Harley Benton ST-20 Test

Praxis

Trocken angespielt wirkt die ST-20 höhenreich, aber etwas matt und in ihrem Natursound wenig lebendig. Klar, bei einem solchen Preis erwarte ich keine Wunder, andererseits hat man trotz dieser Einschränkung nicht den Eindruck, ein Instrument für deutlich unter 100 Euro in der Hand zu halten. Die Oktavreinheit der tiefen Saiten hätte etwas sauberer eingestellt werden können und auch im Hinblick auf die Saitenlage wäre hier sicherlich noch die eine oder andere Optimierung möglich gewesen, was sich jedoch auch leicht selbst bewerkstelligen lässt.
Beim unverstärkten Anspielen fällt auf, dass die Tremolofedern lautstark vibrieren und bei manchen Frequenzen im Nachklang mitresonieren. Das ist zwar nervig, aber auch kein Beinbruch. In der Praxis müsste man hier mit Gummiringen oder Isolierband die Federgeräusche zum Schweigen bringen.
Für die Soundfiles spiele ich die Testkandidatin zunächst in einen cleanen Fender Bassman.
Zu Beginn hört ihr ein cleanes Picking mit allen fünf Pickuppositionen. Die ST-20 kann nicht nur ihre optische Verwandtschaft zur Strat nicht verleugnen, denn es entstehen alle klassischen Sounds, wobei vor allem die Zwischenpositionen sehr deutlich den Charakter hervorbringen. Der Ausgangspegel ist eher mäßig und leicht hohl, das heißt, die Pickups wirken eher an den 50er als an den „Texas“-Strat-Ton angelehnt.

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Clean Picking all Pickups

Glasige Funksounds sind der ST-20 mühelos zu entlocken. Ich spiele hier sowohl den Halspickup als auch die Position Hals-Mitte. Beide Sounds klingen für mich sehr überzeugend und authentisch „stratig“. 

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Funky Neck – Pos 2

Nun geht’s an die Halsposition und der Tone-Regler nimmt etwas die Höhen zurück. Auch wenn man im Jazz weniger Singlecoils und Strats gewohnt ist, klingt das Ergebnis doch sehr angenehm und warm.

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Jazzy Neck – Tone zurückgenommen

Mit mehr Verzerrung geht es jetzt in einen Vox AC30. Break-Up-Sounds haben richtig Charakter und das harmonische Zerren, wenn der Sound in den Crunch fährt, überrascht mich positiv für ein Modell dieser Preiskategorie.

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Crunch – Vox AC30 – Pos 4
Trocken angespielt wirkt die ST-20 höhenreich, aber etwas matt und in ihrem Natursound wenig lebendig.
Trocken angespielt wirkt die ST-20 höhenreich, aber etwas matt und in ihrem Natursound wenig lebendig.

Bei der Stratocaster kommt man natürlich an Hendrix nicht vorbei. Hier folgt ein Beispiel über einen Marshall Plexi mit dem Hals-Pickup. Für meinen Geschmack liefert die ST-20 ein bisschen zu viel Schärfe in den Hochmitten und der Bassbereich wirkt etwas undifferenziert. Hier macht sich natürlich der Preis der Gitarre und die Qualität der Pickups bemerkbar, die zwar grundsätzliche einen ordentlichen Job abliefern, aber nicht die Ausgewogenheit von höherpreisigen Modellen besitzen.

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Crunch Plexi

Mit einem Hauch mehr Gain lande ich bei AC/DC-artigen Klängen. Hier kommt das eingangs erwähnten Vibrieren der Federn auch über den Amp unangenehm deutlich zum Vorschein und der User wird sich an dieser Stelle wohl mit den oben genannten Tricks behelfen müssen. 

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Moderate Gain

Nun möchte ich mich vom dynamischen Potential der Harley Benton überzeugen und spiele zunächst mit zurückgenommen Volume-Poti ein Fingerpicking, gehe dann zum Plektrum über und letztendlich drehe ich den Volume-Regler voll auf. Letzterer erlaubt musikalisches Arbeiten und die dynamischen Abstufungen werden gut umgesetzt. Der Höhenverlust durch das Zurücknehmen der Lautstärke hält sich sehr in Grenzen.

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Dynapick

Auch wenn Strats nicht die klassischen Metal-Gitarren sind, wage ich den Schritt zum 5150. Natürlich geht hier das typische Singlecoil-Brummen stark in die Höhe, bewegt sich aber immer noch im Normbereich. Der Sound klingt für mich auch im High-Gain-Sektor vollkommen vertretbar und Einsteiger, an die sich dieses Modell ja primär richtet, werden es auch für härtere Gangarten einsetzen können.

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HiGain 5150

Singlecoil-Leadsounds klingen überzeugend, auch wenn ich für eine bequemere Bespielbarkeit noch einmal das Setting bearbeiten und die Saitenlage optimieren musste. 

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HiGain Lead
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Guitarfollower sagt:

#1 - 28.02.2020 um 09:09 Uhr

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Die Gitarre gefällt mir optisch sehr gut. Mit einem selbstständigen Setup (0.-), Abdecken der Federn (Stoff- oder Gummitülle, unter 5.-) und 'nem Yosemite Pickup Set gibt das 'ne hübsche S-Gitarre für unter 200.-...

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Gioi Geniale sagt:

#2 - 21.03.2020 um 16:17 Uhr

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Tolles Teil.Spiele die Schwester der Benton - 20, die benton - 62 mit Ahorn Griffbrett.Habe sie in Lake Placid Blue gespritzt. Edel.Vom Gewicht und Handling 1A.Spielte in einer Band, in der der andere Gitarrist eine Fender Strat spielte. Die beiden Strats tönten im Grundcharakter verschieden, die Fender etwas gedämpfter und runder, die HB etwas heller. Meine HB stand der Fender in Sachen Durchsetzung, Tonbildung, Dynamik nichts nach.Irgendwelche Nebengeräusche von den Federn nahm ich nie wahr. Hab den Sattel eh fixiert, da das Tremolo doch kräftig zum Verstimmen der Saiten neigt.Habe später Tonrider PUs eingesetzt. Vor allem die Zwischenpositionen gewannen dadurch an Substanz.Sehr empfehlenswert.

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Fz sagt:

#3 - 25.03.2023 um 19:34 Uhr

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Es gibt keine b-Saite. Das ist kein Tremolo Hebel.

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