t.bone Ovid CC 100 System Complete Bundle Test

Praxis

Meine erste Amtshandlung für den Praxisteil führt mich zu einem Equipmentverleiher, denn dort kann ich in aller Ruhe die Installationsmöglichkeiten und Positionierbarkeiten ausprobieren. Mit einer Querflöte könnte ich zwar vielleicht nur Musik machen, indem ich damit auf eine Snare schlage, doch die Positionen zur Mikrofonierung sind mir glücklicherweise bekannt. Um direkt mit diesem Beispiel zu beginnen: Der Flötenadapter lässt sich schnell positionieren und dank des langen Halses flexibel genug ausrichten. Die Größe des Windschutzes wird für die meisten Positionen ausreichend sein – sollte man doch einmal im Bereich starker Turbulenzen mikrofonieren wollen, hilft sicher eine “Katze”, die von mehreren Herstellern auch in Miniaturgröße angeboten wird.

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Das Ovid-System ist insgesamt preiswert, doch beim Einzelkauf wundert man sich trotz des insgesamt geringen Preisniveaus sicher dennoch, für ein Stück geformten Kunststoffes und ein Klettband mit 20 Euro zur Kasse gebeten zu werden. Aber das bringt auch keinen Flötisten um. Gitarristen bekommen für den gleichen Preis deutlich mehr (Wie machen die das nur immer?). Die Befestigung erfolgt problemlos, doch natürlich sollte man beim Festdrehen den golden Mittelweg zwischen “zu leicht – Mikro fällt ab” und “zu kräftig – Holz nimmt Schaden” wählen. Und ganz ehrlich: Wenn man eine wirklich irrsinnig teure und empfindliche Gitarre mit einem 50-Euro-Mikro abnimmt, dann stimmt irgendwo was nicht.
Generell Vorsicht walten lassen sollte man bei der Verwendung von Deckelmikrofonen. Zwar sind Klavierlackierungen äußerst robust, doch sollte man immer vorsichtig sein, um diese nicht zu beschädigen. Um die Klebestreifen des Premium-Herstellers 3M braucht man sich keine Sorgen machen, doch bei der Kabelführung (um die Mikrofonierung “unsichtbar” zu machen) bitte nicht zu Gaffa-Tape greifen. Bedenken sollte man bei der Abnahme eines Pianoforte, dass hier in den meisten Fällen stereo gearbeitet wird. Ob aber bei offenem oder geschlossenen Deckel: Die Supernierencharakteristik ist dabei unüblich, zudem braucht man im Regelfall keinen Schwanenhals für ein derartiges Unterfangen.

Am Saxophon ist die Ausrichtbarkeit mit dem Schwanenhals allerdings Gold wert, denn hier lässt sich eine perfekte Position für einen ausgewogenen Klang finden. Die Installation mit dem Clip funktioniert ebenfalls hervorragend. Was will man mehr? Na klar: Einen guten Sound! Und da es gerade um das Saxophon geht, vergleiche ich das Ovid doch direkt einmal mit einem dynamischen Großmembraner und einem Großmemran-Kondenser an gleicher Position. Auf den ersten Blick (oder “Hinhörer”) klingt das Ovid erstaunlich gut. Kunststück, denn das Winz-Mikrofon ist besonders höhenreich und schnell, da kommen die Vergleichsmikros nicht mit. Auch bei hohen Pegeln wird es nicht kratzig. Nach einer Weile muss man jedoch feststellten, dass im Gegenzug etwas Fundament fehlt, was sich auch durch gezielte Positionierung nicht verändern lässt. Diese Erkenntnis kommt mit Ansage, denn wie in den Details beschrieben, ist das Mikro schließlich nicht pre-equalized. Mit einem Band eines (semi-)parametrischen EQs kann man diese kleine Badewanne im Frequenzgang schnell wieder auffüllen. Eine allzu feine Struktur in den Höhen wird man bei einem Mikrofon dieser Preisklasse nicht erwarten können, aber so gesehen überrascht das CC 100. Im Mittenbereich lässt sich hingegen etwas klarer festmachen, dass ein Richtrohrprinzip auch nachteilige Auswirkungen hat, denn das Signal tendiert leicht zur Phasigkeit, besonders für Signalanteile, die nicht On-Axis eintreffen. Doch wollen wir die Kirche auf dem Teppich lassen (oder so): Derartige Nuancen versenden sich in vielen Live-Situationen, schließlich findet man selten feingeistige Saxophon-Solokünstler, bei denen das wirklich störend wäre.

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Saxophon Ovid Saxophon E-200 Saxophon RE20 Saxophon-Mix Ovid

Für Streicher können die genannten Eigenschaften schon eher zum Problem werden, besonders, wenn es sich bei ihren Signalen um markante klangliche Bestandteile des Mixes handelt. Außerdem kann ich mich mit dem doch recht ordentlich richtenden Empfänger besonders bei Violinen und Bratschen nicht wirklich anfreunden, eine Standard-Niere reicht meines Erachtens für die meisten Anwendungen völlig aus. Immerhin lässt sich mit dem langen Schwanenhals eine für Nahmikrofonierung mit richtender Charakteristik halbwegs ordentliche Position finden (die dann hoffentlich nicht durch den Instrumentalisten versehentlich verändert wird).
Mit dem Altsaxophon bewaffnet, kann ich auch einmal versuchen, ob das Ovid massive Probleme mit dem doch recht hohen Schalldruck hat. Antwort: Nein. Der Nahbesprechungseffekt ist vorhanden, tritt aber aufgrund der geringen Membranoberfläche so spät auf, dass er keine allzu große Rolle spielt – solange man der Schallquelle nicht all zu stark auf die Pelle rückt. Da ist eher etwas anderes dort unten in den Tiefen des Frequenzgangs, was mir etwas Sorge bereitet: Die Trittschallentkopplung des t.bone funktioniert nicht besonders herausragend. Wenn man die Saxophonbeispiele vergleicht, kann man gut die Erschütterungen ausmachen, die im Korpus des Saxophons durch das Schließen der Klappen entstehen.

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Saxophon Ovid Saxophon Ovid mit HPF bei 150 Hz

Dafür habe ich den Vorteil, dass sich bei Bewegungen keine Klangfarbenänderungen ergeben wie bei statischen Mikrofonen – nun gut, das ist ein Pluspunkt für die Bauform, nicht das Mikrofon selbst. Insgesamt kann ich feststellen, dass das Ovid-System seine Arbeit ordentlich macht, aber eben nicht mit Bravour. Für einen Großteil der Standardaufgaben bei der Abnahme der genannten Instrumente (und einiger mehr) kann das CC 100 ohne Bauchschmerzen verwendet werden, doch für äußerst hochwertige Solo-Signale oder gar Studio-Aufnahmen ist noch Platz nach oben. Damit war jetzt nicht nur Klangqualität gemeint, sondern eben auch Geld.  

Es gilt noch die Frage zu klären, für wen das Ovid-System in Frage kommt. Da sind natürlich einerseits die Instrumentalisten, die schon lange mit einem eigenen Clip-Mikrofon geliebäugelt haben, aber die streckenweise doch recht hohen Preise gescheut haben oder den absolut hochwertigsten Klang nicht benötigen. Sicher würde man in diesem Fall nicht zum kompletten System greifen, sondern das CC 100 und den passenden Clip anschaffen. Für den Einsatz in Proberäumen ist Ovid eine ideale Lösung, um sich gegen die konkurrierenden Schallemissionen der Mitstreiter durchzusetzen. Bei kleineren Gigs kann man im Regelfall nicht davon ausgehen, dass das Haus, der Verleiher oder der Techniker ein Clip-Mikrofon für das jeweilige Instrument zur Verfügung haben. Viele Flötisten, Violinisten, Saxophonisten und andere werden oft mit Standardmikrofonen abgespeist, die die Bewegungsfreiheit einschränken. Und wie schön sind etwa Bläser in Ska-Bands, die synchron eine Note nach links, eine nach rechts pusten, wenn sie nicht gerade ohne zu spielen zum Off-Beat auf und ab hüpfen! Doch das Ovid-System könnte dafür sorgen, dass bald jeder Engineer, Verleiher und jeder kleine Live-Club ein oder mehrere Clip-On-Mikros im Angebot hat – inklusive der Clips für alle möglichen Instrumente. Denn schließlich kostet das dann zusammen so viel wie ein paar ordentliche Kabel. Und sagen zu können “Ihr habt Drums, Kontrabass, Posaune, Tenorsax, irischen Dudelsack, Shamisen und ein historisches Krummhorn? Klar, kein Problem für uns!” wirkt irgendwie professioneller als “Jaja. Da machen wir ein SM58 dran, das wird man schon irgendwie hören.”. Natürlich reicht das Vorhandensein von Mikros und Clips noch nicht aus, denn es müssen schließlich noch die Fähigkeiten vorhanden sein, mit einem derartigen Mikrofonsignal umgehen zu können.

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Peter Bengelmann sagt:

#1 - 05.12.2012 um 18:30 Uhr

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Hallo, toller Bericht! Danke! Danke! Was mir an dem Ovid System am besten gefällt, sind die Halterungen! Möchte meine Akustikgitarre mit Mikrofon für Lifeauftritte abnehmen. Würde gerne etwas mehr Geld für ein besseres Mikrofon ausgeben (obwohl man das CC100 ja erstmal testen sollte). Kann ich andere, hochwertigere Mikrofone, die auch über einen solchen Schwanenhals verfügen auch mit einem Ovid-Halter verwenden?? Das wärs doch. Oder gibt es noch andere Halter für Gitarre, hab' leider nichts gefunden!? Weiss da jemand bescheid? Musikalische Grüße sendet Peter Bengelmann

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Nick sagt:

#2 - 07.12.2012 um 15:10 Uhr

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Hallo Peter,dankeschön. Zu Deiner Frage habe ich aber leider keine Antwort, allerdings bist Du mit originalen Haltern vielleicht auf der sichereren Seite. Sonst frag' doch einfach mal beim Händler, die geben Dir bestimmt gerne Informationen.Beste Grüße,
Nick

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Samad sagt:

#3 - 03.10.2016 um 11:29 Uhr

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Hallo allerseits,bin ganz neu in der Materie und möchte mein vom Keyboard gespieltes aufnehmen. Per Mikrofon erschient mir das noch als die günstigste Variante. Was benötige ich weiterhin um die fertige (Mp3) Musikdatei auf dem Computer zu speichern und eine CD brennnen zu können?Mit freundlicnen Grüßen,Samad

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