Sugar Bytes Effectrix Test

Sugar Bytes Effectrix und vergleichbaren Plug-Ins wie Stutter Edit von iZotope, das Freeware-PlugIn Glitch und Native Instruments „The Finger“ erzeugen drastische Shredder- und Glitch-Effekte, die seit dem Einsatz in der Clubmusik mittlerweile voll im internationalen Chart-Mainstream angekommen sind. Besonders der massive Einsatz im derzeit omnipräsenten „Urban Dance“-Bereich zeigt, dass es kaum eine Spur, ein Instrument oder eine Subgruppe gibt, die nicht durch derartige Effekte verfeinert oder komplett verfremdet werden kann. Auf geht´s!

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Steps der Hörbeispiele

Details

Effectrix ist ein auf Mac (Mac OS X Version 10.4.0 und höher) und PC (Windows XP und höher) lauffähiges Plug-In, was die Formate VST, AU und RTAS unterstützt sowie das neue Pro Tools-Format AAX bedient. Denjenigen, die Effectrix nicht als Insert- oder Send-Effekt in einem Host-Programm, wie z.B. Cubase, Pro Tools, Logic, Ableton Live, etc. nutzen möchten, steht auch eine Standalone-Version zur Verfügung.
Der Beiname von Effectrix lautet „Effect-Sequencer“ und das hat seinen Grund: Generell steuert ein Step-Sequencer die 14 zur Verfügung stehenden Effekte. Zwar ist es möglich, erstellte „Effekt-Sequenzen“, die Pattern bzw. Subpattern genannt werden, per MIDI-Noten anzusteuern, doch die Oberfläche animiert eher dazu, sich im standardmäßig zum Host synchron laufenden Sequenzer auszutoben. Dies ist ein Unterschied zu performanceorientierten bzw. -abhängigen
Konkurrenzprodukten, wie Stutter Edit oder den hauseigenen Plug-Ins Artillery 2 und Tornado, deren Konzept es ist, Effekte per MIDI-Note oder Controller „abzufeuern“. Eigene Pattern lassen sich selbstverständlich zusätzlich zur reichen Auswahl vorgefertigter Preset-Pattern sichern.

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Der Sequenzer bietet 32 Steps mit einer Notenauflösung von 1/32 bis 1/4, wobei für Viertel- und Achtelnoten auch triolische Werte anwählbar sind. Somit sind je nach Auflösung ein- bis achttaktige Pattern realisierbar, die bei Bedarf durch den sogenannten „Loop Bar“ am oberen Rand des Sequenzers, ähnlich einem Cycle/Loop im Host-Programm, eingegrenzt werden können. Auch an einen regelbaren Swing-Faktor (1% bis 100%) wurde gedacht.
Insgesamt erinnert die Bedienoberfläche von Effectrix stark an einen Key- oder Piano Roll-Editor, wie man ihn von gängigen DAWs kennt, nur dass man hier am linken Rand anstatt einer Tastatur-Grafik die 14 verschiedenfarbigen Effekte-Module findet. In der Bedienungsanleitung werden diese als Tracks bezeichnet. Die „Steps“ werden in der gleichen Farbe des Tracks dargestellt, wodurch man einen guten Überblick hat, wann welcher Effekt aktiv ist. Die Reihenfolge der Effekte von oben nach unten spiegelt auch den festgelegten Signalfluss wieder, wobei sich natürlich einzelne Tracks/Effekte deaktivieren lassen.
Im Gegensatz zu Glitch (dblue), dem Urahn und Vorreiter dieser Effektgattung, lassen sich alle Effekte gleichzeitig nutzen. Jeder Track verfügt neben seinen spezifischen Parametern über einen eigenen Preset-Ordner, die Möglichkeit das Dry-Wet-Verhältnis zu regeln sowie eine Lautstärken-Hüllkurve mit Attack und Release, um das Ein- und Ausklingverhalten des aktivierten Effektes zu regeln. Außerdem bieten alle 14 Effekte den sogenannten „Modulator Track“, der pro Track zwei Modulations-Spuren für frei zuweisbare Effekt-Parameter zur Verfügung stellt. Hiermit lassen sich – um ein simples Beispiel zu nennen – Filtersweeps durch Modulation der Cutoff-Frequenz realisieren, ohne die Automation des Host-Programms zu bemühen. Folgende Effekte stehen insgesamt in dieser Reihenfolge zur Verfügung:

  • X-Loop
  • Loop
  • Scratchloop
  • Reverse
  • Stretch
  • Vinyl
  • Tonal Delay
  • Stutter
  • Crush
  • Filter
  • Phaser
  • Chorus
  • Delay
  • Reverb

Nachdem das Signal von den Effekten in die Mangel genommen wurde, bietet die Mastersektion zu guter Letzt die Möglichkeit, das Wet/Dry-Verhältnis und den Output anzupassen. Hierdurch empfiehlt sich Effectrix auch als Insert-Effekt.
Und was lässt sich damit nun genau anstellen? Das klären wir lieber im Praxisteil.

Praxis

Die Installation erfolgte erwartungsgemäß problemlos: Herunterladen, Seriennummer eingeben, aktivieren und los geht´s – ohne iLok, eLicenser oder ähnlichem Anhang – auf bis zu 2 verschiedenen Rechnern.
Beim erstmaligen Öffnen von Effectrix sollte man es sich nicht nehmen lassen, erst mal anhand der mitgelieferten Presets und eines ganz einfachen Drumloops die Grundmöglichkeiten der Klangmanipulation zu erforschen. Allein die Preset-Pattern haben von drastischen Verfremdungen bis hin zu Effekt-Ketten, die den Groove auf interessante Weise unterstützen oder variieren, viel zu bieten. In den folgenden Beispielen hören wir ein zweitaktiges Drumloop, zunächst ohne Effectrix, und darauffolgend in Bearbeitung durch die Presets „Born in Italy“ und „Totally Strange“.

Fotostrecke: 2 Bilder Preset „Born in Italy“
Audio Samples
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Drumloop ohne Effectrix Drumloop „Born in Italy“ Drumloop „Totally Strange“

Wie man sieht liegt die Bandbreite der Presets zwischen „im Dienste der Musik“ und plakativer Verfremdung. Anhand der Abbildungen 2 und 3 lässt sich nachvollziehen, welche Tracks im jeweiligen Pattern zum Einsatz kommen. In Abbildung 3 sieht man außerdem, dass der Loop Bar die Steps 1 bis 24 umschließt, wodurch alle darauffolgenden Steps und Modulationen nicht mehr „gespielt“ werden.
Viele Presets sind derart plakativ oder abgefahren, dass man zunächst einmal ins Staunen gerät. Für den realen Einsatz in Musikproduktionen eignen sich dann aber doch meist subtilere bis selektivere Eingriffe ins musikalische Geschehen, sprich: Die Erstellung eigener Pattern oder das Angleichen bzw. „Ausdünnen“ eines inspirierenden, „songdienlichen“ Preset-Pattern.
Wer jetzt etwa glaubt, die vielen bunten Farben versprechen eine kinderleichte Bedienung, der liegt genau richtig! Die Steps lassen sich, wie man es von einem Piano Roll-Editor gewohnt ist, per Mausklick einfügen, nach links und rechts verlängern, verschieben sowie durch Klicken mit der rechten Maustaste bzw. Alt-Taste und Mausklick löschen. Wer keine rechte Maustaste besitzt oder wessen Alt-Taste gerade kaputt ist, erreicht sein Ziel auch durch einen Doppelklick. Bedienkomfort wird hier also groß geschrieben. Alle Steps eines Tracks können bei Bedarf durch den Lösch-Button rechts vom Effektnamen, alle Steps eines Patterns hingegen durch den Init-Button (obere rechte Ecke des Plug-in-Fensters) gelöscht werden.
Die folgenden Hörbeispiele sollen einen Eindruck davon vermitteln, was die einzelnen Tracks bzw. Effekte leisten. Hierzu habe ich Effectrix spaßeshalber in die Summe eines achttaktigen MIDI-Instrumentals insertiert. In jedem Beispiel habe ich zwei Effekte verwendet und das Audiofile dementsprechend benannt. Der erste Effekt ist immer in den Takten 2 und 6 aktiv, der zweite Effekt hingegen in den Takten 4 und 8.

Audio Samples
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Mix ohne Effectrix Mix Loop & X-Loop

Der Unterschied der beiden Loop-Effekte fällt sofort auf: Entgegen dem „normalen“ Loop-Effekt, der nützlich wie eh und je, aber ohne große Überraschungen daherkommt, bietet der X-Loop Effekt die Möglichkeit, die Looplänge sowie auch die Tonhöhe der Wiederholungen zu modulieren. In Takt 6 ist der Parameter „Pitch Change“ auf einen positiven Wert eingestellt, woraufhin der Loop quasi nach oben „wegfliegt“. Der per Automation verringerte, negative Wert in Takt 8 bewirkt das Gegenteil und ähnelt einem Tape-Stop.

Audio Samples
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Mix Scratchloop & Reverse

Der Scratchloop-Effekt ermöglicht, den Loop-Bereich vor- und rückwärts mit unterschiedlichen Geschwindigkeitskurven abzuspielen, um das Scratchen einer Schallplatte zu simulieren. Etwas dezenter und veredelnder dagegen wirkt der Reverse-Effekt, dessen Mix-Regler (Wet/Dry) mit ca. 70% noch etwas vom unbearbeiteten Signal durchlässt, um nicht ganz „den Takt zu verlieren“.

Audio Samples
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Mix Stretch & Vinyl

Wie man hört und wahrscheinlich schon vermutet hat, dient der Stretch-Effekt nicht der unauffälligen Tempoanpassung von audiophilem Material, sondern agiert eher im Geiste alter Akai-Sampler (Cyclic-Timestretching) mit dem Ziel, unnatürliche Effekte zu generieren. Der Vinyl-Effekt erzeugt hier einen eintaktigen Tape-Stop. Dass der Vinyl-Effekt auch „musikalischere“ Ergebnisse zu liefern vermag, soll folgendes Beispiel zeigen:

Audio Samples
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Synth ohne Effectrix

Wenn man auf die Synthesizer-Sequenz achtet, fällt auf, dass das „Herunterfallen“ der Tonhöhe am Ende jedes zweiten Taktes (vgl. „Mix ohne Effectrix“) entfällt. Auch hier ist der Vinyl-Effekt von Effectrix am Werk und bildet mit den gespielten Noten quasi eine musikalische Einheit. 

Audio Samples
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Mix Tonal Delay & Stutter

Der Effekt „Tonal Delay“ ist ein sehr kurzes Delay, das eine „roboterähnliche“, einstellbare Tonhöhe erzeugt. In Takt 6 gleitet die Tonhöhe per Automation abwärts. Der Stutter-Effekt ermöglicht rhythmische Gate-, Envelope- und Panning-Modulationen. Durch seinen Einsatz wird das Audiosignal in den meisten Fällen, so auch hier, merklich leiser – eine Möglichkeit, den Pegel aufzuholen (außer über den automatisierbaren Master-Level), ist leider nicht vorhanden.

Audio Samples
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Mix Crush & Filter

Der Crush-Effekt bietet neben der üblichen Bitrate- und Samplerate-Reduzierung auch einen knackig zupackenden Distortion-Regler. Durch den rhythmischen Einsatz des Effektes im Step-Sequenzer gelangt man auch bei mutigeren Einstellungen zu groovigen und „songdienlichen“ Ergebnissen. Durch seine Verwandtschaft zu Sugar Byte´s WOW Filterbox geizt auch hier der Filter-Effekt nicht mit flexiblen Klangmöglichkeiten. Als Filtertypen stehen Hochpass, Bandpass, Tiefpass (jeweils 24 dB/Oktave) und ein Kammfilter zur Verfügung. Der „Vowel Mode“, welcher auch im vorliegenden Hörbeispiel aktiv ist, ermöglicht die Anwahl aller Vokale und verschiedener Kombinationen über den Cutoff-Regler. Selbstverständlich gehören auch Hüllkurven zur Filtermodulation sowie ein Hüllkurvenfolger zur Ausstattung.

Audio Samples
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Mix Phaser & Chorus

Wie das Hörbeispiel verdeutlicht, packen auch Phaser und Chorus ordentlich zu. Subtil veredeln will hier niemand! Jeweils metrische Werte des Rate-Parameters (Chorus: 4/1 bis 1/16 ; Phaser: 4/1 bis 1/128-Triole) unterstreichen das Prinzip eines „Effect Sequencers“.
Auch beim letzten „Effekt-Pärchen“ Reverb & Delay, kommt man durch das rhythmische Setzen von Hall zu interessanten Ergebnissen.

Audio Samples
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Mix Reverb & Delay

Anhand der Abbildung kann man erkennen, an welchen Taktpositionen die jeweils zwei aktiven Effekte der Hörbeispiele ausgelöst wurden. Das teilweise längere Ausklingen entsteht durch die Release-Einstellung der Hüllkurve, wie man an den Parametern des aktiven Delay-Tracks sehen kann.

Steps der Hörbeispiele
Steps der Hörbeispiele

Folgende Punkte sollte man nach dem Anhören dieser Soundbeispiele bedenken: Es ist immer nur ein (Effekt-)Track gleichzeitig zu hören! Durch die Verkettung und Interaktion mehrerer Effekte sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Des Weiteren bieten die Soundbeispiele der einzelnen Effekte nur einen „Blick durch den Türspalt“ der klanglichen Möglichkeiten und Verfremdungen.
In Anbetracht der vielen gleichzeitig nutzbaren Effekte könnte man vermuten, dass Effectrix ein besonders ressourcenhungriger Spielkamerad ist. Bei diversen Produktionen auf Mac (MacBook Pro 2.66 GHz Intel Core i7 4GB RAM) und PC (Windows XP, 3,07 GHz Intel Core i7 3GB RAM) war es mir stets möglich, mehrere Plug-In-Instanzen zu öffnen, ohne dabei einen spürbaren Performance-Verlust zu erleiden.   

Fazit

Effectrix ist ein äußerst kreatives und inspirierendes Werkzeug mit hohem Nutz- und Suchtfaktor. Maßvoll eingesetzt belebt und „modernisiert“ es einzelne Spuren und Subgruppen, bis hin zur Stereosumme nach den Erfordernissen modern klingender Pop- und Dance-Produktionen. Durch plakativeren Einsatz, wie längere Stop- oder „Wegflieg“-Effekte, gehen Arrangement-mäßig schwierige Übergänge zwischen zwei Songteilen häufig leicht von der Hand. Eine Klangerzeugung (Effektsamples), wie der „Generator“ von Stutter Edit, bietet Effectrix nicht, worin ich allerdings kein Manko sehe – eher eine Bonusfunktion des iZotope-Plug-Ins. Der von MIDI-Triggern vollkommen unabhängige Einsatz der Effectrix-Effekte dürfte vor allem Logic-Usern entgegenkommen, die sich (wie ich) fragen, ob man die Sache mit den „MIDI-gesteuerten Effekten“ nicht etwas logischer hätte gestalten können (z.B. wie bei allen anderen gängigen DAWs). Der Einsatz als „Effect Sequencer“ gewährleistet hier den problemlosen Einsatz auf allen Spurarten, auch auf Instrumenten-Spuren. Die Klangqualität bewerte ich als dem Zweck entsprechend gut. Da der Effekteinsatz hier eher hörbares, musikalisches Ereignis als audiophile Veredelung sein soll, muss man z.B. den Hall nicht zwingend mit einem Lexicon-Pendant vergleichen. Wo wir gerade beim Hall sind: Es wäre vielleicht auch mal nett, eine lange Hallfahne mit einer der Loop-Funktionen zu bearbeiten oder einen Tape-Stop zu erzeugen. Mit einer einzigen Plug-In-Instanz ist dies aufgrund der starren Reihenfolge der Effekte leider nicht möglich. Ein weiterer zaghafter Kritikpunkt ist, dass einzelne Effekte trotz eingestellter Releasezeit von 0ms hin und wieder etwas überhängen und unmittelbar darauffolgende Transienten abschneiden. Eine tastenmodifizierte Auflösung des Rasters zur minimalen Kürzung des Steps wäre vielleicht eine sinnvolle Lösung. Abschließend ist zu sagen, dass Effectrix zu den Plug-Ins gehört, die ich nicht missen möchte, und jeden einzelnen Euro seines Verkaufspreises wert ist. Deshalb: 4,5 Sterne.

PRO:
  • inspirierendes Tool für Musikproduktionen
  • einfache und übersichtliche Bedienung
  • Effekt-Ansteuerung über eingebauten Step-Sequenzer und MIDI
  • gute, dem Zweck entsprechende Soundqualität
  • vielfältige Klangmanipulationen
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
CONTRA:
  • starre Reihenfolge der Effekte
  • keine Feinanpassung der Step-Länge
  • mäßige Produktpflege
FEATURES:
  • Effect-Sequencer
  • 14 Effekt-Module
  • VST/AU/RTAS/AAX-Plug-in
  • sowie Standalone
  • Mac ab OSX 10.4.0 / PC ab Windows XP
Preis:
  • EUR 99,-
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • inspirierendes Tool für Musikproduktionen
  • einfache und übersichtliche Bedienung
  • Effekt-Ansteuerung über eingebauten Step-Sequenzer und MIDI
  • gute, dem Zweck entsprechende Soundqualität
  • vielfältige Klangmanipulationen
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • starre Reihenfolge der Effekte
  • keine Feinanpassung der Step-Länge
  • mäßige Produktpflege
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Sugar Bytes Effectrix Test
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