Buchtipp: Fredric Dannen – HIT MEN

Es gibt eine ganze Reihe Bücher über die Musikindustrie – von David Nivens Kill Your Friends, Rock On von Dan Kennedy oder Million Dollar Mistakes von Moses Avalon. Man erfährt da viel über die (Un)Taten und Zoten. HIT MEN von Fredric Dannen hat aber eine Sonderposition: Der amerikanische Journalist hat einen „Klassiker“ über die Ursprünge der Major Labels geschrieben. Er hat die Wurzeln dieser Industrie erkundet.

Das Buch ist ursprünglich 1991 erschienen, also ein Werk aus den Zeiten vor MP3 und Internet-Downloads… wo man meinen würde, dass die Welt da noch in Ordnung war. Aber man merkt sehr schnell, dass die Musikindustrie anscheinend schon immer eher unruhig und von massiven Egos geprägt war.

Die Story beinhaltet das „Who is Who“ des amerikanischen Labelgeschäfts: A&R und Labellegende Clive Davis, CBS-Boss Walter Yetnikoff, Warner Bros Chairman Mo Ostin, Manager und Labelmacher David Geffen, Casablanca Disco-Labelboss Neil Bogart – und eher überraschend, auch die Namen einiger Mafiapaten. Yep: Mafiapaten. Doch dazu gleich noch mehr.

Das Buch beginnt im Jahr 1980, wo ein CBS-Executive namens Dick Asher auf den Einsatz der „Independent Promoter“ in LA verzichten möchte, um zu testen, ob Pink Floyds Single „Another Brick in the Wall“ trotzdem im Top 40 Radio laufen würde. Denn in derselben Woche sollte die Band fünf Konzerte in der Los Angeles Sports Arena geben. Eigentlich sollte man da doch nicht zusätzlich Promo machen müssen, oder? Wie er schnell herausfindet, anscheinend aber doch: denn mysteriöser Weise spielt plötzlich niemand mehr diesen Song. Das war die Power des „Networks“, einer unabhängigen Firma, die Majorlabels zu Promozwecken buchten. Mit der Zeit aber immer weniger – irgendwann nur noch die Marktführer – die Millionen von Dollar pro Jahr an das Network überwiesen. Bitter für die Indie-Labels: denn die konnten es sich nicht mehr leisten, neue Künstler ins Top 40 Radio zu bringen. Klar, ein ziemlich interessantes System von Gefälligkeiten steckte hinter der Arbeit des Networks. Inklusive – aber nicht beschränkt auf – Geldlieferungen im Single Cover oder mal ‘ner Nase Koks oder zwei.

In der Folge stellt Fredric Dannen die Schlüsselpersonen des Business vor, man findet sich in einem Crossover aus Dallas, Denver Clan und den Sopranos wieder. Sehr interessant fand ich die Abhängigkeiten zwischen den Marktführern CBS, Warner und den anderen: wie die Chefs sich teilweise aus Missgunst und Egomanie Künstler abjagten, und dadurch die Preise in die Höhe trieben – So hatte CBS Mann Yetnikoff James Taylor von Warner weggelockt, woraufhin Warners Mo Ostin Paul Simon von CBS wegkaufte – und daraufhin eine gepflegte Feindschaft mit Yetnikoff pflegte. Oder David Geffen, der Michael Jackson ein mehr oder minder komplettes geschäftliches „Makeover“ verpasste, indem er Schlüsselleute aus seinem Umfeld zu Michaels geschäftlichem Team machte – und so Yetnikoffs Position erheblich schwächte. Wie gesagt: man fragt sich die ganze Zeit, ob man ein Buch über Verschwörungen liest…

Nebenbei wird der Weg der Musikindustrie aus den Fünfzigern bis in die Neunziger beschrieben – der Weg von Elvis Presley bis zum Pop Megastar à la Whitney, Michael oder Mariah. Was mir gar nicht so bewusst war: schon Ende der 80er begannen die ganzen Megamerger. Sony kaufte bereits damals CBS und benannte sie 1991 um, und viele kleinere Labels wie A&M wurden von Marktführern geschluckt. Leider ist das Buch momentan nicht mehr so einfach zu finden – ich stieß auch nur über eine Empfehlung darauf (danke Jascha!). Nach ein wenig Recherche konnte ich es aber zu einem fairen Preis bei Amazon UK über ein „Modernes Antiquariat“ (oder heißt das heute alles „Resterampe“? ;-)) bekommen. Eine deutsche Fassung scheint es leider nicht gegeben zu haben – ist aber auch auf englisch recht leicht zu lesen. Also: Retro-Geheimtipp!

Info

Verlag: Helter Skelter Publishing, London, Auflage 2003, 414 Seiten

ISBN: 

Hit Men: Irgendwo zwischen Dallas und den Sopranos ...
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1-900924-54-4

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