Erica Synths haben vor einigen Jahren begonnen, sich mit komplett analogen Modulen auf dem Eurorack-Markt zu etablieren. Mittlerweile gibt es mehr und mehr digitale Module vom lettischen Hersteller, und mit dem Graphic VCO präsentieren Erica Synths uns jetzt ihren, bis dato, digitalen Höhepunkt.
Erica Synths Graphic VCO Test. (Foto: Igor Sabara)
Über zwei Jahre hat es gedauert, seit Erica Synths ihr Vorhaben für einen grafischen Wavetable Oszillator bekanntgegeben haben und dieser nun endlich verfügbar ist. Stolz präsentieren sie uns jetzt den vielfältigen Graphic VCO Wavetable-Oszillator. In diesem Test beleuchten wir den Graphic VCO von allen Seiten und bringen in Erfahrung, was es genau damit auf sich hat, und ob sich das lange Warten gelohnt hat.
Details
Der 16TE große VCO wird, wie alle Module von Erica Synths, in einer schicken und sicheren Verpackung geliefert. Die Module sind in passgenauem Schaumstoff in der schön bedruckten Verpackung eingelassen und nicht einfach in Luftpolsterfolie in einen weißen unbedruckten Karton gelegt, wie es bei den meisten Eurorack-Herstellern der Fall ist.
Der Graphic VCO wird sicher und stylisch verpackt ausgeliefert. (Foto: Igor Sabara)
Nach dem Auspacken und Anschließen, fällt als erstes der große, weiße Hintergrund-beleuchtete Bildschirm auf. Unter dem Screen befinden sich zwei Endlosregler und ein Druckknopf. Mit dem linken Endlosregler wählt man zwischen den Hauptfunktionen aus, wobei man dann mit dem Rechten die sekundären Funktionen einstellen kann. Mit dem Knopf in der Mitte kommt man im Menü immer eine Ebene zurück, was sehr hilfreich für den Workflow ist.
Vier weiter unten platzierte Potis geben Kontrolle über Tuning, Effekte, Effektanteil und Morphing. Ganz unten befinden sich dann alle Buchsen. Wie auch bei anderen Erica Synths Modulen ist das Layout auch hier gut durchdacht und praktisch. Geboten werden vier Buchsen, die fest den vier Potis zugeordnet sind, und somit eine CV-Kontrolle über die gleichen Funktionen wie sie die Potis bieten. Rechts davon befinden sich zwei Ausgänge, wovon einer den VCO ausgibt und der Zweite für Sub-Bässe zuständig ist.
Der Graphic VCO von Erica Synths ist ein sehr umfangreicher und hochwertiger Wavetable Oszillator. (Foto: Igor Sabara)
Zum Abspielen der Wellenformen stehen drei Hauptmodi zur Verfügung: Morphing zwischen zwei Wellenformen, Wavetable sowie die Wavetable Matrix. Im Morphing Modus erhält man auch die Möglichkeit, eigene Wellenformen direkt am Modul zu erstellen oder vorhandene zu bearbeiten. Hier können zwei verschiedene Wellenformen gewählt werden, die als A und B bezeichnet sind. Hat man sich für zwei Wellenformen entschieden, so kann man, entweder manuell mit dem dedizierten Poti, oder automatisch mit Steuerspannungen, zwischen diesen beiden Wellenformen überblenden.
Das Überblenden ist sehr flüssig und ermöglicht so, dem Graphic VCO eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Wellenformen zu entlocken. In diesem Modus kann man auch Wellenformen manipulieren oder gänzlich neu zeichnen. Hierfür stehen eine Anzahl an verschiedenen Werkzeugen zur Verfügung, welche sich allesamt mit den beiden Push-Encoders bedienen lassen. Dieses ist zwar zum Teil etwas umständlich, aber mit Sicherheit die beste Lösung dafür, dass man alles mit zwei Drehknöpfen ohne Tastatur oder andere Eingabemitteln einstellen und einzeichnen kann. Schön ist hierbei, dass man beim Zeichnen auch den harmonischen Anteil grafisch dargestellt bekommt.
1/3 Das Hauptmenü des Graphic VCO. (Foto: Igor Sabara)
2/3 Mit dem großen Display lassen sich Wavetables einfach erstellen und bearbeiten. (Foto: Igor Sabara)
3/3 Menü zum überblenden zwischen zwei Wellenformen. (Foto: Igor Sabara)
Der Wavetable Modus bietet Möglichkeiten 16 Wellenformen zu laden und zwischen diesen zu überblenden. Hierfür sind eine große Anzahl verschiedener Wellenformen im Modul enthalten, wobei man aber auch die selbst gezeichneten verwenden kann. Des Weiteren hilft eine Google App, Wellenformen auch am Computer zu erstellen. Auch hier klingt das Morphing sehr gut, ohne hörbare Artefakte oder Aliasing, und bietet eine sehr vielschichtige Palette an möglichen Sounds mit einem schnellen und bequemen Zugang.
Im Wavetable Matrix Modus werden Wavetables und einzelne Wellenformen in einer Matrix dargestellt, wobei Zeilen Wavetables repräsentieren und Reihen verschiedenen Wellenformen zugeordnet sind. Diese Wellenformen und Tables werden in der Matrix als kleine Punkte dargestellt, und die gerade Aktiven werden durch einen etwas dickeren Punkt in der Matrix und einer Grafik in einem kleinen Oszilloskop neben der Matrix markiert. Hier bewegt man sich auf der X- und Y-Achse wieder manuell mit den Potis oder automatisch mit CVs. Auch gibt es Möglichkeiten, die Matrix in der Größe zu ändern, so dass man sich in kleineren Abschnitten bewegen kann.
2/3 Menü für den Sub-Oszillator. (Foto: Igor Sabara)
3/3 Hier lassen sich die Wellenform-Effekte einstellen. (Foto: Igor Sabara)
Zusätzlich zu den drei Hauptmodi bietet der Graphic VCO noch sogenannte ‘FX’ (Effekte), womit sich die abgespielte Wellenformen weiter manipulieren lassen. Diese FX sind FM, Ringmodulation, Phase Distortion, Wavefolding, Wavewrapping, Bitcrush/ Sample Rate Reduction und Overdrive. Die Effekte werden dem Signal vor dem Output zugefügt und, außer bei FM, haben diese keinen Einfluss auf den Sub-Oszillator. Mit FX Amount steuert man dann die Intensität der Effekte, bzw. das Dry/ Wet Verhältnis bei einer Auswahl der Effekte. Dieses kann auch per Steuerspannung geschehen, wobei der CV-Eingang hier nur positive Spannungen versteht.
Für FM wird ein interner Modulations-Oszillator geboten, wobei man bei diesem auch auf die vielen verschiedenen Wellenformen zugreifen kann. Will man einen externen OSC für Frequency Modulation benutzen, so kann man dies, indem man das Audiosignal in die FX CV-Buchse führt. Die Ringmodulation funktioniert ganz ähnlich der FM in der Weise, dass man auch hier einen internen oder externen Oszillator dafür verwenden kann. FM und Ringmodulation klingen für einen digitalen Oszillator wirklich anständig, genau wie die anderen Effekte auch.
Der Suboszillator kann getrennt an der zweiten Ausgangsbuchse abgegriffen werden, alternativ lässt sich an dieser Buchse jedoch auch ein, aus OSC und Sub-OSC, gemischtes Signal abgreifen. Der Sub-Oszillator ist, anders als bei analogen Oszillatoren, ziemlich umfangreich einzustellen. So lässt sich auch hier eine beliebige Wellenform auswählen. Der Sub-OSC lässt sich bis zu zwei Oktaven in der Tonhöhe verschieben und zusätzlich kann der Sound durch Detuning zum Schweben gebracht werden.
Ein interessanter Bonus beim Graphic VCO ist ein Oszilloskop. Hiermit lassen sich nicht nur die entstehenden Wellenformen betrachten, sondern es wird auch die Stimmung des Oszillators in Noten und Hz visuell dargestellt. Außerdem kann man im Oszilloskop-Menü auch einen tieferen Einblick in die Einstellungen der Snapshots gewinnen, wie z. B. welche Poti-Stellung abgespeichert wurde.
Mit Snapshots lassen sich alle Einstellungen speichern und somit Presets für seine erzeugten Sounds erstellen. Diese lassen sich dann einfach abspeichern und während des Spielens in Echtzeit abrufen. Zum Schluss gibt es noch ein ‚Manage‘ Menü, womit man Wavetables arrangieren, editieren oder auch gänzlich Neue erstellen kann. Im ‘Device Configuration’ Menü lassen sich die Eigenschaften der Hardware konfigurieren, wie z. B. die Helligkeit des Bildschirms, oder der Gain der CV-Eingänge.
1/2 Optionen für eingehende Steuerspannungen. (Foto: Igor Sabara)
2/2 Das Configurations-Menü des Graphic VCO. (Foto: Igor Sabara)
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Praxis
Wie von Erica Synths gewohnt, ist auch dieses Modul hervorragend verarbeitet, klingt sehr hochwertig, und ist sehr gut zu bedienen. Der Graphic VCO von Erica Synths ist mit der umfangreichste Wavetable-Oszillator im Eurorack und lädt dadurch auch sofort zum Experimentieren ein. Die gebotenen Möglichkeiten, um Wellenformen und Tables direkt am Modul zu erstellen und zu verändern, erscheinen am Anfang etwas umständlich in der Bedienung, und ich dachte mir, dass man solche Arbeiten vorzugsweise am Computer mit Maus und Tastatur vornimmt.
Mit dem Graphic VCO erhält man z. B. umfangreiche Tools zum Zeichnen der Wellenformen, direkt am Modul, aber diese Tools mit nur zwei Push-Encodern zu bedienen, ist doch relativ zeitaufwendig. Schon alleine die Eingabe von Namen mit zwei Encodern nimmt umso einiges an Zeit in Anspruch. Da ist man mit einer Tastatur deutlich schneller. Wenn man jedoch erst einmal anfängt Wellenformen direkt im Modul zu bearbeiten, merkt man auch ziemlich schnell, was für einen unglaublichen Mehrwert diese Option bietet. Man hört nämlich direkt in Echtzeit während des Zeichnens und Manipulierens, was man da veranstaltet. Nicht nur, dass man alles sofort hört, sondern man erhält auch die Möglichkeit, die Änderungen grafisch in Echtzeit durch einen Spektrum-Analyzer darzustellen. Gerade das lädt sehr zum Experimentieren ein und man verliert sich schnell darin, stundenlang Wellenformen zu erzeugen oder zu bearbeiten. Man wird aber mit sehr gut klingenden Ergebnissen belohnt.
Durch die Anzahl an verschiedenen Tools und Möglichkeiten Wellenformen zu verändern, oder zwischen diesen zu überblenden, ist die Ausbeute an interessanten Wellenformen nahezu grenzenlos und klingt dabei immer anständig. Das Morphing ist dabei weich, und ich habe bei der Arbeit mit dem Graphic VCO kaum Aliasing gehört. Die Wellenformen-Effekte sind auch sehr interessant, aber leider kann man hier immer nur einen Effekt gleichzeitig verwenden.
Es wird eine recht große Anzahl an Wellenformen mitgeliefert. Diese zeigen deutlich, was der Graphic VCO kann, und decken einen sehr großen Bereich ab. Von analog-artigen Wellenformen bis hin zu Formaten findet man hier alles, was das Herz begehrt. Die Anzahl an mitgelieferten Wellenformen ist jedoch so umfangreich, dass eben viele sehr ähnlich klingen. Hier würde eine gezieltere Auswahl sicherlich mehr Sinn machen und dazu animieren, eigene Kreationen zu nutzen, als durch das große Angebot an Presets zu stöbern.
Durch den großen Screen und die durchdachten Grafiken, ist der Graphic VCO, trotz der Fülle an Funktionen, relativ intuitiv zu bedienen und der Workflow wird hier ziemlich direkt gehalten. Bonus Features, wie das Oszilloskop sind sehr praktisch, aber hier finde ich es schade, dass man mit dem Oszilloskop nicht auch externe Signale darstellen, und dieses auch nutzen kann, um andere Oszillatoren zu stimmen.
1/2 Erica Synths Graphic VCO von der Seite… (Foto: Igor Sabara)
2/2 … und von hinten betrachtet. (Foto: Igor Sabara)
Durch die digitale Natur Erica Synths Graphic VCO und den großen Bildschirm, werden viele Optionen geboten, die mit den kleinen Eurorack-Modulen des Marktangebots in der Regel kaum zu erhalten sind. Leider jedoch, ist die CV-Steuerung etwas zu kurz gekommen. Ein paar mehr CV-Eingänge wären bei der Fülle an Funktionen sicherlich angemessen gewesen, aber davon mal abgesehen, sind die Gebotenen auch relativ unflexibel. Sie sind, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, direkt mit den Potis verknüpft.
Hier hätte es sicherlich mehr Sinn gemacht, wenn man eingehende Steuerspannungen auf alle möglichen verschiedenen Paramater anwenden könnte, und nicht nur auf Tune, FX, FX Amount und Morph. Da das Modul sowieso viele komplexe Funktionen und ein hochauflösendes Display aufweist, würde die Möglichkeit, Steuerspannungen auf verschiedene Parameter zu mappen, die Bedienung auch nicht komplizierter gestalten.
Ein guter Ansatz wäre z. B., im Matrix Modus nicht nur mit Steuerspannungen durch die Matrix zu fahren, sondern auch das Fenster mit CVs in der Größe zu ändern, so wie das mit den Encodern möglich ist. Auch mit Steuerspannungen durch die verschiedenen abgespeicherten Snapshots zu wandern, wäre ein enormer Mehrwert. Eine eingehende Steuerspannung auf mehrere verschiedene Parameter mit unterschiedlicher Abschwächung zu routen, wie es bei manch anderen digitalen Modulen der Fall ist, hätte dem Graphic VCO auch gut zu Gesicht gestanden.
Audiobeispiele:
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Morphing zwischen zwei Wellenformen mit mehreren Wellenformen-Pärchen.Morphing in der Matrix zwischen vielen verschiedenen Wellenformen.Morphing im Wavetable Modus anhand verschiedener enthaltener Wavetables.FM Effekt mit internem Modulations-Oszillator.Ring Modulations Effekt mit internem Modulations-Oszillator und unterschiedlichen Wellenformen.Der Phase Distortion Effekt.Der Fold Effekt.Der Wrap Effekt.
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Fazit
Der Graphic VCO von Erica Synths ist ein wirklich gelungener Wavetable-Oszillator. Am Klang, Verarbeitung und Bedienung gibt es wirklich kaum etwas auszusetzen. Der aufgerufene Preis ist hierfür sehr fair und so kann ich diesen digitalen Oszillator jedem bedenkenlos empfehlen. Der Graphic VCO ist ein Modul, das sich besonders interessant für Modularisten darstellt, die sich intensiv mit digitalen Wellenformen auseinandersetzen und experimentieren möchten. Für diejenigen, die einfach an dem ‘Wavetable Sound‘ interessiert sind, aber eher kein Interesse verspüren, sich intensiv mit Wavetables und deren Erstellung zu beschäftigen, die sind mit anderen Wavetable-Modulen besser bedient. Für einfachere Wavetable-Module, die nicht die Fülle an Optionen bieten, aber auch sehr gut klingen, muss man jedoch mindestens genauso tief in die Brieftasche greifen, und spart dabei höchstens ein paar TE ein.
PRO
Hochwertiger Sound mit weichem Wavetable Morphing
Umfangreiche Möglichkeiten um Wellenformen zu erstellen und zu manipulieren
Große, gut durchdachte und informative Anzeige
Intuitive Bedienung trotz großer Menge an komplexen Funktionen
CONTRA
Keine Möglichkeit mehrere Wellenformen-FX gleichzeitig zu nutzen
CV Steuerung unflexibel
Der Graphic VCO von Erica Synths ist ein sehr umfangreicher und hochwertiger Wavetable Oszillator. (Foto: Igor Sabara)
FEATURES
Vielseitiges Wellenformendesign
Konfigurierbarer Sub-Oszillator Ausgang
Interner Modulations-Oszillator
Effekte zur Welleformenänderung
96 KHz Abtastrate
1.024 Punkte Wellenformenauflösung
Dateiverwaltung und Firmware-Update über USB
16 HP Breit
30 mm Tief
Stromverbrauch; 152mA auf +12V und 20mA auf -12V
PREIS
Erica Synths Graphic VCO: ca. 389 € (Straßenpreis, Stand: 15.05.2018)
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