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Interview und Gear-Chat: Benny Greb

Deutschlands unumstrittener Exportschlager des Drummings ist ohne Frage Benny Greb. Für Workshops in aller Herren Länder sitzt er eigentlich ständig im Flugzeug und vermittelt weltweit Schlagzeugern mithilfe durchdachter Konzepte im Namen des Grooves sein Wissen. Bereits mit seiner DVD „The Language of Drumming“ veröffentlichte er 2008 ein umfangreiches Werk für Technik und Unabhängigkeit, das er 2015 mit „The Art & Science of Groove“ auf anschauliche Weise um innovative Systeme zu den Themen Time, Feel, Sound und Groove erweiterte. Seine Veröffentlichungen sind Verkaufsschlager, und auch die mehrtägigen Intensivkurse seiner Drum Camps rund um den Globus sind ständig ausverkauft. Auch Bennys Meinl Signature Beckenserie ist, ebenso wie seine Signature Snare Modell von Sonor, in Schlagzeugerkreisen äußerst beliebt. Noch dazu ist er der erste deutsche Drummer, der es aufs Cover des amerikanischen Modern Drummer Magazins geschafft hat.

Alle Bilder: © Alex Höffken
Alle Bilder: © Alex Höffken


Bereits als Kind kam er bei zwei längeren USA-Aufenthalten mit dem groovigen Sound von James Brown oder Bands wie Tower of Power und The Police in Berührung. Fortan galt seine ganze Energie der Musik, die für ihn, obwohl viele ihn immer noch als „Drummer’s Drummer“ sehen, immer im Vordergrund stand. Neben eigenen CD-Veröffentlichungen wird und wurde er live und im Studio von Künstlern wie Nils Wülker, Ron Spielmann oder auch Thomas D beschäftigt. Mit seiner Band „Moving Parts“ verwirklicht Benny als Bandleader die elektronischere Seite seiner Instrumentalmusik, die sich dem Groove mit jazziger Improvisationsfreude verschrieben hat. Vor dem Konzert im Berliner Jazzclub A-Trane traf ich Benny zu einem interessanten Gespräch.

Neben „Grebfruit“ und der „Benny Greb Brass Band“ ist das Trio „Moving Parts“ deine dritte musikalische Formation, in der du Bandleader bist. Aus welcher Idee ist diese Band entstanden?

Die Musik von „Moving Parts“ ist gleichzeitig das Resultat und eine Weiterentwicklung der vorherigen Projekte. „Grebfruit“ war eine Platte, die ich selber mit einem Freund zusammengeschraubt habe und alle Instrumente außer des Schlagzeugs gesungen habe. Mit der Brass Band hatte ich dann erstmals ein Album und eine Band, mit der ich hätte touren können. Ich habe aber über ein Jahr nach der Veröffentlichung festgestellt, dass wir tatsächlich bis auf wenige Gigs kaum gespielt hatten. Folglich hätte ich eine Tour buchen müssen, war zu der Zeit aber einfach viel zu beschäftigt mit anderen Projekten und Workshops. Daraus folgte der Entschluss, dass ich mit meiner nächsten Band viel live spielen möchte, um den Sound, gemeinsam mit den Mitmusikern, weiterentwickeln zu können. Nach längerer Zeit habe ich dann in England mit Chris Montague und Kit Downes zwei Musiker getroffen, die mich sehr beeindruckt haben. Mit den beiden habe ich die Song-Ideen ausgearbeitet, aus denen dann am Ende das Album entstanden ist.

Fotostrecke: 5 Bilder Moving Parts im Berliner Jazzclub A-Trane

Bei einem Schlagzeuger stellt sich natürlich immer die Frage, wie die Song-Ideen entstanden sind. Spielst du noch andere Instrumente?

Eigentlich entstehen die Songs überall, und ich singe Ideen und Versatzstücke erstmal auf mein Handy, damit ich sie überhaupt behalte. Die zweite Phase ist dann die Sichtung und das Ordnen des gesammelten Materials, um es anschließend den beiden anderen Jungs zu präsentieren. Zwei Nummern auf dem Album sind aus gemeinsamer Improvisation entstanden, aber ansonsten sind ungefähr 95 Prozent des Songwritings von mir.

Unterscheidet sich der Live-Sound vom Studio-Sound der Band?

Eigentlich gibt es auf der Platte keine Overdubs, weshalb sie sehr dem Live-Sound entspricht. Wir haben uns aber mittlerweile weiterentwickelt und sind ein bisschen elektronischer geworden. Deshalb freue ich mich auch sehr auf unser Live-Album.

Hat die Musik dein Setup wesentlich beeinflusst?

Mein Grundset mit zwei Snares und zwei Toms ist gleich geblieben, aber zu meinem Becken-Setup sind mehrere Hi-Hats dazu gekommen. Mir war recht schnell klar, dass ich bei der Band gerne die Sounds, die man sonst mit Kompression und Verzerrung erzeugt, auch live kreieren möchte. Aus dem Grund hat meine normale 14“ Signature Hi-Hat nun als Unterseite zwei Bottom Becken. Das 14“ China mit Löchern meiner Trash Hat verwende ich als Unterteil und lege da das normale Bottom meiner Sand Hat drauf. Dasselbe Modell habe ich auch unter mein Vintage Sand Thin Crash gelegt, um einen spezielleren Crash Sound zu erzeugen. Das Verrückteste ist aber die Mini-Hi-Hat über der Side-Snare. Sie besteht aus vier Becken, und ich bastele immer noch am Sound. Ein paar davon sind mit der Blechschere in verschiedenen Formen ausgeschnitten.

Fotostrecke: 5 Bilder Bennys vielseitiges Setup für „Moving Parts“.

Im letzten Jahr kam deine aktuelle DVD „The Art & Science of Groove“ heraus, die sich auf vielen verschiedenen Ebenen mit den zentralen Themen des Drummings auseinandersetzt. Wie lange hast du an der DVD gearbeitet und was war dir besonders wichtig dabei?

Die Idee dazu hatte ich eigentlich schon vor der 2008 erschienen „Language of Drumming“ DVD, und ich habe insgesamt sieben Jahre daran gearbeitet. Wichtig war mir, ganz egoistisch, erstmal Lösungen für mich zu finden. Ich hatte immer das Gefühl, dass ich nicht so talentiert bin und keine perfekte Time habe. Es war frustrierend, Leute zu hören, die einem sagen, das sei nicht erlernbar und dass man das entweder hat oder nicht. Im Laufe der Zeit habe ich aber ein paar Übungen gefunden, die mir halfen und gleichzeitig bei anderen gemerkt, dass sie eigentlich nichts bringen. Wenn man zum Beispiel ausschließlich mit einem Viertelnoten-Klick übt, verbessert sich dadurch nicht das Gefühl für die Subdivisions, und auch für das Tempoempfinden bringt es nicht viel. Ich habe dann über die Jahre versucht, Übungen zu entwerfen oder teilweise auch von anderen Instrumentalisten zu sammeln und sie nach dem jeweiligen Zweck zu strukturieren. Dieses Sammelsurium habe ich dann nach den Kategorien Time, Feel, Sound, körperliche und geistige Ebene geordnet. Dann habe ich aber gemerkt, dass die perfekte Umsetzung dafür viel Geld kosten würde.

Über dein Crowdfunding hast du ja dann eine ordentliche Summe generieren können.

Das lief wirklich super. Man muss aber natürlich auch dazu sagen, dass es damit nicht getan war. Der eigentliche Prozess war wirklich unfassbar viel Arbeit, und da ist sehr viel Zeit und Liebe eingeflossen, um es so zu vollenden. Ich mache immer alle Sachen so, dass ich auch in 30 Jahren noch stolz darauf sein kann. Es ist natürlich nie perfekt, aber ich habe einfach mein Bestes gegeben. 

Wenn du von der DVD eine Übung besonders hervorheben müsstest, welche wäre das?

Was meiner Erfahrung nach Leuten sehr hilft, ist das „nach vorne“- und „nach hinten“-Spielen zu visualisieren und auch einen Hörvergleich mit einem Referenzpunkt zu haben. Viele übersetzen ja „nach hinten“ einfach mit „etwas langsamer“ oder benutzen einen anderen Sound oder eine andere Tonlage, was das ganze noch verwirrender macht. Zusammen mit dem Bassisten Frank Itt habe ich versucht, so klar wie möglich zu zeigen, dass man Dinge auf viele verschiedene Arten spielen kann und dass es mehr gibt als richtig oder falsch. Auch Atemübungen finde ich sehr effektiv. Ich merke in meinen Drum Camps immer wieder, dass manche Leute damit in kürzester Zeit Sachen in den Griff bekommen, an denen sie seit Jahren arbeiten und freue mich dann über die erstaunten Gesichter, wenn Grooves mit diesem einen Tool auf einmal ganz anders klingen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die große Spielfreude zeigt sich vor allem bei den improvisierten Parts.

Glaubst du eigentlich, dass jeder fähig ist, durch langes Arbeiten an solchen Übungen ein so großartiges Feel zu bekommen wie Groove-Ikonen à la Jim Keltner, der in seinem Leben nur zwei Stunden Schlagzeugunterricht hatte?

Das muss man etwas anders betrachten. Es ist ja im Umkehrschluss möglich, eine komplette Ausbildung zu machen und nichts dabei zu lernen. Und man muss natürlich wissen, dass ein Jim Keltner nicht nur in den zwei Unterrichtsstunden etwas gelernt hat. Dennis Chambers kann zum Beispiel keine Noten lesen, seine Mutter war aber Background-Sängerin bei James Brown, und so ist er eigentlich schon seit seiner Geburt mit der Musik in Verbindung. Da die meisten Musiker aber solche Gegebenheiten nicht haben und sich erst später im Leben der Musik annähern, müssen wir uns eben selbst darum kümmern. Es gibt extrem viele motorische Übungen, die wir von der ersten Unterrichtsstunde an lernen, aber viel weniger mentale Aufgaben. Neunzig Prozent der Übungen am Instrument sind eigentlich auf Motorik, Unabhängigkeit und Bewegungsabläufe fokussiert, was natürlich auch viel einfacher zu vermitteln ist. Zu denken, dass das auch das Wichtigste ist, nur weil es davon am meisten Lehrmaterial gibt, ist aber eine Illusion. Entscheidend ist für mich die mentale und emotionale Ebene, denn darum geht es in der Musik. Jemand mit schlechter Technik kann trotzdem unglaublich gut klingen und in unzähligen Bands spielen, obwohl er die Sticks vielleicht hält, als hätte er Fäustlinge an. Das war auch einer der Gründe, warum ich diese DVD gemacht habe, ganz ohne Noten, weil man die einfach so nicht vermitteln kann. Ich habe genau diese Übungen gemacht und mache sie heute noch. Ich übe immer noch mit verschobenen Klicks, spreche den „Chid“ Sound mit, achte auf meine Atmung und so weiter.

Studiotrommler wie Steve Gadd glänzen ja nicht nur durch eine gute Time und hervorragendes Feel, sondern können gleichzeitig auch dem dramaturgischen Bogen des Songs folgen und müssen dabei gleichzeitig hoch konzentriert und flexibel sein. Kann man sich auf solche Situationen mit diesen Übungen vorbereiten?

Das hat zwei Faktoren. Das eine ist – salopp gesagt – die natürliche Auslese. In der großen Zeit der Studiodrummer haben die Jobs nur diejenigen bekommen, die auf einem bestimmten Level waren. Das heißt, sie haben vorher ihre Hausaufgaben in Bands und mit Lehrern gemacht und sich ein musikalisches Repertoire erarbeitet. Steve Gadd beispielsweise war zu Beginn seiner Studiokarriere natürlich noch lange nicht auf seinem heutigen Stand, er hat aber mit dem Beginn der Arbeit im Studio eine Feedback-Flut in einer derart hohen Frequenz bekommen, wie niemand von uns das heutzutage mehr bekommt. Das ist nämlich der zweite Faktor. Als er jeden Tag Platten, Jingles und Filmmusik einspielte, konnte er sein Spiel immer sofort nach dem Take in der Regie anhören, einen nächsten Take aufnehmen und musste dabei stets auf höchstmöglichem Niveau spielen. Außerdem hat er immer Feedback von Produzenten, Mitmusikern und den Künstlern bekommen und konnte dadurch vieles mit schneller Auffassungsgabe umsetzen. Das ist eigentlich auch die Art, wie man am effektivsten übt. Heutzutage muss man sich die Aufgaben selber stellen, wenn man solche Fähigkeiten erreichen will. Die Möglichkeiten, das eigene Spiel aufzunehmen, sind mittlerweile so simpel, dass man mit wenig Budget schon viel erreichen kann. Gleichzeitig ist es durch das Internet auch so einfach, an vielfältige Ressourcen zu gelangen und Musiker verschiedenster Stile genau zu analysieren.

Fotostrecke: 3 Bilder Gleich zwei Mini-Hi-Hats decken elektronische Sounds ab.

Ab welchem Punkt sollten sich Drummer mit deiner Groove DVD beschäftigen?

Ich bin ein Verfechter der These, dass Time und Groove nicht ausschließlich Übungsmaterialien für Fortgeschrittene sind, denn dies sind ja die grundlegendsten Dinge beim Trommeln. Viele Lehrer bringen ihren Schülern erstmal Notenlesen, Stockhaltung und erst dann den ersten Groove bei. Ich finde das ziemlich schlimm, weil so keine Musik, sondern Motorik und Sport gelehrt werden. Man sollte lieber mit Musik beginnen, dadurch das Vokabular erweitern und schließlich die Technik schärfen. Genau so lernen Babys auch Sprache. Man kann Kindern nicht erst das Alphabet und Lesen beibringen, bevor sie anfangen dürfen zu sprechen. 

Mit der „Language of Drumming“ DVD mit dem dazugehörigen Buch und „The Art & Science of Groove“ hast du bereits sehr umfassendes Lehrmaterial veröffentlicht. Was kommt als nächstes? Eine DVD zum Thema Improvisation?

Danach werde ich oft gefragt. Wir leben in einer Zeit, in der es so viel Material und Ressourcen gibt. Die wichtigste Frage ist aber, wie man mit der ganzen Flut an Information eigentlich zurecht kommt. Deshalb schreibe ich gerade an einem Lehrbuch zum effektiven Üben. Ich habe auch ein „Effective Practicing“-Drum Camp, bei dem ich mit den Leuten ganz detailliert Übungspläne erstelle, genau analysiere, auf welchem Stand sie sind und wo sie hinwollen. Oft tauchen Fragen auf, was man wie lange üben soll und wann man womit fertig ist. Außerdem kann man sich mit der Fülle an Material sehr schnell überfordern und beim Üben verzetteln. Neben dem effektiven Üben wird es in dem Buch auch um Zeitmanagement gehen. 

Dein Pensum aus Workshops, Drum Camps, Touren, Studiojobs und Erarbeitung neuen Materials ist ja wahnsinnig zeitintensiv. Wie schaffst du es, einen Ausgleich dafür zu finden, und bleibt da überhaupt noch Zeit für die Familie?

Ich habe eine eiserne Regel, dass ich nie mehr als zwei Wochen am Stück oder über den Monat verteilt unterwegs bin. In der restlichen Zeit versuche ich, alle Sachen zuhause in Hamburg zu machen und habe dadurch Zeit für meinen Sohn. Das führt dazu, dass ich sehr viel Organisation und Büroarbeit während der Reisezeit auf Tour erledigen muss. Ich versuche, meine Zeit so gut es geht zu managen, damit ich meine Ziele erreichen kann, ohne dabei zu viel Stress zu haben. Mittlerweile kann ich dann auch hin und wieder entspannen, auch wenn mir richtiges Abschalten schwer fällt.

Was macht Benny Greb in zehn Jahren?

Oh… in zehn Jahren wohne ich noch weiter aus der Stadt raus. Ich will mir auf jeden Fall treu bleiben und trotzdem besser werden. Bei dem Vorhaben, stetig zu wachsen, werde ich sicherlich auch herausfinden, wie blöd ich mich teilweise Jahre vorher angestellt habe. (lacht) Aber insgesamt möchte ich dann gerne zurück gucken und nichts bereuen müssen. Ich will die Zeit gut nutzen, mit Sachen verbringen, die mir sehr wichtig sind und mit Menschen, die ich liebe.

Danke für’s Gespräch!

Benny_Greb_Interview_End

Bennys Equipment – Moving Parts Tour 2016

Drums: Sonor Vintage Series in White Pearl Finish
  • Snares: 13×5,75 Benny Greb Signature Snare (2x)
  • Toms: 10×8 Tom 16×14 Floor Tom
  • Bassdrum: 20×14 Bass Drum
  • Becken: Meinl
  • 8″ Classics Bell (Bottom) und 8″ Byzance Dark Splash (Top)
  • 14″ Byzance Vintage Sand Hi-Hat über 14“ Meinl Generation X TrashHat Bottom
  • 18″ Byzance Vintage Sand Thin crash über 14“ Meinl Generation X TrashHat Bottom
  • X-Hi-Hats: 8“ Classics Bell (Bottom), 8″ Byzance Dark Splash und vier verschiedene 8“ Prototyp Splashes als separate Hi-Hat, 16″ Byzance Vintage Trash Crashes als Hi-hat mit Meinl Hi-Hat Tambourine on top
  • 20″ Byzance Vintage Sand Ride
  • 22″ Byzance Vintage Sand Crash-Ride (mit Nieten)
  • Felle: Remo Coated Ambassador auf Snare, Coated Emperor auf Toms und Coated Ambassador als Reso, Renaissance Powerstroke 3 Schlag- und Fiberskyn P3 Frontfell auf Bassdrum
  • Hardware: Sonor 600 Serie Hardware, Giant Step Pedale
  • Sticks: Promark 5BG Benny Greb Signature Modell
  • Percussion: Meinl Shekere, Shaker und Tambourin
  • Keyboard: Novation Bass Station II Analog Synthesizer

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Während des Sets geht es aber auch ab und zu mal richtig laut zur Sache.

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