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REON Driftbox R Test

Kürzlich hatte ich die Gelegenheit, den analogen Desktop Synthesizer REON Driftbox R einem Test zu unterziehen. Die Analogsynthesizer und Sequencer dieses kleinen Herstellers aus Japan sind (noch) echte Exoten und außerhalb Japans kaum zu bekommen. Wenn man den Gerüchten glauben darf, könnte sich das jedoch bald ändern: Man munkelt, dass REON in Roland einen namhaften Synthesizer-Hersteller als Vertriebspartner gefunden hat, der die Driftbox R demnächst auch hierzulande in den Handel bringen könnte. Immerhin wurde das Gerät in Japan schon einmal auf einem Messestand von Roland inmitten der AIRA-Serie gezeigt. Grund genug für uns, den kleinen Synthesizer auf die bonedo-Teststrecke zu schicken.

Der REON Driftbox R Synthesizer stammt aus Japan und ist (noch) ein Exot
Die REON Driftbox R klingt genauso analog, wie sie aussieht


Die REON Driftbox R ist ein monophoner, analoger Synthesizer mit zwei VCOs, einem 24dB-Filter und einer Envelope. Analog heißt hier wirklich vollständig analog – es gibt noch nicht mal MIDI und die einzige Verbindung zur Außenwelt ist das gute alte CV/Gate. Zwar erlebt diese Technik zur Zeit eine Renaissance und es gibt wieder etliche kompatible Geräte auf dem Markt. Aber ist das Analogrevival tatsächlich schon soweit angekommen und klingt die Driftbox R so gut, dass man als digital verwöhnter DAW-Benutzer auf den Komfort von MIDI verzichten mag? Ich habe die REON Driftbox R ausprobiert und für mich eine Antwort gefunden.

Details

Gehäuse und Anschlüsse

Die REON Driftbox R steckt in einem kleinen Kästchen aus Metall mit einer Grundfläche von etwa 15 x 10 cm und findet damit in jedem Setup noch einen Platz. Das Gehäuse wirkt ausgesprochen stabil. Im Lieferumfang befinden sich vier Gummifüße zum Aufkleben. Die Oberseite ist eng bestückt mit griffigen Potis und Kippschaltern, die allesamt fest mit der Frontplatte verschraubt sind. Das Gerät hat einen gewissen Bastel-Charme – zum Beispiel ist der Drehwiderstand nicht bei allen Potis exakt gleich – aber die Verarbeitungsqualität scheint insgesamt zu stimmen.
An der Rückseite findet man die Anschlüsse, die ebenfalls vorbildlich verschraubt sind. Neben dem Anschluss für das Netzteil gibt es hier eine Klinkenbuchse als Audioausgang. Daneben befinden sich fünf Miniklinkenbuchsen für CV/Gate: Gate In/Out und drei CV-Inputs für die beiden Oszillatoren und das Filter. Das war’s. Die Driftbox R besitzt weder einen MIDI-In noch einen USB-Anschluss, sodass sie ausschließlich über CV/Gate gespielt werden kann. In Verbindung mit analogem Equipment wie den anderen Instrumenten von REON – die Firma bietet eine Art Modularsystem aus verschiedenen solchen Boxen an – ist das kein Problem, in einem DAW-Setup schon eher. Um sie aus einer DAW anzusteuern, kommt ein MIDI-to-CV-Interface in Frage oder ein Synthesizer, der als solches arbeiten kann, z.B. der Arturia MiniBrute oder der neue ARP Odyssey.

Fotostrecke: 5 Bilder Die REON Driftbox R hat den Charme eines DIY-Projekts

Bedienfeld und Klangerzeugung

Das Bedienfeld der REON Driftbox R besteht aus 14 Potis, 13 Schaltern, ebenso vielen grünen LEDs und einem Trigger-Taster. Alles macht qualitativ einen guten Eindruck, erinnert gleichzeitig aber auf eine sympathische Weise an ein DIY-Projekt. Links geht es los mit den beiden Oszillatoren, die jeweils mit Potis für Frequenz, Lautstärke und Modulationstiefe ausgestattet sind. Beide lassen sich zudem mit je einem Schalter (High/Low) um eine Oktave transponieren, wobei der mit dem FREQ-Poti einstellbare Tonumfang sowieso schon sehr groß ist. Die VCOs können so langsam schwingen, dass sie auch als LFOs benutzbar sind.  

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VCO 1 Range

Die Wahl der Schwingungsformen erfolgt mit den WAVE-Schaltern. VCO1 liefert Sägezahn, Dreieck, Rechteck, Puls 75%, Puls 25% sowie weißes oder rosa Rauschen. Mit dem Schalter kann man durch diese Liste „steppen“ – bei jeder Betätigung wird die jeweils nächste Schwingung ausgewählt. Die darüber liegende LED zeigt die Auswahl durch Blinken in unterschiedlichen Geschwindigkeiten an. Das ist natürlich nicht gerade das komfortabelste Verfahren, aber bei der Driftbox R ist sowieso eher Hinhören und Ausprobieren gefragt und immerhin weiß man so, wann die Liste wieder von vorn anfängt. VCO2 lässt sich zwischen Sägezahn und Rechteck umschalten. Übrigens wurde glücklicherweise an einen CV-Link-Schalter gedacht, der die Steuerung beider Oszillatoren über einen gemeinsamen CV-Input ermöglicht. Pulsbreitenmodulation ist hingegen zu meinem großen Bedauern leider nicht möglich.

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VCO1 Waveforms

Mit den MOD-Potis und zwei dazugehörigen Schaltern kann man für beide Oszillatoren verschiedene Modulationen definieren. Bei VCO1 schaltet der Switch EG/FM zwischen einer Frequenzmodulation per Hüllkurve oder durch VCO2 um, deren Stärke mit dem Poti eingestellt wird.  

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VCO1 Modulation via VCO2

Bei VCO2 heißt der Switch SYNC/FM und ermöglicht die Synchronisation zu VCO1 oder die Frequenzmodulation durch ebendiesen.

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VCO2 Sync VCO2 Modulation via VCO1

Ihr merkt schon: Die Driftbox R verfügt trotz ihrer überschaubaren Eckdaten über allerhand extremes Klangpotenzial, allein schon durch die Modulationsmöglichkeiten der VCOs.
Es folgt nun ein Tiefpassfilter mit 24dB/Okt. Flankensteilheit, das über drei Potis für Cutoff, Resonanz und EG-Modulationstiefe verfügt. Zusätzlich lässt sich das Filter von beiden VCOs modulieren, was durch zwei Schalter aktiviert wird. Die Modulationstiefe ist jeweils vom Lautstärkepoti des betreffenden Oszillators abhängig.

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Filter (verschiedene Resonanz-Einstellungen)

Die einzige Hüllkurve der Driftbox R lässt sich per Schalter zwischen den Varianten Attack-Sustain-Release und Attack-Decay-Release umschalten. Ein weiterer Switch invertiert die Kurve, die auf die Frequenz des VCO1, den Filter-Cutoff und/oder den VCA wirken kann. Der Trigger-Button löst die Hüllkurve manuell aus.
Der VCA bietet ein Poti für die Hüllkurvenintensität, eines für die Gesamtlautstärke und einen HOLD-Schalter. Letzterer macht den Amp vom Gate-Signal unabhängig, sodass er permanent „geöffnet“ ist.

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Praxis

Sound

Was für ein inspirierendes, kleines Chaos-Kästchen! Für die Beschreibung dessen, was aus dem Ausgang der REON Driftbox R herauskommt, ist es gar nicht so einfach, die passenden Adjektive zu finden. Der Sound ist bissig, knarzig, knurrig, ungestüm, direkt, roh, temperamentvoll und manchmal ein bisschen gewalttätig. Auch gegenüber den meisten anderen Analogsynthesizern aus jüngerer Zeit empfinde ich den Klang der Driftbox R als besonders „ungewaschen“ und daher durchaus charakterstark. Das Filter ist eher von der respektlosen Sorte und recht aggressiv bis schmutzig, was ich ausdrücklich gut finde.
Simple Synthesizer-Bässe und Sequencer-Sounds sind natürlich möglich und wegen der einfachen Struktur schnell zurecht gedreht. Richtig Spaß macht es aber, wenn man in die Möglichkeiten zur Frequenzmodulation der beiden VCOs und des Filters eintaucht. Dann ist die Driftbox R manchmal schwer zu zähmen und minimale Reglerbewegungen führen zu drastischen, nicht immer planbaren Resultaten. Das inspiriert und kann einem Sound, einem Pattern oder einem ganzen Track eine neue Richtung geben. Die Driftbox R ist definitiv ein Instrument zum Laufen lassen – die besten Sounds entwickeln sich dynamisch während der Performance oder der Aufnahme. Das urtümliche Bedienfeld mit seinen Kippschaltern und Potis und den gerade am Anfang nicht immer auf den ersten Blick nachvollziehbaren Modulationswegen trägt einen großen Teil dazu bei, dass man immer wieder überrascht wird.  

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Weird Massive Bass Driftbox R Jam 1 Driftbox R Jam 2 Driftbox R Jam 3 Driftbox R Jam 4 Driftbox R Jam 5

CV/Gate

Durch die drei CV-Inputs für die Frequenzen der beiden VCOs und den Filter Cutoff lassen sich diese Parameter (und natürlich Gate) getrennt voneinander von außen steuern, im einfachsten Fall von verschiedenen Ausgängen eines analogen Stepsequencers oder eines MIDI-to-CV-Interfaces. In den letzten Jahren sind zahlreiche Synthesizer und auch Hardware-Sequencer erschienen, mit denen die Driftbox R auf diese Weise kommunizieren kann, z.B. der Korg SQ-1 Stepsequencer oder die Roland SBX-1 Sync Box. Da die VCOs zugleich als Modulationsquellen dienen, eröffnen sich hier weitreichende Möglichkeiten, die deutlich über die reine Steuerung von Tonhöhe und Filterfrequenz hinausgehen.
Über CV/Gate lässt sich die Driftbox R auch als Sidekick zusammen mit einem weiteren Analogsynthesizer nutzen – mir fallen an dieser Stelle insbesondere Synths mit CV-Outputs und/oder Patchmöglichkeiten wie der Korg MS-20 (mini), der Arturia MicroBrute oder der Analogue Solutions Telemark v2 ein, mit denen sich die Chaos-Schachtel verbinden lässt. Und wer gar ein analoges Modularsystem sein Eigen nennt, der weiß ohnehin, was man mit Steuerspannungen so alles anstellen kann.

Voll analog: Über CV/Gate lässt sich die REON Driftbox R in analoge Setups integrieren
Voll analog: Über CV/Gate lässt sich die REON Driftbox R in analoge Setups integrieren

Kein MIDI, kein USB

Auf MIDI und USB muss man hingegen verzichten. Das ist in der heutigen Zeit ein gewagter Schritt. Wer noch kein CV-fähiges Equipment besitzt, benötigt mindestens ein weiteres Gerät, das die erforderlichen Steuerspannungen liefern und gegebenenfalls zwischen der DAW und der Driftbox dolmetschen kann. Auch die Software MOTU Volta kann weiterhelfen, wenn kein weiteres Analog-Equipment angeschafft werden soll. Tatsächlich erlebt das CV/Gate-Verfahren gerade einen zweiten Höhenflug und das Angebot an kompatiblen Instrumenten ist groß, sodass das gar nicht mehr unbedingt ein Nachteil sein muss. Aus praktischer Sicht wäre es dennoch wünschenswert, wenn die Driftbox zumindest Gate und Pitch direkt aus MIDI-Befehlen beziehen könnte, denkt sich der Pragmatiker in mir. Man muss ja deshalb nicht gleich die gesamte Steuerung digital umsetzen. Ich hätte mir einen Ansatz gewünscht, wie ihn beispielsweise Korg mit den neu aufgelegten MS-20 mini und ARP Odyssey oder Arturia mit MiniBrute und MicroBrute verfolgen. Alle diese Synthesizer lassen sich über CV/Gate umfangreicher fernsteuern als über MIDI. Trotzdem kann man sie – falls nötig – einfach per USB an die DAW hängen und der Synth spielt MIDI-Noten ab, was nun mal unbestreitbar praktisch ist. Vielleicht kommt ja irgendwann die Driftbox R 2.0 mit MIDI heraus oder es findet sich ein engagierter Bastler, der sich eine Lösung dafür ausdenkt. Das hat bei den meisten analogen Synthesizern der 70er und 80er ja auch geklappt.

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Fazit

Die REON Driftbox R ist ein charakterstarker, monophoner, analoger Desktop Synthesizer im Miniformat, dessen klangliches Repertoire von klassischen Bässen und Sequencer-Sounds bis hin zu aggressiven Sync- und FM-Klängen reicht. Vor allem die Möglichkeit der Frequenzmodulation der beiden VCOs untereinander sorgt für jede Menge drastische Sounds, die auch mal im totalen Chaos enden können. Der Grundsound ist dabei roh und direkt – die Driftbox R klingt genauso analog, wie sie aussieht. Die Bedienung über Potis und Kippschalter ist recht einfach und versprüht den Charme eines Bastelprojekts, wie überhaupt das gesamte Instrument. Mit drei CV-Eingängen und Gate In/Out lässt sich die Driftbox R mit verschiedenstem analogen Equipment verbinden, beispielsweise mit einem Stepsequencer. Die Anbindung an eine DAW ist wegen fehlender MIDI- oder USB-Anschlussmöglichkeiten nicht ganz so einfach, lässt sich aber über entsprechende Konverter ebenfalls realisieren. Ich würde es also definitiv begrüßen, wenn die Gerüchte stimmen und die REON Driftbox R demnächst auch hierzulande in den Handel kommt, vielleicht ja auch zusammen mit den anderen Instrumenten der Firma.  

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • direkter, bissiger Analogsound
  • Modulationsmöglichkeiten (z.B. Filter-FM)
  • inspirierendes, vollständig analoges Bedienkonzept
  • CV-Inputs für beide VCOs und das Filter
  • CV Link Schalter
  • extrem großer Frequenzbereich der VCOs
  • solide Verarbeitung
Contra
  • kein MIDI, kein USB
  • Schwingungsform-Umschaltung der VCOs
  • keine Pulsbreitenmodulation
Artikelbild
REON Driftbox R Test
Die REON Driftbox R klingt genauso analog, wie sie aussieht
Die REON Driftbox R klingt genauso analog, wie sie aussieht
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Profilbild von toddi

toddi sagt:

#1 - 08.05.2015 um 14:26 Uhr

0

stand auch auf der musikmesse bei den aria sachen

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