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Slate Digital VMS Virtual Microphone System Test

Das Virtual Microphone System von Slate Digital war lange Zeit angekündigt und wurde von vielen von uns spannungsvoll erwartet. Nun also ist es da und hat eine immense Nachfrage. Selbstverständlich lassen wir es uns nicht nehmen, die aktuelle Ausgabe des als “revolutionär” angepriesene Mikrofon- und Vorverstärker-Modeling- Systems für euch zu testen und einzuordnen.

01_slate_vms_teaser Bild


In diesem Test soll es deshalb um eine andere Perspektive gehen. Der UVP von 1299 Euro für eine Kombination aus Mikrofon und Vorverstärker ist zwar im mittleren Preissegment angesiedelt, aber die Anschaffungskosten sind für viele von euch immer noch recht hoch. In diesem Review werde ich deshalb Fragen in den Mittelpunkt stellen wie “Stimmt das Preis-Leistungsverhältnis?”, “Wie geschlossen ist die Verwendbarkeit des Systems?” und “Wie steht es um den Werterhalt des Sets?”. Damit sollt ihr, falls ihr euch für das Slate VMS interessiert, eine kleine Hilfe an die Hand bekommen, die euch eure persönliche Kaufentscheidung einfacher macht. Doch bevor es an den Praxis-Check geht, gibt’s erstmal die Einordnung von Auftritt und technischen Werten…

Details

Netzkabel vom Vertrieb

Erstaunlich kompakt wirkt das unscheinbare Paket des VMS auf mich, als es endlich vor mir steht. Der Blick hinein offenbart einen randvollen Umkarton, in dem mir zu meinem Erstaunen als erstes ein separat verpacktes Marken-Netzkabel mit Kaltgerätestecker entgegenkommt. Des Rätsels Lösung ist einfach: Slate Digital haben ihr Qualitätsmanagement für das VMS ausschließlich auf den US-Markt ausgerichtet und lassen ihren neusten Spross in Asien herstellen und konfektionieren. So kommt es, dass der deutsche Vertrieb dem Set nachträglich ein EU-kompatibles Kabel gratis beilegt. Neben einem staubsicher verpackten Mikrofonkoffer findet sich im Karton ein weiterer Karton. In ihm lagert der Preamp samt seines Zubehörs sicher zwischen Schaumstoff. Das alles macht einen zwar guten, aber auch einen recht standardmäßigen Eindruck.

Vorverstärker VMS ONE

Der mit dem Virtual Microphone System ausgelieferte Preamp hört auf den Namen VMS ONE. Neben einem proprietären Netzteil mit 7-poliger Steckverbindung findet sich ein für US-Steckdosen konzipiertes Netzkabel im Karton. Zwar verfügt der Preamp über einen Ein/Aus-Schalter, dennoch ist das Original-Netzkabel mit einem separaten Power-Schalter ausgestattet. Das könnte darauf hindeuten, dass der Vorverstärker auch im ausgeschalteten Zustand (quasi im “Standby”) Strom verbraucht. Das wird im Praxis-Check zu prüfen sein.
Beim VMS ONE handelt es sich um einen komplett in Schwarz gehaltenen einkanaligen Desktop-Preamp, dessen Äußeres mich an gängige Monitor-Controller erinner, denn zentral in der Gerätemitte findet sich ein großer Drehregler. Über ihn lässt sich die Vorverstärkung des Mikrofonsignals stufenlos regeln. Diese beträgt mindestens 15 dB und kann auf bis zu 60 dB angehoben werden. Fünf Kippschalter bilden die übrigen Bedienelemente. Neben einem Inputwahlschalter für den Instrumenten- oder Mikrofoneingang findet sich hier Schalter für eine Phasendrehung, die Aktivierung des 20dB-Pads und der 48V-Phantomspeisung sowie ein Ein/Aus-Schalter. Eine kleine mehrfarbige LED soll die optimale Aussteuerung und das Übersteuern des Ausgangssignals anzeigen. Das alles wirkt sehr aufgeräumt und sehr übersichtlich.

Fotostrecke: 4 Bilder Zum Zubehör des Preamps gehören ein Netzteil und je ein US- und EU-Stromkabel (hier im Bild).

Rückseitig am VMS ONE sind sämtliche Anschlüsse untergebracht. Über eine siebenpolige Buchse wird der Preamp mit 15 V hohem Gleichstrom versorgt. Außerdem findet sich hier eine Ausgangsbuchse zum Durchreichen der Netzteilspannung für einen weiteren VMS ONE. Daneben stehen als Ausgangsbuchsen ein XLR- und ein TRS-Anschluss bereit. Sie geben beide Monosignale aus und sind symmetrisch beschaltet. Um Platz zu sparen, wurde für eingehende Signale außerdem eine Neutrik-Combo-Buchse für XLR/TS-Stecker verbaut. Der XLR-Part kann symmetrische Mikrofonsignale verarbeiten, bei der Klinkenbuchse des Combo-Steckers handelt es sich um einen Hi-Z-Eingang für unsymmetrische Instrumentensignale.
Aus Manual und FAQ-Bereich des VMS habe für euch ein paar Infos über die inneren Werte des Sets zusammengetragen, die euch helfen sollen Mikrofon und Preamp besser einordnen zu können. Der VMS ONE ist für den Ausgangs-Referenzpegel von +4 dBu ausgelegt. Am Eingang des in der Signalkette nachfolgenden Audio-Interfaces solltet ihr deshalb mit dem internationalen Studiopegel für Line-Signale arbeiten. Der maximale Eingangspegel beträgt bei aktiviertem Pad +18 dBu. Ein Wert, der ziemlich genau in Regionen von Vorverstärkern wie dem Millennia HV-35 oder dem TL-Audio PA-1 spielt. Slate Digital bewerben das Virtual Microphone System unter anderem mit dem linearen Frequenzgang, dem geringen Rauschen und dem klaren Klang des VMS ONE. Und die Diagramme im PDF-Handbuch zeigen tatsächlich, dass das Frequenzverhalten äußerst linear zu sein scheint und sich das Rauschverhalten sehen lassen kann. Im Praxischeck werden wir diesen Aussagen natürlich auf den Zahn fühlen.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Frequenzverhalten des VMS ONE erscheint technisch gesehen tatsächlich äußerst linear.

Mikrofon ML-1

Das Mikrofon des VMS wird im nicht abschließbaren Mikrofonkoffer geliefert. Seine Verarbeitung geht für den Transport und die Lagerung eines Studiogeräts absolut in Ordnung. In seinem Inneren sind das ML-1 und eine zugehörige elastische Aufhängung untergebracht. Der Arretierring der Spinne ist mit einer Filzscheibe ausgestattet, die den Mikrofonbody beim Befestigen schützen soll. Ein Reduziergewinde wird gleich mitgeliefert.
Optisch passt sich das ML-1 nahtlos in die ganz in Schwarz gehaltene Produktreihe von Slate-Studiogeräten ein. Der Metall-Body in galvanisiertem Mattschwarz gibt dem Mikrofon in Kombination mit dem glänzenden schwarzen Lack der übrigen Metallteile einen gewissen “Mad-Max”-Look. Das aufgeklebte Emblem mit dem gothischen Slate-“S” unterstützt diesen “bösen” Eindruck zusätzlich. Grundlegender Aufbau und Platzierung des Logos sprechen – sicher nicht ganz unbeabsichtigt – eine Design-Sprache, die es zwischen den Mikrofonklassikern Neumann U 47 und Sony C800G ansiedelt. Zwei Schallwandler, deren Klangergebnisse das VMS unter anderen zu emulieren versucht.
Kommen wir zum Aufbau des ML-1: Seinen Kopf ziert ein schwarzer Drahtgeflechtkorb, dessen klassische Form durch einen Rahmen aus Metallstreben geschützt wird. Darunter befindet sich eine Mikrofonkapsel mit 1″ großer goldbedampfter Mylar-Membran, die randkontaktiert befestigt ist. Das Mikrofon selbst kommt vollständig ohne Bedienelemente aus. Denn schließlich ist die Pad-Funktion am Preamp schaltbar und neben einer Niere keine andere Richtcharakteristik vorgesehen.
Am Fuß des Mikrofons befindet sich ein Stutzen samt XLR-Anschluss mit vergoldeten Kontakten. Ein umlaufendes Gewinde ermöglicht die Verschraubung des ML-1 mit der mitgelieferten Spinne. Darüber versteckt eine Schutzabdeckung den Zugang zu zwei Schrauben, die den Service des Mikrofons ermöglichen. In einschlägigen Foren wurde hier und da abfällig von “üblicher Chinaware” gesprochen. Auch wenn das Mikrofon tatsächlich in China hergestellt wird, muss das – schon allein mit Blick auf Mikrofonhersteller wie Lauten oder Lewitt – heute längst nicht mehr per se als Kritikpunkt gelten. Gönnen wir dem ML-1 also die Chance, sich im Praxischeck zu beweisen.

Fotostrecke: 5 Bilder Das ML-1 tritt schlicht auf.

Software VMS

In einem separaten Umschlag finden sich Weblink und Code zum Downloaden und Aktivieren der zugehörigen Software. Wer hier die Worte “Redeeem Code” hört, weiß bereits, dass es sich um iLok-geschützte Software handelt, die nicht ohne einen entsprechenden Dongle auskommt. Ist der übliche Vorgang aus Download, Redeem, Aktivierung und Installation erst absolviert, kann es schon losgehen. Für den Einsatz des VMS ist eine Lizenz für das virtuelle Mix-Rack Slate VMR erforderlich ist, kann eventuell kurz erschrecken. Aber keine Bange, hier entstehen keine weiteren Kosten, denn das VMR-Rack ist Bestandteil des VMS-Bundles. Wichtig zu erwähnen ist noch, dass die Versionsnummern der VMR-Software und aller seiner Module identisch sein müssen. Daher sollten alle Bestandteile stets gemeinsam geupdatet werden.
Die Mikrofon- und Preamp-Emulationen lassen sich dann als Modul im Virtual Mix Rack-Plug-In laden. Konkret ergänzt das VMS-System das VMR-Rack um drei VMS-Module. Im Modul VMC Classic Tubes könnt ihr auf Knopfdruck acht verschiedene Mikrofon-Emulationen nutzen. Die Presets FG-47, FG-800, FG-800M, FG-251, FG-67, FG-12, FG-269 und FG-M7 emulieren den Mikrofonklang eines Neumann U 47, Sony C800G, Telefunken ELA-M 251, Neumann U 67, AKG C12, Neumann M269 und eines virtuellen Hybrids aus Shure SM7B mit U47-Röhrenstufe. In diesem Modul lässt sich außerdem per Schieberegler bestimmen, wie stark der Anteil der emulierten harmonischen Verzerrungen sein soll, die dem Signal beigemengt werden. Als je separate Module sind die Preamps FG-73 und FG-76 verfügbar. Sie bilden den Klang der bekannten Mikrofon-Vorverstärker Neve 1073 und Telefunken V76 nach.
Ja, ihr habt richtig gelesen. Mit dem FG-M7-Preset schicken Slate Digital eine Eigenkreation ins Rennen, für die es kein reales Pendant gibt. Diese virtuelle Kreuzung aus Shure SM7B und U 47-Röhrenstufe zeigt, welches innovative Potential im Modeling von Mikrofonklängen steckt.

Fotostrecke: 3 Bilder Das Frequenzverhalten des VMS ONE erscheint technisch gesehen tatsächlich äußerst linear.
Kommentieren
Profilbild von Rubbl

Rubbl sagt:

#1 - 20.12.2016 um 21:36 Uhr

0

Schöner Test.
Aber TL Audio gibt den max Input für den PA-1 mit +6dBu an, das ist schon weit weg von 18.

    Profilbild von Carsten (bonedo)

    Carsten (bonedo) sagt:

    #1.1 - 22.12.2016 um 13:16 Uhr

    0

    Hallo Rubbl,ja, da liegst Du richtig. TL-Audio schreiben in ihren Specs von +6dBu.Bei meinem Vergleich habe ich mich auf die Praxisdaten bezogen, die von den Kollegen von Professional Audio für den TL-Audio PA-1 gemessen wurden: https://images.thomann.de/p...
    (Den Test des PA-1 findest Du auf S.62)Zieht man den dortigen Wert heran, beträgt die Differenz zum VMS ONE nur 0,8 dBu. Damit befinden sich beide Preamps schon mehr im gleichen "Ballpark". :-)Besten Gruß
    Carsten

Profilbild von Jonny Jones

Jonny Jones sagt:

#2 - 26.12.2016 um 11:47 Uhr

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Erstmal Danke an Bonedo für den auführlichen Test.Ich bin seit einer Woche selber im Besitz des Slate VMS und ich kann nur sagen dieser Hype ist total übertrieben. Das Mikrofon an sich klingt wegen der scharfen S-Laute leider überhaupt nicht gut, ich habe im Vergleich dazu gleichzeitig mit meinem Audio Technica AT 4050 aufgenommen und selbst das (welches ebenfalls etwas anfällig auf S-Laute ist) hatte weichere höhen. Die Mikrofon-Emulationen sind meiner Meinung nach gelungen, wenn man etwas herumspielen möchte und den Sound etwas färben möchte, dennoch bleibt es leider eine Spielerei die keine "Wunder" bewirkt. Warum? Weil das Signal schon bereits aufgenommen wurde, eben mit diesem Sound des VMS Mikrofons. Wer also denkt er bekommt einen warmen Sound wenn er im Virtual Mix-Rack das U47 anwählt, dem kann ich getrost sagen dass dem nur so scheint. Die scharfen S-Laute bleiben selbstverständlich bestehen, da sie bereits so aufgenommen wurden...
Ich mische selber Songs ab die mit einem Neumann M149 aufgenommen wurden, da merkt man dass die S-Laute extrem weich und dumpf sind. Also dreht man etwas Höhen mit einem EQ rein und schon hat man einen wunderbaren klaren Sound, bei dem die S-Laute nicht beißen. Dieser Effekt lässt sich aber aus den oben genannten Gründen nicht mit dem VMS nachvollziehen wenn man z.B. das U47 vorschaltet und danach mit einem High-Shelf Filter Frequenzen anhebt. Man wirkt der eigentlichen Mikrofon-Emulation nur entgegen und hat anschließend wieder den ursprünglichen Sound mit scharfen S-Lauten.
Der eigentliche Witz an der ganzen Sache ist, dass ich mit meinem AT 4050 + den Mikrofon-Emulationen einen besseren, bzw. wärmeren Sound hinbekomme als mit dem VMS Mikrofon.Fazit: Auf den ersten Blick vielversprechend, auf den zweiten Blick enttäuschend. Daher keine Kaufempfehlung. Für das Geld bekommt man mit Sicherheit was Besseres.

Profilbild von Jonny Jones

Jonny Jones sagt:

#3 - 26.12.2016 um 11:47 Uhr

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Erstmal Danke an Bonedo für den auführlichen Test.Ich bin seit einer Woche selber im Besitz des Slate VMS und ich kann nur sagen dieser Hype ist total übertrieben. Das Mikrofon an sich klingt wegen der scharfen S-Laute leider überhaupt nicht gut, ich habe im Vergleich dazu gleichzeitig mit meinem Audio Technica AT 4050 aufgenommen und selbst das (welches ebenfalls etwas anfällig auf S-Laute ist) hatte weichere höhen. Die Mikrofon-Emulationen sind meiner Meinung nach gelungen, wenn man etwas herumspielen möchte und den Sound etwas färben möchte, dennoch bleibt es leider eine Spielerei die keine "Wunder" bewirkt. Warum? Weil das Signal schon bereits aufgenommen wurde, eben mit diesem Sound des VMS Mikrofons. Wer also denkt er bekommt einen warmen Sound wenn er im Virtual Mix-Rack das U47 anwählt, dem kann ich getrost sagen dass dem nur so scheint. Die scharfen S-Laute bleiben selbstverständlich bestehen, da sie bereits so aufgenommen wurden...
Ich mische selber Songs ab die mit einem Neumann M149 aufgenommen wurden, da merkt man dass die S-Laute extrem weich und dumpf sind. Also dreht man etwas Höhen mit einem EQ rein und schon hat man einen wunderbaren klaren Sound, bei dem die S-Laute nicht beißen. Dieser Effekt lässt sich aber aus den oben genannten Gründen nicht mit dem VMS nachvollziehen wenn man z.B. das U47 vorschaltet und danach mit einem High-Shelf Filter Frequenzen anhebt. Man wirkt der eigentlichen Mikrofon-Emulation nur entgegen und hat anschließend wieder den ursprünglichen Sound mit scharfen S-Lauten.
Der eigentliche Witz an der ganzen Sache ist, dass ich mit meinem AT 4050 + den Mikrofon-Emulationen einen besseren, bzw. wärmeren Sound hinbekomme als mit dem VMS Mikrofon.Fazit: Auf den ersten Blick vielversprechend, auf den zweiten Blick enttäuschend. Daher keine Kaufempfehlung. Für das Geld bekommt man mit Sicherheit was Besseres.

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