Rihanna ist die erste Künstlerin, der wir eine zweite Folge dieser Workshopreihe widmen. Diese Ehre wird ihr zuteil, weil die Sängerin aus Barbados eine der zuverlässigsten Hitlieferantinnen der letzten Jahre ist. Auch “Diamonds”, Rihannas erste Single aus ihrem neuen Album “Unapologetic”, setzte sich in mehreren Ländern an die Spitze der Charts. In den USA war der Song sogar schon ihre zwölfte Nr.1-Single – das muss man erst einmal schaffen!
Produziert wurde die Ballade von den schwedischen Hitexperten “Stargate” in Zusammenarbeit mit dem Amerikaner Benny Blanco (Katy Perry, Britney Spears, Ke$ha, Maroon 5, u.a.) und der australischen Songwriterin Sia Furler. Dass die Schweden bei vier der 18 Songs, die wir uns in diesem Workshop bislang angesehen haben, die Finger im Spiel hatten, zeugt von ihrer derzeitigen Omnipräsenz in den weltweiten Hitparaden. Ein wiederkehrendes Muster: Der aktuellen Mode folgend, gibt es immer eine Handvoll angesagter Produzenten(teams), die für bestimmt drei Viertel der Charthits einer bestimmten Periode verantwortlich sind. Nach ein paar Jahren zieht die Karawane dann weiter und die nächsten Hitbastler sind an der Reihe. Hat man das große Los gezogen, lautet die Devise also: Möglichst viel abräumen, bevor man aus der Mode kommt…
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STROPHE
“Diamonds” ist eine Midtempo-Ballade, die bei genauerem Hinhören sehr einfach aufgebaut ist. Einmal mehr ist es der Song selbst, also die Hookline und das perfekte Zusammenspiel aus Melodie und Text, gepaart mit einer aufwändigen Gesangsproduktion, die den Titel zum Hit macht. Das Playback dahinter ist schnell zusammengebaut, wie wir sehen werden. Die zugrunde liegende viertaktige Akkordfolge ändert sich während des gesamten Songs überhaupt nicht, und auch bei der Instrumentierung gibt es wenig Überraschungen.
Wir beginnen mit einem kurzen Intro, in dem die Akkordfolge von einer Kombination zweier Piano-artiger Sounds gespielt wird. Ein Flügelklang wird mit einem an die 80er-Jahre erinnernden synthetischen E-Piano gelayert. Den Flügel bekommen wir aus der nach wie vor hervorragenden Library “East West Quantum Leap Grand Pianos”. Aus den vier Flügeln dieser Bibliothek habe ich mich für den Bösendorfer entschieden:
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Piano
Hinzu kommt ein E-Piano-Klang aus dem Access Virus TI. Er klingt zwar etwas runder und satter als die typischen FM-Pianos der Achtziger, steuert aber dennoch eine ähnliche Klangästhetik bei. Dieser Sound bekommt ein einfaches Viertel-Delay.
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Virus
Die beiden Sounds werden ins richtige Verhältnis gesetzt und auf einen gemeinsamen Bus geroutet. Hier arbeitet ein entspannt zu Werke gehender Kompressor, der den Sound “zusammenklebt”.
Nach vier Takten beginnt die Strophe. Hier kommen die Drums hinzu, wobei wir zunächst nur eine Kick brauchen. Diese setzen wir aus zwei Bausteinen zusammen. Für das solide Fundament sorgt eine satte Bassdrum aus dem Spectrasonics Stylus RMX. Mit einem EQ wird sie von den schmatzenden Frequenzen oberhalb von etwa 3 kHz befreit – diesen Raum darf gleich die zweite Bassdrum füllen. Im Soundbeispiel hört ihr die Kick zuerst vor und dann nach dem EQ.
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Kick 1
Die zweite Bassdrum stammt ebenfalls aus dem Stylus und ist deutlich dünner. Bei ihr geht es vor allem um das helle Attack-Geräusch, das wir der ersten Trommel eben herausoperiert haben. Da der Bassbereich durch die andere Kick schon mehr als ausreichend abgedeckt wird, habe ich diese zweite Trommel dafür von den tiefen Frequenzen befreit. Den Doppelschlag auf die “3” macht die dünne Kickdrum nicht mit, sondern spielt nur Viertelnoten. Auch hier hört ihr zunächst das Original-Sample und dann die EQ-Variante.
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Kick 2
Auch die beiden Kicks durchlaufen einen gemeinsamen Bus, in dem ein Kompressor und ein ganz leichter Bitcrusher-Effekt arbeiten. Das Endergebnis hört sich so an:
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Kicks kombiniert
Außerdem brauchen wir noch einen unauffälligen und sehr leise gemischten Sub-Bass, der aus dem Freeware-Synth TAL U-NO-62 stammt. Für solche Aufgaben eignet sich das Plugin sehr gut – so ein Sound ist in kürzester Zeit zurechtgeschraubt, ohne dass man sich durch Preset-Listen wühlen müsste.
Rihanna – Diamonds: Strophenbass
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Strophenbass
Der Bass, die Pianos und auch die später hinzukommenden Streicher bekommen übrigens einmal mehr einen leichten Sidechain-Kompressor verpasst, der von der Kick getriggert wird. In diesem Fall ist er deutlich entspannter eingestellt als bei einem Dance-Track, sorgt aber vor allem im Bassbereich für einen aufgeräumteren Sound. Der Sidechain-Eingang des Kompressors wird vom Kick-Bus befüttert, was dazu führt, dass der Pegel des Basses und der Pianos bei jedem Bassdrum-Schlag leicht nach unten gedrückt wird. Weitere Infos zu diesem Verfahren findet ihr in vielen vorangegangenen Folgen dieses Workshops.
Zur Hälfte der Strophe setzt ein bisschen elektronische Percussion ein, die die Hi-Hat und die Snare ersetzt. Dafür habe ich ein Kit mit Sounds einer alten Drummachine in den Sampler geladen und etwas herumgespielt. Zwei verschiedene Delays kommen hier zum Einsatz: Ein Achteldelay macht aus ein paar Percussion-Sounds ein rhythmisches Pattern. Hierfür habe ich Logics “Stereo Delay” benutzt und die Delayzeiten des linken und des rechten Kanals geringfügig unterschiedlich eingestellt. So erreicht man auf eine einfache Art und Weise einen schönen Stereo-Effekt. Das zweite Delay wird nur auf dem Noise-Sample einsetzt, das in jedem zweiten Takt auf der “3” spielt. Hierfür habe ich in Logics Luxus-Delay-Plugin “Delay Designer” ein Delay mit zwei Hochpass-gefilterten Taps programmiert. Dadurch “verschwindet” der Sound langsam in den Höhen. Im nächsten Soundbeispiel hört ihr das Percussion-Pattern zuerst ohne Delay, und dann mit.
Rihanna – Diamonds: Percussion Delays
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Percussion
Das war’s schon fast. Für den Übergang zum Refrain brauchen wir noch einen kleinen Cymbal-Roll, den ich aus der Orchester-Library “Vienna Instruments Special Edition” habe.
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Rihanna – Diamonds: Cymbal
Jetzt können wir uns das Intro und die Strophe schon einmal anhören:
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Rihanna – Diamonds: Intro, Strophe
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REFRAIN
Wie ich schon angekündigt hatte, bleibt das Grundgerüst aus Drums und Pianos im Refrain unverändert. Die Steigerung wird in erster Linie durch einen ganzen Haufen Gesangsspuren erreicht, die an dieser Stelle hinzu kommen. Doch ein paar zusätzliche Elemente können wir noch gebrauchen, um das Arrangement im Refrain noch etwas “anzudicken”.
Zunächst brauchen wir einen fetteren Bass. Der U-NO-62 ist für den Refrain etwas zu zahm. Deshalb darf der Spectrasonics Trilian einen dickeren Sub-Bass beisteuern, der allerdings auch nur lange, liegende Noten spielt.
Rihanna – Diamonds: Refrain Bass
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Refrain Bass
Als nächstes kommt ein Lead-Synth hinzu, der direkt aus den Neunzigern zu kommen scheint. Das ist eine Aufgabe für den Massive von Native Instruments. Der Sound spielt fast nur auf “1” und “2-und” – den Rest der Rhythmik besorgt ein Achteldelay. So ein Sound ist derzeit das Allheilmittel, um einem Arrangement einen modernen Touch zu geben. Wahrscheinlich sind in zwei Jahren wieder Pizzicato-Streicher in Mode – wir werden sehen.
Rihanna – Diamonds: Lead Synth
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Leadsynth
Das einzige Element, das auf der Drum-Seite noch hinzukommt, ist ein Schellenkranz:
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Tambourine
Damit das Ganze im Refrain die nötige Opulenz bekommt, bauen wir als nächstes ein paar Streicher ein. Hierfür habe ich die Orchestral Strings aus der Vienna Special Edition benutzt. Den Anfang machen Cellos und Violen, die eine Unisono-Linie spielen:
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Strings 1
Per Keyswitch wird zwischen Legato- und Portamento-Samples umgeschaltet. Das Modulationsrad steuert die Velocity-Crossfades. So lassen sich die Vienna-Sounds sehr komfortabel in der Lautstärke und Intensität regeln, und zwar unabhängig von der Anschlagsstärke und auch im Verlauf gehaltener Noten.
In der zweiten Hälfte des Refrain kommen die Violinen hinzu. Sie spielen die gleiche Melodie eine Oktave höher. Solche Oktavsätze sind eine der effektvollsten Arten, Streicher einzusetzen. Oft braucht man gar keine vielstimmigen Akkorde – Unisono- oder Oktavfiguren reichen meist, um das Arrangement ohne viel Matsch aufzufüllen.
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Strings 2
Ganz leise hinzugemischt habe ich einen weiteren Streichersound aus dem Spectrasonics Omnisphere. Diesen nimmt man fast nicht eigenständig wahr. Er dient als “Klebesound” lediglich dem Zweck, den Streicherklang insgesamt runder zu machen:
Jetzt ist der Refrain schon fertig und wir können ihn einmal vorhören:
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Refrain
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BRIDGE UND SONG
Die zweite Strophe und den zweiten Refrain habe ich ausgeklammert, weil hier bis auf ein paar kleine Streicherlicks nichts Neues passiert. Nach dem zweiten Refrain folgt eine kurze, viertaktige Bridge, die eigentlich gar kein vollwertiger, eigenständiger Teil ist. Hier bricht bis auf die Violinen alles weg. Zur Hälfte kommen die tiefen Streicher wieder hinzu. Im Übergang zum nächsten Refrain werden die Streicher dann durch ein Resonanzfilter “weggefiltert”. So knallt der letzte Refrain schön, wenn er einsetzt. Dafür habe ich Logics Autofilter-Plugin auf den Streicherbus gesetzt und die Cutoff-Frequenz automatisiert. Die “Auto”-Funktionen des Filters (LFO und EG) sind deaktiviert.
Rihanna – Diamonds: Bridge Filter Automation
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Bridge
Danach folgt der dritte und letzte Refrain, in dem Rihanna stimmlich nochmal alle Register zieht. Das Arrangement bleibt jedoch unverändert. “Diamonds” demonstriert also wieder einmal eindrucksvoll, dass es keines aufwändigen Arrangements und keiner besonderen Tricks bedarf, um ein Playback für einen Nr.-1-Hit zusammenzubasteln. Viel wichtiger ist, dass die Melodie und der Text auf den Punkt kommen. Den entscheidenden Unterschied macht aber meist die Performance des Interpreten / der Interpretin. Rihanna könnte mit ihrer Stimme und ihrer derzeitigen Popularität wahrscheinlich auch “Hänschen klein” zu einem Welthit machen.
Ich hoffe, dass euch der Workshop auch dieses Mal gefallen hat. Bis zur nächsten Folge Produce-Alike!
@Tim: Auch wenn dein Kommentar natürlich fachlich alererste Sahne ist, so muss ich dich belehren, dass sowohl Cellos als auch Celli der aktuellen deutschen Rechtschreibung entsprechen. Klugscheißen will eben auch gelernt sein. Eure Produce Alike Serie finde ich übrigens absolut top. Weiter so :-) Seb
Ihr werdet lachen, ich hab' das diesmal tatsächlich nachgeguckt, bevor ich es geschrieben habe. Jetzt weiß ich, dass ich guten Gewissens "Cellos" schreiben kann ;-) "Celli" ist aber natürlich auch richtig. Grüße, Lasse
Hallo Charly, mein Virus TI ist Baujahr 2007, also noch aus der ersten Baureihe. Das Preset heißt SynthPianoJL. Müsste dann ja eigentlich auch auf dem TI2 verfügbar sein. Grüße, Lasse
Hi Lasse, danke für die schnelle Antwort! Fällt Dir zufällig noch ein Software Synth ein, welcher einen ähnlichen Sound liefert? Hab in Logic eigentlich schon alles was in Richtung FM Sound/Bells/Crystal geht ausprobiert... Nichts vergleichbares dabei :| Danke!!
Hallo,mir gehts genauso. Ich habe das ganze Komplete 8 Ultimate durchsucht, leider finde ich keinen E-Pianosound wie diesen :( Die meisten sind typischerweise sehr drahtig und dünn im Sound. Mist! ;) Was kann man denn da machen? Danke übrigens für dieses tolle Tutorial, es ist immer wieder super! Viele Grüße!
Hallo nochmal,nach langem Herumgesuche und -geschraube habe ich mich jetzt für ein Preset namens "Malletophone" aus Absynth 5 entschieden. Es klingt nicht exakt wie das aus dem Virus, aber fürs Erste ist es eine gute Alternative ;) Viele Grüße!
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Tim Heinrich sagt:
#1 - 05.12.2012 um 04:15 Uhr
Es heißt "Celli" und nicht "Cellos!
Seb sagt:
#2 - 05.12.2012 um 11:25 Uhr
@Tim: Auch wenn dein Kommentar natürlich fachlich alererste Sahne ist, so muss ich dich belehren, dass sowohl Cellos als auch Celli der aktuellen deutschen Rechtschreibung entsprechen. Klugscheißen will eben auch gelernt sein. Eure Produce Alike Serie finde ich übrigens absolut top. Weiter so :-) Seb
Lasse Eilers (bonedo) sagt:
#3 - 05.12.2012 um 13:39 Uhr
Ihr werdet lachen, ich hab' das diesmal tatsächlich nachgeguckt, bevor ich es geschrieben habe. Jetzt weiß ich, dass ich guten Gewissens "Cellos" schreiben kann ;-) "Celli" ist aber natürlich auch richtig. Grüße, Lasse
Charly sagt:
#4 - 05.12.2012 um 14:35 Uhr
Hallo! Wow... Super Workshop! Der Virus Sound ist der Knaller. Ist der mit dem TI oder mit dem TI2 gemacht? (oder auf Beiden Units verfügbar?)
Lasse Eilers (bonedo) sagt:
#5 - 05.12.2012 um 20:56 Uhr
Hallo Charly, mein Virus TI ist Baujahr 2007, also noch aus der ersten Baureihe. Das Preset heißt SynthPianoJL. Müsste dann ja eigentlich auch auf dem TI2 verfügbar sein. Grüße, Lasse
Charly sagt:
#6 - 06.12.2012 um 15:30 Uhr
Hi Lasse, danke für die schnelle Antwort! Fällt Dir zufällig noch ein Software Synth ein, welcher einen ähnlichen Sound liefert? Hab in Logic eigentlich schon alles was in Richtung FM Sound/Bells/Crystal geht ausprobiert... Nichts vergleichbares dabei :| Danke!!
Chris sagt:
#7 - 18.12.2012 um 15:21 Uhr
Hallo,mir gehts genauso. Ich habe das ganze Komplete 8 Ultimate durchsucht, leider finde ich keinen E-Pianosound wie diesen :( Die meisten sind typischerweise sehr drahtig und dünn im Sound. Mist! ;) Was kann man denn da machen?
Danke übrigens für dieses tolle Tutorial, es ist immer wieder super!
Viele Grüße!
Chris sagt:
#8 - 19.12.2012 um 20:49 Uhr
Hallo nochmal,nach langem Herumgesuche und -geschraube habe ich mich jetzt für ein Preset namens "Malletophone" aus Absynth 5 entschieden. Es klingt nicht exakt wie das aus dem Virus, aber fürs Erste ist es eine gute Alternative ;)
Viele Grüße!