Rupert Neve Designs 5059 Satellite Test

Rupert Neve Designs 5059 Satellite im bonedo-Test – Schaltungsdesigns von Rupert Neve sind nach wie vor in aller Munde. Doch während unzählige Preamp/EQ-Clones das Frontend von Neves legendären Konsolen zitieren, darf eines nicht vergessen werden: Der Neve-Sound kommt nicht nur aus den Eingangsstufen seiner Konsolen, sondern auch und gerade aus dem Mixbus.

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Die Quadratur des Kreises, in diesem Falle das Schrumpfen einer ausgewachsenen Vintage-Neve-Konsole in das handliche und bezahlbare Projektstudioformat, ist leider nur eingeschränkt möglich. Doch neben seinen 19“-und 500-Frontendlösungen hält Rupert Neve Designs mittlerweile auch eine ganze Reihe von Summier-Lösungen bereit, welche zusammen ein modulares System ergeben, mit dem man dem eben genannten großen Ziel zumindest in einigen Aspekten doch recht nahe kommen kann.
Es muss ja nicht gleich die ausgewachsene 5088-Konsole sein, deren Basiskonfiguration bereits zum Kurs eines gehobenen Mittelklassewagens daherkommt, man kann preislich auch ein gutes Stück weiter unten ansetzen und bekommt dennoch einiges geboten. Praktisch alle Projektstudio-Summinglösungen setzen den Rotstift bei der Routing-Flexibilität an, das ist auch hier so. Aber wer das reine Klangerlebnis im Blick hat (und einen Großteil des Signalroutings beispielsweise ohnehin in der DAW löst), der kann auch mit einem 19“-Summierer sehr weit kommen. Werfen wir also einmal einen Blick auf die individuellen Vorzüge und Besonderheiten des 5059 Satellite.

Details

Der Satellit kann auch der Mittelpunkt sein

Den Namen des Gerätes sollte man nicht wörtlich nehmen; zwar kann der 5059 als Ergänzung zu anderen (Neve-)Mixerlösungen eingesetzt werden, welche er dann wie ein Trabant umkreist, aber er funktioniert auch als Standalone-Summierer ganz hervorragend. Mit insgesamt 16 Eingangskanälen bietet der RND dabei den Channel-Count, den man bei 19“-Summierern als Standard ansehen kann. Jeder Input verfügt über ein Level-Poti, das von -∞ bis +10 dB reicht und damit auch etwas Gainreserven für schwachbrüstige Signale beisteuern kann. Dazu kommt noch ein Pan-Poti mit Mittenrastung, außerdem zwei Schalter. Einer schickt das Signal auf den zweiten Stereo-Ausgangsbus, der andere aktiviert den Insertweg, in den man beispielsweise externes Outboard einschleifen kann. Da der Send stets aktiv ist, lässt sich dieses Feature auch als Signalsplitter einsetzen.

Fotostrecke: 3 Bilder Eleganter Auftritt: Die Frontplatte des 5059 Satellite zieren nicht weniger als 36 Aluminium-Potikappen.

Metering: mau

Anschließend landen die Signale in der Mastersektion, die für jedes Stereo-Ausgangspaar ein Level-Poti offeriert, das zwischen -∞ bis Unity Gain stufenlos eingestellt werden kann. Eine Signal-LED verrät, ob ein Pegel anliegt – das ist in Sachen Metering leider auch schon alles. VU-Meter beispielsweise müssen aus Platzgründen auf die Vermisstenliste gesetzt werden. Dafür wurde ein wenig Frontplatten-Real-Estate freigehalten für die Processing-Sektion, die bei praktisch allen aktuellen RND-Geräten als gesetzt ansehen darf. Auch der 5059 Satellite verfügt über die „Silk“ genannten Sättigungsschaltung, die aus den grundsätzlich eher smooth-transparenten Rupert-Neve-Designs-Tools einen Hauch des Klangcharakters herauskitzeln kann, den wir klassischerweise mit dem Namen des britischstämmigen Geardesigners verbinden. Auch hier bietet die Silk-Schaltung wieder ein Poti für die Einstellung der Intensität des Sättigungseffektes sowie die beiden Klangvarianten „Red“ und „Blue“, die sich im Frequenzgang unterscheiden. Red betont eher die höheren Frequenzen, während Blue die dicken, fülligen Tiefmitten herauskitzelt.

Neves Silk-Schaltung bei beiden Outputs

Jeder Stereo-Output verfügt dabei über seine eigene Silk-Funktion, und das überrascht auch nicht, wenn man sich die Funktionsweise dieses Effektes anschaut. Hier wird nämlich die Gegenkopplung am Ausgangsübertrager reduziert und damit dessen Klangfärbungspotenzial stufenlos von der Leine gelassen. Und wo ein Ausangsübertrager ist (und der 5059 Satellite hat insgesamt vier Stück, jeweils zwei für jedes Ausgangspaar), dort gibt es auch die Möglichkeit einer Silk-Funktion – und davon macht Rupert Neve Designs hier also ausgiebig Gebrauch.

Der 5059 Satellite summiert 16 Eingangskanäle in zwei Stereobusse.
Der 5059 Satellite summiert 16 Eingangskanäle in zwei Stereobusse.

Es geht leider nicht ohne Fan

Doch nicht nur am Ende des 5059-Signalwegs bleibt sich der texanische Hersteller treu, sondern auch bei dessen Anfang. An den Inputs sitzt RNDs typischer TLA, der „Transformer-like amplifier“, den wir von vielen RND-Units kennen. Darauf folgt die Gain-Stufe, und danach wird der Kanal auch schon auf den Summing-Buss geschickt, welcher vom Ausgangsverstärker sowie dem Übertrager mit der Silk-Schaltung gefolgt wird. Insgesamt ist das kein langer Signalweg (was prinzipiell vorteilhaft ist!), aber mit diskreten Class-A-Schaltkreisen aufgebaut und mit 16 multipliziert wird doch ein ganz schöner beziehungsweise raumgreifender Schaltungsaufwand daraus, welcher das 2-HE-Gehäuse an den Rand seiner Kapazitätsgrenzen bringt. Nicht zuletzt deswegen, weil ja auch noch die zwei separate Netzteil-Einheiten sowie die vier ausgesprochen üppig dimensionierten Übertrager im Gerät Platz finden müssen. Die hohe „Schaltungsdichte“ und die Abwärme der kraftvollen Class-A-Schaltungen sind keine gute Sache für die Langlebigkeit eines Audio-Prozessors, und deswegen gehört der 5059 Satellite zu den ganz wenigen Analogprozessoren aus aktueller Fertigung, die mit einem Lüfter ausgestattet wurden. Und dies ist auch einer der beiden Wermutstropfen, die man beim RND-Summierer schlucken muss: Leider läuft der Lüfter nicht so ganz leise, hier hätte ich mir mehr Zurückhaltung gewünscht.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Audio-Eingänge und Inserts des RND 5059 liegen an DB25-Buchsen an.

Praxis

Wer sich für einen 19“-Summierer entscheidet, der nimmt generell eine Kompromisslösung in Kauf, ein „Dazwischen“, das weder die Bequemlichkeit eines reinen DAW-Setups bietet noch den Workflow einer ausgewachsenen Analog-Konsole. Das kreiden wir aber nicht dem 5059 Satellite persönlich an, es ist nur wichtig, noch einmal auf diesen Punkt hinzuweisen. Wer sich auf diesen Studio-Setup-Pfad begibt, der trifft wichtige Entscheidungen im Rahmen möglicherweise entscheidender (Routing-)Begrenzungen, es ist also wichtig, dass auf der anderen Seite möglichst viele Vorteile diese Nadelöhre wettmachen oder gar vergessen lassen. Auch wenn das Routing des 5059 auf den ersten Blick ehr rudimentär erscheint, lassen sich doch ein paar interessante Dinge damit anstellen – frei nach dem Motto: Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie! So sind die Inserts beispielsweise ein klasse Mittel um vorhandenes Processing-Outboard einzubinden, und wenn man zwei Inputs dafür „opfert“, dann kann man den zweiten Ausgangsbuss auch als Stereo-Subgruppe nutzen, etwa für Vocals oder Drums. Dies nur am Rande als kleine Idee, die exemplarisch dafür stehen soll, dass man auch aus vermeintlich simpel aufgebauten Summierverstärkern oft einiges herauskitzeln kann.

Manches stößt auf an dem Gerät, etwa der schwierige Kanalabgleich, die nicht riesigen Routingmöglichkeiten, das Fehlen von Metern – aber auf der Haben-Seite kann das System sehr stark punkten!
Manches stößt auf an dem Gerät, etwa der schwierige Kanalabgleich, die nicht riesigen Routingmöglichkeiten, das Fehlen von Metern – aber auf der Haben-Seite kann das System sehr stark punkten!

Etwas schade ist jedoch – und hier hätte ich mir mit Blick auf den stattlichen Kaufpreis etwas anderes gewünscht – dass der Pegelabgleich der Eingangs-kanäle recht umständlich ist. Die Potis haben keinerlei Rasterung und augenscheinlich auch zu große Toleranzen, um sie „auf Sicht“ verlässlich einstellen zu können. Drehschalter wären ebenfalls eine Option gewesen. Aber so muss man den Pegelabgleich mit einem Testoszillator machen, was prinzipiell kein Problem ist, bloß eben etwas langwierig und umständlich.

Hat man diese Durststrecke allerdings hinter sich gelassen, dann wartet eine Belohnung sehr schönen Ausmaßes. Denn der 5059 Satellite klingt, man kann es nicht anders sagen, schlichtweg fantastisch!  Die RND-Qualitäten, die deren Frontend-Geräte bereits zu tollen Arbeitswerkzeugen machen, lösen sich am hinteren Ende der Mischpultfunktionalität mit fast noch größerem Impact ein. Der saubere, offene, dabei jedoch schön samtig-smoothe Klangcharakter steht nicht nur einem Preamp, sondern auch einem Mixbuss ausgesprochen gut. Konkret bedeutet dies: Wo die DAW-interne Summierung verhaltener, weniger griffig und „durchsichtig“ klingt, wo sich die Signale gegenseitig etwas auf ihren Bits und Bytes herumzustehen scheinen, da blüht der Mix mit dem 5059 Satellite richtiggehend auf – was auch unser Klangbeispiel beeindruckend zeigen kann. Die RND-Version klingt weiter, lebendiger, Räume zeigen sich besser durchgezeichnet, der gesamte Mix erscheint plastischer und ­– Achtung, Klischeewort! – dreidimensionaler. Insbesondere in den tieferen Frequenzen begeistern die Konturen. Es ist toll, wie der 5059 Satellite eine klangliche Stabilität, die prinzipiell auch ins Harte abdriften könnte, mit seinem angenehmen, fein verrundeten Grundklang auffangen kann, welcher auf der anderen Seite jedoch auch niemals zu schwammig und indifferent wird. Rupert Neve Designs schafft hier eine ziemlich perfekt abgezirkelte Landung auf einer feinen Linie zwischen diesen beiden Polen und kann Dank dieser Eigenschaft auch als klanglich sehr flexibel gelten. Ob Pop, Rock, Elektronik oder auch rein akustische Musik ­– diese Qualitäten lassen sich in fast allen möglichen Situationen sehr, sehr vorteilhaft nutzen.

Audio Samples
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DAW-intern summiert 5059 5059, Silk Red 5059, Silk Blue

Die Silk-Funktion als einzige offensichtliche Möglichkeit der Klanggestaltung eröffnet darüber hinaus noch eine weitere Spielwiese, wobei die Resultate auch bei voll ausgefahrem Processing beziehungsweise maximal reduzierter Gegenkopplung immer noch im eher subtilen Bereich spielen. Und das ist auch ganz gut so, denn zuviel Verzerrung auf der Summe kann einen Mix und dessen schöne, gerade durch den tollen Summing-Buss herausgekitzelte Räumlichkeit ganz schnell wieder kaputt machen. Silk Red mit seiner Höhenbetonung lässt sich beinahe als Airband-Exciter einsetzen, währen Silk Blue mit seiner dicken Tiefmittigkeit tatsächlich an den Klangcharakter von diskreten Neve-Legenden wie dem 2254 erinnert.

Fazit

Mit Blick auf die Klangeigenschaften hätte der Rupert Neve Designs 5059 Satellite seine 5 Sterne zweifelsohne verdient, aber es gibt ein paar konstruktive Kompromisse, welche zu leichtem Punktabzug führen. Wer diese Kritik verschmerzen kann, der erhält zu einem stolzen Preis ein Gerät, das eine zentrale Rolle im Setup einnehmen kann und dessen Sound-Ergebnisse ebenso stolz machen können. Sehr zeitgemäß, dieses Gerät, sehr teuer, aber eben auch sagenhaft gut. Und nun muss jeder selbst entscheiden…

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Klangeigenschaften
  • Insertwege
  • Ausgangsübertrager
  • Klang der Silk-Schaltung
Contra
  • Pegelabgleich der Kanäle etwas umständlich
  • Lüftergeräusche
Artikelbild
Rupert Neve Designs 5059 Satellite Test
Für 3.875,00€ bei
Rupert Neve Designs 5059 Satellite: Summierverstärker mit klassischen Neve-Qualitäten.
Rupert Neve Designs 5059 Satellite: Summierverstärker mit klassischen Neve-Qualitäten.
Spezifikationen
  • Summierverstärker mit 16 Inputs auf 2 Stereo-Ausgangspaare
  • schaltbarer Insertweg in jedem Kanal
  • Silk-Schaltung mit zwei Klangoptionen
  • Class-A-Schaltungen mit Ausgangsübertragern
  • Level- und Pan-Pots in jedem Kanal
  • Signal-LEDs
  • Preis: € 4225,69 (UVP)
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