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Frap Tools USTA Test

Mit dem Eurorack systematisch Musik zu komponieren, ist nicht ganz leicht. USTA, der vierspurige Eurorack-Sequenzer aus dem Hause Frap Tools kommt diesem Ideal aber ziemlich nahe.

Frap Tools USTA Eurorack-Sequenzer (Foto: Lukas Hermann)

Es ist kein Geheimnis, dass die Art, wie man Musik macht, stark davon abhängt, mit welchen Mitteln man sie komponiert. Im Eurorack-Bereich ist daher die Wahl des Sequenzers eine zentrale Entscheidung beim Aufbau eines Systems. Mit einem einspurigen Analog-Sequenzer wie dem Make Noise 0-CTRL entstehen völlig andere Stücke als mit einem komplexeren Gerät wie dem Intellijel Metropolix, obwohl beide mit acht Schritten pro Sequenz arbeiten. Und auch scheinbare Allzweckwaffen wie den Frap Tools USTA muss man von dieser Warte aus betrachten. Der vierspurige Sequenzer aus Italien kann sehr, sehr viel – aber eben auch nicht alles.

Details

Erster Eindruck

Beginnen wir mit etwas, das USTA definitiv kann: Schick aussehen. Die elliptische Anordnung von 16 Step-Encodern um ein monochromes OLED-Display mit gelben Lettern sticht direkt ins Auge. Wenn dann noch im Betrieb die Step-LEDs und die farbigen Lichtringe um die Encoder aufleuchten – ein Traum.

Frap Tools USTA: Frontansicht
Im Zentrum des USTA stehen der LED-Ring mit 16 Step-Encodern und das OLED-Display. (Foto: Lukas Hermann)

Der Funktionsumfang des Moduls liest sich auf dem Papier zunächst recht simpel: Der Frap Tools USTA ist ein CV- und Gate-Sequenzer mit vier Spuren, die über die Tasten „1“ bis „4“ im Mittelkreis angewählt werden. Er kann auf Basis einer internen Clock oder externen Triggern laufen, die dafür oben links in einen Gate-Eingang gepatcht werden. Für Start, Stop und Reset stehen unten rechts und links zwei Buttons bereit. Außerdem gibt es noch zwei CV-Eingänge für die externe Modulation von Sequenz-Parametern.

Zweimal CV und zweimal Gate pro Spur

Das Besondere aber – und zu Beginn der Teufel – liegt im Detail. Das fängt beim Tempo der Patterns an. Die vier Spuren können nämlich nicht nur verhältnismäßig langsamer oder schneller zueinander laufen. Man kann sie sogar mit gänzlich unterschiedlichen Tempi verwenden, also polymetrisch arbeiten. Zu den vier Spuren gehören jeweils vier Ausgänge, zweimal CV und zweimal Gate. Sie laufen entsprechend des jeweiligen Spur-Tempos.

Polymetrik und Polyrhythmik

Damit nicht genug: USTA ist auch noch ein Sequenzer mit variabler Step-Länge. Passend zum Design ist darin seine Orientierung am berühmten „Arbitrary Function Generator“ von Buchla zu erkennen. Jedes Patterns hat standardmäßig 16 gleich lange Steps. Über die CV- und Gate-Menüs über den Spurnummern können Gates und (un-)quantisierte CV-Werte für diese Steps eingestellt werden.

Wird dann auf das Pfeil-Icon in der Mitte der fünf Patterns-Buttons gedrückt, können Steps über die Encoder länger und kürzer gemacht werden. Nicht nur lassen sich damit komplexe musikalische Phrasen einstellen, die Patterns erhalten so auch Längen außerhalb des klassischen Vierer-Rasters – USTA ist also nicht nur polymetrisch, sondern zudem polyrhythmisch konfigurierbar.

Frap Tools USTA: Nahansicht
Das Display des Frap Tools USTA ist aus allen Richtungen gut lesbar. (Foto: Lukas Hermann)

Ein weiterer Kniff sind dann noch die sogenannten „CV-Layer“. Neben dem eigentlichen Wert (CV-Spannung bzw. Gate-Länge) enthält jeder USTA-Step noch weitere Informationen. CV-Schritte können mit Slides zum jeweils nächsten ausgestattet und Gates zu Ratchets werden. Dafür stehen unterschiedliche Farben der Steps zur Verfügung. Sich ihre Bedeutung zu merken, dauert zu Beginn etwas, geht aber nach ein paar Sessions in Fleisch und Blut über.

Stage Loops für variablere Patterns

Für Notfälle hat Frap Tools übrigens neben dem exzellenten Handbuch auch einen „Cheat Sheet“ mit den wichtigsten Buttonfunktionen und Tastenkombinationen. Davon gibt es einige, etwa um Patterns zu klonen – oder ein weiteres Spezialfeature von USTA zu nutzen: Stage Loops. Auch diese sind von Buchla abgeguckt. Bei Bedarf kann der Sequenzer Teile eines oder mehrerer überlappender Patterns während des Durchlaufs mehrfach loopen. Über die drei Buttons neben dem Display wird eingestellt, von wo und bis wohin wiederholt werden soll. Per Doppeltipp auf den „Set“-Button kann der Loop live (de-)aktiviert werden – ein nettes Performance-Feature, das pro Track leider nur einmal eingesetzt werden kann.

Frap Tools USTA: Schrägansicht
Die Reset- und Start-/Stopp-Buttons unten rechts und links sind immer gut zu erreichen. (Foto: Lukas Hermann)
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Praxis

Handhabung

Damit wären wir im Praxisteil angelangt, der natürlich die brennende Frage klären muss: Wie gut lässt sich USTA bei all diesen Funktionen noch bedienen? Immerhin muss man vier Spuren mit unterschiedlichen Patterns und Einstellungen im Blick behalten – und einen Song-Modus gibt es sogar auch noch.

Schnell lernen, langsam meistern

Mein Eindruck: Trotz all dieser Komplexität bekommt man USTA schnell in den Griff. Nach nur ein paar Sessions hatte ich einen Workflow beim Komponieren verinnerlicht: Neues Projekt erstellen, in Spur 1 die Gates A öffnen und eine Melodie über den ersten CV Layer entwickeln. Manchmal bin ich nach Gehör gegangen, manchmal habe ich in den Track-Einstellungen eine Tonleiter ausgewählt, auf die die Werte quantisiert werden sollen. Und schon stand die erste Sequenz! Soll Spur 2 dann etwa noch Bass-Noten dazu liefern, kann der erste Track auf diese kopiert, verkürzt und über die Einstellungen auf das halbe Tempo gestellt werden.

So habe ich mich immer wieder durch die vier Spuren gearbeitet, bis ein komplexer Patch aus mehreren Melodien stand. Manch ein Sequenzer ist an diesem Punkt spätestens am Limit – aber mit USTA geht es dann erst richtig los. Ausgehend von einer solchen Kernidee können weitere Patterns oder Stage Loops entwickelt werden, um der Komposition einen eigenen Charakter zu verleihen und sie über längere Zeit interessant zu halten.

Audio Samples
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Frap Tools USTA: 16 Steps Frap Tools USTA: 16 Steps mit Modulation Frap Tools USTA: 16 Steps mit Stage Loop

Pro Spur können dafür entweder mehrere Patterns als Kette hintereinander, oder eine Songstruktur aufgebaut werden. Diese Funktionen offenbaren die wahre kompositorische Macht von USTA. Man kann mit dem Sequenzer dank unterschiedlicher Pattern-Kombinationen über vier Tracks hinweg komplexe Songs programmieren.

Keine Quantisierung pro Pattern

Aber: Die vier Tracks können die Tonart zur Quantisierung nicht pro Patterns wechseln. Das macht tonale Modulationen von Melodien extrem umständlich. Es gibt die Möglichkeit, Patterns nach dem Kopieren insgesamt um mehrere Halbtöne zu verschieben, aber das ist eher eine Krücke. Leider hat Frap Tools uns gegenüber auch bestätigt, dass ein „Scale-per-Patterns“-Feature nicht für zukünftige USTA-Updates geplant ist …

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Frap Tools USTA: Generativer Stage Loop Frap Tools USTA: Song aus drei Patterns Frap Tools USTA: Polyphone Sequenz

Genug Asse im Ärmel

Den Gesamteindruck des Sequenzers trübt diese funktionale Macke aber zum Glück kaum. Dafür sind insbesondere die Optionen zur externen Modulation der Sequenzen über die beiden CV-Eingänge des USTA verantwortlich. Sie können über die Menüs der einzelnen Kanäle auf die Grundnote des Patterns, die Reihenfolge der Noten, die Gates und weitere Parameter geroutet werden.

Frap Tools USTA: CV-Eingänge
Oben links und rechts bei USTA finden sich Eingänge für Clock- und Modulationssignale. (Foto: Lukas Hermann)

Nicht nur ermöglicht dies die auf Patternebene fehlende Harmonisierung mittels CV, sondern macht Patterns auch in einer einzigen Tonart sehr spannend – so interessant, dass man sich schnell mehr Eingänge als nur die beiden wünscht. Zusammen mit der Option, über CV-Layer zufällige Notenwechsel pro Step oder zufällige Ratchets einzelner Gates programmieren zu können, macht USTA die Enttäuschung über fehlende Tonleitern schnell wieder vergessen. Und enorm viel Freude!

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Fazit

Der Frap Tools USTA ist einer der teuersten Eurorack-Sequenzer auf dem Markt – und der Preis ist auf allen Ebenen gerechtfertigt. Das Modul ist hochwertig verarbeitet, seine Software läuft komplett fehlerfrei und sein Funktionsumfang hat irgendwie immer noch eine weitere Ebene parat, mit der man Sequenzen Finesse verleihen kann. Wer einmal die Struktur der Tracks mit ihren unterschiedlichen Step-Längen und CV-Layern begriffen hat, kann das Komponieren am Eurorack auf eine neue Weise angehen.

Dabei ist USTA zugleich ein enorm offenes System. Das Modul überlässt es ganz dem Nutzer, ob er einfach nur ein paar Patterns erstellen, ihn über die Gate-Kanäle als Drum-Sequenzer verwenden oder ein 10-minütiges mikrotonales Meisterwerk aus 32 intrikat angeordneten Patterns erstellen will. Und all diese Dinge können derart effizient erledigt werden, dass sie sich natürlich anfühlen – was man nicht von jedem Sequenzer sagen kann. Man wünscht sich zwar hin und wieder noch mehr Funktionen wie die erwähnte Tonleiter-Quantisierung pro Patterns oder mehr CV-Eingänge, aber hat nie den Eindruck, dass es dem USTA wirklich an Funktionalität mangelt. Daher gibt es von mir wohlverdiente 4,5 von 5 Sternen.

Frap Tools USTA (Foto: Lukas Hermann)

Features

Preis

Frap Tools USTA: Ca. 749 € (Straßenpreis am 10.03.2022)

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