Traktor Kontrol S8 Flight Case Test

Konnte man zu Beginn des DJ-Controller Siegeszugs selbst Dual-Deck Vollmetall-Boliden wie Vestax VCI-100, Numark Stealth-Control oder Hercules Control Steel noch einigermaßen bequem in einer Standard-Gigbag, einen Messenger oder einen Rucksack packen und mitunter auch schon einmal vom DJ Tisch stoßen, ohne dass das Gerät einen erheblichen Schaden erlitt, stellt sich die Situation heutzutage etwas anders dar. Metallgehäuse sind Kunststoffausführungen gewichen. Die Geräte werden immer komplexer, die Maße daher größer und die verbaute Technik stetig empfindlicher. Zum Beispiel, wenn die Hersteller große Vollfarb-Displays integrieren, wie es beim Native Instruments Traktor Kontrol S8 der Fall ist.

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Dementsprechend steigt natürlich auch der Gerätepreis und Wert und es verwundert nicht, dass die beschallende Zunft, besonders mobile DJs und Verleihfirmen, durchaus bereit sind, für ein ordentliches Transportbehältnis ein wenig tiefer in die Tasche zu greifen, damit nichts zu Schaden kommt. Für den Traktor Kontrol S8 hat Native Instruments selbst ein Flight Case am Start, das für 199 Euro den Besitzer wechselt.

Details

Heute stellt sich ein maßgeschneidertes Flight Case für den 1200-Euro-Controller Native Instruments Traktor Kontrol S8, entworfen vom Hersteller selbst, dem kritischen Tester-Auge. Das „Köfferchen“ setzt auf Holzplatten und popp-genietete Aluminium-Verstrebungen und Blenden. Damit man sich nicht verletzt oder es zu Stoßschäden am übrigen Equipment im Kofferraum kommt, sind die Ecken der Unterseite und des Deckels mit Kugelschützern besetzt. Der Koffer ist oben und unten dem Traktor-Schriftzug und Logo bedruckt und misst  65 x 50,5 x 15 cm bei einem Gewicht von 7,4 kg.
Der automatisch einklappende oder besser gesagt rückfedernde Transportbügel an der Vorderseite verfügt über eine griffige Kunststoffummantelung. Seitliche Griffe sind nicht vorgesehen, was bei einem Gesamtgewicht von unter 15 Kilo inklusive Controller und MacBook sicher kein Kaufhindernis darstellen sollte. Stattdessen prangen an den Seiten zwei Butterfly-Verschlüsse. Diese lassen sich gut öffnen und schließen. Damit es im Case nicht zugeht wie bei Hempels unterm Sofa, legt Native Instruments dem Paket eine gut 45 Zentimeter lange Kabeltasche bei, die an ihrer Unterseite über einen Klettstreifen verfügt. Er fixiert die Bag sicher am Boden der Innenseite des Unterteils. Im hinteren Bereich ist dafür genug Platz und es passen sämtliche Strom-, USB- und Cinch-Strippen hinein.

Fotostrecke: 6 Bilder Native Instruments Flight Case für den Kontrol S8.

Also fackeln wir nicht lange und setzen den S8 zielstrebig in den Koffer ein. An den Seiten verhindert über die volle Länge gut 15 Zentimeter breites Moosgummi und vorn am Winkel knapp 20 Millimeter dickes, identisches Material gemeine Rempler oder ein Verrutschen. Im vorbildlich gepolsterten Deckel befinden sich sechs Aussparungen, die passgenau auf die Mixer und Decksektionen zugeschnitten sind, wobei der umgebende Schaum sanft auf dem Case aufliegt und zart nachgibt, sobald es zum Druck kommt. Was ich im ersten Moment jedoch etwas verwunderlich finde: Das Case wartet nicht mit einem Laptop-Schlitten auf, wie es bei Zomo oder Thon der Fall ist. Die vordere und hintere Querstrebe lässt sich problemlos entnehmen, um an die Anschlüsse zu gelangen.
Das Case macht einen robusten und vor allem auch durchdachten Eindruck und weckt bei mir nicht den Anschein, als würde es den Inhalt in Gefahr bringen. Einen Wermutstropfen muss ich jedoch einschenken. Bei genauer Betrachtung fallen mir an den inneren Führungsnuten des Bodenstücks auf, dass einige Kanten ziemlich grob gefeilt sind und einige scharfkantige Metallstreben nicht bündig abschließen. Doch ist dies nicht das erste Case, bei dem das so ist und es wird auch sicher nicht das letzte sein. Ist der Koffer zu, schließt er gut dicht ab und schützt natürlich auch vor Staubeindringung im Lager, Partykeller oder Studio.

Fotostrecke: 3 Bilder Der S8 sitzt bombensicher im Case. Die Kabeltasche passt locker dahinter.

Praxis

Aufbauarbeit

Machen wir den Deckel also gleich mal wieder auf und beginnen mit der Verkabelung. Das Flight Case legt einem dabei keine Steine in den Weg: Einfach die frontalen und hinteren Querstreben nach oben aus der Führungsnut herausziehen und die Vorder- und Rückseite liegt halb offen da, sodass ihr einerseits die PA, Monitoranlage und potenzielle Zuspieler problemlos anschließen könnt und andererseits bequem an die Kopfhörer- und Mikrofonbuchsen gelangt. Nach hinten raus sind gut 70 Millimeter Platz, was auch für dicke XLR-Strippen taugt. Curve-Control und Faderswitch sind ebenfalls gut zu erreichen. Mitgedacht.
Ich halte fest: Das Case ist an seinem Bestimmungsort innerhalb von nur 5 (!) Handgriffen bereit für die Verkabelung, der S8 kann dabei locker im Case bleiben und es ist genug Luft da, um alles zu stecken. Auch die Knöpfe sind gut zugänglich und die Polsterung ist angemessen. Im Case kommt der S8 ungefähr auf die gleiche Bedienhöhe wie ein DJ-Mixer oder Turntables. Wer es noch höher braucht, kann den Controller zur Not auch auf den Deckel stellen. Keine Bange vor intensiveren Tastenkloppereien – das hält das Material schon aus, da bin ich ziemlich zuversichtlich.

Fotostrecke: 2 Bilder Dank der abnehmbaren Rückseite geht das Kabelstecken locker von der Hand …

Eintüten oder aufbocken?

Dies im Hinterkopf sei noch einmal erwähnt, dass im Gegensatz zum S4-Case kein Schlitten vorhanden ist. Ergo muss das Notebook entweder an der Seite geparkt werden oder auf einem Ständer. Aufgrund der Standfüße am Boden, die das Case vor dem Verrutschen schützen und obendrein schwingungsdämpfend wirken, ist es überhaupt kein Problem, einen Crane Stand wie den CV3 drunter zu schieben. Jedoch werden dann nach hinten heraus gut 30 Zentimeter zusätzlicher Platz benötigt, die mitunter nicht an jedem Veranstaltungsort zugegen sind. Widmen wir uns also der Frage, ob das Notebook kurzerhand während der Performance im Koffer verweilen darf, wo der S8 doch schon über Displays verfügt und den „Notebook blicklosen“ Workflow propagiert.
Doch bevor ich mich dieser Thematik zuwende, möchte ich auf den Laptop-Transport direkt im Case zu sprechen kommen. Für diesen Zweck gibt es ein flexibel steckbares Innenfach, gebildet aus bis zu drei Formteilen mit Klett-Befestigungen. Ein wenig Spiel ist, zumindest bei der Fixierung meines 13“ MacBooks, immer dabei, es sei denn, ich wäre gewillt, die Formteile mit dem Tapeziermesser millimetergenau zuzuschneiden. Auch wäre eine dünne Schaumstoffmatte im Lieferumfang nicht schlecht gewesen, die man zwischen Laptopdeckel und Controller-Unterseite legen kann, damit die Teile nicht aneinander reiben, sollte man mal wieder über Kopfsteinpflaster oder Feldwege fahren müssen. Aber okay, die kann ich mir aus dem Onlinehandel besorgen, wo eine 3-4 Millimeter starke Moosgummimatte kaum 5 Euro kostet. Oder ich lege halt ein möglichst fuselfreies Tuch dazwischen. Jedenfalls besser, als noch eine extra Laptop-Tasche mitzuschleppen. Etwas anders verlief der Test mit dem 15“ Lenovo-Winbook der G-Serie, das quer gar nicht mehr hineinpasste, längs schon, aber aufgrund der Bauhöhe keine passgenau Auflage des S8 auf den Polstern zuließ. Ab 20 Millimeter wird schwierig.
Apropos Polster: Wer auf die Idee kommt, die 40 Zentimeter langen und 25 Millimeter hohen Moosgummi-Pads aufeinander zu stapeln und als hintere Stütze für den S8 einzusetzen, sodass er im Winkel zum DJ steht: Gebt den Ecken ein wenig acht, denn wenn ihr richtig kraftvoll draufdrückt, ist es schon ein klein wenig kippelig. Und wenn ihr sie unentwegt in den Koffer einsetzt und herausnehmt, lösen sich mitunter die aufgeklebten Klettbänder, so wie es bei mir nach einiger Zeit der Fall war. Grundsätzlich ist das Aufbocken durch die Formteile dennoch machbar.

Fotostrecke: 4 Bilder Dreifach gestapelte Formteile winkeln hier den S8 an.

Das Notebook im Case?

Je nach Veranstaltungsort kann es in der Kanzel natürlich schon mal „heiß her gehen“ und so freut es mich zu berichten, dass „Kühlung von unten“ hinreichend gegeben ist, da der Abstand des S8 zum Boden adäquate 30 Millimeter beträgt. Und wie stellt sich das dar, sollte man tatsächlich erwägen, seinen Laptop beim Auflegen im Case zu lassen. Probieren geht über studieren, doch zunächst sind dafür einige Vorbereitungen zu treffen. Mein MacBook wechselt nämlich, selbst wenn die Energieeinstellungen auf „standby nie“ stehen, in eben diesen Modus, sobald das Display zugeklappt wird und kein externer Bildschirm angeschlossen ist. Um dies zu umgehen, gibt es spezielle Apps wie beispielsweise InsomniaX oder NoSleep. Außerdem müssen für die USB-Stecker Aussparungen im Moosgummi ausgeschnitten werden.
NoSleep ist gestartet, ebenso Traktor. Der Laptop sitzt unter dem S8 und ich kann mit dem Controller arbeiten, ohne den Rechner im Blickfeld zu haben. Nach einiger Zeit beginnt jedoch der Lüfter des zugegebenermaßen betagten 2009er-MacBooks mit seiner HDD und dem integrierten Superdrive ordentlich zu drehen. Treffen die beiden „Wärmequellen“ ergo direkt aufeinander, wird’s schwierig mit der Wärmeableitung. Der Laptop-Ständer ist für mich eindeutig die bessere Wahl.

Die Polsterhöhe bietet genug Abstand zum Boden, damit es dem S8 nicht so schnell warm wird.
Die Polsterhöhe bietet genug Abstand zum Boden, damit es dem S8 nicht so schnell warm wird.

Fazit

Native Instruments Traktor Kontrol S8 Flight Case verlässt den Bonedo-Test mit einer Empfehlung, die es einerseits seiner robusten, praxisgerechten Konstruktion und Ausstattung und andererseits dem guten Handling verdankt. Dazu gehören die satte Polsterung, der passgenaue Sitz mit guten Zugriffsmöglichkeiten, abnehmbare Front- und Rückstreben, das Innenfach mit seinen drei flexibel anklettbaren Formteilen zum Notebook-Transport und die nützliche Kabeltasche. Die beiden Kritikpunkte Grate und Verklebung der Klettbänder dürften im normalen Alltagsgebrauch vielleicht nicht so sehr ins Gewicht fallen, doch müssen sie erwähnt werden. Schade finde ich, dass der Laptop-Schlitten nicht mehr dabei ist. Den Preis halte ich für angemessen. Solltet ihr also zur reisenden Zunft gehören und euren S8 in die entlegendsten Winkel der Republik kutschieren wollen, ist das Flight Case fast schon ein No-Brainer, da es euer wertvolles Gut prima schützt, das Handling sehr unkompliziert ist und das Case in der Summe ein gutes Erscheinungsbild abgibt.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Robuste Konstruktion
  • Dicke Schaumstoffpolsterung
  • Abnehmbare Front- und Seitenteile
  • Verkabelung ohne Controller-Entnahme möglich
  • Ergonomische Arbeitsposition
  • Kabeltasche im Lieferumfang
  • Formteile für flexibles Innenfach und Anwinkeln
Contra
  • Scharfe Grate in den Führungsnuten
  • Klettbandverklebung könnte besser sein
  • Kein Laptop-Schlitten
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Traktor Kontrol S8 Flight Case Test
Für 179,00€ bei
Traktor Kontrol S8 Flight Case mit Kabeltasche
Traktor Kontrol S8 Flight Case mit Kabeltasche
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