Mit großer Betroffenheit nimmt die Szene Abschied von Basslegende Anthony Jackson, einem der einflussreichsten E-Bassisten unserer Zeit. Jackson verstarb am 19. Oktober 2025 im Alter von 73 Jahren. Seine Karriere war über fünf Jahrzehnte lang geprägt von technischer Innovation, musikalischer Raffinesse – und dem Anspruch, als Künstler wahrgenommen und gehört zu werden. Ein Blick zurück.

Anthony Jackson – Karriere
Anthony Claiborne Jackson wurde am 23. Juni 1952 in New York City geboren. In seiner Jugend erhielt er Klavierunterricht, wechselte jedoch nur kurze Zeit später zur Gitarre und entdeckte schließlich – beeindruckt von Bassisten wie Motown-Basslegende James Jamerson – den E-Bass. Der Weg vom Klavier über die Gitarre zum Bass prägte jedoch seine Sicht auf das Instrument, das für ihn nicht einfach eine „Rhythmusmaschine“ sein sollte, sondern ein vollwertiges Mitglied des gesamten Ensembles.
Ende der 1960er- bzw. Anfang der 1970er-Jahre wurde Jackson zunehmend als Sideman aktiv, arbeitete in New York und Philadelphia. Ein wichtiger Meilenstein war die Aufnahme von „For the Love of Money“ der O’Jays im Jahr 1973: Jackson steuerte die Basslinie inkl. des markanten Bass-Intros des Tracks bei und erhielt darüber hinaus eine Credits als Co-Autor für den Song:
Nach dieser Etappe wuchs sein Ruf als gefragter Studiobassist und Live-Musiker – er wirkte bei hunderten von Aufnahmen, Tourneen und Projekten mit. Sein Personalstil verband einen gnadenlosen Groove, spieltechnische Raffinesse und eine schier umwerfende stilistische Offenheit. Jazz, Fusion, Pop oder Funk – in jeder dieser Stilistiken bewegte sich Jackson nicht nur mit traumwandlerischer Sicherheit, sondern gab dem gesamten Ensemble maßgebliche Impulse!
Anthony Jackson: Sidemanship
Anthony Jackson arbeitete mit einer beeindruckenden Reihe ganz unterschiedlicher Artists zusammen. Hier nur eine kleine Liste: Steely Dan, Donald Fagen, Chaka Khan, Paul Simon, Roberta Flack, Michel Camilo, Hiromi, Michel Petrucciani, Al Di Meola, Lee Ritenour, Steve Khan, Pat Metheny, Wayne Krantz, Quincy Jones, The O’Jays, Buddy Rich, Chick Corea, Mike Stern, Alex Bugnon, Jorge Dalto, Mandoki Soulmates, Sadao Watanabe, Yiorgos Fakanas, Hiromi Uehara, Simon Phillips, Graham Maby, Ethan Farmer und Birds of Tokyo und viele, viele weitere.
Trotz seiner beachtlichen Credits war Jackson kein „Star“ im Sinne großer Publicity: Sein Anspruch war stattdessen, als Künstler “gesehen” zu werden – nicht unbedingt als die Ikone, die er seit den Siebzigern zweifellos war.
Innovation: Anthony Jackson und der sechssaitige E-Bass
Ein zentrales Kapitel in Anthony Jacksons Wirken war seine Vision, E-Bässe mit erweitertem Tonumfang zu entwickeln. Bereits Ende der 1960er-Jahre kam ihm der Gedanke, dass ein Bass mit sechs Saiten sinnvoll sein könnte. Ab Mitte der 1970er ließ er diese Idee Realität werden: 1974/75 entstanden erste Prototypen, ab etwa 1981 spielte er nahezu ausschließlich sechssaitige Instrumente, die er „contrabass guitar“ nannte.
Jackson selbst führte aus: „Why are four strings the standard and not six? As the lowest-pitched member of the guitar family, the instrument should have had six strings from the beginning.“ Um seine Vision umzusetzen, arbeitete er zunächst mit dem New Yorker Bassbauer Carl Thompson zusammen. Das erste Modell setzte er 1975 bei Aufnahmen mit Carlos Garnett und auf Tour mit Roberta Flack ein.
Später entwickelte Jackson Instrumente mit Ken Smith und schließlich in enger Zusammenarbeit mit Vinnie Fodera und Joey Lauricella von Fodera Guitars. Im Jahr 1984 präsentierte Fodera das erste Signature-Modell, die „Anthony Jackson Presentation Contrabass Guitar“, das bis 1989 weiter verfeinert wurde. Jacksons Initiative trug maßgeblich dazu bei, das Konzept der Extended-Range-Bässe in der Szene zu etablieren und prägte auf diese Weise Generationen von Bassisten weltweit.
Angeschlagene Gesundheit
Anthony Jackson litt in den letzten Jahren zunehmens an schweren gesundheitlichen Problemen. Im Jahr 2025 wurde bekannt, dass er an Parkinson erkrankt war und mehrere Schlaganfälle erlitten hatte, welche seine Fähigkeit zu touren und aufzutreten stark beeinträchtigten. Bereits 2016 musste er aufgrund gesundheitlicher Beschwerden einige Auftritte mit der Pianistin Hiromi absagen.
Trotz dieser Einschränkungen setzte Jackson seine Arbeit am E-Bass fort und engagierte sich weiterhin in der Musikszene. Erst im Februar 2025 fand zu seinen Gunsten ein Benefizkonzert statt, bei dem Musiker wie Ron Carter, Victor Wooten und Christian McBride auftraten, um seine Lebens- und Behandlungskosten zu unterstützen.
Anthony Jackson verstarb am 19. Oktober 2025 im Alter von 73 Jahren. Die genauen Umstände seines Todes wurden nicht öffentlich bekannt gegeben. Offizielle Quellen bestätigen jedoch, dass er an den zuvor genannten gesundheitlichen Problemen litt, die seine Lebensqualität während der letzten Monate erheblich beeinträchtigten.
Farewell, Anthony Jackson!
Mit dem Ableben von Anthony Jackson verliert die Bassszene und die Musik-Community im Allgemeinen einen einflussreichen Musiker, der spieltechnische und genrespezifische Grenzen überwunden und nachhaltig erweitert hat.
Seine Arbeit am Sechssaiter, seine stilistische Klarheit und seine Beteiligung an wegweisenden Produktionen sichern ihm einen festen Platz in der Geschichte des elektrischen Basses. Viele heutige Bassistinnen und Bassisten berufen sich auf Jacksons Sound und seinen künstlerischen Weitblick. Sein Einfluss wird daher fraglos weit über seine Lebenszeit hinaus nachhallen.
Wir möchten Anthony Jacksons Angehörigen, seinem Freundeskreis und seinen zahllosen Weggefährtinnen und Weggefährten unser aufrichtiges Mitgefühl aussprechen. Möge seine Musik, seine Offenheit, sein Weitblick und seine Ideen weiter lebendig sein – und möge seine Vision auch die nachfolgenden Generationen inspirieren!
Vielen Dank für dein Lebenswerk und die jahrzehntelange Inspiration, lieber Anthony Jackson!