Numark NDX-900 Test

DETAILS

Der Terminus Zwillinge trifft bei den Flaggschiffen der numarkschen Tabletop-Flotte wohl ins Schwarze. Denn bis auf den Schriftzug oben links, das leicht abgewandelte Farbkonzept und den zusätzlichen Ausgang am Backpanel, gleichen sie sich wie ein Ei dem anderen. Das bedeutet natürlich auch, dass mein heutiger Testkandidat viele Tugenden an den Tag legt, die ich schon beim Achthunderter wertschätzte. Dazu gehört ein anspruchsvolles Design, eine solide Konstruktion mit wackelfrei verbauten Bedienelementen und Buchsen, ein riesiges Jogwheel, beleuchtete Buttons, ein langer Fader und griffige Drehregler. Das Layout ist außerordentlich großzügig bemessen und schützt durch eindeutige Beschriftung und ausreichendem Abstand der Bedienelemente zueinander vor Fehlbedienung – selbst in dunkelsten Kellern und hektischen Situationen. Soviel Komfort fordert natürlich eine gewisse räumliche Ausdehnung ein, daher misst der Testkandidat satte 35 x 31 Zentimeter, womit er fast auf Turntable-Niveau liegt. Sein Gewicht: vier Kilogramm. Damit der neue Besitzer nicht erst zum nächsten Elektrofachhandel laufen muss, sondern sofort nach dem Auspacken losrocken kann, packt Numark sämtliche erforderlichen Anschlusskabel (USB, Strom, Audio) samt gedruckter Bedienungsanleitung mit ins Paket – und legt diesem obendrein noch eine Traktor LE2-CD bei. Fein, fein.

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Anschlüsse
Nun gilt es, ein wenig Platz auf dem DJ-Tisch zu schaffen und den NDX-900 in mein bestehendes Setup einzubinden. Da wir es hier mit einem Audio-CD-Player und einen USB-Controller in Personalunion zu tun haben, befinden sich am Backpanel neben dem obligatorischen Stereo-Cinch-Ausgang, dem Stromanschluss und dem Einschaltknopf vier weitere Schnittstellen. Und zwar: eine USB-Buchse Typ-B zur Verbindung mit dem Rechner und ein Cinch-Paar für den USB-Playout. Der NDX belegt also am Mischpult gleich zwei Line-Eingänge. Ferner wartet eine 3,5-Millimeter-Klinkenbuchse auf den Empfang eines Crossfader-Startsignals. Relay-Play ist ebenfalls vorgesehen. Wird der NDX-900 als USB-Interface betrieben, liegt die interne Signalverarbeitung bei 24 Bit.

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Datenträger, Konventionen & Zugriffszeiten
Ob ihr es glaubt oder nicht: Bei den letzten CD-Playern, die ich für Bonedo testen durfte, ist kaum einer dabei gewesen, der mit HFS oder NTFS-Unterstützung dienen konnte. Dabei ist dies ein durchaus wichtiges Kaufargument. Denn in Zeiten digitaler Download-Vertriebe und der voranschreitenden Ablösung der CD durch Festplatten, Sticks und SD-Karten, speichern immer mehr Anwender ihre Musikbibliothek auf externe Datenträger. Doch diese überschreiten seit einigen Jahren die 32 GB-Grenze und die Partitionslimitierung des Dateisystems FAT32 (Windows) – im Handel füllen inzwischen Terrabyte-Harddisks die Lager. Sicher weisen kleinere Flash-Sticks im FAT-Format bei kleineren Speichervolumen einen Geschwindigkeitsvorteil gegenüber Journaling-Systemen für große Platten auf. Wer jedoch ohne Rechner spielt und für seine Arbeit auf eine umfangreiche Musikbibliothek zurückgreifen muss, wird die seltene Unterstützung aktueller Dateisysteme seitens des NDX-900 zu schätzen wissen – meine externe 320 GB Windows-Platte und der Mac formatierte 8GB Cruizer liefen jedenfalls ohne Probleme. Schön! Das Einzige, was man Numark vielleicht vorwerfen könnte, wäre die Limitierung auf 8991 Songs pro Disk (in maximal neun Partitionen mit maximal 999 Ordnern) – aber das wollen wir doch nicht wirklich tun, oder? Ich jedenfalls habe gar nicht so viele Tracks, als das es mir was ausmachen könnte.  
Die lokal vorliegenden USB- und MP3-Sticks ließen sich größtenteils ohne Murren einbinden. Bei den Apple-Playern stellte sich jedoch heraus, dass die lokalen iOS-Devices nicht unterstützt werden. Welches Medium auch zum Einsatz kommen mag, der Hersteller empfiehlt Files mit Dateigrößen jenseits der 300 Megabyte nicht zu nutzen, um Performance-Einbrüchen vorzubeugen.  
Der Zugriff des Slot-in Laufwerks auf die CD ist zwar abhängig von Format, Füllmenge und Datenstruktur, aber insgesamt als zügig zu bewerten. Für eine Audio-CD benötigt der Kandidat im Schnitt drei Sekunden, eine vollgestopfte MP3-CD war ähnlich wie der USB-Stick je nach Ordner-Verschachtelung und Partitionierung innerhalb von 10 bis 20 Sekunden startklar. Absolut okay, wie ich finde. Meine Windows-Platte zog knapp 3 Minuten Wartezeit nach sich, was ebenfalls völlig im Rahmen liegt. Hinzuzufügen habe ich noch, dass es um die Kompatibilität zum Dschungel der CD-Rohlinge gut bestellt ist, denn sämtliche von mir verwendeten Scheiben wurden eingelesen – was selbstverständlich keine Garantie ist, dass es mit jedem handelsüblichen Silberling funzt.

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Je nachdem, ob man den Controller mit einer CD oder einem Stick füttert, könnte der Antischockpuffer von großem Interesse sein. Der Hersteller macht hierzu leider keine Angaben, der Schütteltest mit einer Audio-CD im Bauch lässt auf etwa 48 Sekunden schließen. Wer also in der Disziplin Stockcar-DJ-Mixing Kurs auf das Guinness-Buch nehmen möchte, sollte für seine Performance lieber zum Flash-Stick greifen, da sich dieser bei minutenlangen Ackerfahrten wohl als erschütterungsresistenter erweisen wird.  
Für die Titelauswahl zeichnet in beiden Fällen der Track-Encoder verantwortlich. Er browst durch das musikalische Datendickicht und schickt die Auswahl per integriertem Button ins Gefecht. Mein Blick auf die Transportsektion zeigt drei extragroße, bunt beleuchtete Buttons für Cue, Play und Pause. Es folgt ein Tastenhieb auf Play und es dudelt aus den Boxen. Der Wechsel zwischen zwei Musikstücken vom USB-Speicher geschieht außerordentlich flott, bei der CD ziehen ebenfalls nur ein bis zwei Sekunden ins Land. Der nächste Titel kann sowohl unmittelbar bei Drehung des Encoders einstarten oder mittels Next-Track-Funktion in Ruhe ausgewählt und dann mittels Bestätigung abgespielt werden.  
Möchte man nun zwischen den Audioquellen umschalten, muss er den abspielenden Song zunächst pausieren oder auswerfen – während einer laufenden Musikwiedergabe ist ein Wechsel zum Glück nicht möglich. Bedeutet aber auch, dass es ihm nicht möglich ist, auf optische und Flash-Datenträger simultan zuzugreifen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass der USB-Playout aber sehr wohl erhalten bleibt, wenn ein Wechsel auf Externa erfolgt. Für den Praxiseinsatz heißt dies, dass ein Gemischtbetrieb zwischen den beteiligten Medien gewährleistet ist und der DJ auf dem einen Kanal einen Wunschtitel einer CD prüfen kann, die er in die Hand gedrückt bekommen hat, während auf dem anderen Kanal gerade ein Traktor-Song abspielt. Jedoch kann er die MIDI-Steuerung logischerweise erst wieder benutzen, wenn er in den MIDI-Modus zurückkehrt.

Wer während eines DJ-Marathons zwischendurch mal sein Set verlassen muss, kann auf Zufallswiedergabe schalten oder mit der PROGAM-Funktion eine Playlist programmieren, was bei einem Dutzend MP3-Tracks keine drei Minuten einfordert. Vorausgesetzt die Dateien sind vernünftig getaggt und die Titelinformationen lassen sich gut am Display ablesen, was zu einer Kernkomponente des NDX überleitet.  
Display
Es gibt Displays, die einem die Arbeit wirklich nicht leicht machen. Das kann ich vom NDX-Bildschirm nun wahrlich nicht behaupten. Titelinformationen, ID3-Tags, Dateinamen, Ordnernamen oder Effekteinstellungen – für alles hat der Screen die passende Antwort. Sie erscheint auf einer doppelzeiligen Punkt-Matrix, die nach zwölf Zeichen zu scrollen beginnt. Ferner zeigt er Laufzeiten (Elapsed, Remain, Total), Tempo und Pitch-Werte sowie Statusinformationen zu Loops und Hotcues an. Auch bei größeren Neigungswinkeln lässt sich das blauweiße LCD gut ablesen. Helligkeit und Kontrast können zwar nicht separat eingestellt werden, was im dunklen Club oder der Bar jedoch kaum Relevanz hat. Und wer bei zenitaler Sonneneinstrahlung einen Open-Air Gig auf dem Nürburgring bestreitet, kann ja vielleicht einen Sichtschutz aufbauen – und natürlich Cola, Sonnencreme und Red Bull Racing-Cap einpacken. Einen Kritikpunkt muss ich an dieser Stelle allerdings anführen: Das Display ist nicht in der Lage, Titelinformationen einer DJ-Software anzuzeigen.

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Jogwheel
In einem neuen Design, das sich augenscheinlich am NDX-400 orientiert, präsentiert sich das große 25-Zentimter-Jogwheel. Es ist von einem milchig-trüben Kranz umgeben, der verschiedene Leuchtprogramme visualisieren kann, wie etwa Laufrichtung, Scratch-Positionen oder Blinken im Takt. In den silberfarbenen Außenring sind kleine Kerben eingelassen, die als Fingerführung dienen. Der Rundlauf des Jogwheels ist akkurat. Seine berührungsempfindliche Oberfläche ist leicht angeraut, sodass der DJ selbst bei schwitzigen Händen prima mit dem Teller zu Werke gehen kann. Es zeigt einen angenehmen Widerstand und kommt auch nach einsatzfreudigeren Backspins in angemessener Zeit zum Stillstand. SEARCH aktiviert die dreistufig skalierbare Hochgeschwindigkeitssuche, bei der eine Umdrehung entweder 15, 30 oder 60 Sekunden entspricht. Im Pausenmodus navigiert das Rad mit 1/75s Auflösung framegenau durch das Audiomaterial.

Links daneben sitzt der Scratch-Button, seines Zeichens Herrscher über fünf innovative Modi: Vinyl entspricht der Handhabe von Schallplatten. FORWARD hingegen spielt nur die Forwardmoves auf dem Master aus. CUE springt mit jeder Tellerberührung an den ersten Cue-Punkt im Musikstück, sodass die gleich Stelle wiederholt gekratzt werden kann. CUE FORWARD ist dann selbsterklärend. BLEEP spielt nach dem Scratching an der originären Position weiter. BLEEP FORWARD spielt auch hier nur die Vorwärtsbewegungen. Das macht sehr viel Laune, zudem das große Jogwheel eine tolle Haptik aufweist und der NDX-900 ein verzögerungsfreies Scratch-Gefühl vermittelt. Das Scratch-Delay kann über die Preferences eingestellt werden.

Audio Samples
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Scratch FX Vinyl Scratch Scratch FX Cue Scratch Scratch FX Cue FWD Scratch Scratch FX Bleep Scratch Scratch FX Bleep FWD Scratch

Entgegen landläufiger Gepflogenheiten positioniert Numark die Transportsektion nicht auf der linken Außenseite, sondern direkt unter den Teller. Mir soll es recht sein. Stattdessen wandern zwei Drehregler für Anlauf und Bremsgeschwindigkeit eines Musikstückes auf den Flügel, mit denen sich stufenlose Turntable-FX (Plattenspieler-Simulation) von null bis sechs Sekunden erzielen lassen. Etwas weiter nördlich sitzt der mächtige Bleep/Reverse Schalter, der nach unten gedrückt einen Rückwärtslauf einleitet, welcher in Bleep-Stellung unmittelbar an der Stelle wiedereinsetzt, wo sich der Titel ohne Rückwärtslauf befunden hätte. Was einerseits bedeutet, dass der DJ im Mix mit einem zweiten, beatsynchronen Track nicht aus dem Takt gerät. Andererseits lassen sich auf diese Art jugendgefährdende Textpassagen überspringen. So kann man selbst auf Tante Herthas 50. Geburtstag mal ne raue Hip-Hop-Scheibe auflegen.

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Reverse Bleep Start & Stop
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