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Yamaha NP-30 Test

Der erste Eindruck
Das NP-30 lässt sich problemlos mit einer Hand aus dem Karton heben, die Bezeichnung „Portable Grand“ trägt es also völlig zu Recht. Nachdem ich das externe Netzteil angeschlossen habe, suche ich vergeblich nach einem Sustainpedal. Ein Piano ohne Pedal? Bereits hier offenbart sich, dass der Sparfuchs dem Produktdesigner zur Seite gestanden hat. Ich stecke also flink mein eigenes Pedal in die Buchse und lege los. Doch allzu viel Kraft ist gar nicht nötig, denn die 76 Tasten sind nur leicht gewichtet und fühlen sich definitiv nicht nach einem Steinway an. Yamaha hat die Tastatur gegenüber dem akustischen Vorbild um eine Oktave reduziert und auf eine Hammermechanik verzichtet, um Gewicht und Kosten zu minimieren. Aber mit einer gewöhnlichen Synthie-Tastatur hat man es beim NP-30 auch nicht zu tun. Die Klaviatur wird vom Hersteller als „76-key piano-style“ betitelt und trägt den Zusatz „Graded Touch“. Im Klartext heißt das: Sieht aus wie eine Klavier-Tastatur, ist aber eigentlich keine. Dennoch lässt sich das Instrument überraschend gut spielen, es kommt tatsächlich so etwas wie ein „Klavier-Gefühl“ auf. Es gibt einen klar definierten Druckpunkt und die Tasten reagieren durchweg sensibel auf verschiedene Dynamiken. Die Anschlagsempfindlichkeit lässt sich in vier Stufen an den Benutzer anpassen.  Insgesamt wirkt die Klaviatur ziemlich straff und alles andere als klapprig. Zudem verleiht der mit dunkelrotem Filz unterlegte Übergang zwischen Tastatur und Gehäuse dem Gerät eine wertige Note. Sehr praktisch ist auch der mitgelieferte Notenständer.

YamahaNP-30_Top

Konzept und Anschlüsse
Beim NP-30 hat man es ganz zweifellos mit einem Einsteiger-Instrument zu tun, das bestätigt das schmucklose, aber solide verarbeitete Kunststoffgehäuse. Rückseitig befindet sich neben der Buchse für das externe Netzteil (nicht optimal, aber unerlässlich in dieser Preisklasse) ein Eingang für Sustainpedal, MIDI In und Out sowie ein Kopfhörerausgang. Und das ist auch schon alles. Einen Audio-Output beispielsweise sucht man vergeblich. Dieser ist wohl ebenfalls aus Kostengründen dem Rotstift zum Opfer gefallen. Möchte man das Instrument auf einer Bühne oder zum Aufnehmen verwenden, muss man auf die Kopfhörerbuchse zurückgreifen. Das ist sicherlich keine professionelle Lösung, zumal man für den Stereosound mitunter abenteuerliche Adapterkonstruktionen benötigt.

Lautsprecher
Die Außenwelt lässt sich also mit den Klängen des Pianos entweder über Kopfhörer oder die eingebauten Boxen beglücken. Diese sind links und rechts von der Tastatur positioniert, liefern 2 x 6 Watt und bilden den Klaviersound recht überzeugend ab. Natürlich fehlt es an Substanz im Bassbereich, dennoch kommt die Lautstärke an die eines akustischen Klaviers nahezu heran. Auch das Stereo-Panorama wird schön abgebildet: Spielt man vom Bass bis zum Diskant, wandert der Sound von links nach rechts. Schiebt man allerdings den Lautstärkeregler bis zum Anschlag und langt ordentlich zu, fangen die zarten Speaker an zu klirren und zerren vor allem in den unteren Frequenzen. Rachmaninow bei voller Lautstärke geht also nicht.

YamahaNP-30_SpeakerTast

Batteriebetrieb möglich!
Abgesehen davon gibt es ein Batteriefach, das mit sechs AA-Batterien gefüllt werden kann und das Mäuseklavier quasi überall einsetzbar macht. Interessant ist das für Straßenmusiker oder den ambitionierten Naturfreund, der gern ungestört im Wald üben möchte.

YamahaNP-30_Total

Bedienung und Funktionen
Neben dem Power-Knopf finden wir links oben auf dem Gehäuse lediglich den Volume-Regler und fünf weitere Taster. Diese sind mit mehreren Funktionen belegt und lassen die Vermutung aufkommen, dass das NP-30 mehr etwas kann als nur Klavier. Der Taster „Metronome“ schaltet Selbiges ein und aus, zudem kann man mit ihm über Umwege das Tempo und die Taktart einstellen. Daneben gibt es einen mit „Song“ überschriebenen Button, der für den internen Demo-Song-Speicher zuständig ist. Der Taster „Grand Piano/Voice“ dient zur Auswahl der zehn verschiedenen internen Sounds. Durch einmaliges Drücken dieser Taste kommt man automatisch zum Basis-Sound „Grand Piano 1“ zurück. Zuletzt gibt es zwei Knöpfchen, die für die Funktionen „Back“ und „Next“ der Sound- oder Demo-Song-Auswahl zuständig sind, sozusagen Up- and Down-Taster.

Die linke Seite des Bedienpanels
Die linke Seite des Bedienpanels

Ihr ganzes Potential können diese fünf Taster nur in Kombination mit der Tastatur entfalten. Dafür wurden verschiedene Tastaturbereiche in vier Kategorien (Song, Voice, Beat, Tempo) unterteilt und mit den Bezeichnungen für die unterschiedlichen Sounds beziehungsweise mit Ziffern versehen. Klingt ein wenig umständlich, und das ist es auch. Möchte man zum Beispiel den Streichersound anwählen, drückt man „Grand Piano/Voice“ und dazu F#1. Für das Layern von zwei Sounds wie Piano und Strings, drückt man „Grand Piano/Voice“ in Verbindung mit C1 und F#1. Möchte man das Tempo des Metronoms einstellen, hält man „Metronome“ gedrückt und stellt dann mit den Tasten C4 bis A4 das Tempo ein, denn dieser Bereich der Klaviatur ist dann eine numerische Tastatur. Auf diese Weise kann man alle Funktionen nutzen, die das NP-30 bietet. Dazu gehören die Anwahl der zehn Klänge, ebenso der zehn Demosongs und der zehn zusätzlichen Piano-Demo-Songs (ja, „Für Elise“ ist auch dabei). Man kann Metronomlautstärke, Tempo und Taktart einstellen, außerdem vier verschiedene Hall-Typen, den Anteil des Halls, die Verhältnisse zwischen den Layer-Sounds, die Anschlagsdynamik sowie Tuning und Transposition. Auch grundlegende MIDI-Funktionen lassen sich durch geschicktes Kombinieren diverser Tasten aufrufen.

Manual
Yamaha liefert für die Bedienung neben der ausführlichen und leicht verständlichen Anleitung auch einen „Quick Operation Guide“ in Form einer beidseitig bedruckten DIN A4-Seite mit. Diese benötigt man auch, zumindest wenn man den vollen Funktionsumfang des Pianos nutzen möchte. Ob der Einsteiger allerdings gesteigertes Interesse daran hat, den Reverb-Anteil zu justieren, wage ich zu bezweifeln. Basis-Funktionen wie die Soundauswahl (die man ja auch mit dem „Back/Next“-Taster vornehmen kann) hat man recht schnell begriffen, das Einstellen des Metronoms finde ich allerdings zu umständlich. Hier würden zwei Taster für Tempo Up/Down dem einen oder anderen Benutzer sicherlich viele Nerven retten. Gleiches gilt für die Transpose-Funktion.

Fotostrecke: 2 Bilder Quickguide (Abb.1)

Benutzereinstellungen speichern? Leider nein!
Schaltet man das NP-30 aus, gehen alle Einstellungen verloren, nach dem erneuten Einschalten wird wieder „Grand Piano 1“ aufgerufen. Hat man mit kniffligen Tastenkombinationen mühsam Metronom, MIDI-Kanäle und Reverb-Einstellungen vorgenommen, muss man dies nach jedem Einschalten wiederholen. Das macht es nicht unbedingt bedienungsfreundlicher.

Kommentieren
Profilbild von Alina

Alina sagt:

#1 - 09.12.2013 um 04:12 Uhr

2

Vielen Dank für diesen ausführlichen Bericht!
Kannst Du oder jemand vielleicht ein Model empfehlen, mit 88 Tasten und gewichteter Mechanik, welches ebenfalls leicht zu transportieren ist?

Profilbild von Lasse Eilers (bonedo)

Lasse Eilers (bonedo) sagt:

#2 - 09.12.2013 um 04:41 Uhr

0

Liebe Alina, die leichteste gut spielbare Hammermechanik ist die Fatar TP/100. Sie ist unter anderem im Studiologic Numa Piano und im Nord Electro 4HP verbaut (bei Letzterem allerdings in einer Version mit nur 76 Tasten). Beide wiegen um die 11kg und du findest zu beiden auch Testberichte hier auf bonedo. Auch die Hammermechanik der Casio-Pianos der neuesten Generation (u.a. PX-150, PX-350, PX-5S) ist nicht schlecht und sehr leicht. Allerdings reichen beide Tastaturen nicht ganz an die schwereren Hammermechaniken heran – ganz ohne Kompromisse ist das leichte Gewicht leider nicht zu erreichen. Probier es einfach mal aus! Viele Grüße, Lasse

Profilbild von Machmaldenrachenoff

Machmaldenrachenoff sagt:

#3 - 14.12.2013 um 04:28 Uhr

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Danke für den aussagekräftigen Testbericht!
Die Klangbeispiele geben mir einen guten Eindruck davon, was von dem Gerät zu erwarten ist.Als Keyboarder, der seit Jahrzehnten einem "realistischen" Klavierklang nachjagt, bin ich vom Klang eigentlich recht angetan.
Was man hier für gerade mal 300 € bekommt, war bis vor kurzem nicht einmal in guten Synthesizern zu bekommen, und wenn, dann zehnmal so teuer.
Ich hatte in den 1990ern ein kleines, nur 5-oktaviges Yamaha YPR-9 mit ähnlichem Konzept, das klang zwar nicht annähernd nach Klavier, aber es hatte einen durchaus eigenständigen E-Piano-Charakter. durchaus anhörbar. Und es war weit teurer.
Letzlich kommt es aber letztlich stark darauf an, wie man ein Instrument spielt, und weniger darauf, ob es authentisch klingt. Ein virtuoser Spieler (wie der Tester ;) holen auch aus schlechteren Instrumenten tollen Sound heraus.Schade, dass Yamaha, so wie viele andere Hersteller in dieser Preisklasse, hier wieder einmal am falschen Platz gespart hat, der fehlende Line-Ausgang versperrt dem Gerät den Einsatz in der Hobbyband und die verkorkste Bedienung über die Klaviatur ist wirklich nicht mehr zeitgemäß. Allerdings hat dieses Konzept die Stärke, dass man sich auf das Wesentliche konzentrieren kann, ohne von blinkenden Lämpchen und strahlenden Displays abgelenkt zu werden.Wenn es wirklich stimmt, dass sich das Gerät keine Einstellungen merkt, ist das für mich aber untragbar. Hier ist Ärger vorprogrammiert. Selbst die billigsten China-Keyboards merken sich mittlerweile eine ganze Menge, allerdings ist bei diesen der Klang sicherlich schlechter als bei Yamaha.

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