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Neural DSP Soldano SLO-100 Test

Pünktlich zur Neuauflage des Soldano SLO-100 Topteils, dem sagenumwobenen Verstärker der 80er und 90er Jahre, der den Sound von Gitarrenlegenden wie Gary Moore, Steve Lukather, Mark Knopfler und anderen dieser Zeit beflügelte, überrascht der finnische Plugin-Schmied Neural DSP mit einer Software, die exakt auf diesem 100-Watt-Topteil basiert. Amp-Kenner wissen, dass Soldano-Amps nicht gerade zum Taschengeldkurs über die Theke gehen, und daher erfreut die Nachricht doch umso mehr, dass der Sound dieses Boutique-Amps für knapp unter 100 Euro auf den Rechner gebeamt werden kann.

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Das Neural-Konzept zeichnet sich bekanntermaßen dadurch aus, eine kleine, aber feine Auswahl an Verstärkern oder Einzelmodellen in Kombination mit ein paar Effekten und Cabinet-Emulationen pro Plugin zu vertreiben, wie z.B. auch beim Cory Wong-, Gojira- oder Plini-Plugin. Der SLO-100 macht hier keine Ausnahme: Hier erhalten User zwar nur einen einzelnen Amp, der, wie wir noch sehen werden, dafür aber unglaublich flexibel gestaltet werden kann. Nun aber Genug der Worte – da ich gerade einen Original Soldano-Amp vor mir stehen habe, bin ich natürlich extrem neugierig auf das Plugin und möchte ergründen, ob es den verheißungsvollen Namen „Soldano“ zu Recht trägt.

Details

Konzept

Beim Soldano SLO-100 Plugin handelt es sich um eine Software, die mit dem SLO-100 ein einzelnes Ampmodell virtuell simuliert, das im Prinzip drei Grundsounds liefert und sich mit einer beträchtlichen Auswahl an Speaker-Simulationen kombinieren lässt, die allesamt auf Basis von Impulsantworten (IRs) erstellt wurden. Neben dem Amp- und Cabmodell bietet die Software noch eine Reihe von Effekten, wie Kompressor, Verzerrer, EQ, Delay, Chorus und Reverb. Das SLO-100 Plugin kann sowohl als Stand-alone oder aber als Plugin für Mac OS und Windows im VST/AU/AAX-Standard eingesetzt werden.

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Mehr Informationen

GUI Übersicht

Um die Installation des SLO-100 Plugins vorzunehmen braucht es nur eine Internetverbindung zum Laden des Installers sowie einen iLok Account. Sowohl die Downloadvorgänge als auch die Installation und die Aktivierung liefen völlig geschmeidig ab – nach kürzester Zeit laufen die Finger auch schon warm.

Bei der Gestaltung des GUI bleibt sich Neural optisch und strukturell dem Look der anderen Produkte treu. Farblich ist die Benutzeroberfläche in Schwarz gehalten, während das typisch weiße Faceplate sowie das Logo des SLO-100 gut erkenntlich vor dem Hintergrund thronen. Ein kleines Gadget hat Neural sich nicht nehmen lassen: Da die alten Soldano-Modelle in diversen Tolexbezügen erhältlich waren und nach Kundenwunsch gestaltet werden konnten, kann beim Farbschema des SLO-100 Chassis im GUI über einen Rechtsklick im Menüpunkt „Skins“ zwischen Schwarz, Lila und, typisch 80s, Schlangenlederoptik gewählt werden. Über Rechtsklick oder ein kleines Icon in der rechten unteren Fensterecke lässt sich das GUI in drei Stufen skalieren.
In der Topzeile wurde der Header platziert, der den Signalfluss sowie alle Effektmodule anzeigt. Diese werden hier mittels Rechtsklick aktiviert, während ein Linksklick zu den Settings des jeweiligen Blocks führt, der dann für flexibles Tweaking bereit steht. In der Zeile unter dem Header wurden zwei Potis für das  In- und Outputlevel sowie jeweils eine Meteranzeige platziert, wodurch ein leichteres Pegeln möglich ist. Außerdem wurde ein Noise Gate untergebracht, welches stufenlos eingestellt und deaktiviert werden kann. Daneben gibt es die Option, das Oversampling zwischen Low und High und den Input zwischen Mono- oder Stereobetrieb umschalten zu können. In derselben Zeile gelangt man auch zu den Presets, die dort gelöscht, gespeichert und importiert werden können. Beim Auskundschaften bestimmter Voreinstellungen hilft ein Browserfenster. Die Suche wird zudem aber auch schon durch die gut gegliederte Menüstruktur extrem erleichtert: Sie unterteilt die Voreinstellungen in Artist-, User- und Factorypresets.
Zu den Künstlern, die hier persönlich Hand angelegt haben, zählen unter anderem Jack Gardiner und Andrew Baena sowie Gitarristen von Bands wie „Haken“ oder „Bleed from within“. In der Mitte des GUI zeigen sich übersichtlich und grafisch hervorragend aufgearbeitet die  Amp- bzw. Effektmodule, die wir im weiteren Testverlauf noch genauer besprechen werden. In der untersten Zeile der Benutzeroberfläche präsentiert sich ein Icon, das zum MIDI-Mapping und zu einem kalibrierbaren Stimmgerät führt. Im Stand-alone-Mode erscheint hier noch ein weiteres Icon, über das man zu den Audiosettings gelangt, sowie eine Tempofunktion, bei der die Geschwindigkeit wahlweise via Tap Button eingeklopft oder aber manuell eingetippt werden kann. 

Signalkette und Module

Die Signalkette des SLO-100 Plugins besteht aus fünf Blöcken, die in Bezug auf ihre Reihenfolge festgelegt und unveränderbar sind: Pre FX ->  Amp -> EQ -> Cab -> Post FX

Fotostrecke: 3 Bilder Der Ampblock besteht aus einem Topteil, dessen Tolex black,…

Im Gegensatz zu vielen Neural-Plugins kommt der SLO-100 nur mit einem einzigen Ampmodell daher. Wer jedoch glaubt, dass man deshalb in der Flexibilität eingeschränkt würde, kann beruhigt sein. Denn der SLO-100 besteht aus zwei Kanälen: Normal und Overdrive – der Normalchannel weist dabei einen Clean- und einen Crunchmode auf. Für beide Channels stehen getrennte Preamp- und Master-Volume Regler bereit, über die sich Lautstärke und Zerrung regeln lassen. 
Auch wenn sich alle Kanäle bzw. Modi eine Klangregelung teilen, darf man hier zumindest auf Plugin-Ebene doch mit Fug und Recht von drei verschiedenen Kanälen sprechen. Apropos Klangregelung: Ein Bass-, Middle- und Treble-Regler erlauben rudimentäres EQing der Vorstufe. Presence- und Depthregler, die bei einem Echt-Amp an der Endstufensektion ansetzen, bearbeiten zusätzlich die Höhen und Bässe. Um dem Normalchannel noch einen kleinen Trebleboost zu entlocken, steht auch noch ein Brightswitch bereit.

Ein Cabinet kann mit zwei Mikrofonen abgemiket werden, wobei sechs Mikemodelle breit stehen.
Ein Cabinet kann mit zwei Mikrofonen abgemiket werden, wobei sechs Mikemodelle breit stehen.

Der Cabblock ist beim SLO-100 mit nur einer Gitarrenbox ausgestattet, bietet jedoch auch die Option, externe Speaker Impulse Responses zu laden. Auch wenn die Original Soldanos anfangs mit Eminence V12 und später mit Celestion V30 Speakern ausgeliefert wurden, lässt sich beim Plugin nur spekulieren, welche Box hier als Defaultcab gesetzt wurde.  Fakt ist jedoch, dass das Cab mit zwei verschiedenen Mikrofonen abgenommen werden kann, wobei sich das Miking im Stereobild frei anordnen oder auch im Center stufenlos mischen lässt.
Selbstverständlich lassen sich auch zwei verschiedene Faltungen für den linken und rechten Speaker laden. Zum Abnehmen der virtuellen Gitarrenbox hat man nun die Auswahl aus sechs klassischen Mikrofontypen, unter denen zwei dynamische, zwei Kondensator-, und zwei  Bändchenmodelle anzutreffen sind. Diese lassen sich hinsichtlich ihrer Position, Entfernung und Lautstärke frei verschieben und tweaken, was einerseits via Maus am Mike selbst, aber auch an den Potis funktioniert. Da bei Neural ebenfalls Impulse Responses zum Einsatz kommen, ist davon auszugehen, dass die Verschiebung der Position oder der Distanz über das Umblenden von mehreren IRs, die von Adam “Nolly” Getgood stammen, im Hintergrund geschieht. Wie bei vielen Faltungsloadern fällt auch beim Einsatz von Drittpartei-IRs die Flexibilisierung der Mikrofonierungsoption weg.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Pre FX Block bietet einen Kompressor, zwei Overdrives und einen Chorus.

Die Effekte sind in einem Pre- und Post-Block angeordnet. Im Pre-FX-Modul befinden sich Pedale, die üblicherweise vor einen Amp gehängt werden. Im Falle des SLO-100-Plugins handelt es sich dabei um einen Kompressor, zwei Overdrives und einen gemoddelten Analogchorus. Von hier geht es in den Ampblock und unmittelbar dahinter wurde ein 9-Band Equalizer platziert, mit dem sich jede Frequenz um 12 dB boosten oder cutten lässt.
Der Post-FX Block hält nun die „timebased“ Effekte wie einen Delay und einen Reverb bereit. Das Delay ist eine Stereovariante, die Ping-Pong-Delays ermöglicht und die mit einer Tapfunktion sowie der Option, die Delay Time zum Songtempo zu synchronisieren, ausgestattet ist. Der Reverb ist mit seinen drei Potis extrem einfach und funktional gehalten und liefert einen festen Reverb-Typus.

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Praxis

Für die Soundfiles spiele ich die angegebenen Gitarren über ein 3-m-Kabel in mein Audiointerface, ein RME Fireface UFX, und aktiviere den SLO-100 als Plugin in meiner DAW, Studio One 5.
Bevor ich mich ans Programmieren mache, höre ich mir erst mal ein paar Werkspresets an, um mir einen vorläufigen Eindruck vom Sound und den Effekten zu machen. Das Anwählen der Voreinstellungen erfolgt geordnet und die Presetnamen hinterlassen auch einen guten Eindruck. Fast alle Presets wurden sorgfältig programmiert und von relativ trockenen Brot- und Buttersounds, die im Prinzip “recording-ready” daher kommen, bis hin zu effektbeladenen Spacesounds, liefert die Bibliothek einen breiten Fundus.

Audio Samples
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All-Round Clean Chorus Crunch Far Far Away Leader Prog Rhtyhm

Kommen wir nun zum Gestalten einiger Eigensounds. Hierzu konzentriere ich mich zunächst auf die reine Ampsektion und lasse die Effekte außen vor.  Der Cleansound ist extrem lebendig und kommt richtig spritzig rüber. Sowohl beim Akkord-Picking als auch beim Spielen von Funksounds, die tendenziell etwas ausgehöhltere Mitten haben, überrascht mich die Authentizität des Plugins. Im Mix würde ich mir bei solchen Sounds extrem schwer tun, Amp vom Plugin zu unterscheiden, allerdings wirken auch das Spielgefühl und die Reaktion unglaublich echt. Der Crunchmode schließt nahtlos an den Cleanmode an und bringt klassische Mid-Gain-Rocksounds. Er kann aber durchaus auch 80s-Rockbretter liefern, wenn das Preamp-Gain weiter aufgerissen wird. Der Overdrive Channel schließlich liefert Zerre bis zum Abwinken und deckt alles von Mid Gain Riffing über High Gain Rhythm bis hin zu Lead ab. Versucht man Drop-D-Scoop-Sounds herzustellen, wirken die Bässe gerade um die 150 Hz etwas wummernd und kommen weniger differenziert als beim Amp rüber. Doch dafür gibt es ja schließlich den überaus effektiven 9-Band-EQ, mit dem sich das Signal sehr gut bearbeiten lässt. 
Auch wenn der Cabblock nur mit einem Speakermodell ausstaffiert ist, erlauben die Mikrofontypen und ihre flexible Positionierungen eine so umfangreiche Gestaltung des Sounds, dass für mich keine Wünsche offen bleiben. Und sollte dies doch einmal der Fall sein, gibt es ja immer noch die Option, eigen IRs zu laden. Die Möglichkeit, zwei Mikes im Stereobild nach außen zu pannen, hilft extrem dabei, Gitarrentracks etwas breiter und voluminöser zu gestalten.

Audio Samples
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Clean Channel – Picking Clean Channel – Funky Clean Channel – Crunch Mode – Vintage Rock Clean Channel – Crunch Mode – Classic Rock Overdrive Channel – Mid Gain Riff Overdrive Channel – Drop D Mid Scoop

Die Effektauswahl des SLO-100 Plugins ist sinnvoll gewählt und auch, wenn hier keine Materialschlacht betrieben wurde, bleiben trotz Konzentration aufs Wesentliche keine Wünsche offen.
Der Kompressor arbeitet effektiv und durch die Möglichkeit, den Attack zwischen schnell und langsam umschalten zu können, bietet er genug Optionen, um zwischen harten Country- und Funk-Kompressionen sowie einer milden Arbeitsweise wählen zu können. Die beiden Overdrive-Pedale liefern ebenfalls ziemlich gute Sounds, wobei sich beide Modelle klar voneinander unterscheiden. Overdrive 1 hebt hier die Mitten minimal an, während das zweite Modell etwas linearer arbeitet und einen schaltbaren Bass Cut an Bord hat. Das Chorus-Pedal, welches hier im Pre FX Block vor der Vorstufe platziert wurde, klingt fantastisch und liefert schöne warme Analogsounds. Die Regeloptionen fallen hier üppig aus und das Pedal lässt sich über Rate, Depth, Mix und Delay ziemlich großzügig einstellen, sodass typische 80s Pickings aber auch police-artige Rhythmussounds problemlos funktionieren.
Die Post-FX-Sektion liefert nun gute und funktionale Delay- und Reverbsounds, die von leichten Ambientklängen oder dezenten Lead Delays bis hin zum Aufmachen von großen Räumen und Spacesounds alles ermöglichen. Dabei sorgt vor allem der Ping-Pong-Modus des Delayblocks für tolle Soundcollagen. Auch wenn der Reverb eher spartanisch ausfällt, bietet er doch eine beachtliche Klangqualität und ausreichende Optionen für den Standardgebrauch.

Audio Samples
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Low Gain – Overdrive Pedal 1 Mid Gain – Overdrive Pedal 2 Picking – Chorus und Compressor Ping Pong Delay + Chorus Comp + Reverb
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Fazit

Das SLO-100-Plugin aus dem Hause Neural DSP liefert nahezu alles, was das Gitarristenherz begeht. Auch wenn man mit Soldano häufig den High-Gain-Sound der 90er assoziiert, hat das Modell doch einiges mehr auf dem Kasten. Der Cleansound ist hervorragend und kann von warmen Pickings bis hin zu knalligen Funkriffs alles umsetzen. Der Crunchmode liefert alle erdenklichen Classic-Rock-Sounds und der Overdrive Channel deckt das Feld von 80s Rock bis Ultra High Gain ab. Dabei ist das Spielgefühl ausgesprochen authentisch und “amp-like”. Die Effekte sind von allerhöchster Güte, wobei mir vor allem der Chorus positiv ins Ohr gestochen ist. Die Overdrive-Pedale werden sowohl Freunde des Blues als auch Metaller, die auf der Suche nach Gainboost sind, glücklich machen. Klar, hier wurde nur ein einziges Ampmodell nachgebildet – dieses ist aber allein schon so wandlungsfähig, dass ich keine Soundkategorie vermisst habe. Abgesehen davon liefern der EQ und auch der flexible Cabblock noch unzählige weitere Optionen zur Klanggestaltung. Bei einem Preis für knapp unter 100 Euro gibt’s da wirklich nichts auszusetzen!.

Pro
  • Sound
  • authentische Abbildung des SLO-100 Sound
  • flexible Effektauswahl
  • attraktive Optik
Contra
  • kein Contra
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Features
  • Hersteller: Neural DSP
  • Name: Soldano SL-100 (Version 1.0.0, Stand 4/2021)
  • Typ: Virtuelle Ampsoftware
  • Format: 64-bit VST / AU / AAX / Stand-alone
  • empfohlene Voraussetzungen Mac: Intel Core i5 Prozessor (i5-6600 oder höher), 8 GB RAM , Mac OSX 11 (Big Sur), 80 bis 400 MB freier Speicherplatz
  • empfohlene Voraussetzungen Win: AMD Ryzen 5 Prozessor (R5 1600 oder höher) / Intel Core i5 Prozessor (i5-6600 oder höher), 8 GB RAM, Windows 10, 80 bis 400 MB freier Speicherplatz
  • Internetverbindung notwendig, um Lizenz via iLok License Manager zu aktivieren
Preis: 99 € 
    Unser Fazit:
    5 / 5
    Pro
    • Sound
    • authentische Abbildung des SLO-100 Sound
    • flexible Effektauswahl
    • attraktive Optik
    Contra
    • kein Contra
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