Sandberg Electra VS4 Test

Vintage-Style-Bässe stehen bei vielen Tieftöner nach wie vor hoch im Kurs, und kaum ein Hersteller feiert mit seinen Interpretationen der bewährten Fender-Klassiker einen derart immensen Erfolg wie die deutschen Firma Sandberg. Die Instrumente der populären California-Serie werden größtenteils in Handarbeit im Braunschweiger Werk hergestellt und genügen dementsprechend höchsten Standards. Sandberg ruft dafür natürlich auch die entsprechenden Preise auf – unter 1.500,- Euro sind die hochwertigen California-Bässe nicht zu haben. Seit 2012 hat Sandberg allerdings auch für Tieftöner mit knapperem Budget etwas im Programm: Die Modelle TT4 und VS4 aus der sogenannten Electra-Serie werden in Deutschland zusammengebaut, die Einzelteile lässt Sandberg aber aus Kostengründen in Korea fertigen – preislich rangieren die Electra-Bässe daher nur knapp unter 800,- Euro. In diesem Test wollen wir herausfinden, wie sich der VS4 in der harten Konkurrenz der preisgünstigen Fender-Style-Bässe schlägt.

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Details

Bereits an der Korpusform und an der Ausstattung mit einem Splitcoil-Tonabnehmer kann man erkennen, welcher Fender-Klassiker für den Electra VS4 Pate stand – logisch, der Fender Precision Bass! Davon abgesehen hat der Electra VS4 mit seinem Vorbild allerdings nicht allzu viel gemeinsam. Für den Korpus kommen nicht etwa die altbewährte Erle oder Esche, sondern Lindenholz zum Einsatz, und der Ahornhals wurde mit sechs in Hülsen sitzenden Schrauben bombenfest an den Korpus montiert.

Fotostrecke: 4 Bilder Schon auf den ersten Blick erkennt man, …

Im Palisandergriffbrett sitzen 22 Bünde und ein Nullbund, zur Lagenorientierung gibt es lediglich kleine Punkte an der Griffbrettflanke. Beim Hals orientiert sich Sandberg ohnehin eher am Jazz Bass und verwendet ein flaches C-Profil mit einer Jazz-Bass-typischen Sattelbreite von 38 mm.

Fotostrecke: 3 Bilder 22 gut abgerichtete Frets haben im Palisandergriffbrett Platz gefunden.

Auch bei der Hardware-Ausstattung geht Sandberg eigene Wege und verwendet im Hause entwickelte Komponenten, um die Handhabung zu verbessern und das Schwingungsverhalten der Bässe zu optimieren: Als Bridge kommt ein sehr solides und massives Modell von Sandberg zum Einsatz, das über sämtliche Einstellmöglichkeiten verfügt, die man von einer modernen Stegkonstruktion erwarten kann.
Sogar die Saitenabstände können hier im engen Rahmen justiert werden und die Saitenreiter lassen sich nach dem Setup mit kleinen Inbusschrauben fest arretieren – Vibrationen und Scheppergeräusche werden somit effektiv eliminiert. Außerdem werden die Saiten bequem von oben in die Bridge eingelegt (Quick-Release), was gerade bei einem Wechsel unter Zeitdruck sehr von Vorteil ist.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Steg des Sandberg Electra hat mit dem …

An der traditionell gestalteten Kopfplatte sitzt ein großer Saitenniederhalter und vier Stimmmechaniken im Vintage-Stil. Der Saitenniederhalter von Sandberg sorgt dafür, dass die drei hohen Saiten im gleichen Winkel zu den Mechaniken laufen wie die E-Saite – der Auflagedruck aller Saiten ist also konsistent – ähnlich wie bei einer abgewinkelten Kopfplatte.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Headstock beherbergt vier offene Clover-Leaf-Tuner, …

Für den Sound ist beim Electra VS4 ein “Sandberg Designed”-Splitcoil zuständig und zur Klangformung steht ein aktiver Zweiband-Equalizer, welcher ebenfalls von Sandberg entwickelt wurde, zur Verfügung. Geregelt wird dementsprechend am Bass mit einem Lautstärkeregler, einem Balanceregler und schließlich den beiden EQ-Reglern für Bässe und Höhen.
Gespeist wird die Elektronik von einer 9-Volt Batterie, die in einem Fach mit Klappdeckel untergebracht ist. Passiver Betrieb ist mit den aktuellen Modellen der Electra-Serie leider nicht möglich – ohne Saftspender geht also gar nichts und man sollte deshalb immer eine Ersatzbatterie im Gigbag bereit haben.

Fotostrecke: 4 Bilder Der Splitcoil besitzt 2 x 2 Polepieces, deren Enden sichtbar aus dem Gehäuse ragen.

Praxis

Die leidige Kopflastigkeit ist bei traditionellen Instrumenten im Fender-Style leider vorprogrammiert und tritt je nach Gewichtsverteilung mal mehr oder weniger drastisch zu Tage. Beim preisgünstigen Preci-Klon aus dem Hause Sandberg hält sich das Problem erfreulicherweise im absolut tolerierbaren Rahmen. Der Bass pendelt sich am Gurt zwar eher in der Waagerechten ein, lässt sich aber – nicht zuletzt auch aufgrund des moderaten Gesamtgewichts von 3,9 kg – gut beherrschen. Mit leichtgewichtigen Stimmmechaniken könnte man die Balance des Basses sicherlich noch auf einfache Art optimieren; Sandberg hat auch hier entsprechende Modelle im Programm.

Eine gewisse Kopflastigkeit gehört immer zu Bässen dieser Bauart!
Eine gewisse Kopflastigkeit gehört immer zu Bässen dieser Bauart!

Wenig Optimierungsbedarf gibt es beim Hals des Electra VS4. Sandberg hat sich für ein schlankes Profil im Jazz-Bass-Format entschieden, das sich sehr leicht spielen lässt und dank des Satin-Finishs eine sehr angenehme Haptik bietet. Mein Testkandidat kam zudem mit einem sehr guten Setup an meiner Haustür an: Sowohl die Halskrümmung als auch die Saitenlage waren ab Werk perfekt justiert, sodass sich der Bass wirklich komfortabel spielen lässt und dennoch keine lästigen Scheppergeräusche erzeugt.

So darf es doch weitergehen! Ob der Electra in Sachen Sound genauso souverän punkten kann wie beim Thema Spielkomfort, wollen wir jetzt anhand einiger Audiosbeispiele herausfinden!

Audio Samples
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Flat EQ

Der Bass besitzt grundsätzlich ein sehr gutes Schwingungsverhalten und liefert daher schon trocken gespielt einen überaus straffen Ton. Am Bassverstärker klingt der Electra VS4 wie eine modernisierte Preci-Version. Er besitzt zwar nicht den markanten Mitten-Punch und das typische Knurren eines Vintage-Precis, klingt dafür aber eine Spur transparenter und breiter.

Mit einer kompletten Höhenabsenkung lässt sich der moderne Charakter des Electra VS etwas zähmen. Der Onboard-EQ packt gut zu und sorgt so für einen etwas milderen und runderen Preci-Sound:

Audio Samples
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100% Treble-Cut
Dieser Sandberg Electra darf als moderne Interpretation des Klassikers aus den USA gelten.
Dieser Sandberg Electra darf als moderne Interpretation des Klassikers aus den USA gelten.

Der Splitcoil des Electra liefert so starke Höhen, dass ich sogar den Slapsound etwas abmildern musste – mit dem Höhenregler in Mittelstellung war der Sound für meinen Geschmack noch zu knallig. Den unteren Bereich habe ich bei der Aufnahme hingegen mit einer starken Bassanhebung aufgepumpt, Dröhnfrequenzen bleiben hierbei aber erfreulicherweise komplett außen vor. Die Elektronik ist wirklich sehr gut abgestimmt, sodass auch extreme Einstellungen noch gut klingen und keine Nebengeräusche ins Klangbild bringen:

Audio Samples
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Bass-Boost,, Treble-Cut, Slapping

Der brillante Sound des Electra VS eignet sich logischerweise hervorragend für attackstarke Spieltechniken. Für den folgenden Plektrum-Sound habe ich lediglich die Bässe mit der Sandberg-Elektronik etwas angehoben:

Audio Samples
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Bass-Boost, Plektrum
Vintage-Sound mit moderner Note und perfekter Bespielbarkeit!
Vintage-Sound mit moderner Note und perfekter Bespielbarkeit!

Beim abschließenden Beispiel im Palm-Mute-Style kommt der EQ abermals deutlich zum Einsatz, um den modernen Charakter des Electra VS4 zusätzlich zu verstärken. Das Low-End klingt fett und der Höhenklick sorgt für eine gute Ortbarkeit des Sounds:

Audio Samples
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Bass-Boost, Treble-Boost, Thumb-Style
Die Parts der Electra-Instrumente werden in Korea gefertigt und in Braunschweig zusammengebaut.
Die Parts der Electra-Instrumente werden in Korea gefertigt und in Braunschweig zusammengebaut.

Fazit

Wer einen klassischen Precision-Bass sucht, ist mit dem Sandberg Electra VS4 sicherlich an der falschen Adresse. Beim Sandberg-Preci handelt es vielmehr um eine moderne Interpretation des Leo-Fender-Klassikers, die mit aufgeräumten und transparenten Sounds überzeugen kann. Ein Highlight des VS4 ist in meine Augen der exzellente Spielkomfort – der schlanke Hals liegt super angenehm in der Hand und lässt sich kinderleicht spielen. In Sachen Verarbeitung leistet sich der Electra VS4 erfreulicherweise keinerlei Patzer. Die Holzkonstruktion wirkt extrem stabil, die schöne Sunburst-Lackierung ist fehlerfrei, und die exakt gelevelte Bundierung erlaubt eine überaus komfortable Saitenlage. Ich empfehle deshalb jedem Tieftöner, der einen preisgünstigen Viersaiter mit Preci-Charakter sucht, den Sandberg Electra VS4 auf die Checkliste zu setzen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • straffer Preci-Sound mit moderner Note
  • ausgezeichneter Spielkomfort
  • sehr solide Hardware
  • wirksamer, gut abgestimmter EQ
  • erstklassige Verarbeitungsqualität
Contra
  • leicht kopflastig
  • kein Passivbetrieb möglich
Artikelbild
Sandberg Electra VS4 Test
Für 849,00€ bei
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Schon auf den ersten Blick erkennt man, …
Technische Spezifikationen:
  • Hersteller: Sandberg
  • Herstellungsland: Korea/Deutschland
  • Modell: Electra VS4
  • Korpus: Linde, Tobacco Sunburst Finish
  • Hals: Canadian Hardrock Maple, Palisander-Griffbrett, 22 Bünde, sechsfach verschraubt
  • Mensur: 34“, 864 mm
  • Hardware: Sandberg Bridge, Vintage-Mechaniken, verchromt
  • Tonabnehmer: 1 Sandberg Designed Spiltcoil
  • Preamp: Sandberg Designed 2-Band, aktiv
  • Gewicht: ca. 3,9 kg
  • Preis: 749,- Euro (Ladenpreis im Juli 2021)
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