Nach der Schwemme an virtuell-analogen Soft- und Hardware-Synthesizern im vergangenen Jahrzehnt kommen seit einigen Jahren wieder vermehrt “echte” Analogsynthesizer auf den Markt. Mittlerweile gibt es locker ein Dutzend Neuerscheinungen in diesem Bereich, wovon die meisten monophon und ohne Tastatur sind. Dave Smith, der Erfinder des legendären Prophet 5, hat diese Entwicklung mit entfacht
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Gerade seine letzten Releases, die zigarrenschachtelgroßen Analogmodule Mopho (monophon) und Tetra (vierstimmig) sind wegen ihres guten Sounds bei günstigem Preis aktuell sehr beliebt. Leider bieten die kleinen Kisten nur wenige Knöpfe für Soundschrauber – und man möchte für diesen Komfort nicht immer gleich einen großen Prophet 8 kaufen müssen. Diese Lücke schließt nun das Mopho Keyboard. Doch braucht man überhaupt analoge Tonerzeuger, wo es doch so gute virtuell-analoge gibt? Dies werden wir im Rahmen dieses Tests einfach mal mit erforschen und ein paar Soundvergleiche anstellen. Man darf also gespannt sein.
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Details
Ungemein kompakt kommt das MoPho Keyboard daher, mit einer guten velocity- und aftertouchfähigen zweieinhalb-Oktaven-Tastatur. Allerdings ist es mit 4,25 kg gar nicht mal so leicht. Das Gewicht resultiert aus dem hochwertigen, stabilen Stahlgehäuse mit Echtholz-Seitenteilen. Ja, ihr habt richtig gehört: echtes Holz (nicht Presspappe mit Furnier wie bei einigen Kollegen)!
Das Sonnenblumengelb des Gehäuses ist vielleicht nicht jedermanns Sache, aber so hebt sich der Mopho gut von den Roten aus dem Norden, den Weißen aus “Schland” und den vielen schwarzen Synths aus dem Rest der Welt ab. Im Übrigen passt dieser Gelbton perfekt zum Look der Produkte der italienischen Bassamp-Schmiede Mark Bass: Und da sicher auch viele Bassisten ein Mopho Keyboard für Synth-Bass-Anwendungen auf der Bühne einsetzen werden, wäre das optisch, wie akustisch eine gelungene Kombination.
Auf der Rückseite befinden sich die Anschlüsse Stereo Out, Headphones, Audio In (mono), sowie „Ports“ für ein Controller Pedal (der alternativ auch analoge Steuerspannungen verarbeiten kann), Sustain Pedal, MIDI In/Out, USB und Poly Chain. Bei all der hochwertigen Verarbeitung wundert man sich, dass das Loch für den Stromanschluss viel größer ist als die dahinterliegende Buchse. Da hat der Gehäusedesigner wohl kurz mal nicht aufgepasst.
Poly Chain bedeutet, dass man die Polyphonie des einstimmigen Mopho erhöhen kann, indem man ihn mit einem oder mehreren Dave Smith Prophet 8, Tetras oder Mopho Desktopmodulen verbindet. Da die Tonerzeugung all dieser Instrumente weitgehend identisch ist, können sie dann sozusagen als „ein Synth“ zusammenarbeiten. Dies kann maximal 17-stimmig vonstatten gehen, in dem Fall wäre das eine Kombination aus Mopho Keyboard und zwei Prophet 8. Die Produkte Evolver und Poly Evolver sind leider nicht mit dem Mopho kompatibel – allerdings gibt es auch kleine Unterschiede zwischen Mopho Keyboard und Prophet. So verfügt der Prophet nicht über die Suboszillatoren und die Feedback Funktion des Mopho. Wenn man sich auf diese Art einen Polysynth basteln möchte, muss man darauf also bei der Klangprogrammierung achten. Oder man nimmt gleich den Tetra zur Erweiterung – der passt perfekt!
Bedienelemente
Muss der Desktop Mopho noch mit 11 Potis auskommen (und entsprechend umständlicher zu programmieren ist er), bietet das Mopho Keyboard stattliche 27 Drehknöpfe, die teilweise über die Shift-Funktion doppelt belegt sind. Dies ist in Anbetracht der Größe des Bedienfeldes das Maximum dessen, was geht, und so kann man den Synth recht flott programmieren.
Der Mopho hat übrigens 384 Speicherplätze, die in 3 Bänken mit je 128 Programmen organisiert sind. Leider verfügt das Keyboard nicht über ausreichend Taster zur schnellen Programmanwahl. Mit den Up/Down Buttons und dem Dial-Knopf lassen sich gerade im Liveeinsatz weiter entfernte Programmnummern nicht ausreichend schnell und gezielt erreichen. Ich würde mir stattdessen lieber acht Programm- und acht Bankbuttons wünschen.
Das Verhalten der Potis lässt sich einstellen. Entweder springt der Wert beim Anfassen eines Drehknopfes, oder der Wert verändert sich relativ. Im „Passthru“ Mode muss der Wert erst an der abgespeicherten Stelle abgeholt werden. Stets werden dabei im Display der alte und der neue Wert angezeigt. Bei den Bedienelementen muss man noch den „Push It“ Button erwähnen. Er dient dazu, eine (in Bezug auf Tonhöhe und Velocity voreinstellbare) Note zu triggern – bei den tastaturlosen Modulen sicher nützlich, beim Keyboard aber verzichtbar. Allerdings kann er unter Umständen doch sinnvoll sein, wenn man nämlich die Betriebsart des Push It Buttons auf „Toggle“ einstellt. Dann bleibt der Ton auch stehen, wenn man den Knopf loslässt. Diese Funktion könnte beim Starten von Sequenzen zum Einsatz kommen – oder um eine Note einzufrieren und somit beide Hände zum Soundschrauben freizuhaben. Bei gehaltener Shift-Taste dient „Push It“ außerdem als Tap Tempo Knopf, eine auf jeden Fall sehr sinnvolle Funktion.
Die Tonerzeugung
Das Mopho Keyboard ist, wie alle oben genannten Dave Smith Instrumente auch, ein subtraktiver analoger Synthesizer mit zwei Oszillatoren, einem Filter, drei Envelopes und vier LFOs.
Die Oszillatoren verfügen über die Wellenformen Sägezahn, Dreieck, Sägezahn-Dreieck und Puls. Die Pulsweite kann moduliert und die Oszillatoren hart gesynct werden. Außerdem hat jeder Oszillator noch einen Suboszillator, der eine Rechteckwelle erzeugt, die bei Osc1 eine Oktave und bei Osc2 zwei Oktaven tiefer klingt. Ein Noisegenerator befindet sich in der Mixersektion, wo die beiden Oszillatoren zusammengemischt werden. Externe Signale lassen sich über die Audio In Anschlüsse einbinden.
Das Filter kann wahlweise als 2-Pol (12 dB Absenkung pro Oktave) oder 4-Pol (24dB pro Oktave) arbeiten und ist resonanzfähig. Selbstoszillation des Filters bei hoher Resonanz und damit die typischen „Zwitschereffekte“ erreicht man allerdings nur mit dem 4-Pol Filter, die Resonanz des 2-Pols ist eher subtil. Ein neues Feature, das der Prophet 8 nicht hat, ist die Feedback Funktion. Hiermit kann man den Sound am Ende der Synthesekette abgreifen und erneut durch den Filter leiten. Erhöht man das Feedback, bekommt man Verzerrungen am Filtereingang, die von schön schmutzig bis extrem bösartig klingen können.
Envelope 1 ist für den Filter zuständig und bietet außer den üblichen ADSR Parametern (Attack, Decay, Sustain, Release) zusätzlich Delay, d.h., die Hüllkurve kann mit einer einstellbaren Verzögerung starten.
Envelope 2 steuert die Lautstärke und Envelope 3 ist mit einem von 48 Modulationszielen frei belegbar. Im Repeat Mode kann Envelope 3 auch als eine Art komplexer LFO verwendet werden.
Die 48 Modulationsziele können auch mit den vier LFOs oder über die vier Modulationsslots angesteuert werden. Diese Anzahl an Slots und Zielen ist für einen kleinen analogen sehr ordentlich, das findet man sonst nur bei virtuellen (digitalen) Synths oder bei großen Modularsystemen. Sequenzer
Das Mopho Keyboard verfügt über vier 16-Step Sequenzer, die immer parallel laufen und nicht nur Noten, sondern auch Modulationsziele ansteuern können. Stellt man die Destination eines der Sequenzer auf „Osc Pitch“, lassen sich tonale Sequenzen erstellen, die immer dann starten, wenn man eine Taste drückt. Je nachdem, welche Taste gedrückt wird, transponiert die Sequenz entsprechend. Routet man den Sequenzer auf eine Modulationsdestination, so werden z.B. komplexe Filterverläufe oder rhythmische Effekte erzeugt. Die Programmierung erfolgt über drei Potis, das Erste für „Step“, das Zweite für „Destination“ und das Dritte für „Value“. Man muss auch nicht immer alle 16 Steps ausnutzen. Benutzt man verschiedene Längen, so verschieben sich die vier Sequenzen gegeneinander.
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Praxis
Und wie klingt er denn nun, der Mopho? Super! Fett, wie es sich für einen echt-analogen Synth gehört. Doch nicht nur das. Er kann auch sehr böse und experimentell klingen. Aber fangen wir vorne an.
So klingt die pure Sägezahnwelle des Mopho.
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Sägezahn
Und so die Rechteckwelle
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Rechteck
Lassen wir nun das 24dB Filter von der Filterhüllkurve gesteuert langsam zugehen.
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24 dB Filter
Nun dasselbe mit Resonanz:
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Saw + Filter + Resonanz
Fahren wir zum einfachen Sägezahn des Osc1 jetzt den Suboszillator dazu.
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Osc 1 + Sub
Bei Oszillator 2 ist der Suboszillator 2 Oktaven tiefer.
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Osc 2 + Sub
Und nun beide Oszillatoren mit ihren jeweiligen Suboszillatoren zusammen, etwas gegeneinander verstimmt.
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Osc 1 + Sub + Osc 2 + Sub
Mithilfe der Feedbackfunktion lässt sich das Signal andicken. Hier nun Osc1 alleine mit Feedback, das langsam dazukommt.
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Osc 1 + Feedback
Der Gain des Feedbacks lässt sich anheben, was zu bösartigen Verzerrungen führen kann.
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Filter + Feedback + Gain
Und nun alle Oszillatoren inkl. Subs und Feedback. Wem das jetzt noch nicht fett genug ist, der sollte sich besser ein All-You-Can-Eat-Super-Size Menu beim Mäckes holen.
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Ultrafett
Aber der Mopho zeichnet sich ja nicht nur durch seinen hohen”Fett-Anteil” aus, sondern auch durch seine ausgefuchsten Modulationsmöglichkeiten. Jede Source (Velocity, Aftertouch, LFO, Sequenzer etc.) kann mit jeder Destination (z.B. Pitch, Noise Level, Cutoff, Pulse Width) verknüpft werden, was der Phantasie des Programmierers kaum Grenzen setzt. Lassen wir doch mal eine 16taktige Sequenz die Filterfrequenz steuern.
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Sequenzer – Cutoff
Hier ein paar Werkssounds, die mit speziellen Modulationsverknüpfungen arbeiten.
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WhippersnapRandomstepperJazzophone
Noch mehr Beispiele für Klang und Möglichkeiten finden sich in Ruben Schefflers “bonedo-Test des Desktop Mophos”, dessen Lektüre ich an dieser Stelle empfehlen möchte.
Der Mopho macht sowohl beim Spielen als auch beim Schrauben Spaß und lässt sich mit den vielen Potis und Buttons flüssig bedienen. Trotz der vielen Features kommen so auch Synthesizeranfänger schnell zu brauchbaren Ergebnissen.
Konkurrenzvergleich: Analog oder digital?
Ein kleiner Exkurs: Wie klingt der voll analoge Mopho denn nun eigentlich im Vergleich zur digitalen Konkurrenz? Braucht man wirklich immer echt analog, oder tun es die Digitalen auch? Statt Philosophie hierzu einfach mal ein paar praktische Wellenformen und Filtereinstellungen des Mophos im Vergleich zu einem Access Virus TI, Waldorf Blofeld und Korg Radias. Und um diesen Vergleich spannender zu machen, hören wir erstmal „anonym“, die Auflösung gibt es am Schluss! Audiobeispiel 1: pure Sägezahnwelle
Hier die Auflösung:
Synth 1: Blofeld
Synth 2: Mopho
Synth 3: Virus TI
Synth 4: Radias
Es kommt also auch auf den Soundschrauber an, wie ein Synth klingt… wer nur Presets einsetzt, nutzt das Potential seines Instrumentes nicht aus. Eins sollte also klar sein: Mit den richtigen Einstellungen kann mancher digitale ganz schön analog klingen!
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Das Mopho Keyboard bringt echt analogen Sound und Schraubspaß in kompaktem Format. Dieser praktische, kleine, gut klingende Synthesizer bietet zudem für seine Größe und seinen Preis ungewöhnlich flexible Modulationsstrukturen, die man bei wenigen reinen Analogsynthesizern findet. Und zuverlässiger als das 30 Jahre alte, abgerockte Liebhaberstück ist er auch.
Interessant ist er sicherlich auch für Bassisten, die ab und zu Keyboard-Bässe spielen, denn kein anderer Analogsynthesizer mit Tastatur ist so kompakt, dass er mit ins Bass Gigbag passen könnte. Für Dave Smith Fans, denen ein Prophet 8 zu groß oder zu teuer ist, und denen ein Desktop Mopho zu wenige Knöpfe bietet, ist er perfekt. Angesichts des Gebotenen ist der Preis wirklich mehr als fair.
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