Heute hat ein ganz dicker Pott bei uns festgemacht: der Poly Evolver PE in der Keyboardversion. Der Poly Evolver ist das Flaggschiff aus dem Hause Dave Smith Instruments. Das Kürzel PE steht für Potentiometer Edition, für ein Update der früheren PEK-Version, die wegen ihrer schlecht arbeitenden Endlos-Encoder oft kritisiert wurde.
Wer den Name Dave Smith zum ersten Mal liest, dem seien hier kurz ein paar Argumente geliefert, diese Wissenslücke schnellstens zu schließen. Dave Smith ist Erfinder der legendären Vintage Synthesizer Sequential Circuits Prophet 5 und Sequential Circuits Pro-One, hat in den 80er Jahren einen maßgeblichen Beitrag zur Entwicklung der MIDI-Schnittstelle geliefert, die damals revolutionäre Korg Wavestation konzipiert und den ersten Software-Synthesizer aller Zeiten erdacht: den Reality von Seer Systems im Jahr 1997. Man darf ihn also getrost als Pionier der Synthesizerwelt bezeichnen. Heutzutage versorgt Dave Smith die Keyboarderwelt mit Hardware-Synthesizern unter seinem eigenen Namen.
Beim Poly Evolver Keyboard PE handelt es sich um einen vierstimmigen Analog-/Digital-Hybridsynthesizer mit Effekten, Step-Sequenzer und True-Stereo-Konzept. Seine Stärken liegen in seiner speziellen und vielseitigen Klangerzeugung. Die Rocker unter den Keyboardern schätzen ihn wegen seiner verzerrten, aggressiven Klänge, Studiotüftler nutzen ihn gern als Filterbank oder als Maschine für komplexe Patterns, Sounddesigner sehen in ihm eine unerschöpfliche Quelle für Atmo-Sounds und Geräusche, und unter Freunden klassischer Synthesizersounds gilt er als Geheimtipp. Da wir von bonedo uns jedoch als aufrichtige Instrumententester verstehen, werden wir uns solchen Schwärmereien nicht hingeben, ohne uns nicht vorher selbst ein genaues Bild gemacht zu haben. Der weiße Kittel ist übergeworfen, Lupe und Stethoskop gezückt, der Protokollblock aufgeschlagen. Wir fühlen dem Poly Evolver mit Vergnügen auf seinen blauen Sägezahn.
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DETAILS
Der Poly Evolver arbeitet nach dem Prinzip der Subtraktiven Synthese: VCO-VCF-VCA. Im weiteren Verlauf des Signalflusses folgen zahlreiche Modulationsmöglichkeiten sowie digitale Delay- und Verzerrer-Effekte, die ebenfalls vielfältigst moduliert werden können. Auch ein vielseitiger 4×16 Gated Step Sequenzer ist mit an Bord. Grundsätzlich gibt es zwei Betriebsarten: Program und Combo. Im Program-Mode spielt man nur einen Sound und verfügt dann über vierfache Polyphonie. Der Combo-Mode erlaubt es, bis zu vier verschiedene monophone Sounds übereinanderzuschichten. Die Sektionen Oscillators, Filter, VCA, Envelope 3, Sequencer, die Effekte sowie Voice- und Master-Volume verwenden bis auf wenige Ausnahmen Potentiometer. Die LFOs, Modulators, Misc Parameters und die globalen Value-Potis neben dem Display sind mit gerasterten Endlos-Encodern ausgestattet.
Oszillatoren Der Poly Evolver verfügt pro Stimme über zwei analoge DCOs und zwei digitale Oszillatoren. Alle vier Oszillatoren können gleichzeitig genutzt werden und sind grundsätzlich auf den linken oder rechten Kanal der True-Stereo-Architektur geroutet – eine perfekte Ausgangslage für breite Stereoklänge. Aber auch Mono-Sounds sind durch nachträgliche Wiederzusammenführung der beiden Stereokanäle möglich. Für besonders fette Klänge kann man einen der beiden Unison-Modi wählen. In diesen Betriebsarten werden alle vier Stimmen für einen monophonen Sound genutzt.
Die zwei analogen Oszillatoren bieten die Wellenformen Dreieck, Sägezahn, Dreieck-Sägezahn und Puls mit variabler Breite. Die digitalen Oszillatoren warten dagegen mit 128 Wavetables auf. 32 davon wurden auch schon im legendären Prophet VS verwendet und mit dem optional erhältlichen Software Editor von Soundtower können die Wavetables 97-128 editiert werden. Jeder Oszillator lässt sich um zehn (!) Oktaven und im Finetune-Bereich um +/- 50 Cent verstimmen. Auch ein Rauschgenerator mit weißem Rauschen und eine vielseitige Glide-Funktion ist mit an Bord. Das Gleiten ist in seiner Zeit über einen weiten Bereich regelbar und kann sowohl im monophonen als auch im polyphonen Betrieb angewandt werden. Auch ein Legato-Glide-Mode (Fingered Mode) steht im Unison-Betrieb bereit, das Gleiten der Töne wird dann nur bei sich überlappenden Noten aktiv. Weitere Features der Oszillatorsektion sind “Slop”, eine sehr leichte, zufällige Verstimmung der Oszillatoren, sowie Hardsync bei den DCOs. Ring- und FM-Modulation stehen für die digitalen Oszillatoren bereit. Darüber hinaus kann man aus mehreren Modi wählen, welche der vier klingenden Stimmen zugunsten einer neuen geopfert werden soll, wenn die maximale Polyphonie ausgeschöpft ist.
Filter Die Filtersektion bietet ein analoges Tiefpassfilter mit Filterresonanz und Filterhüllkurve sowie ein digitales, nicht resonanzfähiges Hochpassfilter, das man im Signalfluss vor oder nach dem Tiefpassfilter platzieren kann. Seine Eckfrequenz kann von sämtlichen Modulationsquellen beeinflusst werden, außer dem Poti für die Eckfrequenz gibt es hierfür aber keine weiteren Armaturen. Das Tiefpassfilter arbeitet wahlweise im 12dB (2pol) oder 24dB Mode (4pol), im 4pol-Mode kann es bei Einsatz von viel Filterresonanz auch in Eigenschwingung versetzt werden. Seine Filterfrequenz kann per Anschlagsdynamik gesteuert werden, die Intensität lässt sich mit dem eigens dafür vorgesehenen Velocity-Poti regeln. Der Velocity-Bereich ist in 100 Schritten regelbar, wie übrigens die meisten Parameter der Poly-Evolvers in 100 Schritten gerastert sind. Allein das Lowpassfilter verfügt über 165 Schritte. Auch ein regelbares Keyboardtracking und eine positiv/negativ nutzbare ADSR-Hüllkurve mit flexibler Einsatzverzögerung gehören zur Ausstattung der Lowpass Filtersektion. Die Hüllkurve kann, wie auch die VCA- und die freie Hüllkurve, linear oder exponentiell arbeiten. Mit „Audiomod“ lässt sich der Filterklang mit einer sanft klingenden Filterfrequenzmodulation anreichern, mit „L/R Split“ bestimmt man, ob die Eckfrequenzen der Filter im rechten und linken Stereokanal gleichgeschaltet arbeiten oder durch ein Offset ihrer Eckfrequenzen eine Schieflage des Stereobildes erzeugen. Denn wie schon eingangs gesagt, der Poly Evolver arbeitet mit zwei unabhängigen L-R Kanälen: true stereo.
Audio Eingang Auch einen Audio-Eingang nebst Envelope-Follower findet man auf der Rückseite. Externe Signale können mit den Filtern und den nachfolgenden Effekten bearbeitet oder als Modulationsquellen genutzt werden. Der Envelope-Follower analysiert den Dynamikverlauf der anliegenden Signale und generiert daraus eine Hüllkurve, die wiederum als Modulationsquelle nutzbar ist.
VCA Ein analoger VCA mit ADSR-Hüllkurve, die positiv und negativ nutzbar ist, kontrolliert den Lautstärkeverlauf der Klänge. Der VCA lässt sich zudem stufenlos regelbar per Keyboardvelocity steuern. Übrigens bietet die Tastatur vier wählbare Velocitykurven, somit bleiben beim Poly Evolver Keyboard in Sachen Anschlagsdynamik keine Wünsche offen. Mit dem Parameter „Output Pan“ lassen sich die vier Stimmen im Stereopanorama verteilen. Räumliche bis sehr breite Klänge, aber auch eindimensionale Mono-Sounds sind möglich.
Modulation Kommen wir zu den Modulationen. Für „Bewegung“ in den Sounds steht einem zunächst eine dritte, frei verfügbare ADSR-Hüllkurve mit regelbarer Velocityansprache und Einsatzverzögerung zur Verfügung. Gefolgt von vier LFOs mit den Wellenformen Dreieck, Reverse Saw, Sägezahn, Puls und Random inklusive Key-Sync. Aktiviert man Key-Sync, werden die LFOs bei jedem Tastenanschlag neu gestartet. Im Menü „Modulators“ verbergen sich u.a. vier Modulations-Slots, mit denen man sich nach dem guten alten Patchbay-Prinzip weitere Verfremdungsquellen basteln kann. Auch eine Modulationsquelle mehrfach zu nutzen oder auf die Hüllkurven von VCA und Filter zuzugreifen, ist mit den Modulationsslots möglich. Neben solchen “normalen” Modulationsquellen findet man dort aber auch noch speziellere: beispielsweise “Keyboard Note Number” oder die Hüllkurve eines externen Audiosignals. Als Performance-Controller stehen Pitch- und ModWheel, Sustain, Aftertouch, Velocity und Breath zur Verfügung.
Step Sequenzer Ein mächtiges Feature des Evolvers ist der vielseitige Gated Step Sequenzer, der vier Sequenzen mit maximal 16 Steps bietet, die jeweils einen individuellen Parameterwert an ein Modulationsziel bzw. einen Tonhöhenbefehl an einen Oszillator senden können. Verschiedene Kommandogeber können ihm befehlen, wann und in welchem Tempo er seine Schritte macht: die interne Clock des Poly Evolvers, eine externe MIDI Clock, Keyboard Tastenanschläge oder die Amplituden externer Audiosignale. Auch ein Tap-Tempo-Taster steht bereit. So gut wie alles, was sich an Bord des Poly Evolvers Parameter nennt, kann vom Step Sequenzer moduliert bzw. getriggert werden. Der Parameter Clock Divide stellt verschiedene Step-Rasterungen von einer halben Note bis zur 1/64 Triole bereit, sogar Swingmodi findet man hier. Im Program Mode können folgende MIDI-Befehle an die Außenwelt gesendet werden: Note, Velocity (mit einer speziellen Sequenzerprogrammierung), Mod Wheel, Aftertouch und Breath Control. Im Combo-Mode ist das Senden von MIDI-Daten jedoch nicht möglich. Effekte Die Effekte des Synthesizers werden alle digital berechnet. Als da wären das dreifache Stereo-Delay mit Feedback-Reglern für beide Stereokanäle oder das tonal arbeitende Tuned-Feedback mit der Option „Grunge”. Im Grunge-Modus werden verzerrte Feedbacks erzeugt. Desweiteren stehen zwei Verzerrereinheiten namens Distortion und Hack bereit.
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PRAXIS
Ein blau-schwarzer Synthesizer mit stabilem Metallgehäuse und hölzernen Seitenteilen steht aufgebaut in meinem Studio. Der Poly Evolver wirkt wuchtiger, als ich es von den Produktfotos im Netz her erwartet habe, und ist mit knapp 13 Kg auch nicht gerade ein Fliegengewicht. Sein Logo erinnert mich eher an eine Spielzeugmarke und passt für meinen Geschmack nicht so gut zu einem Spielzeug … äh … Musikinstrument für Erwachsene. Aber wir wollen mal nicht so miesepetrig sein. Schaltet man das Gerät an, leuchten jede Menge blaue Lichter auf, die beispielsweise die jeweils aktiven Stimmen des Synthesizers anzeigen. Ein blaues Display und viele rote Taster komplettieren die Farbenpracht. Auch auf der Rückseite sind vier blaue LEDs angeordnet, die in Abhängigkeit zur Geschwindigkeit der vier LFOs aufleuchten. Insbesondere im Dunkeln macht das was her! Hin und wieder kam es beim folgenden Test vor, dass der Poly Evolver Startschwierigkeiten hatte und erst bei wiederholtem Anschalten hochfahren konnte. Für ein Instrument dieser Preisklasse ungewöhnlich bis peinlich!
Auf der Rückseite sind sämtliche Anschlüsse angebracht: Rechts das MIDI Trio In/Thru/Out, daneben Sustain- und zwei Pedal Buchsen, die wahlweise auch als CV-Spannungs Eingang fungieren können. Anliegende CV-Spannungen ermöglichen die Kommunikation mit anderen Synthesizern oder Taktgebern abseits der MIDI-Welt. Einen CV-Ausgang gibt es am Poly Evolver nicht. Der Eingang für das Netzteil und der Power On-/Off-Knopf ist in der Mitte platziert, links daneben dann der Audio Input L-R, mit dem man externe Audiosignale oder auch die internen Stimmen (wieder) in den Synthesizer hineinleiten kann. Es folgen die vier Einzel-Stereoausgänge für die vier Stimmen des Poly Evolvers sowie Stereosumme und Kopfhöreranschluss. Alle Buchsen sind unsymmetrisch und für 6,3mm Klinke ausgelegt.
Das Zubehör gestaltet sich übersichtlich: ein externes Netzgerät mit verschiedenen Steckdosenaufsätzen und ein knapp gefasstes Benutzerhandbuch in englischer Sprache. Das Handbuch wartet neben den obligatorischen Erklärungen auch mit ein paar Tipps & Tricks auf und liefert mit seinen Tabellen einen guten Überblick über die zahlreichen Modulationsmöglichkeiten und sämtlichen MIDI Control Changes. Optional kann ein Software-Editor erworben werden, mit dem sich der Synthesizer am Bildschirm editieren lässt.
Ich spiele die Presets an und höre überwiegend Klänge der Kategorien bissig, atmosphärisch und androgyn. Die Wavetable-Oszillatoren und digitalen Effekte prägen die Sounds. Und auch an Programmen, die den Step-Sequenzer nutzen, wurde hier nicht gespart. Werkseitig etwas unterrepräsentiert ist die Stilistik der warmen und einfachen Sounds, die der Poly Evolver mindestens genauso gut beherrscht! Das Filter klingt – wie bei allen Dave Smith Instrumenten – großartig und ist ein Garant für edlen Klang, egal, was man hier auch tut. Es beruht auf einer Neuauflage der legendären Curtis Chips, die auch schon damals im Prophet 5 eingesetzt wurden. Beginnt man, sich selbst an Klangschöpfungen zu versuchen, wird einem die Fülle der Möglichkeiten und Komplexität dieses Synthesizers bewusst. Nicht selten geschehen hier beim Editieren auch ungewollte oder überraschende Dinge, was ich als durchaus positiv empfinde. Ausprobieren und herumexperimentieren lohnt sich hier!
Vier Bänke mit jeweils 128 Speicherplätze gibt es für die Sounds des Program-Modes, 3x 128 Speicherplätze für den Combo-Mode. Hilfreich ist das numerische Tastenfeld, mit dem man alle Programme mit wenigen Tastendrücken aufrufen kann. Besonders im Liveeinsatz kann das ein großer Vorteil sein! Schön ist auch die „Compare“-Funktion, mit der man ein Preset nochmal hören kann, bevor man es eventuell mit einem neuen Sound überschreibt.
Tastatur und Potis Die Keyboardtastatur fühlt sich hochwertig an und arbeitet tadellos, auch an den durchsichtigen, beleuchteten Pitch- und ModWheels ist nichts auszusetzen. Dank der Transpose Up-/Down-Taster spielt man auf Knopfdruck immer in der gewünschten Lage. Auch Taster, Potis und die gerasterten Endlosencoder schneiden gut ab. Im Gegensatz zu den vielgescholtenen Endlosreglern der früheren PEK-Serie lösen die Potentiometer und Encoder der aktuellen PE-Serie sehr zuverlässig auf. Für die Potis stehen drei Modi zur Auswahl: Passthru, Relative und Jump. Wählt man Passthru, muss man zunächst den aktuellen Wert durchfahren, um ihn ändern zu können. Bei Relative wird der Wert um den Regelweg geändert, den das Poti ermöglicht. Da es sich jedoch nicht um Endlosdrehregler handelt, stößt man in diesem Mode des Öfteren an die physikalisch gesetzten Grenzen eines Potentiometers. Denn das arme Ding weiß ja nicht, wie es stehen muss, wenn man einen neuen Sound aus dem Programmspeicher aufruft. Im Modus Jump springt der Wert sofort auf die entsprechende Stellung des Potis, wenn man es bewegt. Das Editieren des Synths geht relativ leicht von der Hand und macht Spaß, sofern man hier nach ausführlicher Lektüre des Handbuchs Herr der Lage geworden ist. Für alle wichtigen Funktionen gibt es dank zahlreicher Potis und Taster Sofortzugriff und das zweizeilige Display reicht im Großen und Ganzen aus. Leider wurde das Displaykonzept aus Mopho, Prophet & Co. nicht übernommen, bei dem der ursprüngliche Wert eines Parameters immer über dem neuen, gerade editierten Wert zu sehen ist.
Gut gefallen hat mir die Solofunktion der Oszillatoren, LFOs, Modulators, Combo Parts und Sequenzen: Drückt man länger auf den jeweiligen Anwahltaster, wird der dazugehörige Oszillator, Modulator oder Part in den Solo-Mode geschaltet. Die anderen Artgenossen schweigen vorübergehend. Das erleichtert das Editieren dieses komplexen Synthesizers deutlich!
Vier Stimmen sind nicht gerade üppig und man stößt nicht selten an die Grenzen der Polyphonie. Beispielsweise mit der rechten Hand einen dreistimmigen Akkord halten und mit der linken eine legato Basslinie spielen, geht nur auf Kosten von Stimmenopfern. Je nach „Opfermodus“ wird die älteste, höchste oder tiefste Stimme zugunsten einer neuen abgeschaltet. Vermisst habe ich einen Panic-Taster, auch wenn ich ihn nicht oft gebraucht hätte. Aber manchmal bleibt beim Umschalten dann doch ein Sound mit sehr langem Release hängen … Auch einen Arpeggiator sucht man hier vergebens.
Sequenzer Der Gated Step Sequenzer ist eine Maschine in der Maschine, eine kleine Welt für sich. In der Theorie ist er relativ einfach zu verstehen, ihn jedoch so zu programmieren, dass auch das herauskommt, was man möchte, kann schon mal etwas Geduld erfordern. Mit ihm lassen sich kurze Melodiephrasen und Basslines programmieren. Und nutzt man mehrere Sequenzen zum Spielen von Melodien, werden sogar Akkorde gespielt! Als Alternative zur Werteingabe per Potidrehen kann man auch den „Sequence Record Modes“ wählen. Er ermöglicht es, Noten per Keyboardtastatur auf das Raster des Sequenzers einzuspielen. Inklusive Pausen und Sequenz-Turnarounds. Und das Ganze offline, Schritt für Schritt. Ansonsten ist der Step-Sequenzer eine hervorragende rhythmische Modulationsquelle. Insbesondere, wenn man ihn per MIDI-Clock mit einer DAW oder externen Grooveboxes synchronisiert, kommt man schnell zu rhythmisch schlüssigen Ergebnissen. Interessante Modulationsverschiebungen lassen sich durch unterschiedliche Längen der vier parallel laufenden Sequenzen generieren. Dank Lauflichtern, Display und je einem Poti pro Step behält man dabei stets die Übersicht. Und wer doch mal im Wald stehen sollte: Einfach von der Reset-Funktion Gebrauch machen. Hier ein paar Patterns aus dem Sequenzer.
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Sequencer BassSequencer RhythmSequencer Tubbla
Effekte Die Effekte sind das Salz in der Suppe des Poly Evolvers, sie machen die Sounds oft erst prägnant, räumlich oder speziell. Ein schlapper Basssound kann beispielsweise durch etwas Distortion oder ein tonal mitschwingendes Tuned Feedback die nötige Portion Biss oder Dreck bekommen.
Grundsätzich gilt bei Distortion: Mit niedrigen Werten kann man die Signale aus VCO-VCF-VCA angenehm anrauen und mittiger machen, bei höheren und hohen Werten fliegen hier ordentlich Späne. Klanglich geht’s dabei in Richtung Transistorverzerrer, also eher harsch als smooth. Der Anstieg der Verzerrung geht mir dabei etwas zu ungestüm zur Sache, schon bei ganz kleinen Werten nimmt Körnigkeit und Lautstärke sofort zu, ein sanfter ansteigender Regelweg wäre hier musikalisch oft sinnvoller. Abhilfe kann man sich dafür insofern schaffen, dass man die Pegel der Oszillatoren absenkt.
Hack ist ein brachialer Audio-Fleischwolf mit 14 Intensitätsstufen. Seine Spezialität ist kratziges, digitales Röcheln. Ein Bitcrush FX, wie er im Buche steht. Das Wort “sanft” kommt in seinem Wortschatz nicht vor. Insbesondere Keyboarder, die auf fiese, kreischende Klänge stehen, werden damit ihre wahre Freude haben.
Das Delay schafft immer sofort eine gute Räumlichkeit, kann die Basisklänge aber auch mit klaustrophobisch-phasigem bis dröhnendem Beiwerk verfremden. Auch chorusähnliche Effekte lassen sich mit dem Delay erzielen, wenn man die Delayzeiten dezent moduliert.
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Tuned Feedback
Zunächst ist ein Riff ohne Tuned Feedback zu hören, danach verschiedene Frequenz-Einstellungen des Feedbacks, gesteuert von meiner DAW per MIDI CC 85. Das Feedback „spielt“ eine zweite Stimme dazu.
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Distortion
Ich erhöhe manuell langsam die Intensität der Distortion, das ursprüngliche Bell-Sound Pattern verwandelt sich in ein obertonreiches, konturloses Pad. Auch das Delay hat einen wichtigen Effekt auf das breite Stereobild und das relativ lange Sustain.
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Delay
Wechselnde Einstellungen des Delays: verschiedene Tempi, Amount- und Feedback Level. Das Delay ist zum Tempo des zugrundeliegenden Akkordpatterns synchronisiert, zeitweise sind alle drei Delays gleichzeitig aktiv.
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Grunge Hack HPF
Zunächst erhöht sich der Grunge-Level, dann kommt Hack dazu, Grunge geht wieder raus. Es folgt eine Fahrt mit dem Hochpassfilter, erst mit maximalem Hack-Pegel, dann mit Grunge.
Wie schon angedeutet: Eine Stärke des Poly Evolvers ist es, dass man nicht nur seine Oszillatoren und Filter, sondern auch seine Effekte mit den zahlreichen Modulationsquellen bearbeiten kann.
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FAZIT
Der Poly Evolver ist ein Soundschrauber-Synth, ein Spezialist für Verzerrungen, Stereo-Delays, für die Verarbeitung externer Audiosignale oder Spielwiese für komplexe Modulationen. Andererseits ist er aber auch ein Meister der klaren Wavetable- und FM-Sounds sowie der warmen, klassischen Synthesizerklänge. Aufgrund seines hochwertigen Lowpassfilters, seiner True-Stereo-Architektur und seines gewaltigen Modulationsangebotes ist es so gut wie unmöglich, ihm langweilige Sounds zu entlocken. Dem tendenziell eher pianistisch spielenden Keyboarder könnte die maximale Polyphonie von vier Stimmen allerdings zu wenig sein. Die Geheimwaffe des Poly Evolvers ist sein extrem vielseitiger Step Sequenzer, nicht zuletzt, weil er auch MIDI-Daten an externe Instrumente senden kann. Die Potentiometer und Endlos-Encoder der aktuellen PE-Version funktionieren sehr gut, die Hardware hat mit dem grandiosen Innenleben dieses Synthesizers gleichgezogen. Der Poly Evolver ist auf den ersten Blick nicht ganz billig, summiert man aber mal auf, was einem hier alles geboten wird, ist sein Preis unterm Strich dennoch gerechtfertigt. Als Konkurrent fällt mir nur der Access Virus ein, der in Sachen Polyphonie und auch auf der Effekt-Ebene deutlich mehr auf dem Kasten hat, dafür aber komplett digital ist. Zum Abschluss noch ein väterlicher Rat: Wer sich für den Poly Evolver interessiert, sollte zuerst seine finanziellen Möglichkeiten klären und sich gegebenenfalls dann erst in diesen Synthesizer vergucken. Alles andere würde zu einer von Sehnsucht geprägten Fernbeziehung führen.
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
Hochwertiges Lowpassfilter
Zahlreiche Modulationsmöglichkeiten
Guter Workflow
Gute Effekte
Vielseitiger Step Sequenzer
Audio Eingang
CV-Spannung Eingänge
Solide, schicke Hardware
Möglichkeit, einen Software Editor zu nutzen (optional erhältlich)
Contra
Maximale Polyphonie von 4 Stimmen
Kein Arpeggiator
Dave Smith Instruments Poly Evolver Keyboard PE Test
Tastatur: 5 Oktaven, leicht gewichtet, mit Velocity und Aftertouch.
Pitchrad und frei belegbares Modulationsrad
Programmspeicher: 512 Plätze im Program Mode (4 Bänke à 128), 384 Plätze im Combo Mode (3 Bänke à 128).
Numerisches Eingabefeld
Oszillatoren pro Stimme: 2 DCOs (Sägezahn-, Dreieck-, Sägezahn/Dreieck Mix. und Pulswelle, Pulsewelle mit variabler Breite und PWM sowie Osc. Hard Sync.), 2 digitale Wavetable Oszillatoren (Prophet VS Wavetables, FM- and Ringmodulation)
White noise generator
2 Lowpass Filter pro Stimme: 1 analoges Curtis Filter pro L-R Stereokanal, 2pole oder 4pole Mode
Audio Einzelausgänge pro Stimme, stereo: 6,3mm Klinke unsymmetrisch
Sustain Pedal Input
Pedal/CV1 and Pedal/CV2 Eingänge: für expression Pedale oder Steuerspannungen von 0 bis 5 Volt (mit Schutzschaltung gegen höhere oder negative Spannungen)
Grausames Gerät! Unsagbar unübersichtlich!
Nach kürzester Zeit hatte ich den über - mittlerweile eigentlich alle DSI Synthies - die klingen irgendwie alle gleich, steril, kein Leben drin . . .
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hoerby sagt:
#1 - 24.05.2011 um 18:49 Uhr
Ich hoffe noch auf den Tag an dem Dave Smith den "Super Evolver" mit 16 Stimmen o.ä. herausbringt. Naja, mindestens 8 sollten es sein ...
Stefan sagt:
#2 - 20.05.2022 um 15:27 Uhr
Grausames Gerät! Unsagbar unübersichtlich! Nach kürzester Zeit hatte ich den über - mittlerweile eigentlich alle DSI Synthies - die klingen irgendwie alle gleich, steril, kein Leben drin . . .