Die “Classic Maple”-Serie war schon lange vor dem Welterfolg der Liverpooler Pilzköpfe das Flagschiff der Firma Ludwig. So richtig populär wurde sie allerdings erst durch deren Drummer Ringo Starr. Im bonedo-Archiv findet ihr einen ausführlichen Test über das Fab4-Set aus der Accent-Serie, welche dem Entry-Level zugeordnet wird. Durch die Einführung des “Liverpool 4”-Drumsets der hochwertigen „Legacy“-Serie zum 100-jährigen Jubiläum des Schlagzeugbauers in diesem Jahr gibt es ganze drei „Ringo“- Sets. Das hier vorliegende Ahorn-Set gehört demnach zur Mittelklasse.
In Anbetracht der jahrzentelangen Entwicklung der unterschiedlichen Serien sollte man meinen, das Ludwig Classic Maple Fab 4 stelle den originalgetreuesten Nachfolger des Ursprungskits dar. Aber kann das Testset wirklich an die Eigenschaften der alten Classic-Sets anknüpfen?
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Details Das Classic Maple ist nicht nur in der hier vorliegenden Konfiguration erhältlich, sondern in unterschiedlichsten Größen. Zur Auswahl stehen 15 weitere Folien-Finishes und neun Holzfurniere. In der Beatles-Ausführung wird das „Black Oyster Finish“ verwendet: Für einen Vintagefreak wie mich ist es jedoch optisch ein etwas halbherziger Versuch, das Classic Maple Set aus den Sechzigern zu kopieren: Das ursprüngliche Finish der Sechziger Jahre ist seit langem nicht mehr erhältlich. Die Folie enthielt einen sehr hohen Braunanteil und fast durchsichtige Bereiche, durch die das Holz leicht zu sehen war. Auch der Tomhalter und die Beine der Toms sowie der Bassdrum sind nur bedingt originalgetreu. Doch zunächst möchte ich mich den beiden Toms in Ringos Standard-Größen 13″ x 9″ und 16″ x 16″ widmen.
Der siebenschichtige kreuzverleimte Ahorn-Kessel ist makellos auf Stoß verarbeitet. Die Folie ist gut verklebt und der Saum liegt auf der Kesselrückseite gut versteckt unter den Böckchen. Auf dem Hängetom verteilen sich zwei Badges und zwei Luftlöcher so gleichmäßig, dass man – egal von welcher Seite man die Trommel aufhängt – dem Publikum immer eine der goldenen und ein wenig zu großen Ludwig-Kronen präsentiert. Ob die Kronen für königlichen Klang oder königliches Spielgefühl stehen, werde ich noch herausfinden müssen, aber zunächst noch zu den kleinen Details, die für das “Gesamterlebnis Schlagzeug” unerlässlich sind: Alle Stimmschrauben sind mit einem Gummiring und einer Nylon-Unterlegscheibe ausgestattet, die verhindern, dass sich die Schrauben beim Spielen von alleine lösen. Die Classic Lugs werden vom Kessel durch eine schwarze Gummi-Unterlage isoliert. Leider wird im Kesselinneren auf derartige Standards verzichtet: Die Metallschrauben sind ohne Schutzgummi direkt in den Kessel gebohrt. Das ist schade und unverständlich, da solche Details bei anderen Marken teilweise schon seit 20 Jahren selbstverständlich sind.
Dazu kommt, dass davon ausgegangen werden kann, dass aufgrund der großen Bohrung für die Halterung der Hängetom auch der Sound nicht ganz unversehrt bleibt. Allerdings bietet Ludwig alternativ das „Vibra Band”-System an, welches wie eine Rim-Aufhängung funktioniert und hier sicherlich die bessere Lösung darstellt. Der Kessel des Floortoms ist ebenso gut verarbeitet wie der des Hängetoms. Schade ist aber, dass keine Memory-Locks für die Füße im Lieferumfang enthalten sind.
Ludwig-Snares galten schon immer als sichere Bank und haben mehrfach klangliche Standards gesetzt. Das hier mitgelieferte Modell hat 14″ Durchmesser und eine Kesseltiefe von fünf Zoll. Die Snare Abhebung “P 85” ist zwar ein Klassiker, bewegt sich im Vergleich mit den Strainern anderer Hersteller aber auf den letzten Rängen. Dafür verantwortlich sind die geringe Qualität und die veraltete und instabile Mechanik. Die Abhebung hakt und man muss den kompletten Schlitten mit der einen Hand nach oben schieben, um mit der anderen den Hebel umlegen zu können.
Mit nur einer Hand lässt sich diese Abhebung so gut wie nicht bedienen. Die Originalabhebung aus den Sixties war um Längen besser! Ludwig kopiert sich hier selbst und das zudem noch grottenschlecht. Das gusseiserne „Butt End“ ist nicht wesentlich revolutionärer: Um die Kordel oder das Band des Teppichs an der Abhebung zu wechseln, benötigt man einen Kreuzschlitz-Schraubendreher! Als wenn das nicht genug wäre, kann man beim vergeblichen Versuch, den Teppich wirklich fest zu ziehen beobachten, wie sich das kleine Klemmplättchen verbiegt. Unglaublich, aber wahr: Diese Abhebung ist sogar an den teuren “Black Beauty”-Snares zu finden! Auch wenn man optional den “P 86 Millenium”-Strainer ordern kann, ist dieser Zustand unhaltbar. Bei Ludwig werden alle Snares – somit auch die getestete – mit einem preisgünstigen und ebenfalls mangelhaften Snareteppich ausgerüstet. Auf die Behebung dieser Mißstände warten die Fans des amerikanischen Drumset-Herstellers bereits seit 30 Jahren (und werden wahrscheinlich noch weitere 30 Jahre warten müssen). Wer sich jetzt fragt, ob die Snare überhaupt noch was Gutes zu bieten hat, dem kann ich ganz klar entgegnen: Oh ja! Zum Einen ist der Kessel ist sauber verarbeitet und die Gewinde sind präzise gearbeitet. Die Folie ist auch hier sauber verklebt und die Naht genau wie bei den Toms unter die Böckchen gelegt. Die 2,3 mm starken Power-Hoops sind optimal für diese Snare, der Wechsel auf einen Gußreifen ist ebenfalls machbar. Die Trommel bekommt dadurch mehr Biss und setzt sich besser durch. Die Bassdrum ist mit den „Classic Curved Spurs“ (den traditionellen, halbrunden Beinen) ausgestattet, die den Vintage-Look unterstreichen sollen. Da diese Beine aber nunmal Anfang der Achtziger auf den Markt gekommen sind und eben nicht im Zeitalter der Beatles, funktioniert dieser Griff in die Mottenkiste nicht so richtig. Dafür steht die Bassdrum aber sehr solide. Man kann sich optional auch für die „Elite Kick Spurs“ entscheiden, welche moderneren Hardware-Ausführungen entsprechen. Man sollte dann aber die Flügelschrauben austauschen, da diese so groß sind, dass die Bass-Drum unter Umständen nicht mehr in ein Case passt. Die Steckplatte für den Tomhalter auf der Bassdrum ist seit den Sixties unverändert geblieben. Sie funktioniert einwandfrei, birgt aber den Nachteil, dass sich im Inneren des Böckchens ein Metall-Plättchen befindet, das lose befestigt von der Feststellschraube an das L-Rohr gedrückt wird. Ohne Tomhalter fällt dieses Plättchen vor allem beim Transport schnell heraus und geht möglicherweise verloren. Das führt häufig dazu, dass man notgedrungen auf dieses Bauteil verzichten muss, und sich die Schraube direkt in das Tomhalterohr bohrt und dieses eindrückt oder zumindest zerkratzt. Die Böckchen der Bassdrum sind wie bei allen anderen Trommeln des Sets nur von außen mit schwarzem Gummi unterlegt. Die Bassdrum-Klauen sind aus Gusseisen gefertigt und zwar durchaus von bester Qualität, aber selbst bei fast allen günstigen Sets aus chinesischer Produktion (und somit sogar bei den Ludwig-Accent-Kits) sind die Klauen isoliert, um die Spannreifen vor Kratzern zu schützen. Diese treten sonst zwangsläufig schon beim ersten Fell-Wechsel auf. Auch ist die Stelle für die Fußmaschine im Spannreifen nicht geschützt. Hier würde ich mir mit selbstklebendem Filz den Spannreifen an der entsprechenden Stellen schützen.
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Praxis Meine erste Amtshandlung ist, das Set von den „Ludwig Medium“ Werksfellen zu befreien und den billigen Snare-Teppich gegen einen hochwertigen Edelstahl-Teppich von der Firma Sonor auszutauschen. Die verwendeten Felle auf den Toms sind oben wie unten Remo “Ambassador Coated” und auf der Snare “Remo Ambassador”. Auf der Bassdrum befinden sich ein “Super Kick 1”-Schlagfell und ein “Ambassador”-Resonanzfell. Wie klingt das Kit jetzt? Mit einem Wort: Geil! Das Set hat einfach Charakter, klingt dreckig und transparent zugleich. Objektiv betrachtet entsteht tatsächlich der Eindruck von alten Ludwigs, und ich habe im Laufe der Jahre selbst genug Ludwig Vintage Sets besessen. Aber es ist nicht nur der warme und runde Sound der Toms und der Bassdrum, es ist noch viel mehr: Sogar das Spielgefühl erinnert an den alten Klassiker. Allmählich steigert sich die Laune; der Spaß, den dieses Schlagzeug macht, drängt die Mittelmäßigkeit bei der Ausstattung in den Hintergrund.
Die Bassdrum klingt wirklich wundervoll. Bedingt durch die kurze Kesseltiefe von nur 14“ lässt sich relativ einfach ein hochwertiger offener Sound einstellen. Ansonsten klingt die Kick weich, rund und warm und besticht durch einen satten Tiefbass. Diesen typischen Sound erreiche ich mit keiner anderen „modernen“ 18“ oder gar 20“ tiefen Bassdrum. Dieser Ludwig-Trommel reichen 14“, um mir ein Lächeln auf das Gesicht zu zaubern. Auch die Snare ist nach Behebung der Mängel ein wirklich gutes Instrument! Die Ansprache ist perfekt und man kann auch in der Mitte der Trommel einen Press -Roll gut spielen. Die Obertonstruktur ist sauber und “funky” und die Trommel lässt sich mühelos von hoch bis tief stimmen, ohne dass Klangeinbußen in Kauf genommen werden müssen. Der Stimmumfang der Toms des Testsets ist dagegen begrenzt von tief bis mittelhoch. Bei gnademlosen Jazz-Tuning in Roy-Haynes-Manier würgen die Toms ab und schwingen nicht mehr voll. Mittelhohes oder tiefes Tuning macht dafür umso mehr Spaß. Ich habe die Drums zum Vergleich auch kurz mit Gußspannreifen ausgestattet und siehe da: deutlich mehr Attack gepaart mit einem etwas modernerem Sound! Meine zuvor geäusserten Bedenken bezüglich der Bohrung bewahrheiten sich leider: Sobald man die Hängetom mittels L-förmigem Haltearm auf die Bassdrum steckt, stelle ich fest, dass sie in einigen Positionen äusserst tot klingt. Es nimmt einiges an Geduld und Zeit in Anspruch, hier ein akzeptables Schwingverhalten herzustellen. Unter dem Strich bleibt dennoch die Feststellung, dass die Toms sowohl dreckig und fett als auch transparent klingen können. Dass das kein Wiederspruch ist, dafür steht der Name Ludwig seit Jahrzehnten.
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Fazit Ich muss zugeben, dass ich beim Zerlegen des Sets durch die augenscheinlichen Mängel eigentlich nicht viel Lust hatte, darauf zu spielen. Der allgemeine Qualitätsstandard bei Drums ist heutzutage so hoch wie nie zuvor, so dass man sich als Hersteller mangelhafte Snarestrainer oder billige Verschraubungen eigentlich nicht mehr leisten kann und darf. Aber in den USA scheint man sich ungeachtet dessen auch heute noch sicher, dass man Defizite mit Image ausgleichen kann. Auch wenn die Trommeln sauber verarbeitet sind, habe ich nicht das Gefühl, ein hochwertiges Spitzen-Instrument in den Händen zu halten. Die Fehler liegen in den Details, und die Missachtung dieser Feinheiten im Rahmen der Konzeption und Produktion des Sets sind völlig unverständlich. Japanische Drums in diesem Preisbreich sehen vielleicht anders aus, hören sich aber nicht nicht unbedingt an. Es gibt so viele „perfekte“ Trommeln die vielleicht auch gerade aufgrund ihrer Perfektion und der schieren Produktionsmasse seelen- und charakterlos wirken. Das Ludwig Kit hingegen hat einfach „Eier“! Die Tatsache, dass Ludwig nun neben anderen Serien auch noch die Legacy-Reihe mit den für die Sixties typischen 3-Ply-Shells ins Rennen gebracht hat, rückt die Classic Serie nun in das mittlere Preissegment der Firma. Dort gehört das Test-Drumset ohne Frage hin, denn richtig teuer war dieses Fließband-Set nie. Wer selbst Geld und Arbeit in die erwähnten Details investiert, ist dann als Belohnung seiner Mühen stolzer Besitzer eines Drumsets, das bei aller Traditionsbewahrung den aktuellen Sound-Standards absolut genügt. Das Testset klingt angenehm unmodern und fühlt sich beim Spielen so gut an, dass ich gar nicht mehr aufhören will. Wo andere aktuelle Drumsets auf maximalen Attack und größtmögliche Lautstärke ausgerichtet sind, überzeugt dieses Set durch Charakter. Diese Eigenständigkeit ist bei Drumsets anderer Hersteller durch keine Zusatzinvestition auszugleichen, denn: „Whether you have it or not.“
Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
saubere Verarbeitung
leichtgängige und präzise Gewinde
grosse Auswahl an Farben und Finishes
eigenständiger Sound-Charakter
Snaredrum: Stimmunfang und Ansprache
Contra
Tomhalter verkürzt Sustain sehr stark
keine Memory-Locks an Floortom-Beinen
Snareabhebung
Snare-Teppich
Tom-Sound bei hohem Tuning
keine unterlegten Bassdrum-Klauen
Snaredrum verstimmt sich leicht bei harter Spielweise
Soundfiles: im Planet Roc Studio Berlin von Christoph Schirmuda im reflektionsarmen Raum aufgenommen keine Bearbeitung durch EQ, Kompressor oder Ähnliches Mikrofone: Sennheiser 421 (Toms), Shure SM 57 (Snare), Shure Beta 52 (Bassdrum), T-Bone Ribbon (Overheads)
Der Kommentar trifft das Set insgesamt sehr genau. Wichtig ist der "Wohlfühlcharakter" am Set selbst, der Sound, der ohne viel Aufwand von Anfang an prägend ist. Habe das Set gebraucht erworben (7 Jahre alt) neu befellt und gestimmt und finde die HW grausam (bin Sonorist), die Positioniermöglichkeiten des HT noch schlimmer als bei Sonor, aber das Set macht wirklich Spaß und hat einen tollen Sound. Bis auf die Snare, die bekomme ich nicht in den Griff. Toller Kommentar und eure Seiten insgesamt sind herrausragend. Dank dafür.
Hallo zusammen - mir hat der Artikel grundsätzlich auch sehr gut gefallen. Ich bin seit den frühen Siebziger Jahren ein großer Freund der Marke Ludwig und sie übt bis heute noch einen großen Einfluß auf mich aus. Entweder - Oder - ein dazwischen gibt es für mich nicht. Und ich bin auch froh keine "Sonorist" zu sein! - ebenfalls gute Trommeln, aber keine Seele. Was ich nicht teile ist die Meinung, dass die Curved Spurs erst Anfang der 80iger auf den Markt kamen - mein Vistalite Set aus 1976 hat ebenfalls Curved Spurs und das war nicht das erste Jahr in dem sie verbaut wurden. Stammen vielleicht nicht aus den 60igern, aber 80 ist zu spät. (kleinlich ich weiß) Auch der Tausch der Felle und des Snare Strainers muss nicht sein finde ich pers.! Danke an alle Ludwig-Fans and protect the Brand!
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Joerg Hansen sagt:
#1 - 24.02.2012 um 16:18 Uhr
Der Kommentar trifft das Set insgesamt sehr genau. Wichtig ist der "Wohlfühlcharakter" am Set selbst, der Sound, der ohne viel Aufwand von Anfang an prägend ist. Habe das Set gebraucht erworben (7 Jahre alt) neu befellt und gestimmt und finde die HW grausam (bin Sonorist), die Positioniermöglichkeiten des HT noch schlimmer als bei Sonor, aber das Set macht wirklich Spaß und hat einen tollen Sound. Bis auf die Snare, die bekomme ich nicht in den Griff.
Toller Kommentar und eure Seiten insgesamt sind herrausragend. Dank dafür.
Alexander Huber sagt:
#2 - 17.10.2023 um 13:55 Uhr
Hallo zusammen - mir hat der Artikel grundsätzlich auch sehr gut gefallen. Ich bin seit den frühen Siebziger Jahren ein großer Freund der Marke Ludwig und sie übt bis heute noch einen großen Einfluß auf mich aus. Entweder - Oder - ein dazwischen gibt es für mich nicht. Und ich bin auch froh keine "Sonorist" zu sein! - ebenfalls gute Trommeln, aber keine Seele. Was ich nicht teile ist die Meinung, dass die Curved Spurs erst Anfang der 80iger auf den Markt kamen - mein Vistalite Set aus 1976 hat ebenfalls Curved Spurs und das war nicht das erste Jahr in dem sie verbaut wurden. Stammen vielleicht nicht aus den 60igern, aber 80 ist zu spät. (kleinlich ich weiß) Auch der Tausch der Felle und des Snare Strainers muss nicht sein finde ich pers.! Danke an alle Ludwig-Fans and protect the Brand!