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Traps A-400 Test

Ich weiß nicht genau, wie oft ich mir um 3 Uhr morgens nach einem Gig geschworen habe, in meinem nächsten Leben Piccoloflöte zu lernen, während ich ächzend mein Drumset in den ersten Stock schleppe, um es dort wieder aufzubauen, weil ich am nächsten Morgen um 11.00 Uhr schon den nächsten Schüler erwarte. Und da dies ganz sicher nicht nur mir so geht, scheint es nur logisch, dass der Fokus vieler Schlagzeugfirmen schon lange immer mal wieder auf der Fertigung möglichst kleiner, transportabler, aber hochwertiger Drum-Sets liegt.

Und es gab in dieser Hinsicht bereits großartige Erfindungen zu vermelden, man denke da nur an das Yamaha „Hip-Gig“, bei dem sich die Bassdrum leicht öffnen lässt, sodass man zum Transport die restlichen Trommeln darin verstauen kann. Oder das „Travel Kit“ von Ayotte mit sehr kleinen, aber hochwertigen Kesseln und das „Rhythm Traveler Kit“ von Pearl, das ähnliche Vorzüge aufweist. Und dann wäre da eben noch Traps. Der Name leitet sich übrigens von dem Wort „Contraptions“ ab, welches früher mal als universelle Bezeichnung für Drums und Percussion benutzt wurde.

Nachdem sich die britische Firma ALCHEMY zunächst als Drittanbieter von gegossenen Plastik-Drumparts für namhafte Hersteller einen Namen gemacht hatte, kam es 2004 zu einer mehr oder weniger freiwilligen Fusion mit der Arbiter PLC Group, die ebenfalls zum Kundenkreis zählte. Das neue Gespann profitierte von der großen Erfahrung ALCHEMYs im Fertigen von Guss-Plastik-Drumparts und nahm sich vor, den „Kleiner-Ist-Größer-Wahn“ auf die Spitze zu treiben und (neben E-Drums) auch ein akustisches Drumset völlig ohne Kessel zu bauen. Ladies und Gentleman: Hier kommt das Traps A-400.

Traps_A-400_Produktfoto_gesamt
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Details

„Ist das schon alles?“, frage ich den Kurier, während er mir ein mittelgroßes und mittelschweres Paket vor die Tür stellt. Tatsächlich versteckt sich das neue XS-Schlagzeug inklusive Hardware und sogar einem Paar Sticks komplett in nur einem Karton!

Oft fragt man sich ja, was sich wohl hinter den mitunter doch ziemlich skurrilen Erweiterungen der diversen Produkt-Beschreibungen verbirgt. Im Falle des A-400 ist es einfach. Bei der mir zum Test vorliegenden Version des Sets handelt es sich um das auf der Hersteller-Homepage beschriebene A-400-nc (No Cymbals). Offensichtlich gibt es also auch eine Version, bei der die Becken bereits im Lieferumfang enthalten sind. Das A-400-nh (No Hardware) hingegen kommt nicht nur ohne Becken, sondern auch ohne HiHat-Stativ und Drum-Pedal daher. Nachdem ich den Boten noch kurz verdächtigt hatte, das zweite Paket mit dem Drum-Rack unterschlagen zu haben, finde ich am Paketboden doch noch ein Päckchen mit den dicken Stahlrohren, die wohl mit den zahlreichen Klemmen aus dem beigefügten Plastikbeutel zu einem Rack geformt werden sollen.

Fotostrecke: 3 Bilder Erinnert doch stark an ein Schlagzeug, oder…?

Zunächst stellen sich bei mir misstrauische Blicke ein – Plastik, Plastik, Plastik. Natürlich sind die einzelnen Teile und Trommeln dadurch sehr leicht, wirken aber auch eher wie Spielzeuge und nicht wie ein vollwertiges Instrument. Die 10”, 12” und 14” Toms sind mit Remo-Fellen bespannt, eine Information, die man nur durch die „fittet with Remo Heads“-Aufschrift auf dem Karton bekommt, denn die Remo-Embleme auf den Fellen mussten übergroßen www.trapsdrums.com-Aufdrucken auf jeder Trommel weichen. Ein neomoderner Effekt in einem Zeitalter, in dem aber auch wirklich alles mit Schrift versehen wird, sogar Tapeten!

Nachdem ich die für den Transport sehr hoch gestimmten Toms mit einem herkömmlichen Stimmschlüssel wie ganz normale Trommeln (abgesehen von den fehlenden Resonanz- Fellen), bearbeitet hatte, wurde ich zum ersten Mal positiv überrascht. Das klingt ja fast wie echte Trommeln. Wow, ich hätte nicht gedacht, dass der reine Fellsound einen solch großen Anteil am Gesamtklang innehat. Natürlich vermisst man, verglichen mit einer 10” x 8”-Tom, eine gewisse Frequenzvielfalt und Klangfülle, aber für sich betrachtet klingt dieses zunächst von mir zu Unrecht als „Spielzeug“ beschimpfte Plastik-Fliegengewicht zwar etwas speziell, aber durchaus brauchbar. Durch das fehlende Resonanzfell fällt das Stimmen sehr leicht, denn es geht eigentlich nur um die Tonhöhe und ein wenig Feintuning.

Im Gegensatz zu den Toms haben Bassdrum und Snaredrum des A-400 Resonanzfelle. Das Stimmen dauert hier also ein wenig länger, nicht zuletzt natürlich auch deshalb, weil ich ja noch keine Erfahrung mit dem Sound der superflachen Plastiktrommeln habe. Die Bassdrum lässt sich durch Abschrauben des Resonanzfelles hervorragend mit einem kleinen Stück Stoff dämmen. Dann stimme ich den Flachbass so tief wie möglich und es ergibt sich ein recht jazziger, offener Sound, der naturgemäß ein wenig fleischlos daherkommt – dabei aber ebenfalls durchaus brauchbar ist. Grundsätzlich sind uns Drummern ja flache Snaredrum-Kessel nicht ganz fremd. Man denke nur an Piccolo- oder Jungle-Snares. Ich muss sagen, das Herzstück des A-400 ist für mich das absolute Highlight.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Snaredrum

Zwar machen die Plastik-Teile und auch die Plastik-Hardware einen wenig vertrauenerweckenden Eindruck, soundmäßig funktioniert dieses 12”-Baby aber wie eine Große bzw. eine Hölzerne. Das knallt! Natürlich steht einem sehr kleinen Snaredrum-Kessel eine hohe Stimmung viel besser als eine tiefe, was in diesem Fall absolut zum Gesamtsound des Sets passt.

Was sich jedoch nicht schönreden lässt, ist die Hardware. Solange man sie nicht absolut festknallt,  drehen und winden sich die Stahlrohre des Racks in den Plastik-Klemmen. Dann aber steigt die Sorge, dass die nächste Umdrehung der Schraube einen Knack verursacht und die Klemme zerbricht. Wie heißt es doch so schön: nach fest kommt locker! Sogar die Flügelmuttern der Beckenarme bestehen aus Plastik, und prompt verkeilt sich eine der beiden, als ich ein Becken aufzuhängen versuche. Das Gewinde franst aus, und sollte dies noch ein zweites Mal passieren, werde ich die Schraube sicher auswechseln müssen.

Auch das Positionieren der Toms hat so seine Tücken. Dies hat in erster Linie mit der Länge der Frontstange des Racks zu tun, die dem Durchmesser der Bassdrum entspricht, da sie gemeinsam mit zwei vertikalen Stangen dafür sorgt, dass die dicke Trommel während des Spielens nicht auf Reisen geht. Als Folge daraus ist aber der Platz für die beiden Toms auf der Frontstange sehr limitiert. Erst die genaue Betrachtung der Abbildung in der Anleitung macht mir klar, wie sich der Hersteller den Aufbau vorstellt. OK… Die Toms hängen recht hoch und in bester Rockmanier auch relativ schräg. Ein in letzter Zeit wieder recht beliebter flacher und waagerechter Aufbau ist hier nicht möglich – zumindest nicht mit dem mitgelieferten Rack.

Dennoch: auch mit meiner Körpergröße von 2m ist dieser Aufbau für mich kein Problem, und ich habe keine Mühe, das Traps A-400 zu bedienen. Also mal sehen, wie es sich anfühlt.

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Praxis

Schon ein bisschen merkwürdig: Man hat das Gefühl, beim Spielen durch eine 2D-Brille zu schauen. Der Sound der Toms erinnert mich an Rototoms, die ja heute ein wenig aus der Mode gekommen sind. Dem naturgemäß recht dünnen Sound der Toms fügen die Remo-Felle aber ein gutes Stück Klangfülle hinzu. Wie gesagt: ich bin überrascht, was sich mit dem puren Fellsound schon alles erreichen lässt. Es würde mich brennend interessieren, was andere Felle z.B. Remo-„Emperor Coated“ aus den kessellosen Trommeln rausholen könnten. Die Bassdrum fühlt sich alles andere als fett an, erfüllt aber ihre Rolle im Gesamtkontext hervorragend. Die Snaredrum begeistert mich, wie schon erwähnt, am meisten. Der Sound ist sehr artikuliert, die Teppichansprache ziemlich sensibel und die kleine Granate setzt sich hervorragend durch. Fast schon zu gut. Im Zusammenspiel ist die Snaredrum nämlich sehr laut. Man muss ein wenig Gefühl beweisen, um sie im Zaum zu halten und sie nicht einfach nur brachial knallig klingen zu lassen.

Das Bassdrum-Pedal und das HiHat-Stativ sind eine echte Enttäuschung. Zwar wurde bei den Hardware-Teilen größtenteils auf Plastik verzichtet, die funktionalen Teile, also die Pedale, sind aber instabil und minderwertig. Es würde also durchaus Sinn machen, sich für die „nh“- Konstellation zu entscheiden und lieber das eigene Fußmaterial zu benutzen – vor allem,  weil man das A-400 wahrscheinlich nicht als Hauptset benutzen wird. Wesentlich problematischer finde ich die Instabilität der Bassdrum. Diese ist zwar wie vorgesehen fest an den beiden Senkrechstangen verankert, verdreht sich aber beim Spielen recht leicht. Wie bei allen anderen Klemmen des Sets lässt sich das natürlich beheben, indem man die Halterungen so fest dreht, dass man jeden Augenblick mit einem „Knack“ rechnen muss. Zusätzlich drehe ich noch die Dornen des Pedals raus. Das hilft. Dass man aber auch hier erst mal Maßnamen treffen muss, damit sich die Bassdrum nicht bewegt, ist schade. Da hätte sich der Hersteller etwas Besseres einfallen lassen können.

Traps_A-400_HH_Pedal

Nach einigen Minuten verliert sich dann das 2D-Gefühl, und man denkt nicht mehr darüber nach, dass man auf einem doch sehr speziellen Set trommelt. Zwar wird man am Traps nicht dazu verleitet, fette Rock-Balladen-Grooves zu spielen, sondern ist eher versucht, eine filigranere Sprache zu sprechen und die interne Dynamik so an die kleinen Trommeln anzupassen – man denkt mehr an JoJo Meyer als an John Bonham. Aber was soll ich sagen – es macht großen Spaß! Während ich so vor mich hin groove, denke ich darüber nach, wie wohl ein kleiner Unplugged-Gig mit diesem Drumsound funktionieren würde. Viel besser gefällt mir allerdings die Vorstellung, wie der Techniker aus der Wäsche gucken würde, liefe man mit diesem Set bei einem Stadion-Konzert auf…

Wie kann so ein kesselloses Set schon aufgenommen klingen! Ich bin fest davon überzeugt, dass ich über das Aufnahme-Ergebnis nur müde lächeln werde. Ich nehme das Set ab, wie jedes andere auch. Da ich darauf verzichtet habe, das Bassdrum-Resonanzfell mit einem Loch zu versehen (ich mag halt offen klingende Bassdrums gerne), positioniere ich das Bassdrum-Mikrofon mittig direkt vor dem Resonanzfell. Im Zusammenklang mit dem Raummikrofon dürfte das so funktionieren. Jedes Tom bekommt ein Clip-Mikrofon, was nicht ganz einfach zu bewerkstelligen ist, da die Clips an den Rahmen nicht so richtig halten wollen. Die Snaredrum „belausche“  ich von oben mit einem Mikrofon und los geht’s.

Audio Samples
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Groove “New Orleans”-like Solo Tom Groove Slow Jungle Mini Solo

Beeindruckend! Immer mehr gerate ich über die Tatsache ins Grübeln, das selbst bei einer Aufnahme von (zugegebenermaßen hauptsächlich) Direktsignalen, die so viel diskutierten Kessel eine eher untergeordnete Rolle zu spielen scheinen. Bei den Aufnahmen zeigt sich bei den Overhead-Signalen auch deutlich das dynamische Hervorstechen der Snaredrum. Mann, ist die laut!
Ich finde schnell einige Grooves, bei denen mich das flache Traps ziemlich überzeugt. Dort, wo man im Studio oder auf der Bühne auch zu kleinen Kesseln gegriffen hätte, funktionieren auch die kessellosen Trommeln bestens. Natürlich erhält man, gerade was die Toms angeht, einen sehr charakteristischen Klang, der vor allem dadurch nicht immer einfach zu verarbeiten ist, weil man die Tonhöhen ganz klar heraushört und man im Zweifel darauf achten muss, dass die Stimmung zum aktuellen Song passt. Nicht, dass das nicht auch bei herkömmlichen Drums gerade im Studio ratsam ist, jedoch wird es nicht so störend auffallen, wie bei den singenden Traps-Toms. Aber Alles in Allem hätte ich Lust, noch viel mehr mit dem Winzling auszuprobieren. Wie z.B. würden sich andere Felle auf den Toms machen? Wie würde der Bassdrum ein Evans E-Mad stehen? etc… Ich bin froh, diese für mich neue Gattung kennengelernt zu haben.

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Nicht alles, was Plastik ist, muss schlecht sein! Dies gilt beim Traps A-400 vor Allem für die Trommeln und auch für die Halterungen an den Toms sowie für die Snaredrum-Abhebung. Was die Klemmen und Halterungen am Rack angeht, hätte man sich ein kleines bisschen mehr Metall gewünscht, auch auf Kosten des bis hierhin sehr geringen Gewichtes des Lieferumfangs. Stabil ist das Rack trotz der dicken Stahlrohre leider nicht wirklich. Außerdem kommt mit dem A-400-nc leider eine minderwertige und instabile Fußmaschine – und auch das HiHat-Stativ ist zwar aus Metall, aber offensichtlich auch nicht für die Ewigkeit gebaut. Soundmäßig muss ich allerdings den Hut ziehen. Der Mut von Alchemy/Arbiter in das Vorhaben zu investieren, ein kesselloses Akustikset zu bauen, hat sich voll ausgezahlt. Das Traps ist sicherlich kein Allrounder, aber in akustischen Situationen z.B. bei kleinen Club-Gigs gut einsetzbar. Die Snaredrum ist im Raum sehr laut und möchte gebändigt werden, klingt aber gut und artikuliert, sodass man sie auch als Sidesnare am Hauptset einsetzen kann. Auf einer Aufnahme überzeugt das ganze Set durch einen sehr charakteristischen Sound – Ideal für Jungle, Hip-Hop, Funk, Pop, Jazz, Drum´n´Bass. Falls man ernsthaft interessiert ist, sein Soundspektrum mit einem Akustikset von Traps zu erweitern, sollte man darüber nachdenken in hochwertigere Hardware zu investieren. Aber sonst steht einer soliden Zusammenarbeit mit dem Fliegengewicht nichts im Wege. Man geht beim Kauf auch kein großes Risiko ein, denn abgesehen davon, dass man platzmäßig im Proberaum keine großen Einschnitte machen muss, ist auch der Preis von € 449,00 sehr fair. Bevor man also mit dem Gedanken spielt, tausende von Euros für eines der oben beschriebenen Mini-Highend-Sets auszugeben, um in kleinen Clubs Platz zu sparen und nicht so viel nach Hause schleppen zu müssen, könnte man über eine wirklich stemmbare Investition nachdenken – und einige Tage später kommt das Wunderpaket frei Haus.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Sehr günstig
  • leicht
  • platzsparend
  • spezieller, aber guter Sound
  • gute Verarbeitung der Trommeln
  • sehr gut klingende Mini-Snaredrum
Contra
  • instabile Hardware
  • minderwertiges Bassdrum-Pedal und HiHat-Stativ
  • unflexibel bei den Aufbaumöglichkeiten
  • Plastikklemmen halten nicht richtig und sind nicht vertrauenerweckend
  • kein Allroundset
Artikelbild
Traps A-400 Test
Für 598,00€ bei
Traps_A-400_gesamt_von_vorne
Facts
  • BD20“
  • SD12“
  • TT10“
  • TT12“
  • TT14”
  • Preis: 449 EUR (UVP)
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