Singen mit DJ Begleitung – Improvisation + Planung

In den 90er-Jahren gab es mal eine Phase, da waren des Öfteren Sängerinnen und Sänger am DJ-Pult zu sehen. Es wundert mich, dass nicht viel mehr Vokalistinnen und Vokalisten mit DJs zusammen arbeiten oder mehr DJ’s selbst beim Auflegen singen! Hier schlummert so viel Potential, um eine tolle Performance auf die Beine zu stellen! Und -mal abgesehen von dem Spaß, den man selbst dabei haben kann – ist das eine gute Gelegenheit, um das Publikum zu unterhalten und begeistern. Es gibt natürlich zahlreiche Ansätze, wie ihr das Singen mit DJ-Begleitung angehen könnt. Ein paar Varianten, die ganz unabhängig vom Genre sind, möchte ich euch heute vorstellen. Mein Fokus liegt dabei in erster Linie auf Improvisation und Planung. Ich erkläre das Vorgehen anhand von Sounds, die mir persönlich nahestehen, aber alle Beispiele lassen sich auch auf sämtliche andere musikalische Präferenzen übertragen.

(Bild: © Shutterstock, harricanehank)
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Inhalte
  1. Historischer Background zum Singen mit DJ-Begleitung
  2. Singen mit DJ-Begleitung
  3. Wie wichtig ist die Vorbereitung, wenn ihr mit einem DJ auftreten wollt?
  4. Gibt es denn sichere Methoden oder Tools, mit denen Ihr euch auf das Set mit DJ vorbereiten könnt?
  5. Worauf müsst ihr achten, wenn ihr Texte für eine Vokal-Performance im Club mit DJ verfasst?
  6. Video: Blaze ‘Lovelee Dae’ (Beloved Vocal Rmx)
  7. Video: Felix – Don’t You Want Me
  8. Video: Mitte Karaoke – Die Discofiebel (2000)
  9. Video: The Doors – Ghost Song
  10. Video: Eiffel 65 – Move Your Body
  11. Welche Gesangsarten und -stile eignen sich für ein DJ Set?
  12. Video: Donna Summer – I Feel Love [Studio Version]
  13. Welche Gesangseffektgeräte eignen sich für die Perfomance mit DJ?

Historischer Background zum Singen mit DJ-Begleitung

Warum sollte jemand ein Mikrofon in die Hand nehmen und neben einem DJ im Club seine Stimme einsetzen? Weil es geht? Weil es Spaß macht? Warum auch nicht? Tatsache ist auf jeden Fall, dass dieser Trend in den 1970er- und 1980er-Jahren innerhalb der Hip-Hop-Szene entstanden ist, als die ersten MC’s auftauchten und sich etablierten. MC steht in diesem Fall für “Master” oder “Mistress of Ceremonies” – also sowas wie ein Zeremonienmeister, bzw. eine Zeremonienmeisterin. Klingt übersetzt recht altbacken, ist aber eine coole Sache! Längst ist damit nicht nur das Rappen gemeint, auch wenn das “MCing” nach wie vor ein essentieller Bestandteil der Hip-Hop-Kultur ist. Hier bei uns in Deutschland gibt es schon lange alle möglichen Spielarten von MCs. Angefangen bei Begleitvokalistinnen und Vokalisten, diese sind u. a. beliebt in Drum-and-Bass-Crews, bis hin zu Moderatorinnen und Moderatoren von Poetry Slams oder Großraumtechnoevents ist alles vertreten. Ihr seht, neben Rappen, Reimen und Shouten gibt es also auch noch die Möglichkeit, das Mikro in die Hand zu nehmen, und zu singen. Seid ihr bereit? Na dann mal los!

Singen mit DJ-Begleitung

Wie wichtig ist die Vorbereitung, wenn ihr mit einem DJ auftreten wollt?

Ganz unabhängig davon, ob ihr mit einem DJ zusammenarbeitet, oder ob ihr selbst auflegt und dazu singt, die Vorbereitung ist ein ganz wesentlicher Punkt! Klar, ihr könnt auch improvisieren, aber dann solltet ihr schon erfahrene Hasen mit gutem Improvisations- Repertoire sein, auf das ihr intuitiv zurückgreifen könnt. Ansonsten sind die Möglichkeiten bald erschöpft und ihr wiederholt euch, was dann wiederum sowohl beim Publikum als auch bei euch zu Langeweile führen kann. Es könnte euch auch passieren, dass euch vor lauter Aufregung im entscheidenden Moment gar nichts einfällt. Das andere Extrem wäre, dass ihr so überambitioniert seid und am laufenden Band alles raushaut, was ihr drauf habt. Das kann schnell anstrengend werden und das Publikum abtörnen. Das Problem dabei ist, dass ihr einfach das Gespür für die Musik, den Raum und die anwesenden Menschen verliert, wenn ihr zu sehr auf euch selbst fokussiert seid. Wer nonstop zeigt, was er oder sie alles kann, erweckt schnell den Eindruck, dass hier jemand irgendwem irgendwas beweisen will oder es gerne mit den eigenen Fähigkeiten angibt. Das sollt und wollt ihr sicher vermeiden, wie Madonna schon sang: “Express Yourself, Don’t Impress Yourself!”

Gibt es denn sichere Methoden oder Tools, mit denen Ihr euch auf das Set mit DJ vorbereiten könnt?

Aber ja! Jeder gute DJ kennt seinen Plattenkoffer und weiß genau, welche Stücke er zur Verfügung hat und wie diese wirken, damit er oder sie im rechten Moment die richtige Nummer spielt und so die Crowd zum Kochen bringt. Genauso solltet ihr einen, ich nenn es jetzt mal gut sortierten “Gesangsbaukasten”, für die jeweilige Session mitbringen. Wie ihr euch einen persönlichen Improvisationsbaukasten erstellt, aus dem ihr, ähnlich wie der DJ aus seiner Plattentasche, das jeweils passende Element herausfischen könnt, das zeige ich euch im Laufe dieses Features.

Welche Elemente sind beim Improvisieren mit der Stimme im Clubkontext wichtig?

Und damit sind wir auch schon bei den drei wichtigsten Modulen für eure Performance mit DJ:
1.Texte und Fragmente
2. Gesangsarten und Stile und
3. Effekte!
Wenn ihr selbst in diesem Projekt auch der DJ seid, dann kommt natürlich noch die Musik dazu, sprich die Auswahl der Stücke und gegebenenfalls das Erstellen von Remixen, um eurer Stimme den nötigen musikalischen Raum zur Entfaltung zu geben. Beginnen wir mit der Arbeit am Text!

1. Worauf müsst ihr achten, wenn ihr Texte für eine Vokal-Performance im Club mit DJ verfasst?
Ihr solltet euch darüber im Klaren sein, warum Menschen in einen Club kommen und einem DJ zuhören. In den meisten Fällen vermutlich um zu tanzen oder um, wenn es sich um eine Bar handelt, mit Gleichgesinnten etwas zu trinken und ein bisschen zu plaudern. Im besten Falle ist die Stimmung heiter und ausgelassen. Worauf ich hinaus will: Ihr müsst hier nicht mit großen literarischen Werken glänzen. Detaillierte Ausführungen und Schilderungen, wie man es z. B. von Chansontexten kennt, sind nicht unbedingt gefragt. Klar, ihr sollt Geschichten erzählen, aber in diesem Kontext gilt: Weniger ist mehr! Es geht vielmehr darum, mittels weniger Worte und kurzer Textfragmente Bilder und Stimmungen zu erzeugen! Ein gutes Beispiel hierfür ist z. B. der Clubhit “Lovelee Dae” von der Band “Blaze” aus New Jersey aus dem Jahre 1997. Der Vierzeiler: “It’s a lovely day – And the sun is shining – Everywhere I go, I see children smiling” ist absolut ausreichend, um beim Hören sofort ein positives Bild zu erzeugen:

Video: Blaze ‘Lovelee Dae’ (Beloved Vocal Rmx)

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Die Vocals starten nach ca. 02:35 Minuten

Ein weiteres gutes Beispiel ist der Houseklassiker von Felix – “Don’t you want me von 1993. Auch hier ist der Text total minimal: “Don’t you want me? Don’t you want me? Don’t you want my love?” – Das sind die Worte, mit denen hier, verschiedenartig betont und durch mehrfache Wiederholung, alles ausgedrückt wird, worum es geht. Lediglich eine leichte Abänderung gibt es noch: “Don’t you want my lovin’?”

Video: Felix – Don’t You Want Me

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Die Vocals starten nach ca. 00:20 Minuten

Versteht mich nicht falsch, ihr dürft und könnt auch gern längere Texte verfassen. Ich persönlich glaube aber, je weniger Text und je klarer das Bild gezeichnet ist, umso höher ist die Chance, dass es im Club gut ankommt. Wenn ihr längere Geschichten erzählen wollt, müssen diese zum Kontext, zur Musik und zur Situation passen.
Hier kommt noch ein gelungenes Exempel für einen Text mit Humor. In ihm werden mehr Worte genutzt als in den vorherigen Beispielen und sie sind nicht auf Englisch, sondern auf Deutsch. Es versteht sich hoffentlich von selbst, dass jede Sprache möglich ist. Es handelt sich dabei um “Die Discofibel” von der Band “Mitte Karaoke” aus dem Jahr 2001:

Video: Mitte Karaoke – Die Discofiebel (2000)

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Die Vocals starten nach ca. 01:00 Minuten

Was heißt das jetzt konkret für euch und eure Textvorbereitung auf eine Gesangsession mit DJ?
Ganz einfach, denkt euch viele unterschiedliche Geschichten bzw. Stimmungsbilder aus und versucht jedes Bild in wenigen Worten klar zu umreißen. Die Haltung, die ihr dabei einnehmt, kann auch variieren. Beim Hören und Vergleichen von unterschiedlichen Clubklassikern, fällt auf, dass gerne aus der Ich-Perspektive heraus gesungen wird. Auch eine Erzählerperspektive, aus der es z. B. um das Teilen von Beobachtungen geht, wird gern eingenommen. Oftmals wird die Stimme auch direkt an den Hörer oder die Hörerin gerichtet, wie Jim Morrisson im folgenden Beispiel bestens demonstriert. Sein Text ist natürlich hoch poetisch, aber das war auch eine der Stärken und Leidenschaften vom The-Doors-Frontmann. Also, je nachdem, was euch entspricht – vielleicht seid ihr ja auch begnadete Poet/-innen, dann solltet ihr damit nicht hinterm Berg halten – wo ihr singt und wie die Stimmung, das Interesse und die Aufmerksamkeit beim Publikum ist, könnte es auch eine Option sein, einen solchen Text zu verwenden:

Video: The Doors – Ghost Song

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Die Vocals starten nach ca. 00:19 Minuten

Ansonsten, um zu den Stimmungsbildern zurückzukehren, sind auch Imperative, also Textfragmente in der klassischen Befehlsform ein beliebtes textliches Stilmittel, wie z. B. Scooters “Move your ass!” (1995, ebenso ein Paradebeispiel für einen Shouter). Auch die Hookline “Free your Mind” (1992), des gleichnamigen Titels der Band En Vogue oder der bekannte Clubhit von Eiffel 65 “Move your body” (1999, siehe Beispiel) können hier angeführt werden:

Video: Eiffel 65 – Move Your Body

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Die Main-Vocals starten nach 00:20 Minuten

Wenn ihr glaubt, dass ihr im Hinblick auf die geplante Länge eurer Performance mit DJ ausreichend Textfragmente und Geschichten parat habt, geht es zum nächsten Schritt. Nun wollt ihr schließlich das Textmaterial mit Leben füllen und mithilfe eurer Stimme auf verschiedenste Weise interpretieren:

2. Welche Gesangsarten und -stile eignen sich für ein DJ Set?

Hier gibt es eigentlich keine Grenzen. Erlaubt ist, was zur Musik passt und gefällt. Wenn ihr jedoch eher einen konzeptionellen Ansatz benötigt, dann könnte es ein Spaß sein, verschiedene “Gesangsklischees” auf ein Kärtchen zu schreiben und zu schauen, welcher Style zu welchem Text passt. Hier ein paar Beispiele:

  • Elektrobitch = cool, emotional distanziert oder sexy, Miss Kittin, Peaches
  • Disco Diva = hot, sexy, Thelma Houston, Donna Summer
  • Soul Queen = kraftvoll, beseelt, Aretha Franklin, Etta James
  • Crooner = …….

Video: Donna Summer – I Feel Love [Studio Version]

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Das Orakel und Rollenbilder
Ich persönlich mag auch die Form des “Orakelns” sehr gern. Das heißt, ihr zieht eine Karte zu einem Text aus einem verdeckten Stapel und experimentiert dann mit dem Ergebnis. Eine andere Variante wäre auch, diverse Rollenbilder als kurze Regieanweisung für eine Figur, zu der ihr dann eine passende Stimme finden könnt, auf je einen Zettel zu schreiben, wie z. B. “Femme fatale”, “Prophet/-in”, “Traumwandler/-in” usw. Probiert einfach aus, was euch Spaß macht und was sich für euch gut anfühlt. Arbeitet dabei an euren verschiedenen stimmlichen Facetten und wenn ihr trocken und aus dem Stegreif einige gute Klänge parat habt, könnt ihr das Ganze sogar noch toppen! Ihr wollt ja schließlich mit einem DJ performen. Die letzte Konsequenz, die sich daraus ergibt, ist die, dass ihr in die Effekttruhe greift und eure Stimme zusätzlich moduliert:

3. Welche Gesangseffektgeräte eignen sich für die Perfomance mit DJ?
Kommt darauf an, was ihr parat habt. Egal ob ihr Effektpedale einsetzt, eines der zahlreichen Kaosspads von Korg oder lieber einen Mixer mit integrierten Effekten, wie diesen hier nutzt, wichtig ist, dass ihr die Geräte kennt und auf der Bühne selbst steuert und kontrolliert! So könnt ihr an eurem einzigartigen Stimmsound arbeiten, der dann die Summe aus eurem eigenen Klang und den Effekten und Effektkombinationen, die ihr mögt, und mit denen ihr arbeitet, bildet.
Falls ihr kaum oder gar keine Erfahrungen mit Effekten haben solltet, gibt es hier einen guten Workshop für Beginner.
Wenn ihr ein Effektgerät mit integriertem Sampler habt, könnt ihr auch live Vocal-Samples einsingen und damit spielen. Ansonsten empfehle ich: Nur keine Scheu! Probiert einfach aus und hört, was gut klingt!

Wie funktioniert das dann alles zusammen mit einem DJ?

Am Anfang ist es sinnvoll, mit dem DJ gemeinsam ein Set zu entwickeln und zu proben. Dann könnt ihr auch zusammen überlegen, wo Platz für die Stimme ist, welche Stücke sich für eure jeweiligen Texte und Styles eignen und wo man die Musik lieber für sich selbst stehen lässt. Mit etwas Erfahrung und Selbstsicherheit könnt ihr im Prinzip zu allen möglichen Sets improvisieren.

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