Vermona baute bereits zu DDR-Zeiten analoge Klangerzeuger und Klangveredler, und das, obwohl elektronische Musik vom Regime eher als imperialistisch und Kollektiv-zersetzend angesehen wurde.
Doch Gott sei Dank befindet sich die Welt in einem ständigen Wandel und so kann sich heutzutage auch die kapitalistische Gemeinschaft am edlen „Ost-Gut“ erfreuen. Allen voran die preisbewusste DRM, welche zeigen soll, dass man Marktwirtschaft nicht nur in der Theorie verstanden hat. Doch nun genug der Ost-Kamellen, jetzt geht es ans Eingemachte!
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DETAILS
Die Vermona DRM1 ist ein puristischer, analoger Drumsynthesizer ohne eigenen Sequencer, weshalb man hier auch von einem Drumexpander spricht. Ihr wollt expandieren? Dann seid ihr hier genau richtig!
Auf der fünf HE großen Frontplatte des 19-Zoll-Rack montierbaren Gerätes finden sich insgesamt 72 Regler für acht verschiedene Klangsektionen, ein Mastervolume-Regler nebst parallelgeschaltetem Kopfhörerausgang sowie ein Ein- und Ausschalter. Schicke Holzseitenteile gibt es optional.
Das macht unterm Strich neun Regler bzw. Parameter pro Sound, was an sich erst mal nach nicht besonders viel klingt, für einen speziell für einen Sound gemachten Schaltkreis aber dennoch recht viel ist.
Der Signalfluss ist von links nach rechts zu betrachten und beginnt bei den Trigger-Tastern, welche die Signalauslösung genauso herbeiführen wie eine entsprechende MIDI-Noten-Nachricht am MIDI-Eingang. Den Anfang einer Parameter-Kette macht immer das Decay, gefolgt von Pitch oder Filter. An dritter Stelle findet sich meist ein Bend-Parameter, um spezifische Pitch-Envelopes sehr einfach zu beeinflussen. Keiner der Klangparameter kann per MIDI gesteuert werden, das sollte bereits hier erwähnt werden.
An vierter Stelle finden sich Zumischeffekte in Form von Attack oder Noise. Alle weiteren blauen Regler sind sehr Sound-spezifisch, weshalb wir sie uns lieber im Praxisteil anhören, als jetzt noch weiter mit Fremdwörtern um uns zu werfen. Die roten Panorama- und Volume- Regler für den Stereo-Ausgang dürfen natürlich nicht unerwähnt bleiben.
Abgeschlossen wird ein jeder Kanal mit einem individuellen Mono-Einzelausgang, der auch als Insert-Buchse fungiert! Benutzt man ein Mono-Kabel, wird das Signal vom Stereo-Ausgang entkoppelt, greift man hingegen auf ein Stereo-Kabel zurück, bleibt das Einzelsignal auch auf dem Stereo-Ausgang erhalten. Und wenn man ein Y-Kabel benutzt, ja dann kann an dieser Stelle auch ein Einschleifeffekt eingebunden werden. Echt clever!
Auf der Rückseite des Gerätes finden sich die MIDI-In und MIDI-Thru Buchse sowie der Kaltgeräteanschluss für das eingebaute Netzteil. Eine Zugentlastung findet sich wie ein MIDI-Out leider nicht, dafür wurde wieder bei der Platzierung der Anschlüsse mitgedacht: Durch das Einrücken der Anschlussleiste stehen eingesteckte Kabel nicht heraus, wodurch sich das Gerät platzsparend in ein 19“ Rack einbauen lässt, ohne dass Platz über ihm freibleiben muss.
Die MIDI-Learn Funktion wurde auch sehr clever ausgelegt: Hält man den entsprechenden Trigger-Knopf während des Einschaltens gedrückt und sendet dann eine MIDI-Note, wird das entsprechende Modul ab diesem Zeitpunkt von diesem Notenwert getriggert. Praktisch dabei ist, dass sich der Power-Knopf auf der Frontseite befindet und nicht hinter dem Gerät ertastet werden muss. Dabei ist genug Platz um ihn herum vorhanden, sodass er auch im Live-Kontext nicht unbeabsichtigt gedrückt werden sollte.
Optional gibt es „die Maschine“ auch mit Trigger-Eingängen, wodurch sie auch für E-Drummer an Attraktivität gewinnen sollte. Als Konverter fungiert sie auf Grund des fehlenden MIDI-Outs natürlich nicht.
Obwohl bereits angesprochen, möchte ich es noch einmal ausdrücklich sagen: Die Vermona nutz MIDI nur zum Triggern der einzelnen Velocity-empfindlichen Module und nicht zur (Fern-) Steuerung der Parameter. Daraus resultiert, dass natürlich auch keine Presets gespeichert werden können und es kein Total Recall gibt. What you see is what you hear!
Wer also besonders tolle Klangerlebnisse für die Nachwelt aufheben möchte, muss demnach Fotos machen oder Parameter-Sketches anfertigen, sollte ihm die pure Audio-Aufnahme nicht Genüge tun.
Das ist aber keine Kritik, sondern nur eine Tatsache, denn solche Extras hätten die Vermona nicht nur erheblich teurer gemacht, als was sich der Laie vielleicht vorzustellen vermag, sondern nebenbei auch das gesamte Konzept über den Haufen geworfen. Die Direktheit der analogen Steuerung hat nämlich auch ganz klare Vorteile: keine Doppelbelegungen, keine Parametersprünge, keine Quantisierung, aber vor allem voller Geschwindigkeitserhalt bei schnellen Reglerdrehungen! Analog rockt.
Die Haptik der Vermona ist sehr gut, wenn auch nicht High-End. Die Qualität der verbauten Potis ist okay und dem Preis entsprechend. Preiswert trifft es sehr gut.
Alles andere als billig ist der Sound, denn der ist analog pur von seiner schönsten Seite. Und da ich kein Freund der verblümten Soundbeschreibung bin, schauen und hören wir uns die einzelnen Module lieber im Video an!
Los geht es mit der Kick und ihren Parametern Decay (Tondauer), Pitch (Tonhöhe), Bend (Tonhöhenbeugung), Time (Pitch-Envelope), Wave (Schwingungsform von Sinus zu Rechteck), Noise (Rauschanteil) und Attack (Nadelimpuls) (v.l.n.r.). Die Übersetzung und klanglichen Auswirkungen von Pan und Volume schenken wir uns.
Der Kick genannte erste Kanal ist nicht der einzige Parametersatz für Tiefschläge: Drum 1 und Drum 2 lassen mit den richtigen Einstellungen auch die Wände wackeln und gehen dabei bei weitem über gewöhnliche 808/909 Tom Originale und Klone hinaus. Drum 1 und Drum 2 sind identisch, deswegen gibt es auch nur eine detaillierte Beschreibung im Video. Die Parameter v.l.n.r.: Decay, Pitch, Bend, Attack, FM-Int (Frequenzmodulations-Intensität), FM-Freq (Frequenzmodulations-Frequenz) und Wave.
Multi ist flexibel, was die Grundrichtung des Sounds anbelangt: Pitch regelt den ersten der drei Oszillatoren in seiner Tonhöhe, Pitch 2 und 3 die Verstimmung der anderen beiden gegenüber Ersterem. Auf “Null” sind sie stummgeschaltet. Der letzte, blaue Highpass genannte Drehknopf entfernt unerwünschte Tieffrequenzen.
Die Snare gefällt mir besonders gut und stellt eine schöne Erweiterung zu 808, Jomox, Elektron und Co. dar. Schön dreckig – vintage eben, was durch den eingebauten dicken Hall nochmals unterstrichen wird. Etwas schade werden es einige allerdings schon finden, dass nur eine Snare anbei ist. Da ich persönlich die Vermona aber vor allem als Erweiterung verstehe und auch andere geneigte Käufer wahrscheinlich eh schon die ein oder andere Snare-Farbe im Fuhrpark besitzen, ist das für mich nicht weiter tragisch. Die Parameter im Detail, v.l.n.r.: Decay Reverb (Halllänge), Reverb (Dry/Wet), Decay Noise (Noiselänge), Attack (Nadelimpulsanteil), Resonance (Filter-Resonanz) und Filter (Filter-Cut-Off).
Die HiHat-Kanäle 1 und 2 sind identisch und bieten eine Besonderheit: Je nach festgelegter MIDI-Note liegt zwei Halbtöne darüber auch eine “Closed Hihat”-Variante vor, welche eine fixe, kürzere Decayzeit bietet, so dass für das gefühlvolle Wechselspiel Open/Closed nicht zwei Module “verballert” werden müssen. Stop-Sounds werden so natürlich auch möglich und mit dem “freien” zweiten HiHat-Kanal kann dann auch ein Cymbal gebaut werden.
And last but not least: Die Claps, welche auch einen Reverb besitzen und genau soviel Spaß wie Dreck machen. V.l.n.r.: Decay Reverb, Reverb, Clap (Impuls-Sequenzlänge, Noise (Rauschanteil), Resonance und Filter.
Und nochmal alle Zusammen!
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FAZIT
Das schnörkellose Konzept der Vermona DRM1 MK3 ist gerade in Zeiten von „Unlimited-Undo“ und Total Recall eine willkommene Abwechslung, welche mit direktem Parameterzugriff ohne Untermenü-Umwege zu überzeugen weiß. Die verfügbaren Sounds sind allesamt sehr gut, wenn auch etwas speziell. Für mich stellt die Vermona deshalb den idealen Zweitwagen dar, auch weil man ohne eingebauten Sequencer sowieso auf die Starthilfe anderer Geräte angewiesen ist. Wer also auf der Suche nach mehr Klangfarbe für den Analog-Fuhrpark ist, kann getrost zugreifen, zumal der Preis mehr als stimmt.
PRO:
analoger und druckvoller Sound
Direktheit der Klangparameter
Verarbeitung und Haptik
Preis
FEATURES:
Drum-Expander
Analoger Sound mit acht Modulen, davon sechs unterschiedlich
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