Die Ansprüche des Australiers Chris Brady waren denkbar bescheiden, als er 1976 auf der Suche nach geeignetem Holz für seine Geschäftsidee war. Er wollte Drumsticks herstellen. Doch der Eigenklang der Trommelstöcke aus Brown Mallet – einer Eukalyptus-Sorte – erregte seine Fantasie: Wie würde wohl eine Holzsnare aus diesem Material klingen? Die Auskunft von bekannten Trommelherstellern, dass die Maschinen noch nicht erfunden wären, mit denen man daraus Trommeln bauen könnte, war zwar ernüchternd, doch Chris ließ sich nicht unterkriegen. Lediglich mit Motorsäge, Axt, Hobel und Schleifpapier bewaffnet schaffte er schließlich das, was sie ihm nicht zugetraut hatten. Und nicht nur das: Nur wenige Jahre später entwickelte er das Snaremodell, um das sich heute alle reißen: die Jarrah Ply Snare in 14” x 6 1/2”. Doch was macht diese Boutique-Snare so besonders? Wir haben das Geheimnis gelüftet.
Etliche der berühmtesten Recordings wurden mit einer Brady-Snaredrum eingespielt. Für jeden Schlagzeughersteller wäre es eine Ehre, die Top-Elite des internationalen Schlagzeug-Adels, die sich in Bradys Kundenliste findet, mit ihren Produkten auszustatten. Und tatsächlich sind es seine Kunden: Diese internationalen Top-Drummer haben für ihre Brady-Snare tatsächlich brav Geld auf den Tisch gelegt, niemand hat ein Endorsement. Wer dieser Snare bei millionenschweren Produktionen wie den Coldplay- oder den U2-Alben den Vorzug gibt, der muss wirklich von ihr überzeugt sein!
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Details Die optische Wirkung einer Trommel verrät dem geübten Auge meist sofort, in welcher Liga sie spielt. Die Snare, die ich hier zum Testen habe, würde mir auch aus zehn Metern Entfernung zeigen, welches Potenzial sie hat. Alles glänzt, das Finish schimmert durch einen auf Hochglanz polierten Lack, der beim Zähneputzen locker den Spiegel ersetzen könnte. Die zehn Lagen Holz werden in einem aufwendigen Herstellungsprozess, nicht wie bei anderen Herstellern üblich, kreuzweise übereinandergelegt, sondern allesamt horizontal im gleichen Faserverlauf miteinander verklebt. Dabei wird trotz des harten Wüstenholzes auf Wasserdampf zum leichteren Biegen verzichtet. Dies hat den Vorteil, dass die Trommeln sofort hart und stabil sind und ihre Form unter keinen Umständen mehr verändern. Außerdem werden keine Verstärkungsringe benötigt – die einzelnen Lagen können daher ideal miteinander schwingen. Die genaue Verarbeitungsweise allerdings ist Bradys bestgehütetes Firmengeheimnis. Die 6,5 mm dicke Kesselwand läuft zur messerscharfen Auflagefläche des Fells nach außen spitz zu.
Die durchgehenden Spannböckchen der Schwesterfirma “Nickel Drumworks” wären die perfekte Tarnung in einer Antiquitätensammlung: Sehr viel anders sah das alles auch 1920 nicht aus. Dass das nicht nur hübsch anzuschauen, sondern auch noch sinnvoll ist, erklärt sich durch die eingesparten Bohrungen für Schrauben sowie die geringere Auflagefläche der Böckchen am Kessel: Ein direkter Kraftausgleich der Fellspannungen verhindert eine zu hohe Belastung eines einzelnen Böckchens. Auch die einseitige Teppich-Abhebung mit stinknormaler Schraubung am Butt-End mutet klassisch an. Stinknormal? Stinknormal! Denn überflüssigen Schnickschnack haben sich die Macher dieser Snare offensichtlich ganz bewusst verkniffen. Es geht trotz aller Eleganz in erster Linie um den Sound und die Robustheit. Dass für dieses Ziel die amerikanische Hardwarefirma “Nickel Drumworks” ins Boot geholt und damit dieser Teil der Produktion ausgegliedert wurde, ist konsequent und sinnvoll. Offensichtlich gut verarbeitete Bauteile wie zum Beispiel der Strainer bestechen durch nachhaltige Leichtgängigkeit und Stabilität.
Natürlich hätte man sich in über 25 Jahren Firmenhistorie auch an diesen Bereich wagen können, aber diese klare Kompetenzabgrenzung spricht eine deutliche Sprache: “Wir können nur eines, aber das besser als die anderen.” Was Brady eben nicht besser als andere machen kann, wird abgegeben. So verhält es sich auch mit dem Snareteppich, der bei einer deutschen Firma in Handarbeit hergestellt wird. Perfekt verarbeitet schmiegt er sich wie maßgeschneidert in sein Snarebed. Von Haus aus ist die Trommel mit Stahlspannreifen bestückt, die unten ein “Remo Ambassador Clear” Resonanzfell und oben ein “Remo CS Coated” Schlagfell fixieren. Mit Remo ist also eine weitere Firma an Bord, die in ihrem Segment den Ton angibt. Aber welchen Ton gibt die Snare an?
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Sound Heutzutage versuchen sich etliche Hersteller von der Masse abzuheben, indem sie exotische Trommelgrößen mit noch exotischeren Hölzern kombinieren. Das ist nicht verwerflich, führt dieser Gedanke doch meistens auch zu einem brauchbaren Ergebnis. Häufig bestechen diese Snares durch Eigenständigkeit, für die man kein gängiges Qualitätsmerkmal benennen kann. Man muss sich nicht mit dem klassischen Snaresound vergleichen, und will das unter Umständen auch nicht. Denn einige kleinere Firmen haben die Messlatte des klassischen Snaresounds inzwischen auf ein Niveau gehievt, in dessen dünner Luft auch die Großen Gefahr laufen, dass ihnen die Puste ausgeht. Und in das Haifischbecken, in dem eine Brady-Snare schwimmt, wagen sich andere Hersteller nur ungern. Mit dem Aufwand, der nötig wäre, vergleichbar ausgereifte Modelle zu präsentieren, hätte man sehr schnell die eigenen Preisgrenzen gesprengt. So hat Brady unbeirrt und frei von Konkurrenzdruck ein Instrument entwickelt, das ganz selbstbewusst seinen eigenen, goldenen Weg gefunden hat.
Der 6 1/2” tiefe Kessel ist bei seinen 14” Durchmesser ein guter Kompromiss zwischen der Präzision einer 5 1/2” und dem Volumen einer 7-8” tiefen Snare. Teppich-Ansprache und Soundfülle halten sich die Waage. Allerdings liegt das Spezialgebiet der Snare nicht unbedingt im tief gestimmten Bereich.
Wie schon der Marchingsnare-Soldat im Firmenlogo suggeriert, läuft die Trommel erst bei etwas höherem Tuning so richtig warm. Erst dann spricht der Kessel optimal an und entfaltet seinen mächtigen Sound. Ganz egal, ob mit Rimshot oder ohne, den Knall, der jetzt entsteht, bezeichnet Chris Brady selbst als “Schuss einer Pistole”. Und tatsächlich entwickelt sich über wenige Millisekunden ein Klangereignis, das süchtig machen kann, denn in den hohen Knall mischen sich extrem druckvolle Mitten und Tiefen. Das Sustain ist natürlich variabel, aber in jeder Stimmung klingt die Trommel angenehm aus und der Ton ist ideal abgestimmt. Mitverantwortlich dafür ist, dass die Trommelbauer im Werk eine Snare erst dann zum Verkauf freigeben, wenn sie mit dem Klang selbst zufrieden sind. Bis das jedoch so ist, wird mitunter noch die eine oder andere Stunde Extraschicht geschoben … der Preis bleibt trotzdem der Gleiche.
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mittlere Stimmunghohe StimmungSolo
Die “SuperHoops” aus Stahl (gebogene, dünne Rims) erweisen sich als gute Ergänzung des Klangverhaltens und verpassen dem Sustain immer eine optimale Länge. Ein Holzrim zum Beispiel bindet das Sustain nahezu vollständig ab, der Klang ähnelt eher dem eines Holzstuhls. Ein Gussspannreifen verlängert es etwas zu stark und mischt unter Umständen unangenehme Frequenzen hinzu; also lieber bei der werkseitigen Ausstattung bleiben. Bei besonders starkem Attack – also einen extrem wuchtigen Schlag mit einem dicken Stick – ist leider Schluss. Der dann entstehende Klang nabelt sich von seinen Tiefen ab und übrig bleibt lediglich ein kraftloser Knall. Beim ebenso limitierten Tuningverhalten ist es genau andersrum: je lascher, desto trashiger, je doller, desto toller. Das macht die Snare nicht unbedingt zu einer Anfängersnare, da diese ihre Möglichkeiten wahrscheinlich nicht voll ausschöpfen können.
Warum ausgerechnet diese Trommel häufig so gut bei Recordings funktioniert, liegt darin begründet, dass ihr unaufdringlicher Klang häufig wie von Geisterhand den jeweiligen Titel tonal “mitzusingen” scheint. Konkret liegt dies daran, dass das Instrument ein dichtes Spektrum ohne störende Frequenzüberhöhungen durch Resonanzen oder dergleichen generiert. Der Sound dieser Snare bietet eine ideale Schnittstelle verschiedenster Instrumente. Im Idealfall greifen die Klänge derart präzise, dass im Zusammenwirken anderer Instrumente mit ihr der Höreindruck entsteht, es handele sich um ein einziges Instrument. Gut zu hören ist dieses Phänomen beim Song “Clocks” von Coldplay. Hier scheint die Jarrah Ply 14” x 6 ½ vom Drummer Will Champion die anderen Instrumente fast schon anzutriggern und dafür den jeweiligen Ton selbst zu übernehmen. Ich habe eine Aufnahme von mir gefunden, auf der dieses Prinzip ansatzweise auch zu erkennen ist.
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Die Snare im Band-Kontext
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Fazit Den Preis von 900 Euro als Contra mit einem Minus zu belegen, kommt für mich überhaupt nicht infrage. Bei einem Auto, an das man vergleichsweise dieselben Ansprüche an die Wertigkeit stellt, wie beispielsweise einen Porsche, würde man sich über die Preisgestaltung wohl kaum ereifern. Hohe Qualität bei gleichzeitiger Universalität musste schon immer und muss auch immer noch bezahlt werden. Vielleicht sollte die Rechnung eher so aussehen: Durch die universelle Einsetzbarkeit von Jazz über Pop bis hin zu Rock und Hip-Hop lässt sich mit dieser einen Snare die eine oder andere einsparen. Das gelungene Zusammenwirken der einzelnen Komponenten ist vergleichbar mit der Exklusivität eines Porsche und der Zuverlässigkeit eines Traktors. Wer jetzt noch nicht sein Erspartes zählt, sollte vielleicht einfach mal losgehen und selbst ein Modell antesten.
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