem Schaltkreis wird mit drei Regelmöglichkeiten eingestellt. Rate ist für die Geschwindigkeit zuständig, Depth regelt die Effekttiefe und damit den Grad der Verstimmung, und der Mix-Regler mischt das Effektsignal mit dem Originalsignal. Wir haben es also mit den Standard-Regelmöglichkeiten für einen Choruseffekt zu tun.
Nun wird es aber höchste Zeit, uns mit dem Wesentlichen zu beschäftigen, dem Sound…

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PRAXIS
Wie üblich hören wir uns als Ausgangsbasis zunächst einmal eine mittlere Einstellung des Pedals bei unverzerrtem Ampsound an. Der Harmony Blue wird dazu direkt vor den clean eingestellten Verstärker geschaltet. Ihr hört zuerst das Signal ohne und danach mit Effekt.

Audio Samples
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Flat ST
GitarreRateDepthMix
Stratocaster121212

Unser Chorus ist kein höhenbetonter Schönfärber, er orientiert sich vielmehr am warmen, klassischen Effekt, den man von beliebten Tretminen wie dem Boss CE-1 her kennt. Ein weicher Klang mit der entsprechenden Tiefe im Sound, der auch bei höheren Einstellungen nicht schwammig wird. Verglichen beispielsweise mit den neueren Boss Chorus-Pedalen hat der Harmony Blue einen kraftvolleren Modulations-Sound, klingt aber nicht so fein und edel wie beispielsweise ein TC Electronics SCF. Was aber nicht nachteilig gemeint ist, sondern einfach einen Charakter definiert. Das Teil ist also eher etwas für Freunde analoger Vintage-Modulations-Sounds – so mein erster Eindruck.
Machen wir uns also an die unterschiedlichen Regelmöglichkeiten und beginnen mit dem Mix-Regler.

Mix
Hier wird der Chorus-Effekt stufenlos dem Originalsignal beigemischt, was zur Folge hat, dass auch der Pegel bei höheren Einstellungen leicht angehoben wird. Schon bei Minimalstellung (7Uhr) wird etwas Effektanteil hinzugemischt, aber alles andere wäre auch absurd, denn wer keinen Chorus möchte, der kann das Pedal mit einem Fußtritt aus dem Signalweg nehmen. Der Effekt lässt sich gleichmäßig über den gesamten Regelweg hinzumischen, was sehr feine Einstellungen möglich macht.
Im folgenden Beispiel hört ihr die Einstellungen 7,10,14 und 17 Uhr des Mix-Reglers, während die anderen beiden immer auf 14 Uhr stehenbleiben.

Audio Samples
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Mix 7 ST Mix 10 ST Mix 14 ST Mix 17 ST
GitarreRateDepthMix
Stratocaster14147-10-14-17

Rate
Die Geschwindigkeit des Chorus-Effekts wird ebenfalls recht linear justiert. Hier kann von ganz langsamer Modulationsgeschwindigkeit bis zu High-Speed (vergleichbar mit einem schnellen Leslie-Cabinet) alles eingestellt werden, was man so braucht. Was mir besonders gut gefällt, ist der weiche Klang, der sich gerade bei höheren Geschwindigkeiten angenehm in Szene setzt. Der Chorus klingt nie „eckig“ und auch wenn er mal nicht so ganz in Time eingestellt ist, stellt das kein großes Problem dar. Auch hier hört ihr wieder die drei Einstellungen auf 7,10,14 und 17 Uhr.

Audio Samples
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Rate 7 TE Rate 10 TE Rate 14 TE Rate 17 TE
GitarreRateDepthMix
Telecaster7-10-14-171515

Depth
Der letzte Regler im Bunde justiert die Effekttiefe, Depth genannt. Damit ist auch der Grad der Verstimmung durch den elektronisch hinzugefügten Ton gemeint. Auch hier ist eine sehr feine Dosierung möglich (von leicht bis mäßig verstimmt), sodass in allen Einstellbereichen sehr brauchbare und nicht übertriebene Klänge erzeugt werden können. Damit ihr die Auswirkung dieses Parameters deutlicher hört, habe ich in den nächsten Beispielen immer eine leere G-Saite vorweg gespielt. Diesmal gibt es nur drei Einstellungen, nämlich 7,12 und 17 Uhr.

Audio Samples
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Depth 7 ST Depth 12 ST Depth 17 ST
GitarreRateDepthMix
Stratocaster127-12-1715

Eine Sache, die beim genaueren Hinhören auffällt, ist ein etwas höheres Eigenrauschen, das aber vollkommen im Rahmen bleibt. Wir haben es hier mit einem Analog-Chorus zu tun und ein solches Teil bringt naturgemäß ein etwas höheres Rauschen mit sich als digitale Geräte. Mich persönlich stört es nicht, aber da sind die Grenzen bei jedem Gitarristen unterschiedlich.

Anwendungsmöglichkeiten
Wo kann man den Effekt einsetzen? Fast überall!
Je nachdem, wie er eingestellt ist, kann dieser Sound das Klangbild in allen möglichen Musikrichtungen bereichern. Die Spezialität ist natürlich das Aufpeppen von Cleansounds. Hier ein typisches Beispiel mit hoher Geschwindigkeit und viel Effektanteil für einen Rotary-ähnlichen Sound. 

Audio Samples
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Fast Chorus TE
GitarreRateDepthMix
Telecaster171415

Begleitungen aller Art können mit einer etwas dezenten Einstellung aufgehübscht werden. Auch im tiefen Frequenzbereich ist der Effekt übrigens nicht schwammig, die Grundtöne kommen klar und deutlich. Schade, dass das Pedal nur mono ausgelegt ist; in den meisten Fällen reicht das zwar vollkommen aus, aber schön wäre es trotzdem gewesen, stünde diese Option zum Beispiel für Aufnahmen bereit.

Audio Samples
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Slow Chorus SG
GitarreRateDepthMix
SG91717

Mit dem Mix-Regler lassen sich Sounds einstellen, die nicht jeder auf vintage getrimmte Choruseffekt erzeugen kann – denn diese Regelmöglichkeit ist bei Geräten dieser Kategorie in vielen Fällen nicht vorhanden.
Wir hören einen intensiv eingestellten Effekt, der allerdings nur leicht beigemischt wird und somit im Hintergrund für etwas Bewegung sorgt.

Audio Samples
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Light Chorus ST
GitarreRateDepthMix
Stratocaster141310

Auch mit verzerrten Sounds verträgt sich der Harmony Blue sehr gut, hier in einer etwas dezenteren Einstellung, die aber noch genügend Tiefe und Breite erzeugt.

Audio Samples
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Dist Chorus LP
GitarreRateDepthMix
Les Paul101210
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FAZIT
Der Harmony Blue von Artec macht einen guten Job. Man erhält, was man von einem analogen Choruseffekt erwartet: einen warmen Modulationssound in guter Qualität, der ganz klar in Richtung Vintage tendiert. Wer also einen HiFi-Chorus mit feinen Höhen sucht, ist hier fehl am Platz, denn das Originalsignal wird frequenzmäßig etwas beschnitten, aber das gehört zu einem Pedal mit eigenem Charakter. Die Einstellmöglichkeiten sind sehr gut, die Regler arbeiten relativ linear und der Choruseffekt lässt sich in allen Facetten sehr feinfühlig justieren. Das Pedal ist robust und für den harten Bühneneinsatz gebaut. Allerdings saugt es mit 100mA recht heftig an der Batterie – die übrigens auch etwas umständlich zu wechseln ist – weshalb der Kauf eines Netzteils mit eingeplant werden sollte. Wer auf der Suche nach einem Vintage-Style Choruseffekt ist und sein Budget nicht überstrapazieren will, der sollte den Harmony Blue antesten, denn das Preis-Leistungsverhältnis kann sich sehen lassen.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Warmer Chorus-Sound
  • Regelmöglichkeiten und Regelweg
  • Verarbeitung/Optik
Contra
  • Batteriefach schwer zugänglich
  • hoher Stromverbrauch im Batteriebetrieb
Artikelbild
Artec Harmony Blue Test
Für 89,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Artec
  • Modell: Harmony Blue (LE-HBL)
  • Typ: Chorus Effektpedal
  • Regler: Rate, Depth, Mix
  • Anschlüsse: Input, Output, 9V DC
  • Stromverbrauch: 100mA
  • Spannung: 9V (Batterie oder Netzteil)
  • Maße: 67 x 115 x 43 mm (B x T x H)
  • Gewicht: 310 Gramm
  • Preis: 98,- Euro
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