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Roland Aira TR-8 Test

Als Rolands erste Pressemeldung und Promovideos durch das Netz geisterten, da war zumindest die elektronische Musikszene ein klein wenig aufgeregt und spekulierte wild über die lange Zeit nicht wirklich bekannten Features der neuen Roland Drummachine Aira TR-8. Und die Aufregung darf nachvollzogen werden, denn immerhin warb Roland selbst mit dem Geist der heiligen zwei analogen Grals, namentlich TR-909 und TR-808.

Wer jetzt nicht weiß, wovon ich rede, hat sicherlich die letzten 30 Jahre verschlafen und muss deshalb einfach folgende Behauptungen glauben: Kein anderer Drumcomputer war je so wichtig für die elektronische (Tanz-)Musik wie die 808 und die 909 – ja wenn sie nicht sogar den Grundstein für diese Musikrichtung überhaupt erst gelegt haben.

Grob kann man sagen, die TR-808 ist die weichere, HiFi-mäßige Maschine der beiden mittlerweile sehr teuer gewordenen Altgeräte. Ultratiefe Kicks und Toms, crispe Claps und Claves, peitschende Snares und fantastisch hohe, luftige Hats waren ihr Markenzeichen. Insbesondere die frühe HipHop-, Electro- und House/Techno-Szene um die 80er Jahre war von ihr angetan, aber auch in der Popwelt war sie mehr als angesagt („Jimmy T – One More Try“).

Die 909 hingegen ist eher die „dreckige Schwester“ der 90er Jahre, welche durch einen besonders mittigen Sound überzeugt, der sich entsprechend in fast jedem Mix brutal durchsetzt und deshalb vor allem von Techno- und Dance-Produzenten sehr geschätzt wird. Insbesondere ihre analoge Snare und die Kick sind sehr typisch für den 90er Sound. Das ebenfalls sehr bekannte „Blech“ der 909 hingegen ist Sample-basiert und hat eine Auflösung von gerade einmal 6 Bit, was den trashigen Sound nochmals unterstreicht. Anspiel-Tipp hierfür: 2 Unlimited „No Limit“. Doch jetzt genug mit der Geschichtsstunde!

Was hat Rolands neueste AIRA Drummachine also dem 21. Jahrhundert zu bieten? Das wollen wir nun auch ausführlich klären.

Details

Das Wichtigste zuerst: Die Roland Aira TR-8 ist ein „Analog Modeling Synthesizer“ mit 11 gleichzeitig spielbaren Sounds – und damit nicht analog. Die Klangerzeugung benutzt allerdings keine Samples, sondern versucht auf algorithmische Art den Klangspagat zwischen beiden alten Rolands zu meistern bzw. zu emulieren – und das mit 96 kHz und 32 Bit Präzision.
Mit 2 kg Gewicht und den kompakten Maßen von 400 x 260 x 65 mm ist die „neue Roland“ auch leichter, vor allem aber handlicher und damit deutlich reisefreundlicher als ihre Eltern. Weiterhin gehört zur AIRA-Serie auch noch eine Art TB-303 namens Roland Aira TB-3, der Voice-Transformer Aira VT-3 und ein Synth namens Aira System-1.

Fotostrecke: 2 Bilder Links im Bild befindet sich die TR-909, rechts die TR-808. Beide sind deutlich gru00f6u00dfer, als die Neuauflage TR-8 in der Mitte.

Bei der Gehäusekonstruktion handelt es sich um eine solide, schwarze Kunststoffbox, die mit einem grünen Rahmen verziert ist und auf soliden, weichen Gummifüßen steht. Zentral gelegen finden sich 11 Fader, die die Lautstärke der einzelnen Instrumente steuern, wobei es auch noch eine extra Mute-Funktion gibt. Die Fader sind an ihrem Rand ebenfalls grün erleuchtet, wodurch sie sich auch nach dem fünften Bier im dunklen Club zielsicher finden lassen. Sie bewegen sich mittelleicht, fassen sich sehr gut an und vermitteln Robustheit.
Bassdrum und Snare stehen haptisch der meiste Platz zur Verfügung, da sie auch über mehr Parameter als die anderen Sounds verfügen. Die meisten Instrumente verfügen über eine Anpassung von Decay, Tuning und Level, Snare und Bassdrum haben aber noch einen Snappy- bzw. Attack-Parameter sowie einen Kompressor-Parameter zu bieten, der auch für Distortion taugt.
Alle Bedienelemente sind sehr ergonomisch und logisch angeordnet. So finden sich ganz klassisch am unteren Rand auch 16 „Step“-Taster. Je nach Modus, welcher mit dem entsprechenden Gummipad-Taster am linken Rand gewählt werden kann, laden die 16 Taster dann zum Live-Spielen („INS PLAY“) und Aufnehmen („INS REC“) ein. Natürlich kann man in gewohnt alter Manier auch einfach Steps programmieren („TR-REC“), zwischen 16 Pattern wechseln („PTN-SELECT“) und 16 Kit- bzw. Instrument-Presets laden („Drum Select: KIT und INST“).
Die 16 Step-Taster fühlen sich dabei sehr hochwertig an, auch weil sie aus Hart-Kunststoff bestehen. Sie lassen sich angenehm drücken und bieten ein gutes Spielgefühl. Sie klappern nicht so unangenehm wie beispielsweise die Taster einer Elektron Machinedrum. Die Taster der neuen Roland sind außerdem hintergrundbeleuchtet und orientieren sich in ihrer bunt-leuchtenden Farbgebung an der guten alten 808. Leider leuchten sie etwas zu hell und velocity-empfindlich sind die Taster auch nicht, über MIDI sind es die TR-8 Instrumente allerdings schon.

Alle anderen Taster sind gummiert, grün beleuchtet und teilweise auch beschriftet, was ich etwas schade finde, da sich diese Beschriftung bei regelmäßiger Bedienung möglicherweise abgreifen wird. Die Instrument-Select Taster sind oberhalb beschriftet, hier war Roland nicht konsequent. So gut wie alle Funktionen der Taster sind als Hold-Funktion ausgelegt, müssen also nicht gehalten werden. Es gibt auch kaum Doppelbelegung bzw. Shift-Befehle.
Die TR-8 ist außerdem immer aufnahmebereit, daher bedarf es auch keiner Save-Buttons. Was man verändert, das bleibt auch so! Die besten Ideen hält man also am besten in Audio fest. „What you see is what you hear“ ist also angesagt, jeder Soundparameter wird somit nur von seinem eigenen Poti mit Anschlag dargestellt. Dreht man beispielsweise das Decay einer 808 nach unten und wechselt dann zu einer 909 Kick, ist auch deren Decay kurz. So braucht man keine Angst vor Parametersprüngen zu haben, die auf einer Bühne und während der Improvisation gar nicht cool kommen.
Automatisieren kann man die Parameter aber über MIDI, der eingebaute Sequencer zeichnet jedoch keine Parameteränderungen auf bzw. bietet keine Möglichkeiten, Parameter pro Step zu verändern, wie dies beispielsweise bei Elektron der Fall ist. Weiterhin gibt es noch ein paar versteckte Parameter und Funktionen, die allerdings sehr dürftig dokumentiert sind und teilweise einen Neustart des Gerätes erfordern.
Über den Step-Tastern befinden sich die bekannten vier Noten-Streifen, die zur Visualisierung der unterschiedlichen Scales dienen, sprich ob man 16-tel oder 32-tel Noten spielt und ob dies triolisch oder eben nicht geschieht („SCALES“). Außerdem gibt es die Möglichkeit Rolls zu spielen, die sich allerdings nicht aufnehmen lassen und auch keine MIDI-Noten senden. Nichtsdestotrotz: Trap-Music, ich komme!
Selbstverständlich lassen sich auch eine Step-Verkürzung eines Pattern realisieren („LAST STEP“) und auch „A/B“-Patterns spielen, die entweder manuell oder alternierend wechseln können, sodass auch Patterns mit 32 Steps Länge gebaut werden können. Schön ist außerdem, dass man Patterns linken kann, sodass auch alle nacheinander abgespielt werden können, denn einen Song-Mode gibt es nicht. Zugegebenermaßen habe ich solch einen noch nie in meinem Leben gebraucht, vermisse diesen also auf gar keinen Fall. Im Vergleich zu meiner Machinedrum vermisse ich jedoch schon die Möglichkeit Pattern direkt mit 64 Steps zu bauen.
Soviel zur Programmier-Theorie. In der Mitte des Geschehens steht natürlich der Sound der einzelnen Instrumente, wobei bis zu 11 Sounds gleichzeitig nutzbar sind, organisiert in ebenfalls bescheidenen 16 Kits. Das erste liefert per Default klassische 808-Sounds, das zweite wiederum die 909-Sounds. Die anderen Kits bieten die Möglichkeiten, Mischungen beider vorzunehmen. Und spätestens an dieser Stelle bietet es sich doch an, einmal die Originale im Vergleich zur TR-8 zu hören!

Audio Samples
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TR-8 808 Tr-8 909

Die Toms, der Rimshot und der Clap bieten standesgemäß auch noch einen dritten Sound, was den bekannten drei Congas anstelle der Toms sowie entsprechend bei Rimshot bzw. Clap den Claves und Maracas entspricht. Wie bei der 808 möchte man meinen, obwohl die Beschriftung der Potis ja dann doch eher der 909 entspricht (Tune statt Tone). Unter den Kicks findet sich aber auch noch eine deutlich längere und höher gestimmte 808 Kick.
Weiterhin ist die Art und Reihenfolge der Instrumente fest vorgeschrieben: Eine 808 und eine 909 Kick oder gar Rimshot und Claves zur gleichen Zeit zu nutzen ist somit nicht möglich.Die Roland Aira TR-8 verfügt – abgesehen von dem Accent-Regler – außerdem auch noch ein paar Send-Effekte, die richtig gut klingen und sich vor allem aber gut performen lassen, ohne sich superschnell brutal aufzuschaukeln. Und so finden sich im oberen Bereich ein Gated-Reverb und ein „freies“ Delay, was also nicht temposynchron ist. Eine Besonderheit von Beiden ist, dass sie über die Lauflichtprogrammierung aktiviert werden, sodass sich rhythmische Effekte realisieren lassen. Weiterhin gibt es je acht Variationen des Reverbs bzw. des Delays, die wie die Instrument-Variationen geladen werden.
Hinzukommt ein umfangreicher Scatter-Effekt, der Glitch- und Stutter-Effekte vom Feinsten zaubert und im Gegensatz zu Delay und Reverb auch auf das externe Audio-Signal wirkt. Es gibt dabei 10 verschiedene Effekt-Variationen, die in ihrer Intensität bzw. Art zusätzlich verändert werden können. Anfangs musste ich zwar etwas über diesen Effekt schmunzeln, allerdings gibt es klangliche Nischen, die mir doch richtig gut gefallen! Aber was schreibe ich, hört doch lieber einmal selber:

Audio Samples
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Scatter-Effekt Send-Effekte (via USB) Send-Effekte (via RME)

Für externe Signale hält die TR-8 aber auch noch eine weitere Überraschung parat: Der External-In Sidechain kreiert pumpende bzw. harte Gateeffekte, die ebenfalls über die 16 Steptaster steuerbar sind und in acht Charaktersitiken vorliegen. Das ist nicht nur in Verbindung mit der TB-3 äußerst sinnvoll, sondern vor allem musikalisch. Im folgenden Audiobeispiel hab ich meinen Moog mit langen Noten gespielt, in die TR-8 geroutet und dann den Sidechain auf- und wieder zugedreht.
Einen Tempo-Regler nebst dediziertem Fine-Tune und Shuffle gibt es natürlich noch, aber auch den hören wir uns lieber einmal an:

Audio Samples
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Shuffle

Als rückseitige Anschlüsse verfügt das Gerät über einen Kopfhörerausgang, vier Einzelausgänge sowie ein Stereo-Eingang, alle als 6,35 mm Klinke ausgeführt. Die Einzelausgänge sind zwar etwas umständlich, aber frei zuweisbar, was ich persönlich besser, als viele diskrete Einzelausgänge finde. Der Eingang kann wiederum Stereo und Dual-Mono sowie gemeinsam mit dem Scatter-Effekt genutzt werden. Er dient darüber hinaus auch für das Sidechaining und Durchschleifen eines Signals.

Die Ein- und Ausgangssektion der kleinen Roland ist recht üppig: 1 Stereo In, 4 x Out, 1 Kopfhörerausgang, Kensignton-Lock (v.l.n.r).

Hinzukommt ein MIDI-I/O mit „Soft-Thru“-Funktion, der Netzteil-Anschluss nebst Ein- und Aus-Schalter und eine USB-Buchse, die die TR-8 zusätzlich zu einem Audiointerface mit 14 Eingängen und vier Ausgängen macht!
Richtig gelesen, somit steht jedes Einzelinstrument sowie auch der External-In und -Out in der DAW zur Verfügung. Die vier Ausgänge des Audiointerfaces entsprechen dann dem Main-Out (1/2) und dem External-In (3/4), die somit individuell bespielt werden können. Via MIDI lassen sich dann auch noch fast alle Parameter automatisieren, wobei jeder Parameter der TR-8 auch MIDI CCs und Noten sendet, wobei hier noch anzumerken ist, dass dies leider nicht abschaltbar ist.

Fotostrecke: 2 Bilder Selbst an eine Zugentlastung fu00fcr das Netzteil wurde gedacht, ich bin begeistert! USB und MIDI ist dagegen fast Standard …
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Praxis

Bedienung:

Roland hat der TR-8 den Zusatz „Rhythm Performer“ verpasst und das passt erst mal wie die Faust aufs Auge! Mit der TR-8 „zu spielen“ macht einfach Spaß – sie als Begleit-Rhythmusmaschine zu gebrauchen, wie ihr Vorgänger ursprünglich einmal gedacht war, wäre weit unter ihren Fähigkeiten. Live-Programmierung, Fader hoch und runter reißen, Decays aufdrehen, Scatter-Stunts, all das geht nach einer kurzen Eingewöhnung mehr als flüssig von der Hand. Hier verfängt man sich nicht in Untermenüs und muss seinen Kopf demzufolge auch nicht großartig fordern, wie man da wieder raus kommt. Dass man aber nur 16 Kits und 16 Pattern speichern kann, sollte man nicht verschweigen, es stört mich allerdings auch überhaupt nicht. Viel mehr stört da die Tatsache, dass die Wiedergabe zum Kopieren von Pattern gestoppt werden muss.

Fotostrecke: 6 Bilder Hu00e4lt man wu00e4hrend des Einschaltens u0022PTN SELECTu0022 …

Nach meinem Dafürhalten gibt es dennoch ein paar weitere, kleine hausgemachte Performance-Unzulänglichkeiten, was vor allem die linke Seite und das Umschalten der verschiedenen Betriebsmodi betrifft, sprich deren Beschriftung, Größe und Anordnung sowie das Taster-Verhalten. Fangen wir mit der etwas kryptischen Beschriftung an: TR-Rec, PTN Select, Inst Play, Inst Rec. Meiner Meinung nach wäre hier beispielsweise STEP, PATTERN, (Live)-PLAY, (Live)-REC eindeutiger gewesen, zumal diese Funktionen für mich auch gleichberechtigt sind und ich deshalb deren etwas zerklüftete Anordnung nicht ganz nachvollziehen kann. Platz für einen Set-Up Taster, der die versteckten Funktionen bedient, um sich den Neustart zu sparen, wäre dann auch noch gewesen.
Weiterhin wurde DRUM Select (Kit und Inst) als Toogle und nicht als Hold Funktion ausgelegt, was auch etwas bremst, da so nach der Wahl eines neuen Instrumentes immer wieder erst auf TR-Rec, Play oder Ähnliches zurückgeschaltet werden muss. So viele Sounds hat jedes Instrument ja nun nicht wirklich zu bieten, als dass man diese Ansicht stundenlang betrachten müsste. Das sind zugegebenermaßen zwar nur Kleinigkeiten, aber auch sie sollten ruhig benannt werden. Nichtsdestotrotz ist die TR-8, vor allem im Vergleich zu Jomox, Elektron und MFB, sehr viel einfacher und logischer zu bedienen.

Fotostrecke: 2 Bilder HC statt CP, das ist nicht wirklich retro (TR-8) …

SOUND:

Was den Sound anbelangt, orientiert sich die TR-8 wirklich sehr nahe an den beiden Originalen. Sie klingt vor allem im Direktvergleich sogar etwas frischer, sprich moderner. Ein echter 1:1-Vergleich mit den Originalen bietet sich zwar nicht wirklich an, da die alten Rolands schon untereinander viel zu unterschiedlich klingen, trotzdem haben auch wir versucht, die TR-8 an die beiden uns vorliegenden Originale anzunähern, was dank der weitreichenden Parametrisierung der TR-8 auch nicht allzu lange dauerte. Vielen Dank dafür nochmals an das Synthesizer-Studio in Hamburg, das uns ihre 808 und 909 dafür zur Verfügung gestellt haben.

Das Synthesizer-Studio in Hamburg hat eine Menge Vintage Geräte im Fuhrpark.
Audio Samples
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TR-8 808 Tr-8 909

Wie wir hören und sehen können, wurden auch die technischen Schwankungen der Altgeräte simuliert. In folgendem Screenshot einer kontinuierlich laufenden Snare kann man das auch sehen: Er zeigt, wie ganz und gar nicht gleich die Snare-Hüllkurve über die Zeit aussieht. Und das hört man auch.

Man beachte die minimalen Variationen über die Zeit.
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Snare solo

Aber auch andere Eigenheiten kann man heraushören. Beispielsweise ergibt sich bei dem Zusammenspiel der offenen und geschlossenen Hihat ein gänzlich neuer Klang, anstatt dass einfach nur zwei Sounds gelayert werden. Sogar Snare und Clap „phasen“ bei einer gemeinsamen Verwendung, was bei den Originalen übrigens auf den gemeinsamen Rauschgenerator zurückzuführen ist. Aber auch an das Aufschaukeln der Kick wurde gedacht und entsprechend in der TR-8 nachempfunden.

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Clap und Snare: Spielen sie gleichzeitig, “phasen” sie. 808 Open und Closed Hihat: Gemeinsam gespielt erzeugen sie einen anderen Sound, der zwischen offen und geschlossen liegt. 808 Kick: Und 16tel Attacken lassen bei langem Decay die Kick aufschaukeln.

Im äußerst kritischen Direktvergleich gefielen mir dennoch die alten Originale besser, da sie immer einen Ticken fetter und schmatziger klangen. Wir reden hierbei allerdings über Nuancen, die im Rahmen einer Bühnenshow wirklich niemandem auffallen oder gar stören dürften – und falls doch, dann auch nur bei vereinzelten Instrumenten.
So fand ich beispielsweise alle Toms und den überwiegenden Teil der Percussions wirklich gut und denen der Originalen in Nichts nachstehend. Ebenso verhielt es sich bei der 909 Snare und ihrem Blech. Der Rimshot, die 808 Snare und die 808 HiHats überzeugten mich wiederum nicht so sehr, hier fehlt es einfach am analogen Schmutz und Holz. Schön wäre es außerdem gewesen, das Decay bei einigen Instrumenten noch länger als bei den Originalen aufdrehen zu können, um Noise-Sweeps bzw. -Bursts zu veranstalten.
Sehr gut, wenn auch nicht ganz hundertprozentig überzeugend, fand ich die Kicks. Im Vergleich gingen mir diese nicht wirklich tief genug bzw. fehlte ihnen einfach ein Hauch Cojones. Da hilft auch der Compressor nichts, dessen Verhalten über den Poti-Regelweg sowieso etwas sonderbar, weil zum Ende hin viel zu extrem, ist. Live ist dieser nur schwierig zu benutzen, da man den extremen Lautstärkezuwachs mit dem Fader ausgleichen müsste. Generell wären Gain-Potis (zusätzlich zu den Fadern) wünschenswert gewesen. Klar, man kann hier auch anstelle der Fader mit Mutes performen, allerdings muss man diesen Modus auch erst wieder etwas umständlich über Inst-Play und Step-Taste 16 anwählen und zweitens gibt es auch keine Solofunktion.

Vorsicht bei beherzten Bewegungen, es könnte laut werden!

Weiterhin sind die Lautstärken der einzelnen Instrumente nicht optimal aufeinander abgestimmt, sodass man den Fader der Kick relativ oft auf der Hälfte belassen muss, damit die anderen Instrumente nicht untergehen. Das fällt auch auf, wenn man die Einzelausgänge via USB benutzen will, da diese ohne Gegensteuern am Fader fast immer clippen.
Die Integration der Effekte ist wiederum grundsätzlich gut gelöst. Klanglich würde ich sie dennoch eher der Kategorie FX zuordnen, besonders beeindruckende Räumlichkeiten kann man hier also nicht unbedingt zaubern. Weiterhin wird sich hier auch nicht ganz strikt an die Aufteilung Reverb/Delay gehalten, sodass sich auch ein LoFi und Reverse Effekt einfindet. Ein paar Effekte mehr hätten dennoch sicherlich nicht geschadet, vielleicht liefert Roland aber auch hier noch etwas nach.
Der Sidechain-Effekt allerding ist sehr witzig und auch er beinhaltet 8 verschiedene Presets. Diese lassen sich als Grooves bezeichnen wie Externes Audio dann “pumpt”. Im Beispiel hört ihr am Anfang die unspektakuläre, monotone Bassline, so wie sie aus der TB-3 heraus kam, anschließend hangel ich mich durch alle 8 Presets und ändere dabei zusätzlich den Sidechain-Effekt-Anteil.

Audio Samples
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Alle Delay Effekte inklusive Lofi. Alle Reverb Effekte im Schnelldurchlauf. Der Sidechain mit seinen acht “Grooves” und der TR-3. Und nochmal der Sidechain mit dem moog.

USB-Integration:

Allgemein ist das eingebaute USB-Interface mit den Einzelausgängen natürlich eine tolle Sache, trotzdem gibt es auch hier ein paar kleine Unzulänglichkeiten: Zum einen läuft das Interface ausschließlich mit 96 kHz, was zwar einerseits sehr zukunftsorientiert ist, andererseits schwächere Rechnersysteme deutlich schneller an deren Belastungsgrenze bringt.

Weiterhin möchte man unter Umständen auch noch sein eigentliches Audiointerface nutzen, was meinem Kenntnisstand nach aber nur mit einem Mac und einem sogenannten „Aggregate Device“ möglich ist. In Ableton Live habe ich das in Verbindung mit meiner RME UFX auch erfolgreich nutzen können, in Verbindung mit Pro Tools 11 hat das Ganze allerdings schon nicht mehr funktioniert.

Vorsicht bei der Stromversorgung: Zieht man das Netzteil ab, stürzt das Aggregate Device bzw. Hauptgerät und mit ihm die DAW ab.

Inkonsequent finde ich es auch, dass die Pads, sollten sie extern via MIDI angetriggert werden, nicht aufleuchten. Unverständlich bleibt für mich auch, warum man die Effekte ebenfalls nicht mit einem Notenbefehl triggern bzw. starten kann. Somit lassen sich die Effekte nur vom internen Sequencer aus nutzen, wobei zusätzlich anzumerken ist, dass diese Effekte ohnehin nicht auf die Einzelausgänge routbar sind, sondern nur dem Main-Out zur Verfügung stehen. Last but not least lassen sich, wie bereits erwähnt, die Rolls nicht per MIDI aufzeichnen.

Die Effekte lassen sich leider nicht via MIDI triggern.

Allgemeines

Auch wenn sich meine Aufzählung der vielen „kleinen Unzulänglichkeiten“ durchaus etwas abschreckend liest, muss ich sagen, dass die TR-8 eine sehr gute Drummachine ist, mit der es sich ohne Wenn und Aber arbeiten lässt, sofern man von ihrem begrenzen Klangvorrat einmal absieht. Meine Kritik fällt diesmal auch nur deshalb besonders „kleinkariert“ aus, weil der Anspruch an den Riesen Roland meiner Einschätzung nach durchaus höher ausfallen darf als bei den sonst üblichen „gewöhnlichen“ Drummachine oder Clone Herstellern.  
Fairerweise muss man allerdings auch sagen, dass, was die zeitgenössische elektronische Musik betrifft, man mit einer 808 oder 909 bzw. einer Kombination aus beiden wie der TR-8 zu 99,9% auf der klangästhetisch sicheren Seite ist, nur eben besondere Überraschungen darf man (bisher) nicht erwarten.
Hip-Hopper sollten außerdem beachten, dass für ihre angestrebte Klangästhetik eine 808 alleine auch nicht ausreicht, sondern in den meisten Fällen bzw. Produktionen diese außerdem mit reichlich Outboard bearbeitet und dann von einer MPC aus abgespielt wurde.
Trotzdem habe ich die Vermutung, dass Roland hier bald nachbessern und weitere Drumsynths mit einem Update nachliefern wird. Bis dahin wird auch noch ein halber bonedo Stern bis zur Top-Bewertung zurückgehalten. Und wenn wir gerade bei Wünsch-dir-was sind: Den Editor zur Erstellung der „Models“ könnte man der Öffentlichkeit durchaus auch zugänglich machen, denn so könnten eigene Mods deutlich einfacher, weil digital, zu realisieren sein.

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Fazit

Die Roland TR-8 ist eine tolle und einfach zu bedienende Drummachine, die alles mitbringt, um auf der Bühne und im Club eine Menge Spaß und Erfolg zu haben. Die Haptik und der Feature-Umfang sind in Anbetracht des günstigen Preises mehr als bemerkenswert und bei der Konkurrenz kaum zu finden. Was allerdings die Verwendung im Studio betrifft, so gibt es doch den ein oder anderen teils unnötigen Kompromiss, wobei aber keiner davon als echter Beinbruch durchgeht. Roland hat die Latte der Erwartungen allerdings selbst sehr hoch gelegt, sodass auch dieser Test mit seinen Betrachtungen durchaus etwas kritischer ausgefallen ist. Kurzum: Wer noch keine Hardware-Drummachine sein Eigen nennt oder etwas für die Bühne sucht, sollte diese feine Kiste unbedingt ausprobieren. Wessen Studio allerdings schon die ein oder andere Drummachine beherbergt, kann sich die TR-8 unter Umständen sparen und weiter nach den Originalen lechzen …

PRO:
  • Authentische 808 und 909 Sounds
  • Performance-orientiert
  • Gute Verarbeitung
  • USB-Interface
  • Günstig
Contra:
  • Pattern-Copy verlangt Wiedergabe-Stop
  • (Instrumenten-Reihenfolge festgelegt)
FEATURES:
  • 16 User Drum Kits und 16 User Patterns
  • 1 Pattern = 1-16 Steps per 1 measure, x 2 (Variation A/B)
  • Tempo: 40 – 300 BPM
  • Instrumente: BASS DRUM: LEVEL, TUNE, ATTACK, COMP, DECAY, INST SELECT; SNARE DRUM: LEVEL, TUNE, SNAPPY, COMP, DECAY, INST SELECT; LOW TOM, MID TOM, HIGH TOM, RIM SHOT, HAND CLAP, CLOSED HIHAT, OPEN HIHAT, CRASH CYMBAL, RIDE CYMBAL: LEVEL, TUNE, DECAY, INST SELECT
  • Effekte: ACCENT: LEVEL, STEP
  • REVERB: LEVEL, TIME, GATE, STEP; DELAY: LEVEL, TIME, FEEDBACK, STEP; EXTERNAL IN: LEVEL, SIDE CHAIN, STEP
  • Modes: TR-REC, PATTERN SELECT, INST PLAY, INST REC, DRUM KIT SEL, DRUM INST SEL
  • Effects: REVERB, DELAY, SIDE CHAIN, 10 Types of Scatter Effect
  • Anschlüsse: PHONES jack: 1/4-inch stereo phone type, MIX OUT (L/MONO, R) jacks: 1/4-inch phone type, ASSIGNABLE OUT (A, B) jacks: 1/4-inch phone type, EXTERNAL IN (L, R) jacks: 1/4-inch phone type, USB port: USB type B (Audio, MIDI), DC IN jack, USB for Audio and MIDI, Power Supply: AC adaptor Current Draw 1,000 mA
  • Nominal Input Level: -10 dBu, Input Impedance: 100 k ohms
  • Nominal Output Level : -10/+4 dBu (Selectable), MIX OUT und ASSIGNABLE OUT: 1 k ohm, PHONES: 130 ohms
  • Zubehör: Handbuch, Flyer “USING THE UNIT SAFELY“, AC adaptor
  • Maße: Breite: 400 mm Tiefe: 260 mm, Höhe: 65 mm
  • Gewicht: 1.9 kg
PREIS:
  • EUR 525,- (UVP)
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Profilbild von Felix Klostermann

Felix Klostermann sagt:

#1 - 26.07.2014 um 14:55 Uhr

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Das erste Update für die TR-8 ist erhältlich, es bietet zwar noch keine neuen Sounds, dafür aber eine Menge, bisher vermisste MIDI-Features!
http://www.roland.com/suppo...

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