Rupert Neve Designs 5059 Satellite Test

Praxis

Wer sich für einen 19“-Summierer entscheidet, der nimmt generell eine Kompromisslösung in Kauf, ein „Dazwischen“, das weder die Bequemlichkeit eines reinen DAW-Setups bietet noch den Workflow einer ausgewachsenen Analog-Konsole. Das kreiden wir aber nicht dem 5059 Satellite persönlich an, es ist nur wichtig, noch einmal auf diesen Punkt hinzuweisen. Wer sich auf diesen Studio-Setup-Pfad begibt, der trifft wichtige Entscheidungen im Rahmen möglicherweise entscheidender (Routing-)Begrenzungen, es ist also wichtig, dass auf der anderen Seite möglichst viele Vorteile diese Nadelöhre wettmachen oder gar vergessen lassen. Auch wenn das Routing des 5059 auf den ersten Blick ehr rudimentär erscheint, lassen sich doch ein paar interessante Dinge damit anstellen – frei nach dem Motto: Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie! So sind die Inserts beispielsweise ein klasse Mittel um vorhandenes Processing-Outboard einzubinden, und wenn man zwei Inputs dafür „opfert“, dann kann man den zweiten Ausgangsbuss auch als Stereo-Subgruppe nutzen, etwa für Vocals oder Drums. Dies nur am Rande als kleine Idee, die exemplarisch dafür stehen soll, dass man auch aus vermeintlich simpel aufgebauten Summierverstärkern oft einiges herauskitzeln kann.

Manches stößt auf an dem Gerät, etwa der schwierige Kanalabgleich, die nicht riesigen Routingmöglichkeiten, das Fehlen von Metern – aber auf der Haben-Seite kann das System sehr stark punkten!
Manches stößt auf an dem Gerät, etwa der schwierige Kanalabgleich, die nicht riesigen Routingmöglichkeiten, das Fehlen von Metern – aber auf der Haben-Seite kann das System sehr stark punkten!

Etwas schade ist jedoch – und hier hätte ich mir mit Blick auf den stattlichen Kaufpreis etwas anderes gewünscht – dass der Pegelabgleich der Eingangs-kanäle recht umständlich ist. Die Potis haben keinerlei Rasterung und augenscheinlich auch zu große Toleranzen, um sie „auf Sicht“ verlässlich einstellen zu können. Drehschalter wären ebenfalls eine Option gewesen. Aber so muss man den Pegelabgleich mit einem Testoszillator machen, was prinzipiell kein Problem ist, bloß eben etwas langwierig und umständlich.

Hat man diese Durststrecke allerdings hinter sich gelassen, dann wartet eine Belohnung sehr schönen Ausmaßes. Denn der 5059 Satellite klingt, man kann es nicht anders sagen, schlichtweg fantastisch!  Die RND-Qualitäten, die deren Frontend-Geräte bereits zu tollen Arbeitswerkzeugen machen, lösen sich am hinteren Ende der Mischpultfunktionalität mit fast noch größerem Impact ein. Der saubere, offene, dabei jedoch schön samtig-smoothe Klangcharakter steht nicht nur einem Preamp, sondern auch einem Mixbuss ausgesprochen gut. Konkret bedeutet dies: Wo die DAW-interne Summierung verhaltener, weniger griffig und „durchsichtig“ klingt, wo sich die Signale gegenseitig etwas auf ihren Bits und Bytes herumzustehen scheinen, da blüht der Mix mit dem 5059 Satellite richtiggehend auf – was auch unser Klangbeispiel beeindruckend zeigen kann. Die RND-Version klingt weiter, lebendiger, Räume zeigen sich besser durchgezeichnet, der gesamte Mix erscheint plastischer und ­– Achtung, Klischeewort! – dreidimensionaler. Insbesondere in den tieferen Frequenzen begeistern die Konturen. Es ist toll, wie der 5059 Satellite eine klangliche Stabilität, die prinzipiell auch ins Harte abdriften könnte, mit seinem angenehmen, fein verrundeten Grundklang auffangen kann, welcher auf der anderen Seite jedoch auch niemals zu schwammig und indifferent wird. Rupert Neve Designs schafft hier eine ziemlich perfekt abgezirkelte Landung auf einer feinen Linie zwischen diesen beiden Polen und kann Dank dieser Eigenschaft auch als klanglich sehr flexibel gelten. Ob Pop, Rock, Elektronik oder auch rein akustische Musik ­– diese Qualitäten lassen sich in fast allen möglichen Situationen sehr, sehr vorteilhaft nutzen.

Audio Samples
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DAW-intern summiert 5059 5059, Silk Red 5059, Silk Blue

Die Silk-Funktion als einzige offensichtliche Möglichkeit der Klanggestaltung eröffnet darüber hinaus noch eine weitere Spielwiese, wobei die Resultate auch bei voll ausgefahrem Processing beziehungsweise maximal reduzierter Gegenkopplung immer noch im eher subtilen Bereich spielen. Und das ist auch ganz gut so, denn zuviel Verzerrung auf der Summe kann einen Mix und dessen schöne, gerade durch den tollen Summing-Buss herausgekitzelte Räumlichkeit ganz schnell wieder kaputt machen. Silk Red mit seiner Höhenbetonung lässt sich beinahe als Airband-Exciter einsetzen, währen Silk Blue mit seiner dicken Tiefmittigkeit tatsächlich an den Klangcharakter von diskreten Neve-Legenden wie dem 2254 erinnert.

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