Stanton T.92 M2 USB Test

Der T.92 M2 USB von Stanton ist ein richtiges Multitalent. Er ist umfangreich ausgestattet, sowohl in Bezug auf das mitgelieferte Zubehör, als auch die technischen Features. Und die interessieren uns hier natürlich ganz besonders. Auffälligstes Merkmal ist der integrierte USB-Ausgang, mit dem das Digitalisieren von Schallplatten ohne zusätzliches Audiointerface möglich ist. Auch ein Line-Ausgang ist integriert und damit kann dieser Plattenspieler auch an jene Geräte angeschlossen werden, die keinen internen Phono-Preamp haben. Das alleine macht den Stanton schon zu einem praktischen Gerät, aber auch an Discjockeys wurde bei der Entwicklung gedacht.

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Stanton T.92 M2 USB, DJ-Turntable mit USB-Schnittstelle

Details

Gut verpackt kommt der Stanton T.92 M2 USB in meinem Testlabor an. Jedes Zubehörteil ist ordentlich geschützt, in Folie gepackt und fest in das Verpackungsmaterial geklebt. So sollte das sein. Vor dem Betrieb muss der Stanton noch zusammengesetzt werden, drei Schritte sind dafür notwendig. Zuerst muss der Plattenteller eingesetzt werden, was nur ein paar Sekunden dauert. Dann wird das Gegenwicht auf den hinteren Teil des Tonarms gesteckt und das beiliegende Headshell mit vormontiertem Stanton 300 System an der Vorderseite befestigt. Auch diese Schritte waren in weniger als zwei Minuten erledigt. Ein bisschen länger dauert dagegen die Einstellung und Justierung des Gewichts am Tonarm, denn hier muss man sich mit sehr feinem Drehen an den richtigen Wert herantasten. Für Laien könnte das unter Umständen etwas frustrierend werden, besonders weil die beiliegende Anleitung sehr knapp gehalten ist.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Stanton wird mit umfangreichen Zubehör geliefert

Blick auf die Rückseite

Hier finden wir sämtliche Anschlüsse, den Stromanschluss und den Power-Schalter. Der Stereo-Cinch-Ausgang ist für Mischpulte oder Verstärker gedacht, mit dem danebenliegenden Schalter wird das Ausgangssignal zwischen Phono- und Line-Pegel umgeschaltet. Der im Produktnamen versprochene USB-Anschluss ist hier auch zu finden, ebenso der digitale S/PDIF-Ausgang. Mit etwas Abstand rechts finden wir den Stromanschluss und den Power-Schalter.

Ganz viele Knöpfe und ein Fader
Der Stanton T.92 M2 USB protzt im Vergleich zu einem klassischen Turntable wie dem Technics 1200 regelrecht mit Knöpfen. Der größte Button ist naturgemäß dem Starten und Stoppen der Platte gewidmet. Gleich zweimal finden wir ihn auf dem Plattenspieler, was beim Aufstellen Flexibilität sowohl für Mix- als auch Scratch-DJs bedeutet. Über dem ersten Start/Stopp-Button befindet sich ein Drehregler, der an den Power-Schalter des Technics 1200 erinnert, hier aber lediglich den direkt angetriebenen Motor steuert. Damit kann man den nach wie vor beliebten Effekt der immer langsamer werden Platte initiieren. Zusätzlich ist hier das blaue Licht untergebracht, das den Plattenteller beleuchtet. Knöpfe für die Laufgeschwindigkeit dürfen natürlich auch nicht fehlen. Dass zwischen 33 und 45 RPM gewählt wird, ist Standard. Wenn beide Knöpfe gemeinsam gedrückt sind, bewegt sich der Plattenteller auch mit 78 Umdrehungen. Finde ich sehr cool, auch wenn ich keine einzige „78er“ in meiner Sammlung habe. In der Nähe des zweiten Start/Stopp-Tasters ist der Reverse-Button zu finden und er macht genau das, was der Name verspricht, nämlich das Vinyl rückwärts abspielen.

Der 100 Millimeter lange Pitchfader ist auf der rechten Seite untergebracht und insgesamt von drei weiteren Tasten umgeben. Der obere nennt sich „Pitch Select“ und schaltet zwischen acht und zwölf Prozent Pitch-Skalierung um. Links neben der Mittenstellung des Faders befindet sich die Taste „Pitch Lock“, oftmals auch „Quarz Lock“ genannt. Sie leuchtet auf, sobald man sich mit dem Regler bei +/- 0 befindet. Verschiebt man den Fader (Licht geht aus) und betätigt die Taste im Anschluss (Licht geht an), dreht sich der Plattenteller sekundenschnell wieder mit der normalen Geschwindigkeit. Zu guter Letzt ist unterhalb des Faders die sogenannte Key-Lock-Taste untergebracht. Dies ist für mich der spannendste Knopf und zugleich auch der diskussionswürdigste. Hiermit wird eingestellt, ob mit der Veränderung des Tempos auch die Tonhöhe der Musik beeinflusst werden soll oder gleichbleibt. 

Fotostrecke: 3 Bilder Eine zweite Start/Stopp-Taste und Reverse-Button

Tonarm

Ein S-förmiger Tonarm aus Kunststoff sorgt dafür, dass die Nadel auf der Rille liegt, ein Hebel zum Anheben und Absenken des Arms ist nicht vorhanden. Der obligatorische Anti-Skating Regler befindet sich rechts daneben.

Verarbeitung

Der T.92 M2 USB überzeugt mich mit einer soliden Verarbeitung. Nichts macht hier einen wackeligen Eindruck, auch der Tonarm und dessen Lager sind gut verbaut. Mit seinen fast 9 kg steht der Plattenspieler stabil auf seinen Füßen, was gerade für Scratching eine wichtige Voraussetzung ist. Hier ist nicht alles aus einem Guss wie bei dem schweren Technics 1200 Panzer, aber zu meckern gibt es hier eigentlich nichts. Kunststoff ist das dominierende Material. Gut finde ich, dass die analogen Cinch-Ausgänge einen Stecker haben, denn das habe ich persönlich immer an meinem Technics vermisst und jeder, der schon einmal einen Kabelbruch am Cinch-Ausgang hatte, kann davon bestimmt ein Lied singen.

Lieferumfang

Der Lieferumfang des Stanton ist sehr zufriedenstellend, ein rundum Wohlfühlpaket sozusagen. Neben den Komponenten des Plattenspielers selbst, ist ein auf der Headshell vorinstalliertes Stanton 300 System inkl. Nadel dabei. Ebenso eine Slipmat, ein Single-Puck, je ein Cinch- und USB-Kabel und da hier kein Kunststoffdeckel den Preis in die Höhe drückt, wurde als kostengünstige Alternative zumindest an eine Schutzhaube aus Stoff gedacht. Eine gedruckte Anleitung in verschiedenen Sprachen und ein Aufkleber sind ebenfalls dabei. Zusätzlich bekommt jeder Käufer die Vollversion der DJ-Software Deckadance 2 obendrauf, damit die frisch digitalisierten Songs gleich vermixt werden können. Einen ausführlichen Test dazu findet ihr hier.
Käufer des Stanton T.92 M2 USB brauchen also nur noch einen Computer und ein paar Schallplatten, um direkt loslegen zu können. Zum Aufnehmen fehlt unter Umständen ein passendes Programm und auch hier gibt die Anleitung einen Ratschlag und empfiehlt das kostenlose Audacity, was wir in diesem Test ebenfalls verwenden. Legen wir los!

Der Stanton ist mit einem S-förmigen Tonarm ausgestattet
Der Stanton ist mit einem S-förmigen Tonarm ausgestattet

Praxis

Analoge Verbindung

Dank integriertem Vorverstärker kann der Plattenspieler direkt an einen Line-Eingang angeschlossen werden. Wer also kein DJ-Mischpult oder keinen Verstärker mit Phono-Preamp besitzt, hat trotzdem keinerlei Probleme, das Gerät zu verwenden. Selbstverständlich kann der Turntable auch klassisch an den Phono-Eingang eines Verstärkers beziehungsweise Mischpults angeschlossen werden. Der Schalter hinten muss auf „Phono“ stehen, sonst gibt es einen ganz übel verzerrten Sound! Ein Erdungskabel wird nicht benötigt.
Der Sound ist okay, fällt aber relativ leise aus. Das liegt zum einen am verwendeten System und der Nadel, was der Vergleich mit meinem Ortofon Concorde bestätigt. Zum anderen trägt der Ausgang des Stanton selbst dazu bei. Ich kann diesbezüglich unterstreichen, was bereits beim Test des Vorgängers festgestellt wurde. Was die Lautstärke anbelangt, habe ich keinen Unterschied zwischen Line- und Phono-Ausgang festgestellt, wenn die entsprechenden Eingänge am Mischpult benutzt werden und alles richtig eingestellt ist. 

Digitale Verbindung

Der Anschluss über USB funktioniert an meinem Mac problemlos. Treiber müssen nicht installiert werden. Prompt wird der Plattenspieler als Audiointerface im Audio-MIDI-Setup angezeigt. Dass hier nur mit 16 Bit Auflösung gearbeitet wird, ist schade, aber immerhin kann mit 44,1 kHz oder 48 kHz aufgenommen werden. Die Aufnahmen über USB lassen sich nicht aussteuern und haben immer ein wenig Luft nach oben, übersteuert wurde bei keiner der Test-Recordings. Wem die Aufnahmen nicht laut genug sind, der müsste diese im Audioeditor nachträglich normalisieren. Für die Aufzeichnung über S/PDIF gilt im Prinzip das Gleiche.
Über USB können jedoch nicht nur Audiosignale vom Plattenspieler in den Computer geschickt werden, auch anders herum ist es möglich. MP3s und andere Audiodateien können auf dem Rechner gestartet und über das interne Audiointerface des Stanton wiedergegeben werden. Das ist praktisch und erleichtert zum Beispiel auch das Bearbeiten der frisch aufgenommenen Vinyl-Scheiben im Audio-Editor.

Deckadance DVS

Im Lieferumfang ist auch eine Lizenz für die DJ-Software Deckadance enthalten. Stellt sich Frage, ob man sie mit einem Timecode-Vinyl über USB nutzen kann. Mit einem Scratch Live Control Vinyl wird der Versuch unternommen und tatsächlich wird der Timecode empfangen. Dieser muss in den Einstellungen der Deckadance-Software feinjustiert werden. Prompt lässt sich eine MP3 abspielen und mehr oder minder steuern, der absolute Modus will leider nicht hundertprozentig funktionieren. Die Audiodatei wird korrekt abgespielt und auch das Pitchen oder Scratchen klappt, aber das Navigieren innerhalb des Tracks mit Hilfe der Plattennadel gelingt nicht. Weitaus störender ist aber, dass der Pfeifton des Timecodes konsequent im Hintergrund zu hören ist. Ich habe keine Möglichkeit gefunden, diesen zu unterdrücken – ganz gleich, welche Einstellungen ich an der Software vorgenommen habe. Schade eigentlich.
Mit einem zusätzlichen Audiointerface funktioniert der DVS-Modus selbstverständlich, der Stanton T.92 M2 USB würde dann wie ein klassischer Plattenspieler eingesetzt und das Timecode-Signal einfach analog in das Interface ausgegeben werden. Ansonsten lässt sich die Deckadance-Software natürlich auch ohne Control-Vinyl steuern. Als Beigabe ist sie auf jeden Fall ein schöner Bonus und sicherlich in erster Linie an diejenigen adressiert, die mal ins digitale Auflegen reinschnuppern wollen.

Mit Deckadance 2 ist eine vollwertige DJ-Software enthalten
Mit Deckadance 2 ist eine vollwertige DJ-Software enthalten

Performance
Für DJs hat der T.92 M2 USB einige Tricks auf Lager. Tempowechsel, Pitch-Lock, Starten und Stoppen erledigt der Plattenspieler dank Direktantrieb in weniger als einer Sekunde. Das Rückwärtsspielen auf Knopfdruck geht fast genauso schnell von der Bühne, selbst bei eingestellten 78 Drehungen pro Minute. Beim Scratchen blieb die Nadel, zumindest bei meinen Versuchen, sehr sicher in der Spur
Die 100 Millimeter langen Pitchfader befand DJ Rick Ski bei seinem Test des Vorgängers als etwas schwergängig, ich persönlich mag sie so wie sie sind. Beim Mixen arbeiten sie präzise und lassen sich sehr fein einstellen. Beim Beatmatching stelle ich fest, dass der Plattenteller beim Versuch, das Vinyl vorsichtig abzubremsen, etwas zu träge reagiert. Das macht das Finetuning des Tempos unter Umständen zu einer frickeligen Angelegenheit. Gerade Anfängern, die das Mixen lernen wollen, wird es damit nicht unbedingt leichter gemacht.

Der Pitch-Regler mit Quarz-Lock
Der Pitch-Regler mit Quarz-Lock

Key-Lock

Der Key-Lock offenbart mehr als jedes andere Feature die digitale Natur des Stanton. Egal wie der Plattenspieler angeschlossen und eingestellt wird, beim Druck auf den Key-Lock-Button wird die originale Tonhöhe der Aufnahme beibehalten. Üblicherweise wird in einem analogen System mit dem Verändern der Abspielgeschwindigkeit auch die Tonhöhe beeinflusst. Mickey-Mouse-Effekt wird das ja gerne auch genannt. Der T.92 M2 USB hebelt diese Eigenschaft auf Knopfdruck aus und vollführt quasi einen Echtzeit-Timestretch, wie man es auch aus einigen DAWs wie Ableton Live mit seinen gewarpten Audios kennt. Bei circa minus vier Prozent Pitch machten sich erste Artefakte bemerkbar, bei minus acht Prozent waren sie deutlich wahrnehmbar. Dieser „Stretch-Effekt“ ist beim Hochdrehen des Tempos nicht ganz so auffällig. Ich habe dies in den nachstehenden Audiodateien illustriert, dafür musste der Track „Journey“ des Künstlers Caldera (mit freundlicher Genehmigung des Berliner Labels „Sonic Moiré) herhalten. Wer die Schallplatten ganz „oldschool“ pitchen möchte, kann das natürlich ohne Key-Lock in Angriff nehmen.

Total digital

Worüber man sich bei diesem Plattenspieler bewusst sein sollte: Jegliches Signal von der Platte geht immer über den Digitalwandler. Es wird also grundsätzlich vom Analogen ins Digitale gewandelt und für den analogen Ausgang wieder zurück ins Analoge. Effekte wie der Key-Lock würden sonst nicht funktionieren. Das heißt im Klartext: Puristen, die ein unverfälschtes Vinyl-Erlebnis haben wollen, sind mit diesem Gerät nicht so gut beraten. Wer reinen Analogsound möchte, muss nach klassischen Plattenspielern Ausschau halten.

Audio Samples
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Stanton T92 M2 USB Start/Stopp-Test Stanton T92 M2 USB Motor off Stanton T92 M2 USB Reverse Stanton T92 M2 USB Key-Lock 0/+4/+8 Stanton T92 M2 USB Key-Lock Pitch 0/-4/-8

Fazit

Der Stanton T.92 M2 USB wird vielen Anwendungsbereichen gerecht. Er lässt sich ganz einfach mit dem Computer verbinden und macht das Digitalisieren der eigenen Plattensammlung zu einem Kinderspiel, eignet sich aber auch für die heimische Mixsession und Scratch-Experimente. Mit seinen tollen Features wie Rückwärtslauf, dem erweiterten Pitch-Bereich und dem Gleichbleiben der Tonhöhe (wenn gewünscht) weiß er durchaus zu begeistern. Das Abbremsen der Platte funktioniert beim Stanton nicht ganz so gut, wie bei den teureren Profigeräten. Der Turntable ist wertig gebaut und wird mit umfangreichem Zubehör geliefert. Sogar eine vollwertige DJ-Software ist dabei. Profis und High-End-Fans werden bemängeln, dass der eingebaute Wandler nur mit 16 Bit arbeitet und das Signal immer erst durch den Wandler läuft. Außerdem könnte er auch ein bisschen lauter sein. Unterm Strich ist der Stanton T.92 M2 USB für seinen Preis von rund 350 Euro aber sehr zufriedenstellend.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • flexible Anschlussmöglichkeiten
  • einfaches Digitalisieren von Vinyl
  • zwei Start/Stop-Tasten für unterschiedliche Positionierung
  • vielseitige Features
  • guter Lieferumfang
  • integrierter Key-Lock
  • Deckadance 2 DJ Software inklusive
Contra
  • mitgeliefertes System leise
  • insgesamt leiser Ausgang
  • Wandler nur 16 Bit
  • Vinyl-Signal durchläuft immer den Digitalwandler
  • Abbremsen der Platte funktioniert ein bisschen ungenau
Artikelbild
Stanton T.92 M2 USB Test
Für 219,00€ bei
Stanton T.92 M2 USB, DJ-Turntable mit USB-Schnittstelle
Stanton T.92 M2 USB, DJ-Turntable mit USB-Schnittstelle
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