Anzeige

Produce-Alike #10 – David Guetta feat. Sia

Kaum ein Produzent war in den letzten Jahren so omnipräsent in den Charts wie der Franzose David Guetta. Mit seiner geradlinigen Pop-Dance-Musik, die sich bei aktuellen Club-Trends genauso bedient wie bei Eurodance-Klassikern, trifft er offenbar den Nerv der Zeit. Nach zahlreichen Kollaborationen mit etablierten Künstlern (z.B. Kelly Rowland, Black Eyed Peas, Rihanna) erschien vor kurzem sein neues Album „Nothing But The Beat“, das es in vielen Ländern auf Platz 1 geschafft hat. Wir haben uns die Single „Titanium“ herausgesucht, um dem musikalischen Erfolgsgeheimnis des Erfolgs-DJs auf die Spur zu kommen.

1801_10_David_Guetta_feat_Sia_Titanium_1260_765px_v01


„Titanium“ ist eine typische Dance-Single in einem gemäßigten Disco-Tempo von 126 BPM. Der Song hat eine radiotaugliche Struktur aus Strophen und Refrains, nicht ohne dabei auf verschiedene Dance-Stilmittel zu verzichten. So folgt auf den spannungsaufbauenden Refrain ein extatischer Instrumental-Part, der mit seinen pumpenden Bässen und Synths die Tanzflächen füllt. Doch lasst uns am Anfang beginnen.

INTRO

Beim ersten Hören drängt sich irgendwie der Gedanke auf, dass Herr Guetta sich ein  Gitarrenloop von The Police stibitzt hat. Der prägende Sound im Intro und auch in den Strophen ist tatsächlich ein abgedämpftes Gitarren-Lick, das in einem Dance-Track zunächst einmal überrascht. Ich habe das Lick aus verschiedenen synthetischen Komponenten zusammengesetzt, die eine echte Gitarre natürlich niemals ersetzen können. Für unsere Workshop-Zwecke haut es aber ganz gut hin.
Den Anfang machen drei Instanzen von Native Instruments Kontakt 5 mit einem Mute-Guitar-Sound aus der Factory-Library. Der Sound ist dreimal geringfügig anders eingestellt, und die Spuren sind im Stereobild verteilt. Außerdem habe ich den Part nicht einfach kopiert, sondern mit der Humanize-Funktion von Logics Transformer kleine Ungenauigkeiten eingebaut. In den beiden Soundbeispielen hört ihr eine Gitarre einzeln und dann die Kombination der drei Spuren.

Tita_Gits
Audio Samples
0:00
Gitarre einzeln Gitarre x 3

Das reicht so natürlich noch nicht. Um das Saiten-Anschlagsgeräusch noch etwas hervorzuheben, habe ich zusätzlich den Bass-Synth Spectrasonics Trilian zweckentfremdet. Ein mit Plektrum gespielter Mute-Bass-Sound in einer hohen Lage liefert noch etwas „Pluck“ und wird leise hinzugemischt. Mit einem Kompressor heben wir den Attack noch etwas hervor, und ein EQ sorgt dafür, dass tatsächlich fast nur das Anschlagsgeräusch übrig bleibt.

Tita_PluckNoise
Pluck Noise
Audio Samples
0:00
Pluck Noise

Und zu guter Letzt darf der Access Virus TI noch einen synthetischen Pluck-Sound beisteuern, der das Ganze etwas zusammenhält.

Tita_Virus
Audio Samples
0:00
Virus Pluck Intro

All diese Komponenten werden auf einen Bus geroutet, wo sie zunächst einen gemeinsamen Kompressor durchlaufen. Dieser hilft dabei, die verschiedenen Sounds zu einer Einheit zu formen. Anschließend folgt ein EQ, der die oberen Mitten betont und die dröhnenden tiefen Mitten absenkt. Ein unauffälliges Achtel-Delay wirkt ebenfalls als „Klebstoff“ und erzeugt nebenbei eine gewisse Räumlichkeit, ohne zu matschen. Im Endergebnis hört sich das jetzt so an:

Tita_GitBus
Audio Samples
0:00
Gitarren kombiniert

David Guetta macht mit diesen Gitarren dann ein paar Hall-Experimente. Ein großer Hall wird per Automation hier und da hineingedreht, um dann am Beginn des nächsten Taktes abrupt abzubrechen. Dazu automatisieren wir einen Aux-Send auf dem Gitarren-Bus, an dessen Ende ein Hall-Plugin mit einem ziemlich groß klingenden Raum hängt. Damit der Hall plötzlich verschwindet, müssen wir außerdem seinen Ausgang an den richtigen Stellen muten. In der Spurautomation sieht das dann so aus:

Tita_Gits_RevAutomation
Reverb-Automation

Und damit haben wir den Intro-Sound fertig. Das Ergebnis klingt wie folgt:

Audio Samples
0:00
Reverb-Automation
Anzeige

STROPHEN

In den Strophen kommt der Gesang hinzu, während das Gitarren-Lick unverändert weiter läuft. Allerdings fügen wir nun noch einen kleinen Trance-Synth hinzu, der ebenfalls das gleiche Muster spielt und sich lautstärkemäßig noch sehr zurückhält. Ich habe dafür mal wieder den reFX Vanguard genommen.

Tita_Vanguard
Audio Samples
0:00
Vanguard Strophen

Außerdem setzt am Beginn der Strophe auch der Beat ein. „Titanium“ kommt mit überraschend wenigen Drumsounds aus. Wir brauchen lediglich zwei verschiedene Bassdrums, eine Snare und eine kleine, geschlossene Hi-Hat.
Den Anfang macht eine verhältnismäßig natürlich klingende Kickdrum. Diese soll noch nicht die volle Energie vorwegnehmen. Deshalb wird sie per EQ etwas dünner gemacht. Das Sample, das ich verwendet habe, enthält praktischerweise schon eine Hi-Hat, die im oberen Bereich des Spektrums für einen klar definierten Attack sorgt.

Audio Samples
0:00
Small Kick

In der zweiten Strophenhälfte kommt die Haupt-Kickdrum hinzu. Diese besteht fast nur aus Bässen und lässt untenrum keinen Zweifel daran, wer hier der Boss ist.

Audio Samples
0:00
Main Kick

Dazu bauen wir noch eine kleine, synthetische Hi-Hat ein, die den Groove umspielt. Mehr Drums gibt’s in der Strophe diesmal nicht. Die Gitarren übernehmen mit ihrem Achtel-Pattern die Funktion einer durchgehenden Hi-Hat gleich mit, so dass wir uns diese sparen können. Auch auf eine Snare wird bei „Titanium“ an diesem Punkt noch verzichtet.

Audio Samples
0:00
Kick und Hi-Hat

Ein Bass darf aber natürlich nicht fehlen. Wie auch die Gitarren erinnert dieser bei „Titanium“ etwas Dance-untypisch an einen wahrhaftigen E-Bass. Das ist ein Fall für Trilian. Mit dem „Retro-60s“-Preset und einem fast rockigen Achtelpattern liegen wir richtig.

Audio Samples
0:00
Bass Strophen

Und zum Schluss brauchen wir noch einen Flächensound, der sich ein bisschen an die Gitarrenfigur anlehnt und für ein harmonisches Fundament und etwas Gemütlichkeit sorgt.

Audio Samples
0:00
Mellow Pad

Nun können wir die Strophe schon mal zusammensetzen und vorhören:

Audio Samples
0:00
Strophe
Anzeige

REFRAIN

Im Refrain setzt der Beat aus. Das ist bei vielen der aktuellen Dance-Hits zu beobachten und hat seinen Ursprung in den Breakdown-Parts, die in so gut wie jedem Club-Track zu finden sind. Durch das Weglassen der Kickdrum entsteht eine Spannung, die sich dann umso extatischer entlädt, wenn die Drums wieder einsetzen.
Der Refrain wird von einem Hollywood-tauglichen Effekt eingeleitet, den ihr im letzten Soundbeispiel schon gehört habt. Wer Sounddesigner-Ambitionen hat, kann sich so etwas aus diversen Rauschgeneratoren, Filtern, Trommeln und Halleffekten selber bauen. Für Faulenzer wie mich gibt es eine reiche Auswahl an Sample-Libraries, die entsprechende Sounds bereithalten (u.a. Stromdrum, Stylus RMX, Omnisphere, etc.). Wetten, dass David Guetta auch nichts anderes benutzt?
Der erste Teil des Effekts, der für die Steigerung hin zum Refrain sorgt, wird durch einen rabiaten Pump-Kompressor zum Grooven gebracht. Wie man so etwas macht, haben wir ja in dieser Serie schon einige Male gesehen. Ich speise den Sidechain-Eingang des Kompressors gern mit einer „stillen“ Kickdrum, die im Mix gar nicht zu hören ist. Dadurch kann der Effekt – falls gewünscht – auch weiterlaufen, wenn die hörbare Kick aussetzt.

Audio Samples
0:00
FX

Der zurückhaltende Flächensound aus der Strophe bekommt im Refrain Unterstützung von einer strahlenden Fläche, die ebenfalls aus dem Access Virus TI kommt. Im Verlauf des Refrains wird das Filter per Automation langsam etwas aufgedreht.

Audio Samples
0:00
Virus Pad Refrain

Für die rhythmische Komponente sorgen im Refrain die verschiedenen Synths. Der schon aus der Strophe bekannte Vanguard-Sound und der Pluck-Sound aus dem Virus wechseln beide zu einer Achtel-Akkord-Figur:

Audio Samples
0:00
Vanguard Refrain Virus Pluck Refrain

Dazu kommt noch ein weiterer Akkord-Synth, der noch etwas mehr Höhen hat und im Verlauf des Refrains zu Steigerungszwecken langsam eingeblendet wird. Dafür habe ich den Native Instruments Pro-53 benutzt.

Audio Samples
0:00
Bright Synth

Für die ultimative Steigerung sorgt in der zweiten Hälte des Refrains eine brachiale Snare. Sie hämmert zunächst Viertelnoten, um sich dann in einem Trommelwirbel zu entladen, der in dieser Weise schon seit Jahrzehnten zum Dance-Standardrepertoire gehört. Das Sample einer Roland-TR-909-Snare bekommt von einem EQ noch etwas Druck am unteren Ende des Spektrums verpasst. Danach wird die Snare stark komprimiert und durchläuft noch einen Bitcrusher-Effekt. Im Soundbeispiel hört ihr die Snare zunächst unbearbeitet und dann am Ende der Effektkette:

Tita_Snare
Snare
Audio Samples
0:00
Snare
Anzeige

Die im Refrain aufgebaute Spannung muss sich entladen. Deshalb folgt nun ein Instrumental-Part, der den Höhepunkt des Songs bildet. Interessant ist dabei, dass hier, im Moment maximaler Energie, die Kickdrum der einzige Drumsound ist. Der Groove entsteht durch die Bässe und vor allem durch einen sehr massiv eingreifenden Sidechain-Pump-Kompressor (da haben wir ihn wieder).
Der Bass wechselt zu einem fast funkigen Oktav-Pattern mit einer vorgezogenen Sechzehntelnote und betonten Offbeats.

Audio Samples
0:00
Bass Dance-Part

Zur Seite gestellt wird ihm ein synthetischer Sound, der aus dem Native Instruments FM8 stammt und etwas drahtig-metallisch klingt.

Tita_Elektrobass
Elektrobass
Audio Samples
0:00
Elektrobass

Und damit haben wir die rhythmischen Komponenten schon beisammen. Der Rest besteht aus Flächensounds. Die beiden schon aus Strophe und Refrain bekannten Pads spielen weiter. Hinzu kommt noch eine dritte Fläche, die einen hohen Rauschanteil hat und für den Schmutz-Faktor zuständig ist. Dafür habe ich das Freeware-Instrument TAL U-NO-62 benutzt. Ohne den pumpenden Kompressor klingt sie sehr aggressiv:

Tita_NoisePad
Noise Pad
Audio Samples
0:00
Noise Pad

Die drei Pads durchlaufen einen gemeinsamen Bus, auf dem ein Sidechain-Kompressor seinen Dienst verrichtet. Von der Kickdrum gespeist, drückt er den Pegel der Flächensounds auf jeder Viertelnote rabiat nach unten, sodass ein starker Pump-Effekt entsteht. Die Release-Zeit des Kompressors ist dabei von entscheidender Bedeutung. Wenn sie richtig eingestellt ist, tragen auch die Flächensounds zum Groove bei und ersetzen dazu die sonst oft verwendete offene Hi-Hat auf den Offbeats.

Tita_PumpPads
Pump Pads
Audio Samples
0:00
Pump Pads

Zum Schluss brauchen wir noch einen kleinen Effekt-Sound, der an Laser-Effekte aus frühen Videospielen erinnert und auf der 2-und und der 4-und spielt. Dafür ist der TAL Elek7ro prädestiniert. Der Sound entsteht durch Selbstoszillation des Filters. Klar, dass auch auf diesem Sound die Digital-Schmutz-Wunderwaffe Bitcrusher nicht fehlen darf.

Tita_Disco
Disco
Audio Samples
0:00
Disco
Anzeige

SONG

Jetzt sind wir soweit, dass wir den Hit von David Guetta und Sia bis zur zweiten Strophe nachbauen können. Das reicht auch, denn etwas wirklich Neues passiert danach auch nicht mehr. Ich hoffe, dass es euch auch diesmal Spaß gemacht hat. Bis zur nächsten Folge Produce-Alike!

Audio Samples
0:00
Song
Kommentieren
Profilbild von gaswerk-music

gaswerk-music sagt:

#1 - 30.10.2011 um 20:21 Uhr

0

Sehr guter Workshop. Danke für die viele Arbeit damit.

Profilbild von tomorrow

tomorrow sagt:

#2 - 10.11.2011 um 01:03 Uhr

0

so viel arbeit fuer nichts....

Profilbild von NewOne

NewOne sagt:

#3 - 10.11.2011 um 05:12 Uhr

0

Hi, genial. Werd s gleich mal probieren. Vielen Dank

Profilbild von crazy1916

crazy1916 sagt:

#4 - 11.11.2011 um 00:59 Uhr

0

echt der hammer was manche so draufhaben

Profilbild von Fepo

Fepo sagt:

#5 - 12.11.2011 um 17:29 Uhr

0

Hast Du super gemacht.
Die Idee ist da, nun setz doch für dich sowas um und verdiene Geld mit selbstgebauten Hits.LG und weiter so heiter und natürlich danke

Profilbild von attueg

attueg sagt:

#6 - 16.11.2011 um 04:29 Uhr

0

Super Arbeit!
Wie wir sehen... es wird überall mit wasser gekocht..

Profilbild von niklas

niklas sagt:

#7 - 28.11.2011 um 18:59 Uhr

0

das intro hat große ähnlichkeit mit nem lied, das ich suche..kann mir wer helfen?^^

Profilbild von leblanc

leblanc sagt:

#8 - 02.12.2011 um 01:41 Uhr

0

top arbeit!
und dickes danke für die erhebliche mühe und aufwand fürn workshop

Profilbild von Tom

Tom sagt:

#9 - 06.01.2012 um 02:13 Uhr

0

Verdammte Kacke, was man da alels wissen muss. Geniale Arbeit, super!!

Profilbild von Hans

Hans sagt:

#10 - 26.02.2012 um 15:13 Uhr

0

echt richtig geil. Du hast uns sehr bei unserem MSA geholfen. Danke :)

Profilbild von patrick

patrick sagt:

#11 - 09.03.2012 um 15:36 Uhr

0

vielen dank für die infos!!

Profilbild von commanderz

commanderz sagt:

#12 - 17.01.2013 um 19:10 Uhr

0

Vielen Dank für diesen Artikel!
Solche Producer-Bastel-Workshops sind für mich immer erstaunlich und eine große Hilfe.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Elgato Stream Deck + XLR: Everything you need to know before you buy!
  • Yamaha AG08: Everything you need to know before you buy!
  • Producing a track with the XVive XV1-R Portable Stereo Recorder