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Keyboard Masterclass Workshop #8

In den letzten drei Folgen des Keyboard Masterclass Workshops haben wir uns mit Jazz-Voicings beschäftigt, die man mit einer Hand greifen kann. Diesmal möchte ich euch zeigen, wie ihr diese noch anreichern könnt – wenn ihr beispielsweise in einer Combo mit beiden Händen begleitet.

Bonedo_Workshop_Keyboard_Masterclass_08


Im Rahmen des Workshops werde ich euch ein System vorstellen, das euch effektiv dabei helfen kann, den Überblick über die vielen zur Auswahl stehenden Optionstöne zu behalten – und die zweihändigen Voicings mit möglichst wenig Denkstress zu beherrschen. Fangen wir wieder bei der II-V-I Verbindung in C-Dur an. 

II-V-I in Dur

Xm9
Unser einhändiges Voicing für den Dm9 Akkord war ja dieses hier: 

Dm9
Dm9

Wir drücken dieses Voicing nun mit der linken Hand und setzen mit der rechten einen C-Dur Dreiklang darüber. Den Basston lassen wir weg, denn der kommt in einer solchen Begleitsituation ja in der Regel vom Bassisten.

Dm9 + C-Dur (Typ A)
Dm9 + C-Dur (Typ A)
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Dm9 + C-Dur (Typ A)

Wir greifen mit der rechten Hand die 7, die 9 und die 11 des Akkords, aber es sieht aus und spielt sich wie ein C-Dur Dreiklang. Man nennt dies „Upper Structure“. Anstatt uns Gedanken über 7, 9 und 11 machen zu müssen, merken wir uns also einfach nur: Bei Xm9-Akkorden setzen wir einen Dur-Dreiklang auf die Septim (in diesem Fall C).
Für Typ B gilt das genauso. Hier ein Am9-Voicing mit G-Dur-Dreiklang on top:

Am9 + G-Dur (Typ B)
Am9 + G-Dur (Typ B)
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Am9 + G-Dur (Typ B)

Der Upper Structure Dreiklang (engl. Upper Structure Triad) kann übrigens in jeder beliebigen Umkehrung gespielt werden. So können wir unser Voicing etwas variieren, ohne viel nachzudenken. Wir kehren einfach den oberen Dreiklang um.

Xmaj7
Beim Major7-Akkord nehmen wir auch wieder in der linken Hand das Voicing, das wir schon kennen und packen oben einen Dur-Dreiklang auf die fünfte Stufe (Quinte). Beim Cmaj7 wäre das also ein G-Dur-Dreiklang. Im Zusammenhang mit dem Cmaj7 ergeben sich die Optionstöne 5, maj7 und 9. 

Cmaj9 (Typ A)
Cmaj9 (Typ A)
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Cmaj9 (Typ A)

Beim Typ B funktioniert es genauso (z.B. Gmaj7 mit D-Dur on top):

Gmaj9 (Typ B)
Gmaj9 (Typ B)
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Gmaj9 (Typ B)

Bei diesem Akkordtyp können wir das Lefthand-Voicing auch ein bisschen abändern und statt 5 und 7, die 6 bzw. 13 greifen. Die 5 und die 7 kommen ja durch die rechte Hand sowieso hinzu: 

Cmaj13
Cmaj13

X7
Die Dominante hatte ich zunächst übersprungen, denn anders als beim Moll 7 und Major 7 ist es hier nicht ein einfacher Dur-Dreiklang, den wir oben draufpacken, sondern ein Quartakkord. Dieser sitzt bei Typ A auf der 9, bei Typ B auf der 13. 

G13 (Typ A)
G13 (Typ A)
D13 (Typ B)
D13 (Typ B)
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G13 (Typ A) D13 (Typ B)

Gegenüber der einhändigen Variante ist das Lefthand-Voicing hier etwas ausgedünnt. Beim G13 (Typ A) fehlt links die 9, beim D13 (Typ B) die 13. Diese Optionen befinden sich nun in der rechten Hand. Man kann diese Töne auch links mitspielen, aber wenn man sie weglässt, klingt es etwas luftiger.
Kommen wir nun zu den Akkorden der II-V-I in Moll. 

II-V-I in Moll

Xm7b5
Auch bei diesem Akkord spielen wir wie beim Xm9 einen Dur-Dreiklang auf der siebten Stufe: 

Dm7b5 (Typ A)
Dm7b5 (Typ A)
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Dm7b5 (Typ A)

Das E in der rechten Hand ist die aufgelöste 9. Eigentlich wäre die 9 in dieser Tonart das Eb, aber das reibt sich mit dem Grundton. Das E klingt etwas fremd, aber interessant. Bei Typ B funktioniert es genauso:

Am7b5 (Typ B)
Am7b5 (Typ B)
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Am7b5 (Typ B)

X7alt
Bei der alterierten Dominante wird es interessant. Hier gibt es zwei verschiedene Dur-Dreiklänge, die wir in der rechten Hand greifen können. Nehmen wir einen Dreiklang auf der #5, so ergibt sich ein X7#5#9 Akkord. Bei G7alt wäre das ein Eb-Dur-Dreiklang. Die linke Hand können wir dann auf die Funktionstöne Terz und Septim reduzieren. 

G7#5#9
G7#5#9
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G7#5#9

Ein Dreiklang auf der b5 (Db) ergibt hingegen einen G7b5b9 – ebenfalls eine Variante des alterierten Akkords: 

G7b5b9
G7b5b9
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G7b5b9

Wechselt man zwischen den beiden Varianten hin und her und benutzt auch Umkehrungen der Dreiklänge in der rechten Hand, so bekommt man sehr interessante Klänge und zahlreiche Varianten des alterierten Akkords. Probiert einfach ein bisschen herum! 

Xm maj7
Die Moll-Tonika in der II-V-I in Moll wird ja oft mit der Major 7 versehen. In diesem Fall würden wir den Dur-Dreiklang von der 7 auf die 5 verlegen. 

Cm maj7
Cm maj7
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Cm maj7
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Weitere Akkordtypen

X7#11
Bei diesem Typ setzen wir unseren Dur-Dreiklang auf die zweite Stufe. Beim G7#11 wäre das also ein A-Dur. In der linken Hand reichen dann die Funktionstöne Terz und Septim. 

G7#11
G7#11
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G7#11

X7b9/13
Auch hier können wir die Upper Structure wieder in einen Dur-Dreiklang packen – diesmal auf der 6. Bei G7b9/13 wäre das also ein E-Dur. 

G7b9/13
G7b9/13
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G7b9/13

X7sus
Um einen Sus13 zu erhalten, nehmen wir ja einen Major7 Akkord auf der siebten Stufe. Unseren Dreiklang setzen wir dann auf die 5 dieses Major-Akkords, was der 4 des eigentlichen Akkords entspricht. Bei Gsus13 sähe das demnach so aus: 

Gsus13
Gsus13
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Gsus13

Xdim
Bei den einhändigen Voicings hatten wir vier Varianten des verminderten Akkords. Hier ist es nun genauso. Wir können unseren Dreiklang einen Ganzton über jeden beliebigen Akkordton legen. 

Gdim (4 Varianten)
Gdim (4 Varianten)
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Gdim (4 Varianten)

Für welche Variante man sich entscheidet, hängt hier vom persönlichen Geschmack und musikalischen Umfeld ab – und natürlich davon, welcher Akkord als nächstes kommt. Hier ist Ausprobieren angesagt, um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Xmaj7#11
Um einen Maj7#11 zu erhalten, greifen wir links einen Major7/9 und packen rechts einen Dur-Dreiklang auf die zweite Stufe: 

Cmaj7#11
Cmaj7#11
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Cmaj7#11

Xmaj7#5
Dieser Akkord kommt selten vor. Wir erhalten ihn, wenn wir links die Funktionstöne 3 und Maj7 greifen und rechts dazu einen Dreiklang auf der dritten Stufe. Bei einem Cmaj7#5 wäre das also ein E-Dur: 

Cmaj7#5
Cmaj7#5
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Cmaj7#5

Mit solchen Dreiklang-Voicings in der rechten Hand, den sogenannten „Upper Structure Triads“, lassen sich also fast alle Akkorde interessanter machen, wenn man beide Hände zur Verfügung hat. Hier nochmal ein Überblick, auf welcher Stufe der Dreiklang bei den verschiedenen Akkordtypen gebildet wird:

AkkordtypDur-Dreiklang auf Stufe
m77
maj75
7Quartakkord auf 9 oder 13
m7b57
m maj75
7altb5 oder #5
7b9/136
7#112
maj7#112
sus4
maj7#53
dim2, 4, b6 oder maj7

So, und damit endet meine Serie zum Thema Jazz-Voicings. Mit den Voicings aus den letzten vier Folgen könnt ihr jetzt fast jeden Jazzstandard harmonisch bewältigen. Mit etwas Praxis werdet ihr die Voicings dann so im Gefühl haben, dass ihr nicht mehr darüber nachdenken müsst. Also: Real Book raus und üben! 

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